ADB:Pappenheim, Gottfried Heinrich Graf von
Wallenstein besuchte Universität Altdorf geschickt und nach nur kurzer Studienzeit als Adliger von Stande, der Sitte der Zeit gemäß, von den servilen Professoren zum Rector Magnificus daselbst erkoren. In Tübingen vollendete er seine Studien, worauf er, dem Beispiel seiner Standesgenossen folgend, sich für mehrere Jahre auf Reisen nach den wichtigsten Culturländern Europas, nach den Niederlanden, Frankreich, [145] Spanien und Italien begab. Des Lateinischen mächtig, erlernte er unschwer die Sprachen dieser romanischen Länder; doch vergaß er dabei nicht, seine Anlagen zu ritterlichen Uebungen auszubilden. Gar manches blutige Abenteuer scheint er damals schon erlebt zu haben; u. a. wußte er von einer Begebenheit mit vier Cavalieren in Spanien zu erzählen, von denen er zwei mit seinem Degen sofort niedergestoßen, den dritten zu Boden gestreckt und den vierten in die Flucht gejagt haben will. Sein Aufenthalt an den Hauptstätten der katholischen Glaubensrichtung übte offenbar aber noch eine andere nachhaltige Wirkung auf ihn aus: ähnlich dem Mortimer der „Maria Stuart“ brachte der als Protestant geborene und erzogene P. von dort einen Eifer für die nämliche Richtung mit, der fortan fast die vornehmste Triebfeder seiner Handlungen bildete. Nachdem er 1614, in seinem einundzwanzigsten Lebensjahre, öffentlich zur katholischen Kirche übergetreten, diente er ihr in der That mit einer Verehrung, einer Hingebung und einem Fanatismus, wie sie, um von Wallenstein ganz zu schweigen, keiner all der übrigen zeitgenössischen Convertiten in nur annäherndem Maße gezeigt hat. Von Kaiser Matthias an den Hof zu Prag gezogen und zum Reichshofrath ernannt, schien er in dieser Stelle – mehr als seiner juristischen Kenntnisse, wol gerade seines Glaubenseifers wegen – glänzende Aussichten zu haben. Dennoch duldete es ihn dort nicht lange; noch vor Ausbruch des großen deutschen Krieges vertauschte er, seinen wahren Beruf erkennend und dem Drange seines Genius folgend, die Feder mit dem Schwert und nahm zunächst Dienste bei König Sigismund von Polen, dem Blutsfreund des österreichischen Erzhauses und dem Todfeind des Schwedenkönigs Gustav Adolf. Kaum aber entbrannte in Böhmen der Kampf, als er den Waffen der katholischen Liga folgte und ihr thatkräftiges Haupt, Maximilian von Baiern, als seinen Herrn erkannte. Unter Tilly zog er demgemäß nach dem böhmischen Kriegsschauplatz, focht, schnell zum Oberstlieutenant avancirt, am 8. November 1620 in der Entscheidungsschlacht am weißen Berge bei Prag und blieb, mit vielen, zum Theil schweren Wunden bedeckt, wie todt auf dem Felde liegen. Er meinte im Fegefeuer zu sein und kam in Gefahr, von Soldaten der eigenen Partei beim Plündern erschlagen zu werden. Ein kaiserlicher Reiter rettete und ein erfahrener Wundarzt heilte ihn, so daß er schon im nächsten Frühjahr von neuem ausmarschiren konnte. Unter den ligistischen Obersten in Tilly’s Armada bald der Infanterie, bald der Cavallerie zugezählt, half er nun den Grafen Ernst von Mansfeld in der Pfalz und am Oberrhein bekämpfen. Trotz mancher glänzenden Waffenthat, bei der sein Name mit Auszeichnung genannt wird, scheint aber sein militärischer Ehrgeiz nicht befriedigt worden zu sein. Bereits im Januar 1622 bat er von Weinheim aus um seine Entlassung und erhielt dieselbe auch. Nach seinem Wiedereintritt im September harrte er, den Befehlen Tilly’s gehorchend, noch die nächstfolgenden Jahre, bis Anfang 1625 aus. Doch seine Augen richteten sich mittlerweile auf die Verwickelungen in Oberitalien und im Veltlin; Bruch und offenen Krieg zwischen den dabei betheiligten Großmächten Frankreich und Spanien vorhersehend, hoffte er in letzterem mehr Lorbeern erringen zu können. Nicht im Zweifel über die zu ergreifende Partei – er betrachtete mit deutschem Nationalbewußtsein die Franzosen als Erbfeinde und verehrte die Spanier als nächste Bundesgenossen des Kaisers, als Vorkämpfer seiner Kirche –, bat er den Kurfürsten von Baiern jetzt nochmals um seinen Abschied sowie um die Erlaubniß, für König Philipp ein Corps von ein paar Tausend Mann im Lande ob der Enns zu werben. Beides ward ihm gewährt und die Verstärkung, die er damit dem Herzog von Feria, dem spanischen Gouverneur in Mailand, zuführte, erwies sich als sehr bedeutungsvoll. Wenn auch nicht im Stande, die Spanier auf den übrigen [146] Punkten, wo die Franzosen angriffen, vor herben Verlusten zu bewahren, rettete er jenen doch gerade den wichtigen Posten, den Feria ihm anwies. Es war Riva am Comer-See – durch die fast ein Jahr lang dauernde Vertheidigung dieser verschanzten Position gegen die vereinigte Macht der Franzosen und Graubündtner gründete P. überhaupt erst seinen Waffenruhm. Ihm selber allerdings genügte sein Erfolg keineswegs; er dachte an Rückeroberung des den Spaniern bis auf eben diesen Punkt entrissenen Veltlins; er würde am liebsten an der Spitze einer kühnen Schaar von einigen tausend Reitern unmittelbar in Frankreich eingefallen sein und, bis nach Narbonne oder weiter vordringend, die ihm verhaßte Nation für ihre „Insolenz“ gezüchtigt haben. Unzufrieden, wenn er auch später noch sich mit Stolz „Ihrer königl. Majestät zu Hispanien bestallten Obristen“ nannte, verließ er die Stätte seiner bisherigen Thätigkeit, als im Frühjahr 1626 ein für den König wenig günstiger Friede derselben ein Ziel setzte. Aber schon winkte ihm, mehr als früher, auf dem heimathlichen Boden oder doch in dessen Nähe die Gelegenheit sich auszuzeichnen. Noch bevor er Italien verlassen, richtete er an den Baiernfürsten aus eigener Initiative schriftliche Vorschläge, wie der damals in Oberösterreich wüthende Bauernaufstand niederzuwerfen und die von den Rebellen soeben belagerte Hauptstadt Linz zu entsetzen sei. Den Grund dieses Aufstands bildeten die Religionsbedrückungen Kaiser Ferdinands II., welchem die zahlreiche protestantische Landbevölkerung dort im Lande ob der Enns ohnehin grollte, da er dasselbe dem von ihr außerordentlich gehaßten und gefürchteten Kurfürsten pfandweise übertragen hatte. Eben durch letzteres Verhältniß; kam indeß P. mit Maximilian nun wieder in nähere Beziehungen, während er darauf brannte, seinem Kaiser und der von ihm zielbewußt erstrebten Gegenreformation in den österreichischen Erbländern zum Siege zu verhelfen. Sein Wunsch, den Krieg gegen die Oberennser zu führen, wurde durch persönliche Umstände noch erhöht; galt es ihm doch, zugleich mit seinem Stiefvater, dem bairischen Statthalter Grafen Herberstorff in Linz, seiner dort bedrohten Mutter und zwei Schwestern zu Hilfe zu kommen. Nicht zu hoch wird von P. die Zahl, zu welcher die Aufständischen angewachsen waren, auf 80 000 Mann angegeben; den Bauern hatten sich zahlreiche mißvergnügte Herren und Edelleute angeschlossen. Bei abwechselndem Waffenglück war die Lage, zumal auch im Hinblick auf den gleichzeitigen Einbruch Mansfelds in Schlesien und Ungarn und auf Bethlen Gabor’s feindselige Haltung, eine äußerst gefährliche. Noch kurz vor Pappenheim’s Eingreifen schlugen die Bauern das in Oberösterreich einrückende kaiserliche Corps des Herzogs Adolf von Holstein und die bairischen Hilfstruppen des Generals Lindlo bis zur Vernichtung. So war es denn die nächste Aufgabe des jungen Helden, der, von Maximilian freudig begrüßt, inzwischen (15. Juli 1626) schon zum bairischen General-Wachtmeister ernannt worden war, als nunmehriger Chef der Unternehmungen gegen das Land ob der Enns den Schimpf der kaiserlichen und bairischen Waffen zu rächen, den Geist der durch die Niederlagen entmuthigten Truppen wieder aufzurichten. Und das Glück war ihm hold. Den Feind durch eine wohlgelungene Kriegslist täuschend, machte er sich (Anfang November) den Weg nach Linz frei und hielt, da ohnehin die Belagerung schon aufgehoben war, ungehindert seinen Einzug in diese Stadt. Darauf vereinigte er ligistische und kaiserliche Truppen und ging ohne Säumen zum Angriff über. Mit der Schlacht bei Efferdingen, die er den Bauern am 9. November lieferte, wurden die Leidenschaften dieses Krieges erst vollends angefacht. Er selber berichtete, daß sie sich nicht wie Menschen, sondern wie höllische Furien gewehrt, daß sie sich, ohne ach oder weh zu sagen, hätten niederschlagen lassen wie die Hunde. Was ihnen am militärischer Rüstung und Schulung abging, ersetzten sie durch den Muth und die Wuth ihrer Verzweiflung. [147] Nach heißem und überaus blutigem Ringen erlagen sie dennoch dem kampfgeübten Feldherrn, der, einer der Vordersten im Handgemenge, den Tod der Schmach einer nochmaligen Niederlage vorgezogen haben würde. Noch ein zweites, ja noch ein drittes und ein viertes Treffen – bei Gmunden, Vöcklabruck und Wolfseck – folgten in den nächsten vierzehn Tagen. P. nennt, in seinen Rapporten über diese, die Bauern rasende, wüthende Bestien; niemals, behauptete er, ein hartnäckigeres und grausameres Gefecht als das zu Gmunden erlebt zu haben. Fortgesetzt siegreich, ward er darum nur um so stolzer und schonungsloser. Nicht genug, daß tausende von gefallenen Bauern die Schlachtfelder bedeckten – er ließ zum abschreckenden Beispiel die Köpfe ihrer Hauptanführer in Linz auf die Thürme stecken. Verarmt und verwüstet lag Oberösterreich da; aber, von seinen Soldaten besetzt, leistete es keinen Widerstand weiter; unterworfen und schnell entwaffnet – so überlieferte der Sieger es dem kaiserlichen Strafgericht. Seine Aufgabe war erfüllt und er zog (Anfang 1627) von dannen. Jedoch die Trauerlieder der Bauern hielten, ihn als den „leidigen Teufel“ bezeichnend, das Andenken an seine Schreckensgestalt lebendig. –
