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ADB:Georg Friedrich (Markgraf von Baden-Durlach)

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Artikel „Georg Friedrich, Markgraf von Baden-Durlach“ von Karl Friedrich Ledderhose in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 596–600, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Georg_Friedrich_(Markgraf_von_Baden-Durlach)&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 06:39 Uhr UTC)
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Georg Friedrich, Markgraf von Baden-Durlach, der Stammhalter des badischen Fürstenhauses, ist einer der bedeutendsten Fürsten desselben. Sein Vater war der Reformationsfürst Karl II., der sich durch eine ernste Richtung seines Lebens auszeichnete; und seine Mutter, die Pfalzgräfin Anna gilt mit Recht als ein wahres Kleinod der Fürstinnen ihrer Zeit. Einer ihrer Prinzen ist ein Spätling, eben G. F., geboren am 30. Januar, nach andern am 10. Januar 1573 in der Karlsburg zu Durlach. Schon 4 Jahre nachher starb der Vater, er hatte durch Testament sein Ländchen seinen drei Söhnen zu gemeinschaftlicher Regierung hinterlassen. Die Mutter war nebst 3 Fürsten zur Vormundschaft der Kinder berufen. Schwächlichen Körpers von Kind auf erholte sich G. F. mit zunehmendem Alter. Tüchtige Lehrer bildeten den begabten Prinzen, so daß er mehrere Sprachen fertig redete. In Straßburg machte er seine Studien und ging nach Italien, noch nicht 17 Jahre alt. Um jene Zeit trat sein Bruder Jakob zur römisch-katholischen Kirche über, man machte Versuche, auch ihn auf denselben Weg zu bringen, er widerstand entschieden. Eben ging Markgraf Jakob damit um, den Theil der Markgrafschaft Baden, der ihm zugefallen war, in die katholische Kirche zurückzuführen, da starb er. [597] Auch sein anderer Bruder Ernst Friedrich, der in Durlach residirte, verließ die lutherische Kirche und huldigte der reformirten. Gerade wollte er die ihm in kirchlicher Beziehung widerspenstige Stadt Pforzheim mit Truppen demüthigen, da starb er unterwegs an einem Schlagflusse. Mit dem Tode der beiden Brüder war G. F., der im sogenannten markgräfler Lande, das ihm als Erbe zugefallen war, residirte, in den Besitz der ganzen Markgrafschaft gekommen. In der Mitte der neunziger Jahre – er war erst 22 Jahre alt – trat er die Regierung seines oberen Ländchens an. Bei der Einführung des Generalsuperintendenten Weininger hatte er selbst in Gegenwart der sämmtlichen Geistlichen seiner Herrschaft das Wort ergriffen und die Wichtigkeit ihres Berufs ihnen an das Herz gelegt. Ueberhaupt nahm er den lebhaftesten Antheil an den Pfarrsynoden, bei denen er nicht blos erschien, sondern sich auch an der Discussion betheiligte. Weil er mit Recht die Religion als die einzige Grundlage des Volkswohles ansah, that er alles, um sie zu fördern. Das sieht man aus der von ihm aufs neue herausgegebenen Kirchenordnung seines Vaters, in deren Vorrede er ausspricht, daß „die Unterthanen zu emsigem Kirchgang und Hörung göttlichen Worts, auch Besuchung und Gebrauch der heiligen Sacramente angetrieben, und hingegen von den ärgerlichen, strafbaren Lastern mit Ernst abgewiesen werden sollen.