ADB:Zwengauer, Anton

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Artikel „Zwengauer, Anton“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 524–526, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zwengauer,_Anton&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 21:04 Uhr UTC)
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Zwengauer: Anton Z., Landschaftsmaler, geboren am 11. October 1810 zu München, kam frühzeitig auf die Akademie, mühte sich im Antikensaal, zeichnete Acte und schöne Draperien, quälte sich mit wohldurchdachten historischen Compositionen, bis er eines Tages alles liegen und stehen ließ und mit andern jugendlichen Genossen in das von den damals zu München hausenden norddeutschen Malern frisch entdeckte bairische Hochland wanderte. Sie brachten davon nicht allein Almenrausch und Edelweiß, Schnaderhüpfeln und echte Volkslieder nach der Stadt zurück, sondern auch frischgemalte Studien, welche sich, mit charakteristischen Gestalten und Thieren staffirt, zu leicht verkäuflichen Bildern [525] verwerthen ließen. Im J. 1833 brachte Z. in den Kunstverein eine „Gebirgsgegend“, dann folgten 1834 eine „Landschaft“, eine Erinnerung „Aus dem Fichtelgebirg“ und eine „Flache Gegend nach Sonnenuntergang“, womit der Maler schon damals jenes Thema berührte, welches später fast ausschließlich seine Domäne bildete. Von da kamen 1835 eine „Abendlandschaft“, eine „Gebirgsgegend nach Sonnenuntergang“; 1836 ein „Abend“, eine „Sennhütte“, 1837 der „Ostersee bei Iffeldorf“ und eine „Parthie am Kochelsee“ und viele andere ähnliche Bilder. Als dann der damals als Kunstmäcen bekannte russische Oberst v. Barischnikow Zwengauer’s „Mittag auf der Alm“ 1841 kaufte, war der Name des Künstlers, welchen auch schon Graf Raszynski in seiner „Geschichte der neueren Kunst“ (1840. II, 388) in achtungsvollster Weise verzeichnete, fest und bleibend begründet: Einfachheit und Ruhe, wahre Farbengebung und zarte, wohlthuende Stimmung kennzeichnen seine Werke. Insbesondere berühmt wurde Z. durch das übrigens unzählige Male wiederholte Motiv eines „Sonnenuntergang“: Eine feierliche Ruhe ist über die Fläche verbreitet, während die hinabgesunkene Sonne rückstrahlend den Horizont vergoldet. Der vom weißen Roth in warmes Gelb übergehende und im kalten Blau, in welchem die ersten Sterne durchschimmern, ausklingende, von keinem Wölkchen getrübte Himmel spiegelt sich in dem von leichterem Schilf und dünnem Gebüsch umschlossenen, den Vordergrund bildenden klaren Wasser und See, in welchem ein in scharfer Silhouette sich abhebendes Reh oder ein stolzer Hirsch seinen Durst stillt. Der Typus dieser Bilder wurde geradezu sprüchwörtlich; jeder klare Abend heißt heute noch ein „echter Zwengauer“. Ein Paar Musterbilder dieser Art besitzt die Neue Pinakothek: das erste eine ebene Landschaft mit einem Weiher bei Sonnenuntergang und wolkenlosem Horizonte – im Vordergrund ein äsender Hirsch! Das andere schildert die Benedictenwand im Abendlichte mit der Fernsicht auf den Staffel- und Riegsee. Z., welchen man deshalb auch den „Claude Lorrain der oberbairischen Dorfmoore“ nannte, bildet hierin den Gegensatz zu den nordischen Nebel- und Mondschein-Nächten des Norwegers Knud Baade (1808, † 1879), welcher mit gleicher Bravour seine Specialität entfaltete – jeder in seiner Weise ein wahres Phänomen. Während Baade immer in seinem Ringe blieb, hatte Z. auch ein Auge für die erfrischende Morgenkühle und den lastenden Mittag, ja er machte sich 1858 sogar an die vier „Tageszeiten“ (eine Serie, welche Hr. Swertrup in Christiania erwarb) und wiederholte ein ähnliches Thema mehrmals 1862. Die kauflustige Welt wollte freilich nur „Abenddämmerungen“ von Z. und der liebenswürdige Künstler bot alles auf, bei dem engbegrenzten, Ermüdung drohenden Repertoire frisch und neu zu bleiben. Dazu benützte er mit Vorliebe die trotz aller Einförmigkeit doch einen großen, mannichfaltigen Wechsel bildende Umgebung von Schleißheim, woselbst Z. von 1853 bis 1869 das Amt eines Conservators an der dortigen Galerie bekleidete, worauf er zum Conservator der kgl. Centralgemäldegalerie nach München vorrückte. Die Erzeugnisse seines Fleißes gingen in alle größeren Galerien und Sammlungen, nach Prag, Antwerpen, Braunschweig, Hannover, Berlin, Bremen, Warschau, Leipzig, insbesondere nach England und Amerika. Z. „verlangt nicht nach den mächtigen Wolkenmassen, wie sie Eduard Schleich über der weiten Ebene aufbaut, sein Herz fühlt sich ergriffen von dem Glanze, den die scheidende Sonne über den wolkenlosen Aether gießt, und wenn Nicolaus Poussin seine heroischen Landschaften mit Frauen und Nymphen bevölkert und vom Berggipfel den großen Pan die weite Welt überschauen läßt, so genügen für Z. ein paar Hirsche am Teiche, in dem sich der nahe Wald und schwankes Schilf spiegeln. Und so einfach in den Linien seine Bilder sind, so zart und wahr ist ihr Colorit. Kein anderer Künstler versteht mit so wenigen Mitteln jene feierliche Ruhe [526] wiederzugeben, welche dem Augenblicke folgt, in welchem die Sonnenscheibe hinter dem Horizont hinabgesunken ist, keiner jene merkwürdige Klarheit des Himmels auf die Leinwand zu zaubern, die ganz aus Licht gewoben scheint“. Den Zauber von Zwengauer’s Stimmung vermochte freilich weder die Radirung von Schulz und Wölfle’s Lithographie wiederzugeben; am wenigsten die Technik der damaligen Photographie, welche das isochromatische Verfahren noch nicht kannte. Z. starb nach langen, schweren Leiden am 13. Juni 1884 zu München. Sein gleichnamiger, auch als Landschaftsmaler gleichfalls wohlbekannter Sohn stiftete eine aus fünfzig Skizzen, Aquarellen und Zeichnungen bestehende Sammlung aus dem Nachlasse seines Vaters in das königl. Kupferstich- und Handzeichnungscabinet.

Vgl. Nagler 1852. XXII, 357. – Beil. 204 d. Allg. Ztg. v. 24. Juli 1884. – Lützow 1884. XIX, 627. – Kunstvereinsbericht f. 1884, S. 75.