Pappenheim: Gottfried Heinrich Graf zu P., wenn nicht einer der Haupthelden des dreißigjährigen Krieges, so doch in zweiter Reihe vornan stehend auf katholischer Seite – „die Blume der Ritterlichkeit, die, in Schlachtfeldern verwildert, auf blutigem Boden sich kräftigte zur Ehre der Heiligen, für deren Sieg er das Banner erhoben“. Geb. am 29. Mai 1594 in dem Städtchen Pappenheim a. d. Altmühl, dem Hauptort der gleichnamigen Herrschaft, entstammte er einem uralten Adelsgeschlechte, das neben dem Vorzug des erblichen Besitzes der Reichsmarschallswürde sich zahlreicher Sprößlinge rühmen durfte, welche den Kaisern im Laufe der Jahrhunderte namhafte Waffendienste geleistet. Aus einem Mal an der Stirn, das, scheinbar ein paar kreuzweise gelegte rothe Schwerter darstellend, bald für gewöhnlich wohl verschwand, bei heftigen Gemüthsbewegungen aber oft noch im Mannesalter zum Vorschein kam, wurde auch ihm sein militärischer Beruf prophezeit. Indeß bestimmten ihn Mutter und Vormund, nachdem er bereits im siebenten Jahre den Vater verloren, für eine mehr wissenschaftliche Laufbahn. Sorgfältig erzogen, wurde er um das Jahr 1608, als erst Vierzehnjähriger, auf die berühmte, zuvor schon vonAlles Bisherige ist gleichwohl nur gewissermaßen ein Vorspiel der tief einschneidenden Lebensthätigkeit dieses fanatischen Kriegesmanns gewesen. Ein neuer Schauplatz bot sich ihm nach kurzer Frist, nach einem vorübergehenden Zuge gegen den alten Markgrafen von Baden-Durlach und dessen Land, im niedersächsischen Kriege dar. Wenn auch Tilly das Haupt und den Führer der an diesem betheiligten protestantischen Stände, König Christian IV. von Dänemark bereits bei Lutter a. B. auf’s empfindlichste geschlagen, demnach einen Stand nach dem anderen zur Unterwerfung unter den Kaiser gebracht, den König selbst zum Rückzug weit gegen Norden genöthigt hatte: so war bei der Hartnäckigkeit des Letzteren das Ende des Krieges doch nicht abzusehen. Des Königs Muth hielt nicht zum Wenigsten der Umstand aufrecht, daß in den braunschweigischen Landen noch ansehnliche Festungen von seinen Truppen behauptet wurden. Insbesondere Wolfenbüttel, der vornehmste Waffenplatz und zugleich die Residenz des Herzogs und Kreisdirectors Friedrich Ulrich, trotzte unter dem Commando des Grafen von Solms den andringenden Ligisten mit zäher Kühnheit; militärisch und politisch wurden ihnen von dort aus noch große Ungelegenheiten bereitet. Und so erschien die Einnahme Wolfenbüttels dem Kaiser ebenso wie der Liga als ein vor Allem dringendes Gebot. Sie zu bewerkstelligen, ward P. von Tilly ausersehen, als er im August in Niedersachsen eintraf. Durch den oberösterreichischen Krieg zur ligistischen Fahne zurückgeführt und jetzt dem Anschein nach ihr unverbrüchlich treu, durch den oberitalienischen Krieg im Festungskampf geübt und vorzüglich bewährt, war er in Tilly’s Heer ohne Frage der geeignetste, der rechte Mann an jenem Platze. Anfangs September begann er mit 22 Compagnien zu Fuß und 22 zu Pferde die Belagerung, die, beinahe vier Monate während, erst zu glücklichem Ende geführt wurde, nachdem er durch Abdämmung der Ocker die Gassen und Märkte der Stadt unter Wasser gesetzt und dasselbe, den Einwohnern ihr Gewerbe zum Stillstand bringend, in die Erdgeschosse der Häuser getrieben. Bis dahin hatte Solms in täglichen starken Ausfällen die Festung zu Pappenheim’s eigener Bewunderung vertheidigt. Ja, noch weitab vom Gelingen, hatte dieser es förmlich als ein Glück gepriesen, den Kampf mit des Königs besten Soldaten zu führen, und sich dabei einen eigenthümlichen, wie er es nannte, alt abenteuerlichen Rittersbrauch gefallen lassen. „Wenn das Treffen vorüber und unsere schweißigen Köpfe abgewischt, so kommen wir dann zusammen auf dem Feld, discurriren, essen und trinken und lobt Einer des Anderen ritterliche Thaten, als wenn wir die besten Freunde wären; wenn wir dann wieder von einander scheiden, geht es nicht ohne fröhliches Scharmütziren [148] ab.“ Ein so furchtbarer Feind P. auch war: ihm imponirte der sich heldenmüthig wehrende Gegner im selben Maße, wie er den aus Muthlosigkeit unterwürfigen verachtete. Als nach dem Fall der übrigen Plätze endlich auch Wolfenbüttel sich nicht mehr halten konnte, als Wassers- und Hungersnoth die Belagerten zu parlamentiren zwang, da bewilligte er, wenngleich erst nach schwierigen Verhandlungen, in der Capitulation vom 18. December 1627 der Besatzung freien Abzug mit allen soldatischen Ehren. Den Landesfürsten Herzog Friedrich Ulrich aber tractirte er hinfort wie einen Gefangenen, obwohl derselbe, im Gegensatz zu dieser dänischen Besatzung, die Uebergabe der Festung von vornherein betrieben und den katholischen Angreifern mehr als nöthig zu Gefallen gethan hatte. P. sah hierin eben doch nur eine unaufrichtige und feige Devotion, wie er denn überhaupt den niedersächsischen Kreisständen Mißtrauen und Mißachtung in gleichem Maße zeigte. Ein kühner Kriegsmann, glaubte er über die Häupter der elenden Fürsten schon hinwegschreiten zu dürfen. Und kein Geringerer als der kaiserliche Obergeneral, Wallenstein, bestärkte ihn darin, indem er, seine Hand nach dem Herzogthum Mecklenburg ausstreckend, Tilly das Fürstenthum Calenberg und P. das Fürstenthum Wolfenbüttel zu verschaffen gedachte. Wenn darin auch für diesen eine hohe Anerkennung lag und er gleichsam als der dritte im Bunde der Kriegshäupter erschien, so hatte Wallenstein doch offenbar noch seine besonderen Absichten. Er wollte, die natürliche und stets wachsende Eifersucht der ligistischen Fürsten gegen die von ihm vertretene Kaisermacht vor Augen, die beiden Feldherren der Liga seiner Sache und seiner Person soviel als möglich verpflichten, sie in gewissem Maße vielleicht schon zu sich herüberziehen; er wollte auf Kosten des reichsfürstlichen Princips eine bis dahin unbekannte Militäraristokratie unter der eigenen Aegide errichten. Neben der Verdrängung der Herzoge von Mecklenburg wäre auch die Beseitigung des Herzogs von Braunschweig-Wolfenbüttel, auf welche Tilly’s und Pappenheim’s Erhöhung begründet werden sollte, ein entschiedener Schlag gegen den ganzen angestammten Reichsfürstenstand mit Einschluß der Liga gewesen. Weit entfernt nun zwar, in Wallenstein’s Sinne die Liga kränken zu wollen, ging P. dennoch um so begieriger auf das Anerbieten des kaiserlichen Generals ein, als es seiner persönlichen Ehrsucht in hohem Grade schmeichelte. Energisch arbeitete er, von Wallenstein aufgestachelt, auf die Aechtung und Absetzung jenes von ihm für unfähig, falsch und treulos erklärten Fürsten hin und ließ sich, im eigensten Interesse, zu einem schlimmen Inquisitionsverfahren wider ihn gebrauchen. Friedrich Ulrich sollte, trotz seiner notorischen Kaisertreue, mit Hilfe erpreßter Zeugenaussagen durchaus zu einem Verräther gestempelt werden. Es beweist Pappenheim’s Eifer, daß er, als Präsident der Untersuchungscommission, nach einem wie es scheint endlosen und doch das gewünschte Resultat nicht völlig herbeiführenden Inquiriren sich in Person an den kaiserlichen Hof begab, um den Reichshofrath, dessen nominelles Mitglied er immer noch geblieben war, für seine Intentionen zu gewinnen. In diesem Zeitraum scheint er selbst noch einmal, seines ehemaligen Berufs gedenkend, sich in erster Linie als Jurist gefühlt zu haben, so überaus verdächtig immer seine Thätigkeit war. Die nach der Eroberung Wolfenbüttels einer längeren Erholung sehr bedürftigen Truppen hatte er Winterquartiere in der Altmark beziehen lassen; dort aber blieben sie auch noch im folgenden und sogar im nächstfolgenden Sommer (1628, 29) liegen. Wohl entsprach seinem unermüdlichen Thatendrang diese Inactivität am wenigsten, ja mit großem Verdruß empfand er ihre lähmende Wirkung. Der Dänenkönig hielt die Waffen aufrecht, aber die Verhältnisse brachten es mit sich, daß zunächst nur gleichsam ein halber Krieg, ein schleppender Festungskrieg geführt wurde, der die katholischen Streitkräfte zu zersplittern und zu ermüden drohte. Wohl [149] ward auch für diesen Krieg Pappenheim’s Erfahrung und Thatkraft in Anspruch genommen. Wallenstein selber bat ihn von Tilly sich aus, um die holsteinischen Plätze Glückstadt und Krempe zu recognosciren und sein Gutachten betreffs ihrer Festigkeit sowie der Aussichten auf ihre Einnahme abzugeben. P. that