“ Was er von seinen Unterthanen verlangte, das war für ihn selber Herzensangelegenheit. Man besitzt von ihm noch seine Handbibel, die er täglich im Gebrauche hatte. Ihr Inhalt war sein Trost, besonders in den Leidenstagen, die ihm in reichem Maße aufgelegt waren. Wenn er die Bibel durchgelesen hatte, so bemerkte er es in derselben. In seinem Sterbejahre 1638 hatte er sie 58 Mal durchgelesen, oder wie er schreibt „ußgelesen“. Man versteht diesen Fürsten nicht in seinen Handlungen, wenn man sie nicht von diesem Standpunkte aus betrachtet. Es war ihm deshalb auch darum zu thun, daß eine bestimmte Ordnung im Rechtswesen hergestellt werde. Er ließ alle bisherigen Rechte und Gebräuche seines Landes durch seine Rechtsgelehrten zusammenstellen. Daraus entstand die „Landes-Ordnung“ und das „Land-Recht“, die im Jahre 1622 in Durlach gedruckt wurden. Erst sein Sohn und Nachfolger Friedrich V. führte sie gesetzlich ein. Markgraf G. F. präsidirte selber seinem Staatsrathe, denn er wollte Alles mit eigenen Augen sehen, und that oft selber nach den Gesetzen den Ausspruch. Darum liebten ihn auch seine Unterthanen, weil sie seinen Rechtssinn kannten. Es gab nicht leicht einen leutseligeren und gütigeren Fürsten. Wo es aber galt, Ernst zu gebrauchen, ließ er sich nicht lässig finden. Frühe schon zeigte sich bei ihm eine Neigung zum Kriegsdienste. Damals hatten die Türken einen großen Theil von Ungarn in Besitz genommen und waren drauf und dran, sich weiter in Oesterreich festzusetzen. Da zog auch G. F. mit Truppen, die er selbst auf seine Kosten unterhielt, dem ungarischen Kriegsheere zu Hülfe und war namentlich bei dem Entsatze von Canischa anwesend. Ueberhaupt gehörte er zu den ausgezeichneten Theoretikern im Kriegswesen seiner Zeit, wie sein noch in drei Bänden vorhandenes Werk beweist, welches gründlich von ihm selber durchgearbeitet ist. Er fing es am 12. Juli 1614 an und widmete es seinen Söhnen. Er sagt im Eingange: „Der Krieg ist ein gefährlich, Ausgangs halben mißlich und an sich selbst ein bös verhaßt Werk, welches man nit leichtlich soll vor die Hand nehmen, es sei denn die äußerste Noth, so kein Gesetz leidet, vorhanden, oder man müsse solches zur Rettung seiner Ehre und Versicherung Land und Leute nothwendig thun.“ Er sollte dies selber zu seinem und seiner Markgrafschaft Schaden und Schmerz erfahren. Man mag den 30jährigen Krieg betrachten, wie man will, die letzte Ursache desselben ist die Religion. Das Ziel des Jesuitismus, der an dem österreichischen Hofe besonders seit Ferdinands II. Regierung einen durchgreifenden Einfluß [598] hatte, war die Ausrottung des Protestantismus. Darum schlossen die evangelischen Fürsten und mehrere Reichsstädte ein Bündniß, bekannt unter dem Namen Union, zur Vertheidigung wider Gewalt, die man ihren Rechten anthun wolle. G. F. nahm den lebhaftesten Antheil daran, und ließ sich nicht, wie Kursachsen und Kurbrandenburg dadurch stören, daß besonders von dem reformirten Kurfürsten von der Pfalz die Vereinigung betrieben wurde. Er hatte sich in dieser Hinsicht einen weiteren Blick bewahrt. Daß die katholischen Stände einen Gegenverein, die sogenannte Liga, stifteten, ist bekannt. Diese beiden Parteien standen sich mit geballten Fäusten gegenüber, und es bedurfte nur eines Funkens in das Pulverfaß, so war der Krieg da. Dieser Funke war die Wahl des Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz zum Könige von Böhmen. Die Katastrophe auf dem weißen Berge beschleunigte das Schicksal der Union. Aber gerade jetzt bewährte sich die Treue und der Edelmuth des Markgrafen G. F. Während die andern Glieder der Union fahnenflüchtig wurden, hielt G. F. aus, und war entschlossen, trotz der Abmahnungen seiner Räthe und einzelner seiner angesehensten Officiere in den Kampf einzutreten. Um sein Haus vor der Rache des Kaisers zu schützen, legte er schon am 22. April 1622 die Regierung in die Hände seines Sohnes nieder. Es schlossen sich mehrere Fürsten, unter andern der nachher so berühmt gewordene Feldherr Bernhard von Weimar seinen Truppen an. Das Heer des Markgrafen war bedeutend, und da Graf Mansfeld, in dessen Armee der mit der Acht belegte König Friedrich von Böhmen sich befand, auf dem Plane stand, so war zu hoffen, daß