dies im September 1628 und bewirkte damit nicht zum Wenigsten den zwei Monate später erfolgenden Fall von Krempe. Bei alle dem, und obwohl auch Tilly ihn wiederholt die untere Elbe und die Häfen an der Nord- und Ostsee recognosciren ließ, befand sich P. doch nicht in voller freudiger Wirksamkeit. Es war, als wenn die Aufgaben ihm nicht mehr genügten, und jedenfalls meinte er nun Muße genug übrig zu haben, um sein juristisch-politisches Intrigenspiel gegen den unglücklichen Herzog von Braunschweig in Prag und in Wien persönlich weiter zu verfolgen. Einen Urlaub, den er sich von Tilly angeblich zu einer neuen Reise nach Italien erbeten, benutzte er im Frühjahr 1629, ohne sich über Wien hinaus zu begeben, hauptsächlich zu dem oben erwähnten Zweck. Seine und in diesem Punkt zugleich Wallenstein’s Erwartung wurde nichtsdestoweniger getäuscht. P. drang mit der Anklage gegen Friedrich Ulrich nicht soweit durch, daß dessen Absetzung ausgesprochen wurde. Weder der Reichshofrath noch der Kaiser selbst wollten ihm Ansprüche zugestehen, wie sie nur der fast allmächtige Wallenstein für seine Person allein erheben durfte. Tilly war aber überhaupt zu ehrlich und zu uneigennützig, als daß er den gewaltthätigen Sturz eines Reichsfürsten als Staffel zu eigener Erhebung gebraucht haben würde. Ja, kaum erkannte er die wahre Absicht von Pappenheim’s Aufenthalt in Wien, als er durch ein warnendes Schreiben an den Kurfürsten von Baiern die Intrigue vollends zerstörte. Maximilian ehrte P. außerordentlich; schon im September des vergangenen Jahres hatte er den noch jugendlichen Mann zum ligistischen Generalfeldzeugmeister ernannt; aber niemals würde sein Hoheitsgefühl und seine reichsfürstliche Collegialität das, was hier im Werke war, geduldet haben. „In dem Tone eines erzürnten Souverains“ verwies er P. (April 1629) sein eigenmächtiges Inquisitionsverfahren – und das Spiel war aus. Wie sehr den ehrbegierigen Streber das Mißlingen nach soviel Mühe und Arbeit verdroß, läßt sich wohl auch daraus ersehen, daß er sofort wieder daran dachte, die bairisch-ligistischen Dienste mit den spanischen zu vertauschen. Seine Unterhandlungen mit dem königlichen Gesandten in Wien führten indeß zu keinem Ziele. Genöthigt, auf seinen Posten, nach seinem Hauptquartier Gardelegen zurückzukehren, näherte er sich dagegen in der Folge um so mehr seinem großen Gönner Wallenstein, dessen Glanz an und für sich den bescheideneren Tilly, wie insgemein, so zumal in Pappenheim’s Augen verdunkeln mochte.
Wider sein Vermuthen machte der nunmehr mit Dänemark geschlossene Friede dem deutschen Krieg noch immer kein Ende. Das gleichzeitig vom Kaiser erlassene Restitutionsedict war nur zu geeignet, die Flammen, auch wo sie schon im Erlöschen begriffen, auf’s Neue anzufachen, während Wallenstein auf eigene Faust, durch die in schroffer Form gestellte Forderung einer starken Einquartirung die auf ihre Freiheiten trotzige Stadt Magdeburg in einer Weise provocirte, welche dort an der Elbe einen überaus erbitterten Blokadekrieg zur Folge hatte. Und wieder gab dieser Krieg die Gelegenheit, die Intervention Pappenheim’s herbeizuführen. Wallenstein bat ihn, mit einem Theil seiner Truppen, sich noch einmal von Tilly aus, um Magdeburg zur Nachgiebigkeit zu bringen. Sehr wahrscheinlich, daß P., auf seine fortificatorischen Kenntnisse und mehr noch auf den Effect seiner erprobten Belagerungskunst bauend, die Blokirten durch Abgraben des Elbstromes ebenso zu bezwingen hoffte, wie er die in Wolfenbüttel Belagerten durch Abdämmung der Ocker bezwungen hatte. Als aber kriegerische Verwicklungen rings um die Grenzen des deutschen Reichs, besonders der in [150] Italien wieder ausgebrochene und den Kaiser jetzt in unmittelbare Mitleidenschaft ziehende Krieg dem Generalissimus dringend rathsam erscheinen ließen, den Streit mit Magdeburg durch gütliche Verhandlungen, wenn auch vorläufig noch mit Aufrechterhaltung seiner Forderung beizulegen, da bestimmte er P. sogar zum diplomatischen Friedensvermittler. Dieser jedoch meinte wohl, als er im September zu Klein-Ottersleben mit den städtischen Gesandten zusammenkam, auch schon durch bezügliche Drohungen mit Worten und Demonstrationen das gewünschte Ziel erreichen zu können. Er wollte, versicherte er ihnen, sich den Kopf zwischen die Füße legen lassen, wenn er nicht binnen vierzehn Tagen durch Abstechung des Wassers u. s. w. die Stadt erobert haben werde. Allein er täuschte sich über die Widerstandsfähigkeit der Bürger, welche, selbst nicht zur Leistung einer größeren Abfindungssumme geneigt, mit täglich wachsender Erbitterung durch kühne verzweifelte Ausfälle denen von Wolfenbüttel es nachzuthun bestrebt waren. Da ließ Wallenstein, bei Weitem weniger optimistisch als P., seine Ansprüche fallen, und unter Bedingungen, die Niemand schmerzlicher als dieser wie eine Niederlage empfinden mußte, erfolgte zu Anfang October die Aufhebung der Blokade. Kein Zweifel, daß P. seitdem einen unversöhnlichen Groll gegen das „hochmüthige“ Magdeburg im Herzen trug. Indeß, die anderweitigen Verwicklungen und Wirren, derentwegen es einen so günstigen Frieden erhalten, berührten unabwendbar auch seine Seele immer stärker – neben den italienischen, und mehr bereits als diese, die niederländischen. Von jeher hatte er die Holländer als die Rebellen des Königs von Spanien und als die Patrone aller deutschen Rebellen verabscheut, und jetzt mußte er sehen, wie dieselben durch ein paar glänzende Siege und Eroberungen, die sie damals über die Spanier davongetragen, eine Uebermacht und einen Uebermuth gewannen, bedrohlich nicht allein für Belgien, sondern für Rheinland-Westfalen, für ganz Nordwestdeutschland. Nachrichten über Nachrichten trafen in Bezug auf ihre Bewegungen und vermeintlichen Absichten gegen Ende des laufenden und im Frühjahr des nächsten Jahres (1630)ein, die, so übertrieben, ja so willkürlich sie auch waren, P. mit wachsender Besorgniß und verstärktem Ingrimm erfüllten. Da entwarf er, noch in seinem altmärkischen Hauptquartier Gardelegen, Pläne, die nach seiner Versicherung innerhalb eines Jahres zu völliger Unterdrückung jenes „aufwieglerischen“ Volkes führen mußten und welche, dem König von Spanien übersandt, von Letzterem so ernst genommen wurden, daß er den ligistischen General um jeden Preis an sich zu fesseln wünschte. Wohl würde P. selbst nunmehr lieber denn je sich den Spaniern gewidmet und ihrer ermattenden Kriegsführung frische Impulse gegeben haben, wenn nicht in nächster Zeit schon neue außerordentliche Aufgaben auf deutschem Gebiet an ihn herangetreten wären. Zwar nur nebensächlich erscheint es, wenn der Kaiser durch eine Acte vom 20. März 1630 ihn nebst einigen anderen glaubenseifrigen Männern zum Executor des Restitutionsedicts in den Stiftern Magdeburg und Halberstadt mit der besonderen Tendenz, seinem Sohne, dem Erzherzog Leopold Wilhelm, die Huldigung als Erzbischof und Bischof dort zu erwirken, bestimmte. Ferdinand II. kannte und würdigte die mit der Hingebung an die katholische Kirche eng gepaarte Kaisertreue Pappenheim’s; nicht weniger zum Dank für diese als zur Belohnung seiner militärischen Leistungen hatte er ihn, den bisherigen Freiherrn, bereits am 19. Mai 1628 in den Reichsgrafenstand erhoben, ihm außerdem auch eine reiche Dotation an Geld und Gut zugewiesen. Ohne ihn der Liga entziehen zu wollen, war er überzeugt, auf P. stets vornehmlich rechnen zu dürfen. Daß er in dem hier vorliegenden Fall sich täuschte, war gleichwohl nur seine, des Kaisers eigene Schuld. Im Princip stand P. mit ihm durchaus auf dem Boden jenes ominösen Edicts; das Recht und die Pflicht, die geistlichen Güter von den Ketzern zurückzufordern, war auch für [151] P. über jeden Zweifel erhaben. Man müsse, sagte er im Hinblick darauf, den Baum mit der Wurzel ausgraben. Aber so einsichtig zeigte er sich doch, daß er gerade deshalb die Nothwendigkeit betonte, günstigere Zeiten abzuwarten und, anstatt immer neuer Verwicklungen, erst ein großartiges allgebietendes Uebergewicht der katholischen Waffen in Deutschland zu schaffen, wie es, trotz der vorausgegangenen Siege, Angesichts der von außen drohenden Gefahren keinswegs vorhanden war. Während er (Mai 1630) sich nur vorübergehend an der „Apprehension“ des Stiftes Halberstadt im Namen des Kaisers und des Erzherzogs betheiligte, enthielt er, noch durch die Holländer nach Westdeutschland abgezogen, sich gänzlich der ihm für das Erz- und Primatstift Magdeburg angetragenen Commission, so daß ein anderer höherer Officier hiermit betraut werden mußte. Bald jedoch nahm die folgenschwere, von ihm längst geahnte Invasion Gustav Adolf’s seine Aufmerksamkeit, nahmen die kriegerischen Erhebungen, die sie in Norddeutschland hervorrief, seine Kräfte völlig in Anspruch. Sowie überhaupt nun die holländische Gefahr von der schwedischen überflügelt wurde, trat naturgemäß für P. das Gebot, sich eben dieser entgegenzustellen, ganz und gar in den Vordergrund.
Der Plan des Schwedenkönigs, den strategisch und politisch überaus wichtigen Elbstrom zu gewinnen, ihn soweit als möglich dem Kaiser und der Liga zu verschließen, während er selbst sich in den Ostseeküstenländern Schritt für Schritt erobernd festsetzte, fand die eifrigste Unterstützung von Seiten des Herzogs Franz Karl von Lauenburg und des ehemaligen Administrators Christian Wilhelm von Magdeburg. Ersterer bemächtigte sich, nachdem er einige tausend Mann zusammengebracht, im September der Städte Boitzenburg, Lauenburg und Neuhaus an der unteren Elbe. Letzterer hatte sich schon im Voraus insgeheim in Magdeburg eingeschlichen, diese noch unter dem herben Eindruck der Wallenstein’schen Blokade stehende, dazu in Folge des Restitutionsedicts tief erregte Stadt mit Hilfe kühner Demagogen seinem Willen im Namen des Königs unterworfen, darauf unverweilt die Fahne des Aufstands erhoben und in übereilten Ausfällen ebenso leichte wie vergängliche Eroberungen ringsumher im Erzstift gemacht. Während die Kaiserlichen, immer stärker herbeiziehend, einen Platz nach dem anderen ihm wieder abnahmen und die lärmende Hauptstadt schon mit einer neuen Blokade bedrohten, erbat sich P. von Tilly die Erlaubniß, mit wuchtigen Schlägen über den Herzog Franz Karl herzufallen und seiner Unternehmung ein schleuniges Ende zu bereiten. So zwang er ihn denn (October), die bezeichneten Plätze zu verlassen und auf Ratzeburg zu retiriren; dort nahm er ihn, als er zu Schiffe von dannen flüchten wollte, noch rechtzeitig gefangen. Mit seiner erfolgreichen Festsetzung im Lauenburgischen gewann er aber selbst nun einen Posten an der Elbe, durch welchen er dem König den Paß nach Magdeburg hinreichend verlegte und den Aufstand des Administrators isolirte. Doch blieb er auf halbem Wege um so weniger stehen, als Gustav Adolf inzwischen einen seiner ersten Officiere, seinen Hofmarschall Falkenberg nach Magdeburg gesandt hatte, um mit Umsicht und Energie die Leitung dieses Aufstands zu übernehmen und das alte Bollwerk des Lutherthums recht zur Basis seiner eigenen Operationen zu machen. P. erkannte sofort, wieviel von Magdeburgs Besitz für den schwedisch-deutschen Krieg abhing. Das Fundament des ganzen Krieges nannte er es und er war überzeugt, daß mit dieser Feste der König stehen oder fallen würde. Strategische und politische, religiöse und persönliche Gründe ließen, in Eins gleichsam zusammenfließend, ihn mit Begier die Führung des Kampfes gegen Magdeburg erstreben. Erzketzer und Erzrebellen waren ihm die Bürger, die er überdies nach der vergeblichen und, wie er wußte, nur der auswärtigen allgemeinen Gefahren wegen aufgehobenen Blokade von 1629 jetzt nachträglich zu [152] demüthigen und ernstlich zu züchtigen gewillt war. Sehr begreiflich, wenn unter solchen Umständen Tilly dem eben damals (im Spätherbst 1630) zum ligistischen Feldmarschall ernannten P. das ersehnte Commando mit Vorliebe anvertraute. Allein, bei Weitem mühsamer, als er erwartet, fand Letzterer die Aufgabe, Magdeburg zu nehmen. Nach einem glücklichen Debut gegen das Städtchen Neuhaldensleben, daß er den Aufständischen zu deren schwerem Schaden schnell entriß, schloß er mit Beginn des neuen Jahres (1631) die Metropole ein, so gut es ging, jedoch ohne Aussicht auf baldige Eroberung. Denn nicht blos, daß Tilly, nach der Absetzung Wallenstein’s jetzt der oberste Feldherr auch der Kaiserlichen, mit der großen Hauptmacht der combinirten Armeen gegen Gustav Adolf direct in’s Feld rücken und daher P. vor Magdeburg mit nur mäßigen, gegenüber den weitläufigen Anlagen dieser Festung jedenfalls ungenügenden Kräften zurücklassen mußte. Auch der lange anhaltende Winterfrost erschwerte ungemein die nöthigen Schanzenarbeiten im Felde, die Vorbereitungen zur Belagerung. Der neue Feldmarschall, der zu dieser ohne Umstände überzugehen gewünscht hätte, sah sich denn in der That vorläufig und für unberechenbare Zeit auf eine nochmalige Blokade beschränkt. Die Eifersucht des kaiserlichen Statthalters im Erzstift, des Grafen Wolf von Mansfeld, trug nur noch mehr zur Hemmung seiner Bewegungen bei. Ja, Tilly ward, zum Nachtheil für das Vorhaben und entgegen seiner ursprünglichen Absicht, aus höheren politischen Rücksichten genöthigt, das Commando vor Magdeburg zwischen den beiden Ehrgeizigen zu theilen; er that es, indem er dem Einen das rechte, dem Andern das linke Elbufer zuwies. Der feindliche Gegensatz der beiden trotzigen Charaktere ließ aber wenig Gutes erwarten, wie denn von einem gemeinsamen Vorgehen kaum die Rede war. Während Mansfeld’s langsame Bedächtigkeit P. zur Verzweiflung bringen konnte, dachte dieser feurige, übereifrige Krieger wiederholt wohl daran, den Sturm auf die Wälle und Mauern auch ohne die unentbehrlichsten Vorbereitungen und Sicherheitsmaßregeln, mit seiner unzureichenden Schaar zu wagen; nur Tilly’s Verbote hielten ihn davon zurück. Vergeblich suchte der Ungeduldige dann wieder Falkenberg durch großartige Verheißungen und Bestechungen auf seine Seite zu ziehen; er mußte, von ihm abgewiesen, sich eine schnöde Antwort gefallen lassen. Im Uebrigen waren es ebenbürtige Gegner: Falkenberg in der Vertheidigung gleich unermüdlich und tüchtig, wie P. im Angriff, in der – wenn auch bloß partiellen – Umzingelung des von den Städtern besetzten Terrains; Fehler beging freilich dieser wie jener. Unter so bewandten Verhältnissen würde indeß die Blokade der reichlich mit Lebensmitteln versehenen Stadt sich vielleicht endlos hingezogen haben, wenn nicht Tilly, den P. schon zu Anfang März gegen dies „Centrum mali“ herbeirief, sich einen Monat später mit der gesammten Heeresmacht dorthin gewandt hätte, nachdem er fruchtlos bemüht gewesen, den König zwischen Oder und Elbe zum Stehen wie zum Schlagen zu bringen. Und jetzt erst änderte sich die Situation; Dank dieser Uebermacht, die binnen Kurzem die Zahl von 30 000 Mann erreichte, konnte der Feldmarschall, der unter den Augen des Oberfeldherrn schnell die wichtigsten Außenwerke der Feinde erstürmte, in den ersten Tagen des Mai die förmliche Belagerung beginnen. Wohl schmerzten ihn die Verluste, die Gustav Adolf in der Zwischenzeit den Kaiserlichen an der Oder zufügte, und in gar trüber Stimmung beklagte er bitter die durch seine fürstlich-ligistischen Herren im ungeeignetsten Zeitpunkt bewirkte Entlassung Wallenstein’s als des Einzigen, dessen zwingende Autorität das Unheil zu verhüten im Stande gewesen wäre. Aber die Besorgniß, daß der König mit erhöhtem Muthe zum Entsatz der Elbfeste herbeieilen werde, verdoppelte auch Pappenheim’s großen Eifer. In Tilly’s Heer bildete sein früheres Blokadecorps, das er in täglichen Exercitien zu einer Mustertruppe herangebildet, den eigentlichen Kern; und während [153] er jetzt Laufgräben anlegte, Batterien errichtete, unter unaufhörlichem Schießen sich in die Festungswälle eingrub, bereitete er dasselbe stündlich auf die blutige Entscheidung, auf den nahen Sturm vor. Tilly schwankte, ob er einen solchen, ehe noch Bresche gelegt, wagen oder ob er vor des Königs drohendem Anmarsch die Belagerung aufheben sollte. P. war es, der dies verhinderte. Große Vortheile auf seiner, der Neustädter Seite ließen ihn allerdings die anderweitigen Schwierigkeiten, zumal