Tilly gegen das vereinigte Heer unterliegen werde. Und wirklich wurde er auch zwischen Mingolsheim und Wiesloch geschlagen, und zwar nicht ohne einige Beihülfe des Markgrafen. G. F. rückte mit seinen Truppen dem ligistischen Heere bis gen Wimpfen nach. Und hier sollte sich sein Schicksal, und man muß hinzusetzen, das seines Landes entscheiden. Es ist ein noch nicht gelöstes Räthsel, warum die Truppen Mansfeld’s sich von den Markgräflichen trennten. Vereint hätten sie ohne Zweifel die Armee Tilly’s geschlagen. War es die Eifersucht Mansfeld’s, der überhaupt unverträglich war und gern allein operirte, um den Ruhm eines Sieges allein zu genießen, oder glaubte G. F. ohne den Grafen mit Tilly fertig werden zu können, das ist eben geschichtlich nicht aufgeklärt. Am 26. April, nach jetziger Rechnung am 6. Mai 1622 stand der Markgraf mit einem wohlausgerüsteten Heere von etwa 20000 Mann dem ligistischen ebenso starken Heere bei Wimpfen gegenüber. Der Beginn der Schlacht war für den Markgrafen sehr günstig, Tilly’s Truppen mußten weichen. Tilly fürchtete einen zweiten Tag von Mingolsheim, und bat den Markgrafen um einen Waffenstillstand von nur zwei Stunden. G. F. bewilligte ihn großmüthig, statt den Feind zu vernichten. Dazu veränderte der Markgraf ungünstiger Weise seine Stellung. Nach ein Uhr kam der spanische General Cordova mit einem Heere den Ligisten zu Hülfe. Jetzt entspann sich der heftigste Kampf, die Chronik sagt, es habe gedonnert und geprasselt, als wenn Himmel und Erde zusammenbrechen wollten. Schon wichen die Ligisten, der Verlust auf beiden Seiten war bedeutend. Da entzündete ein Schuß einen Pulverwagen des markgräflichen Heeres, es entstand eine wirre Flucht. Gegen 4 Uhr war der Sieg Tilly’s entschieden, nicht ohne daß namentlich das sogenannte weiße Regiment, unter dem sich sehr viele Pforzheimer befanden, sich aufs Tapferste gewehrt und dadurch die Flucht des Markgrafen begünstigt hätte. Es hat sich späterhin die Sage von dem Heldentode der 400 Pforzheimer gebildet, eine zweite Auflage der Spartaner bei Thermopylä, aber sie läßt sich geschichtlich nicht festhalten. Die Folgen dieser Niederlage war für die Markgrafschaft entsetzlich, denn baierische und kaiserliche Soldaten suchten das Land durch Sengen, Brennen, Rauben und Plündern grausam heim. Was litt das zarte [599] Gemüth des Markgrafen durch solche Frevelthaten! Er hielt sich jetzt auf dem festen Schlosse Hochburg eine Zeit lang auf. Das war aber nicht das einzige Unglück, das ihn betroffen hatte, er verlor nun auch die Markgrafschaft Baden durch kaiserliches Urtheil, obwohl sein Bruder Ernst Friedrich sie neun Jahre und er selber achtzehn Jahre besessen hatte. Er begab sich noch im October nach Genf, aber sein Geist sann aufs Neue auf kriegerische Thätigkeit, um dem tief gedemüthigten König Friedrich aufzuhelfen. Er brachte mit englischer Unterstützung eine zahlreiche Mannschaft an den Grenzen der Schweiz zusammen und führte sie dem Könige von Dänemark zu, der der Sache der Protestanten beistehen wollte. Im Mai 1627 übernahm er als dänischer Generallieutenant das Obercommando, aber in dem unglücklichen Zeitpunkte, als Tilly und Wallenstein die norddeutschen Protestanten besiegt hatten. G. F. eilte mit seinen Truppen dem bereits geschlagenen Heere nach, jedoch bei Heiligenhafen in dem nordöstlichen Winkel von Holstein rieb Graf Schlick am 24. Septbr. 