die auf der Sudenburger, wo sein Antipode Mansfeld befehligte, mit gewohnter Rücksichtslosigkeit übersehen. Immer bleibt[WS 1] die Erstürmung Magdeburgs, am Morgen des 10./20. Mai recht eigentlich Pappenheim’s Werk und, vom Standpunkte seiner Partei aus, sein Verdienst. Ungerecht hingegen ist es, wie noch heute so häufig geschieht, den Eroberer als den Zerstörer dieser Stadt zu brandmarken. Da nach der Ersteigung des Walles, die in Wirklichkeit eine Ueberrumplung war, ein erbitterter Widerstand von Seiten Falkenberg’s folgte und im nächsten Moment Alles auf dem Spiele stand, ließ P., um durch Verwirrung der Feinde diesen Widerstand zu brechen, ein paar Häuser am Thatort, bei der Hohen Pforte in Brand stecken. Niemals geleugnet und als taktische Maßregel weder unerlaubt noch an sich auffällig, hat diese Handlung gleichwol dem glühenden Haß der magdeburg-schwedischen Partei gegen ihren grimmigsten Dränger offenbar den eigentlichen Vorwand zu der schweren Anklage gegeben, daß er auch die nachfolgende umfassende Brandstiftung, die totale Zerstörung der Stadt planmäßig anbefohlen habe. Wie sich für letztere aber eine andere Urheberschaft nachweisen läßt, so läßt sich auch behaupten, daß P. mit Tilly strategische und außerdem noch starke persönliche Gründe hatte, das besiegte Magdeburg als Stadt und Festung zu erhalten. Wohl hatte er, wie gesagt, es erobern wollen, um die Bürgerschaft zu züchtigen, jedoch nicht weniger auch, um es zu besitzen und seinen Besitz eben der großen Partei, für die er kämpfte, sowie sich selber dauernd nutzbar zu machen. Ja, je näher er während der mühseligen Belagerung seinem Ziele kam, um so entschiedener war, da er nach seinen eigenen Worten in seinem Interesse durchaus nicht blind sein wollte, sein Wunsch, sich vom Kaiser Hab und Gut der Rädelsführer zur Belohnung schenken zu lassen. Auf einer schwarzen Liste hatte er Taxwerth und Einnahmen von bürgerlichen Gütern, auf einer andern die „zu confiscirenden Herrlichkeiten der Stadt“, ihre Regalien und Steuern, so daß „Ziseamt“, das jährlich 30–50 000 Thaler einbringen müßte, den Brückenzoll mit 4000, das Fähramt und Ziegelamt mit mehr als 20 000 Thalern, in Summa Objecte, die „wohl auf eine Million Goldeswerth“ verzeichnet. Ueber Alles dies hoffte P., der auch Burggraf von Magdeburg werden wollte, in Zukunft theils für sich, theils für das gemeine Wesen disponiren zu können. Und so erklärt es sich denn auch, wenn er in seinen Berichten, den Sieg über Magdeburg mit lebhaftem Frohlocken schildernd, im Tone des Bedauerns fortfuhr, daß die vielen – wie er überzeugt war, von den Bürgern angestifteten – Feuer „in wenigen Stunden diese schöne Stadt mit all ihrem großen Reichthum in die Asche gelegt“. Er empfand das mit Tilly als einen „ex malitia“ geführten Schlag, ohne im ersten Moment, neben den materiellen Verlusten, die seiner Partei in strategischer Hinsicht so überaus schädlichen Wirkungen der Zerstörung schon ganz zu übersehen. Tilly’s scharfer strategischer Blick rettete die mit ihrem Sieg in arge Verlegenheiten gerathene Armee vor dem Verderben, in welche Pappenheim’s Befangenheit und gleichzeitig seine Tollkühnheit sie gestürzt haben würde. Denn nicht, wie dieser wollte, fiel jener mit einseitiger Ausbeutung des Schreckens der Eroberung und ohne Rücksicht auf den Schwedenkönig alsbald über die Leipziger Schlußverwandten, die stark rüstenden protestantischen Stände in Mitteldeutschland her. Tilly’s Aufmerksamkeit blieb, während er sich allerdings in dem verwüsteten und sämmtlicher Vorräthe dadurch [154] beraubten Magdeburg mit seiner Hauptarmee nicht halten konnte, zwischen den Ständen und dem König mit zwingender Nothwendigkeit getheilt. Und P. selber gab ihm nachher Recht, als er, auf halbem Wege, aus Thüringen nach der Elbe mit etwa 7000 Mann zurückgeschickt, in den ersten Tagen des Juli gerade noch zur Zeit im Magdeburgischen wieder ankam, um den im Vordringen begriffenen Schweden Halt zu gebieten und mit dem Erzstift zugleich die auch nach der Zerstörung als Elbpaß höchst bedeutsam erscheinende Hauptstadt zu decken. Gustav Adolf würde, wenn Tilly sich voreilig mit den unbotmäßigen Ständen in Thüringen und Hessen, dem ursprünglichen Wunsche Pappenheim’s entsprechend, gemessen und in Krieg verwickelt hätte, Raum und Zeit zu der wichtigsten, durch die Zerstörung ungemein erleichterten Eroberung und Festsetzung am Elbstrom gewonnen haben und der kaiserlich-ligistischen Streitmacht darauf unschwer in den Rücken gefallen sein. Schnell bekehrte sich der Feldmarschall zu der besseren Einsicht des Höchstcommandirenden. Aber freilich, im ferneren Verlauf der Dinge konnte der Eine so wenig wie der Andere dem genialen königlichen Feldherrn in seiner festen Stellung zu Werben beikommen, konnte Keiner verhindern, daß derselbe über ihre Häupter hinweg mit Bernhard von Weimar, mit Wilhelm von Hessen und vor Allem dann mit dem Kurfürsten Johann Georg von Sachsen die folgenreichsten Beziehungen knüpfte. Der Einfall der beiden katholischen Generale in das Kurfürstenthum, die Einnahme von Merseburg und Leipzig (Anfang und Mitte September) fand statt, als das schwedisch-sächsische Bündniß bereits beschlossen und unabänderlich war. P. nannte nun zwar den Kurfürsten verblendet, bedauerte ihn scheinbar, daß er seines Landes Unglück und Ruin nicht sähe, und war in Wirklichkeit über diese Wendung hoch erfreut, da hiermit das gute Recht zum Angriff auf Sachsen gewonnen war. Selbst aber ein Verblendeter, zweifelte er keinen Augenblick, in der bevorstehenden Feldschlacht den Sieg davonzutragen. Ja, mit verwegenem Ungestüm, durch eine verfrühte und sehr bedenkliche Cavallerieattaque beschleunigte er am 7./17. September in der Ebene von Leipzig eigenmächtig die Schlacht, die, wenngleich unvermeidlich, von Tilly dennoch bis zum Eintreffen der erwarteten Verstärkungen verschoben worden wäre. Und mehr noch, er zwang dadurch den Oberfeldherrn, eine trefflich gewählte, vortheilhafte Position zu verlassen. Wenn man P. darum auch noch nicht die Hauptschuld an dem Verluste dieser Hauptschlacht zuschreiben darf, so ist sein Verfahren vom militärischen Standpunkt aus doch überaus tadelnswerth gewesen. Einigermaßen sühnte er seine Schuld, indem er, Wunder der Tapferkeit verrichtend und der Letzte auf dem Schlachtfeld, die Reste der Geschlagenen sammelte und rettete. Sein Rückzug nach Halberstadt verdient so hinwieder das größte Lob. Und einen neuen Ruhmeskranz flocht er sich, als es in der nun folgenden Epoche, während Gustav Adolfs unaufhaltbarem Siegeszug nach dem Rhein und nach Oberdeutschland darauf ankam, in Niedersachsen und Westfalen im Rücken des Siegers zu agiren, daselbst ein neues Corps zu bilden und die Nebenheere des Königs sowie seiner sich aller Orten erhebenden norddeutschen Verbündeten mindestens dergestalt zu beschäftigen, daß sie unfähig blieben, die im Süden sich ausbreitenden Schweden durch Zuzüge zu verstärken. P. war eine derartige Aufgabe um so erwünschter, als sie ihm Gelegenheit gab, endlich einmal wieder selbständig und ohne das stete Einreden Tilly’s, dessen Umsicht und Einsicht er rühmend anerkannte, dessen Bedächtigkeit er aber Unentschlossenheit schalt, auf großem Felde zu operiren.
Bezeichnend ist es, daß seine erste bemerkenswerthe That in diesem neuen Abschnitt der Befreiung Magdeburg’s galt, welches nach der Lage seiner traurigen localen Verhältnisse von Mansfeld blos mit einer schwachen Garnison besetzt, in seiner Verwüstung nicht mehr im Stande erschien, sich nur auf kurze [155] Zeit gegen ein 8–10,000 Mann starkes Corps des schwedischen General Banér zu halten. P., nachdem er in der Eile aus den westfälisch-niedersächsischen Besatzungen der Liga die entbehrlichsten Truppen herausgezogen, rückte, um die von Mansfeld schon eingeleitete Capitulation zu vereiteln, gegen Neujahr 1632 mit kaum 5000 Mann herbei. Indem er aber vor sich her verbreiten ließ, daß er mit 20,000 Mann zum Entsatz komme, nöthigte er durch dieses „Strategema“ den besorgten Banér zur Aufhebung der Belagerung noch vor seiner Ankunft. Seine Absicht war allerdings nun, nicht sowohl die unhaltbar gewordene Stadt als die Besatzung zu retten. Mit schwerem Herzen hatten sich inzwischen die katholischen Mächte, Kaiser und Liga, hatte auch Tilly sich gestanden, daß alle auf Magdeburg verwandte Mühe nach der Zerstörung nur vergeblich und es daher das Beste sei, die Festungswerke vollends zu schleifen. Eben das führte P. alsbald in so radicaler Weise aus, daß auch hier aus einer militärisch gebotenen Handlung auf seine angebliche Zerstörungswuth geschlossen worden ist. Er that mit bestem Gewissen nur das Unvermeidliche: Magdeburg wurde aufgegeben und verlassen und sollte, nach gleichzeitiger Demolirung der Elbbrücke, auch den Feinden so viel als möglich nutzlos gemacht werden. Nicht lohnt es sich, die folgenden Unternehmungen des Feldmarschalls ausführlich aufzuzählen. Genug, er hielt die Ehre der katholischen Waffen aufrecht, bot mit beschränkten Kräften den Generalen Tott und Baudissin, den Fürsten Wilhelm von Hessen und Georg von Lüneburg, so gut es ging, Trotz, behauptete insbesondere siegreich die Stellung an der Weser und stärkte sich allmählich durch neue Werbungen, indem er freilich kaum erschwingliche Contributionen in den längst ausgesogenen Ländern, namentlich von den Städten erhob. Seine Absicht, den Zuzug zu Gustav Adolf zu verhindern, erreichte er indeß nur unvollkommen, wohingegen der Abmarsch so bewährter Führer wie Banér’s und Wilhelm’s von Hessen ihm größere Freiheit, ihm die Fähigkeit gab, zum Ersatz für verlorenes Terrain wieder anderes zu erobern. Von Stade bis nahe an Kassel, von Hildesheim bis nach Mastricht gingen, um nur Einzelnes hervorzuheben, seine ruhelosen Streifzüge. Bei der Solidarität der Interessen, dem inneren Zusammenhang der schwedischen und der holländischen Operationen wurde in diesem nie ermüdenden Geiste nochmals, und mächtiger als vordem, der Wunsch rege, sein eigenes Operationsgebiet bis in die Niederlande hinein auszudehnen. Noch gegen Ende des Jahres 1631 hatte er der spanischen Infantin in Brüssel seine Dienste angeboten und sie nahm dieselben mit Eifer an, als die Holländer unter dem Prinzen Friedrich Heinrich von Oranien im darauf folgenden Sommer Mastricht, diese Festung ersten Ranges, von deren Erhaltung die Rettung Belgiens abzuhängen schien, belagerten. Sie ließ P., um seinen Anmarsch zu beschleunigen, zur Befriedigung seiner über Soldrückstände murrenden Truppen 500,000 Reichsthaler anbieten; auch sollten zu besonderem Reiz für seine Ehrsucht ihm alle Plätze in der Pfalz überlassen werden, die, vormals in des Königs von Spanien Gewalt, von ihm in Zukunft zurückerobert werden würden. Im August 1632 erschien P. mit 15,000 Mann an der Maas im Angesicht des staatischen Heeres. Schnell warf er die Maske der zum Schein beobachteten Neutralität ab und brach diese auf eigene Faust, indem er, seine Ehre für die Befreiung Mastrichts verpfändend, zum Zeichen der erklärten Feindschaft seine Geschütze gegen das verschanzte Lager des Oraniers richtete. Am 17. unternahm er den berühmten Sturm auf das letztere, mit unvergleichlichem Heldenmuth und dennoch vergeblich – die spanische Heerführung ließ den deutschen Feldherrn, der hier 1500 Mann opferte, wider Pflicht und Versprechen, ja mit förmlichem Hohn im Stich. Somit unvermögend, sein Wort einzulösen, den unabwendbaren Verlust von Mastricht vor Augen, trat er, voller Ingrimm und mit äußerster Geringschätzung über jene [156] Heerführung sprechend, alsbald seinen Rückzug nach Deutschland an. Wohl wünschte die Infantin und König Philipp selbst ihn zu halten und zu verstärken. Er aber mochte nach den letzten Erfahrungen von seiner Sympathie für die Spanier nun doch einigermaßen geheilt sein. Und ihres Undanks nicht genug; sein eigenmächtiger Zug gegen die Holländer, durch den er Westfalen und Niedersachsen in gefahrvoller Weise entblößt, neben anderem Ungemach seine Festung Wolfenbüttel einer Belagerung durch Herzog Georg von Lüneburg ausgesetzt hatte, wurde von Seiten des Kaisers wie der ligistischen Fürsten höchst ungnädig aufgenommen. Hieß es doch, daß Wallenstein, der, längst mit außerordentlichen Vollmachten als kaiserlicher Generalfeldhauptmann restituirt, nach Tilly’s tödtlichem Abgang nun auch Pappenheim’s nächster Vorgesetzter war, ihn vor ein Kriegsgericht stellen wollte. Aus dem Lager vor Nürnberg, von Gustav Adolf festgehalten, hatte er wie der Kurfürst von Baiern an P. geschrieben, gerade als dieser nicht blos ligistische, sondern – durch eine auf Wallenstein’s persönliche Empfehlung noch während der Belagerung Magdeburgs erfolgte Ernennung – auch kaiserliche Feldmarschall im Anzug auf Mastricht begriffen war. Beide hatten ihn aufgefordert, sich nach völliger Sicherstellung Wolfenbüttels mit seiner Armee zum Anmarsch auf Nürnberg, zu ihrer unmittelbaren Unterstützung gefaßt zu halten. Ihre Aufforderungen waren umsonst gewesen – und was stand jetzt nicht außer Wolfenbüttel Alles auf dem Spiele! P., klagte der Kurfürst von Köln, habe durch seinen Eigensinn die westfälischen Stifter und Länder in die äußerste Gefahr gestürzt, sein eigenes Erzstift und das ganze Reich „in neue Commotion“ gebracht. Was er verschuldet und versäumt, das wollte P. freilich dann mit ehrlichem Bestreben, mit seiner ganzen Energie wieder gut machen. Und die Fehler seiner Gegner, die sehr zur Unzeit sich getheilt hatten, kamen ihm dabei über Erwarten zu statten, so daß er in kurzer Frist (bis Anfang October) nicht allein die an der Weser und in Westfalen bedrohten Plätze rettete, Baudissin zu einem fluchtartigen Rückzug nach Hessen zwang, Wolfenbüttel durch einen nächtlichen Ueberfall des Belagerungsheeres entsetzen ließ, sondern auch noch als positiven Gewinn die Einnahme der längst von ihm begehrten, „mächtigen und reichen“ Stadt Hildesheim erzwang. Allein, während er Erfolg auf Erfolg davontrug, brachte sein eigenwilliger Charakter ihn schon auf’s Neue in Gefahr, eine schlimme Insubordination zu begehen. Von Maximilian dringend zur Rettung Baierns vor Gustav Adolf’s Invasion herbeigerufen, vom Kaiser zur Vereinigung mit Wallenstein, von diesem selbst zu gleichem Zweck noch einmal citirt, war er fortan unwiderruflich dazu ausersehen, wider die schwedische Hauptarmee, wohin sie sich auch wenden würde, eine entscheidende Verstärkung in’s Feld zu führen; denn alle irgend sonst entbehrlichen Kräfte galt es gegen den gewaltigen Feind mit Hintansetzung jedes Nebenplans zu concentriren. P. aber, zu lange an ein selbständiges Auftreten gewöhnt, wünschte gar sehr, sein eigener Chef zu bleiben und schrieb aus Hildesheim (11. u. 16. October) an den Baiernfürsten wie den Kaiser, daß, wenn nur ihm 6500 Mann Verstärkung zugeschickt würden, er sich getraute, den König nach Niedersachsen an sich zu ziehen. Die Wahrheit ist, daß Gustav Adolf, voll Hochachtung vor Pappenheim’s Talenten, mit Besorgniß auf seine Operationen blickte; wie aber hätte er darum den kaiserlichen Generalissimus auch nur einen Moment außer Acht lassen dürfen! Wallenstein war es, der den König nach sich zog, um auf kursächsischem Boden sich in blutiger Feldschlacht mit ihm zu messen; und hierauf sich vorbereitend, sandte er, während er marschirte, wiederholt ernstliche Befehle an den Feldmarschall, unverzüglich aufzubrechen und ihm über Thüringen nach Leipzig und Merseburg entgegenzueilen. Mißtrauisch und ungeduldig wegen seines Zögerns, erklärte der gestrenge Friedländer, wenn auch sonst ihm persönlich zugethan, [157] seine gefahrvollen „Indecencen“, seine Eigenmächtigkeit nicht leiden zu wollen. P. kam nun allerdings und vereinigte sich mit Wallenstein am 4. November in der Ebene zwischen den beiden genannten Orten; allein in einem allgemeinen Kriegsrath zu Weißenfels wußte er dann trotzdem mit seiner Ansicht durchzudringen, das