1627 sein Heer fast ganz auf. Nach dieser Katastrophe zog sich der Markgraf über Holland nach Straßburg in sein dortiges Haus, Drachenfels genannt, in die Stille zurück. Hier brachte er die meiste Zeit seines noch übrigen Lebens ohne persönliche Theilnahme an den öffentlichen Ereignissen zu nehmen, mit erbaulichen Betrachtungen der heiligen Schrift und anderer guter Bücher zu. Daß er zuweilen seine Heimath besuchte, ist bekannt, besonders wenn die Schweden siegten, worüber er sich sehr freute, aber daß er auch Genf nicht vergessen hat, beweisen drei Briefe, die er von dort aus im Jahre 1631 an den Kaiser, die deutschen Fürsten und den Kurfürsten von Sachsen gerichtet hat. Die kleine Broschüre hat aus Sirach 4, 33 das Motto: „Vertheidige die Wahrheit bis in den Tod, so wird Gott der Herr für dich streiten.“ Der Kaiser Ferdinand II. hatte ihn auf dem Convent zu Regensburg einen Rebellen genannt und die Güter seiner Officiere eingezogen. Das konnte G. F. nicht auf sich sitzen lassen. Er erklärte in seinem Schreiben an den Kaiser, daß er sich vor Gott dem Herzenskündiger und in seinem Gewissen unschuldig wisse. Es könne dies nur von ihm Mißgünstigen mit Ungrund vorgebracht worden sein. Er möge Befehl ertheilen, seine Officiere bei dem Ihrigen ruhig verbleiben zu lassen. Er habe sich jeder Zeit zur Verantwortung erboten, es sei aber nichts geschehen. Die Fürsten bittet er, nicht zuzugeben, daß so viele tausend ehrliche Leute ungehört verdammt, „und mit solchen unserer (ohne eiteln Ruhm zu melden) wohlhergebrachten Reputation unleidenlichen, ehrrührigen Titeln erst in unserm Alter unbillig beschwert werden.“ Den Kurfürsten von Sachsen ermahnt er, nicht ruhig zuzusehen, daß so viele Tausende wegen ihrer Religion verurtheilt werden. Es ist ein entschiedenes, wohlthuendes Zeugniß eines Fürsten, der wußte, an wen er glaubte und der mit König David sagen konnte: „Ich glaube, darum rede ich.“ Während Einige ohne Grund vermuthen, daß er in Genf gestorben und begraben sei, ist es viel wahrscheinlicher, daß er in Straßburg heimgegangen, und wie Schöpflin behauptet, im Münster beigesetzt sei. Sein Tod erfolgte den 14. Sept. 1638. Drei Mal hatte er sich vermählt, und erfreute sich an achtzehn Kindern. Seine erste Gemahlin war die Wild- und Rheingräfin zu Salm, Juliana Ursula, eine kluge, demüthige, wahrhaft fromme Fürstin. Ihr erstes Kind war Katharina Ursula, eine reich begabte Prinzessin, die sich mit dem Landgrafen Otto von Hessen-Cassel vermählte. Der Erbprinz Friedrich folgte dem Vater in der Regierung. Ein anderer Prinz war Karl, der sich frühe durch außerordentliche Fähigkeiten auszeichnete. Er war ein tapferer Held, der nur zu bald von dieser Erde scheiden mußte. Ebenso erging es dem Prinzen Christoph, der neben dem König Gustav Adolf von Schweden ritt, als derselbe die Belagerung von Ingolstadt in Augenschein nahm. Eine Kugel riß dem Prinzen [600] den halben Kopf hinweg. Der König äußerte in seinem Schmerze: „Ich habe 3000 Prinzen in diesem einzigen verloren.“ So nahe dem Markgrafen dieser Tod ging, so äußerte er doch, er sei zufrieden, weil der König unverletzt geblieben sei. Die Prinzessin Sibylla Magdalena wurde die Gemahlin des Grafen Johann von Nassau-Idstein. Die erste Gemahlin hatte ihm überhaupt 15 Kinder geboren. Als sie im April 1614 gestorben war, trat er noch im Spätherbste desselben Jahres in den Ehestand mit der Gräfin Agatha von Erbach. Sie gebar ihrem Gemahle drei Prinzessinnen, von denen zwei, Anna und Elisabeth, sich durch ihre reiche Begabung und hinterlassene litterarische Arbeiten hervorthaten. Als ihm auch diese Gemahlin im Jahr 1621 durch den Tod von der Seite genommen wurde, verheirathete er sich zum dritten Male mit Elisabeth Stolz, der Tochter eines Amtmanns von Staufenberg. Ein Töchterlein aus dieser Ehe starb in frühester Jugend. Sie pflegte ihn treulich in seinem Alter und überlebte ihn um 14 Jahre. Noch immer fehlt eine ausführliche, auf archivalische Quellen gestützte Biographie dieses vortrefflichen Fürsten.