dem mittlerweile schon bis Naumburg avancirten und dort verschanzten König in so vortheilhafter Stellung, bei der vorgerückten Jahreszeit nicht wohl beizukommen, dagegen der von holländischer Seite in große Gefahr gebrachten Stadt Köln auf’s schleunigste beizuspringen sei. So setzte er es in der That noch einmal durch, daß er – und diesmal von Wallenstein selber, der nun auch die Schlacht nicht für so nahe bevorstehend hielt – Ordre zum Aufbruch nach der Weser und weiter zum Succurs für Köln empfing. Immerhin, um ihn nicht zu bald aus der Nähe zu verlieren, gab Jener ihm gleichzeitig den Auftrag, unter Beihilfe etlicher auserlesener Regimenter zunächst das von den Schweden besetzte Halle nebst der Moritzburg einzunehmen. Indeß gerade die Absendung Pappenheim’s hatte jetzt eine für seinen eigenen Plan vernichtende Wirkung; gerade durch sie wurde, wie nicht zu bezweifeln, Gustav Adolf erst recht bestimmt, unverweilt zum Angriff überzugehen; Pappenheim’s Abwesenheit ließ ihn den Sieg hoffen. Der umsichtige kaiserliche Generalissimus erkannte, als beide Theile bei Lützen sich entgegengerückt waren, noch bei Zeiten das Vorhaben seines königlichen Feindes und schickte durch Eilboten den dringlichsten Befehl an P., Alles stehen und liegen zu lassen und mit gesammter Truppenzahl umzukehren. Welchen Verlauf aber würde die Schlacht des nächsten Tages – 6./16. November – genommen haben, wenn nicht wider des Königs Verhoffen starke Herbstnebel seinen Angriff um mehrere Stunden verzögert hätten! P., der sich der Stadt Halle bereits bemächtigt, folgte dem letzten Befehl, es ist wahr, ohne Zaudern; denn in diesem großen Moment kam auch für ihn jedes andere Interesse zum Schweigen. Die Gefahr reizte ihn, und erfüllt von längst genährter Begier, auf den König zu stoßen, eilte er mit seinen acht Reiterregimentern in vollem Galopp, das nachrückende Fußvolk weit hinter sich lassend, dem Schlachtfeld entgegen. Und so konnte er, wenn auch der Kampf inzwischen begonnen, in denselben noch rechtzeitig und auf’s Wirksamste, eben auf der Seite, wo der König kämpfte, eingreifen. Ein persönliches Rencontre fand dennoch nicht statt; in geringer Entfernung von einander wurden beide wohl zur nämlichen Stunde – gegen 2 Uhr Nachmittags – in ritterlichem Streit auf den Tod getroffen. Der Kampf tobte weiter, während Gustav Adolf auf dem Felde sein Leben aushauchte und P. hinweggebracht werden mußte. Früh am nächsten Morgen ist auch er seinen Wunden auf der Pleißenburg zu Leipzig erlegen. Wallenstein hat ihn nachher im Kloster Strahow zu Prag mit gebührenden Ehren begraben lassen. Eine Wittwe, seine zweite Gemahlin, aus dem gräflich Oettingischen Geschlecht, und ein vierzehnjähriger Sohn aus erster Ehe, für welche Wallenstein als Testamentsvollstrecker und Curator dann auch zu sorgen hatte, weinten um den – nur 38 Jahre alt gewordenen – Helden, zugleich mit zahllosen Parteigenossen, die ihn bewundernd verehrt und aus deren Seele der Praemonstratenser Bandhauer geraume Zeit später das treffende Wort gesprochen: „Ihrer Römisch Kaiserlichen Majestät und der katholischen Kirche Feinde hat er verfolget, wo er gekonnt; aber seit der Zeit, daß er bei Lützen in der Schlacht geblieben, ist ihm noch Keiner also nachgefolget.“
Diesem Ruhm entsprach nur zu sehr ein von Seiten der Gegenpartei in Deutschland und im ganzen evangelischen Europa gehegter Abscheu. Charakteristisch für letzteren ist des holländischen Dichters Bondel „Grafschrift voor den Graaf von Pappenheim“, welche, zum Schein aus Magdeburg datirt, ihn als Erzfeind, als Pest und Fluch des menschlichen Geschlechts bezeichnete. Unauslöschlich [158] haftete P. doch einmal in den Augen der protestantischen Welt der Makel des Zerstörers und des Mörders jener einst weltberühmten Commune an. Und ob ihm gleich darin Unrecht geschehen – das Odium des Glaubensverfolgers, des erklärten Vorkämpfers papistischer Geistesknechtschaft, des Anhängers und Kampfgenossen der spanischen Tyrannen fiel mit niederdrückender Wucht auf sein Andenken, es blieb und bleibt auf demselben lasten. Bei all seiner, bis zu den Tagen von Mastricht bewiesenen Vorliebe für die Spanier möge ihm aber dennoch das Lob gegönnt werden, ein deutscher Patriot, wenn auch in seiner Art, gewesen zu sein. Wohl allen Ernstes gedachte er die Majestät des alten Kaiserreichs wiederherstellen zu helfen. Kaiser und Reich waren ihm, neben der römisch-katholischen Kirche, die heiligsten Begriffe; und wie er, monarchischen Geistes, die Stärkung der kaiserlichen Macht trotz jenes undeutsch gewordenen Ferdinand II. für identisch mit der Stärkung des Reiches hielt, so erschien ihm auch die Erhöhung und Ausbreitung seiner Kirche, deren Vogt nach mittelalterlichen Begriffen der Kaiser war, zugleich als religiöse und patriotische Pflicht. Dahingestellt muß bleiben, wie weit dabei der moderne Jesuitismus, dem Tilly und dem Ferdinand selber huldigte, P. beherrscht habe. Bigot im Grunde seines Herzens und jeden Augenblick sich der Mission bewußt, mit seinem Schwert in den „bisher irrigen“ deutschen Landen den Boden für die „Süßigkeit“ der alleinseligmachenden Kirche vorzubereiten, unterschied er immer doch sehr wohl zwischen dieser und den einzelnen Geistlichen. Er verlangte des großen Zwecks halber gerade auch von den letzteren außerordentliche Opfer an Geld und Gut, schalt die seufzend Widerstrebenden geizige Pfaffen und warf ihnen die Beschuldigung in’s Gesicht, daß „das teuflische Sonderinteresse dem Dienste Gottes vorgezogen werde“. Stets rigoroser, nachdem in den früheren Jahren seine voreilige Hoffnung auf den deutschen Frieden wiederholt getäuscht worden war, erwartete er weder noch wünschte er Friedenstractate und Vergleiche; denn dadurch würde die Wurzel des Uebels nicht ausgerottet. Jedem Compromiß auf’s Entschiedenste abhold, sah er die einzige Möglichkeit, um den Krieg zu beendigen, in einem absoluten, die Unterliegenden zu Boden werfenden Siege, die Bedingungen dieses Sieges aber, neben der göttlichen Gnade, die er für sich ohne Weiteres in Anspruch nahm, in den ungeheuersten Rüstungen, im Uebersetzen des Feindes, wie er es nannte, in einer schon durch ihre Waffen vernichtenden Ueberzahl. Wallenstein’s System zu dem seinigen machend, wollte er so einen Kriegszustand ohne Schonung; allein er ging über Wallenstein weit hinaus, indem er darauf verzichtete, „dieser Leute Gemüther mit Gutem oder Bösem, mit Liebe oder Zwang zu gewinnen“; der Ueberwinder habe die Gesetze nach seinem Gutdünken zu dictiren. In Wirklichkeit scheute er somit nicht davor zurück, daß Deutschlands protestantische Hälfte in eine Einöde verwandelt werde. – Von dem dunklen Hintergrunde dieses grauenhaft fanatischen Princips hebt sich nichtsdestoweniger seine ritterliche Persönlichkeit glänzend ab. Hart bis zur Grausamkeit, wenn er zu züchtigen beschloß, und oft vor unpolitischer Barmherzigkeit gegen die „Feinde der Kirche“ warnend, ist P. dennoch kein Alba gewesen. Wäre es gleich so, wie die Chronik erzählt, daß seit dem Tage seiner Geburt Niemand ihn mehr habe weinen sehen: die Stimme des Mitleids, ein menschlich Rühren, mindestens Wehrlosen und bis zur Unschädlichkeit Geschlagenen gegenüber, ein gewisser Edelmuth hat auch in Pappenheim’s Brust sich geregt. Und auch andererseits ehrt es ihn nur, wenn er der Tapferkeit der Gegner, die er zu zerschmettern wünschte, in seinen Berichten volle Gerechtigkeit widerfahren ließ, wenn er den Heldenmüthigen in Momenten der Waffenruhe seine Achtung unumwunden aussprach, ja mit ihnen dann wohl wie mit Freunden, jedenfalls wie mit Männern, die seiner würdig waren, ritterlich mit Rittern umging. Ihm selber ist von den Größten seiner Feinde nicht geringere Ehre widerfahren. [159] Gustav Adolf – der bei allen inneren Gegensätzen ihm an jugendfrischer Thatkraft so ähnlich, mit ihm auch völlig gleichaltrig gewesen – nannte diesen Tapfersten der Tapferen vorzugsweise den Soldaten und pries ihn, wie es heißt, den schwedischen Officieren als das Vorbild aller Krieger. Sprechende Zeugen seiner Bravour waren die Narben, die sein Antlitz bedeckten und ihm den Beinamen „Schrammhanß“ verschafften; an seiner Leiche zählte man über hundert, von Wunden, welche er im offenen Kampfe empfangen hatte. Sehr erklärlich, wenn eine so martialische Persönlichkeit, begeistert und begeisternd, der Abgott der eigenen Soldateska war; freilich war er dies auch noch aus anderen Gründen, seiner umfassenden Fürsorge und seiner ungemessenen Freigebigkeit wegen, auf sein Volk verwandte er Alles. Ein Irrthum indeß ist es, wenn man von ihm sagt, daß er für seine Person jeden Gewinn verachtet, kein Privatinteresse, keinen Eigennutz gekannt habe. Er straft die so Urtheilenden Lügen durch obiges Selbstbekenntniß, daß er in seinem Interesse „nicht gerne blind“ sei, durch seine unaufhörlichen Gesuche bei Kaiser und Liga und wohl auch bei den Spaniern um Güter und einträgliche Ehren zur Erkenntlichkeit für seine Dienste. Das Fürstenthum Wolfenbüttel, die Burggrafschaft zu Magdeburg hatte er so wenig, wie Wallenstein seine zahlreichen Herrschaften, bloß dem Titel nach besitzen, vor Allem in Magdeburg hatte er reich werden wollen. Nachträglich noch klagend, daß seine italienische Campagne, seine Eroberung Oberösterreichs ihm nichts eingebracht, hatte er in einem Moment, wo er den nutzlosen Plan, König Christian IV. auf seinen Inseln zu bekriegen, entwarf, sich der Vorsicht halber gleich im Voraus das ansehnliche fruchtbare Fünen als Recompens ausgebeten. Genöthigt, sich mit kleineren, immerhin recht stattlichen Schenkungen zu begnügen, hinterließ er seiner Familie allerdings keine Schätze. Aber Habgier schließt Verschwendung nicht aus – und offenbar achtete P. den Werth von Geld und Gut um so geringer, als er ihm aus dem Raube des Krieges, aus Confiscationen wie aus Contributionen, aus Brandschatzungen und Plünderungen massenhaft zuströmte. Dabei ist es denn ganz wahrscheinlich, daß er das ihm zugeschriebene Wort gebraucht habe, nicht in den Kisten beim Golde liege der Name: um Fürst und Vaterland verdient! Seinen Ehrgeiz an sich hat Niemand bezweifelt; aber das er auch da mit dem idealen Ruhme sich keineswegs begnügte, daß er Rang und Ansehen in immerwährender Steigerung suchte, beweist sein rast- und schrankenloses Streben nach neuen Auszeichnungen. Nicht zufrieden mit dem schnellen Avancement, das er, wenngleich in erster Linie seinen kriegerischen Leistungen, so doch großentheils auch seiner Herkunft und seinen Protectionen verdankte, bewarb er vom fernen Kriegsschauplatz sich brieflich bei Kaiser und Liga um höhere, kaum noch vacant gewordene Aemter. Und welche Cumulation er ohne Scrupel in’s Auge faßte, zeigt, daß er einige Monate nach seiner Ernennung zum Feldmarschall – seinem Wunsche nach hätte er selbst diese Würde um mehr als Jahresfrist zuvor empfangen müssen – als der nominell damals älteste Reichshofrath vom Erzstift Magdeburg aus die gerade erledigte Stelle des Präsidenten dieses kaiserlichen Tribunals beanspruchte. Diesmal doch kam er zu spät, sie war schon vergeben. Zur Erhöhung seines äußeren Glanzes hatte er außerdem den König von Spanien, bereits zwei Jahre vor seinem Zuge nach Mastricht, mit seinem ganzen kecken Selbstbewußtsein um das goldene Vließ ersuchen lassen. Wäre der Kaiser willens gewesen, ihn statt Wallenstein zu seinem Generalissimus zu ernennen: nicht einen Augenblick würde P. gezögert haben, anzunehmen. Ob er zum commandirenden General geschaffen war, ist aber eine andere Frage. – Kein bloßer Haudegen, wie man sich ihn vorzustellen pflegt, war P. jedenfalls ein ebenso gebildeter wie geistvoller Officier. Außer seiner allgemeinen zeigt er seine technische Bildung vornehmlich in der – zwar noch nicht übermäßig entwickelten [160] – Fortifications- und Belagerungskunst. Vor Magdeburg, brüstete er sich, habe er als Ingenieur, Schanzmeister und Minirer das Meiste allein thun müssen; mit einiger Geringschätzung sprach er sogar von der bekannten Kunst der niederländischen Ingenieure. Er durfte sich ferner rühmen, ein Meister in geschickten Handstreichen und glücklichen Kriegslisten zu sein. Kein Zweifel jedoch, daß er, über das Gebiet der Taktik hinaus, sich auch für einen bedeutenden Strategen hielt. Eine Reihe von Denkschriften liegt vor, in welchen er, unaufgefordert, seinen fürstlichen Herren die großartigsten Vorschläge zur Eroberung von Städten und Ländern machte. Mit einer weiten Perspective, in großen politischen Combinationen sich ergehend – denn stets auch verfolgte er die hohe Politik und ihre Conjuncturen für den Krieg – giebt er da Pläne und Entwürfe, die ein erstaunliches Zeugniß von der Beweglichkeit seines schnell erfassenden Geistes und seiner zuversichtlichen Kühnheit ablegen. Ein scharfer Blick für die von Feinden wie von Freunden begangenen Fehler – amor patriae et religionis, schreibt er, zwängen ihn zu freimüthiger Aufdeckung der letzteren – hinderte ihn nicht, sondern verleitete ihn vielmehr, über unbesiegbare Schwierigkeiten hinwegzusehen und sich selbst mit geringen Mitteln die Ueberwindung solcher zuzutrauen. Eine Kleinigkeit wäre es nach P. gewesen, die Inseln des Dänenkönigs und damit das Herz seines Reiches, zugleich mit dem Sund und einem guten Theil seiner Kriegsflotte in die Hände des Kaisers zu liefern; einmal dachte er sogar daran, diese Flotte mit Hilfe eines Hamburger Kapers zu entführen. Binnen Jahresfrist, wie wir schon wissen, erbot er sich, mit den angeblich von ihm gefundenen Mitteln die über Spanien triumphirenden, im Zenith ihrer Macht stehenden Holländer nach mehr als fünfzigjährigen vergeblichen Kämpfen zu bezwingen und zum Gehorsam zu bringen. Und ähnlich in allem Uebrigen; „keine Schwierigkeiten – meinten seine Bewunderer –, die sein Geist nicht besiegt“, das hieß auf dem Papier besiegt hätte. Seine Gegner, wenn sie auch kaum den zehnten Theil seiner Absichten kennen mochten, spotteten seiner Großsprecherei. Kurzum, mit wenig Kritik und um so mehr Phantasie liebte dieser „Enthusiast, Sanguiniker und Fanatiker“ über die reellen Verhältnisse zu urtheilen, wie er denn auch, die Edelsten schnöden Verraths für fähig haltend, selbst aber einem verrätherischen Beamten geraume Zeit leichtfertig vertrauend, nur ein schlechter Menschenkenner war. Mit so chimärischen und himmelstürmenden Projecten wechselten freilich, wenn er auf das Maß der Verhältnisse einging, wiederum ganz treffliche, durch den Erfolg belohnte strategische Pläne. Im Allgemeinen aber zu vag, zu willkürlich launenhaft und daher viel zu unzuverlässig, wäre er zum Oberbefehlshaber niemals berufen gewesen. In höherem Sinne kein Stratege, dagegen ein brillanter Truppenführer, fühlte er sich doch erst in seinem eigentlichen Element, wenn er in offenem Felde mit dem Feinde die Klinge kreuzen konnte. Allen Waffengattungen hat er gedient; allein im Grunde sehr gegen seine feurige Natur auf den langwierigen, meist langweiligen Festungskrieg jener Zeit hingewiesen und so zum Ingenieur und Artilleristen ausgebildet, steht er uns immer in erster Linie als schneidiger Reiterofficier an der Spitze seines Kürassierregiments, der berühmten „Pappenheimer“ vor Augen. Und sein verwegener Ungestüm beeinträchtigt den Glanz dieses Bildes nicht, so lästig, ja gefährlich auch derselbe, neben seinen sonstigen Eigenmächtigkeiten, seinen Vorgesetzten gelegentlich werden konnte. „Dieser Mensch – soll allerdings Tilly nach seiner verhängnißvollen Attaque bei Beginn der Schlacht von Leipzig ausgerufen haben – wird mich noch um Ehre und Reputation und den Kaiser um Land und Leute bringen.“ Wie weit er jedoch P. hierbei im Verdacht hatte, ihm vorsätzlich abgeneigt zu sein, ist schwer zu sagen. Schon frühe eine eigenthümliche Mittelstellung zwischen dem ligistischen und dem kaiserlichen Feldhauptmann einnehmend, [161] zeigte P. in Bezug auf Ersteren, obwohl officiell ihm die größte Ehrfurcht erweisend, sich nicht selten mißvergnügt und wandte seine Sympathien seit dem Fall von Wolfenbüttel mehr und mehr Letzterem, dem ihm in ganz anderer Weise imponirenden Friedländer zu. In gleichem Maße sind aber beide Obergenerale ihm selbst mit seinen großen Vorzügen und nicht geringen Fehlern gerecht geworden. Mit eben diesen, mit der Summe seiner Leistungen bleibt er, kraftstrotzend und durch und durch originell, auch seines Fanatismus ungeachtet eine der interessantesten Erscheinungen des dreißigjährigen Krieges und wohl der Kriegsgeschichte überhaupt.
- Khevenhiller’s Annales Ferdinandei IX–XII; Conterfet II. – Kriegsschriften, herausgegeb. von baierischen Officieren. München 1820. Heft I, II und V. – Heß, Gottfr. Heinr. Graf zu Pappenheim. Leipzig 1855 (in Anlehnung an Hormayr’s Pappenheim-Artikel in Ersch’ und Gruber’s Allgem. Encyklopädie III. 11. Leipzig 1838). – Wittich, Magdeburg, Gustav Adolf und Tilly. Berlin 1874. – Vgl. Förster, Albrecht von Wallenstein’s Briefe. Berlin 1829. Bd. II, S. 261 f. – Von der Decken, Herzog Georg von Braunschweig und Lüneburg. Hannover 1833. Bd. I, S. 259 f., S. 278 f. – G. Droysen in der Zeitschrift f. Preuß. Gesch. und Landesk. VIII. 1871; IX. 1872. – Benutzt sind insbesondere auch Manuscripte der Staatsarchive zu München, Wien, Dresden und Brüssel.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: beibt