Abschied (Albert Traeger)
Die Blätter grün, die Lüfte lauer,
Im Blüthenkleide prangt der Mai,
Das Fenster öffn’ ich und den Bauer,
Leb’ wohl, mein Vogel, du bist frei!
Bald schaukelt dich der schwanke Ast,
Nicht hielt ich ruchlos dich gefangen.
Du warst im Winter nur mein Gast.
Du hast, ein Gruß der grünen Halde,
Ein lebend Heimweh nach dem Walde,
Getheilt des Dichters Einsamkeit.
Zwei müde Sänger, Haftgenossen,
An einer Kette lagen wir
Und seiner Veilchen blaue Zier.
Jetzt ist er da, du hörst sein Klingen,
Er weht dich an mit frischem Duft,
Auf! rege fröhlich deine Schwingen
Was kümmert’s dich, daß ich mit nassen,
Umflorten Augen nach dir seh’ –
Du kannst mich ohne Schmerzen lassen,
Mir aber thut der Abschied weh!
Er schlägt um dich sein schattig Zelt,
Und jubelnd schmettern deine Lieder
Den Pfingstgruß durch die schöne Welt.
All ihre Wunder wirst du schauen,
Wirst dir ein heimisch Nestchen bauen –
Ich aber bleibe ganz allein.
O, könnt’ ich deinen Flug begleiten!
Daß ich gefesselt, ist mein Schmerz,
Erfüllt im Frühling mir das Herz.
Die Thür’ ist auf, nicht säume länger,
Leb’ wohl! Dort sitzt er auf dem Strauch –
Jetzt juble laut, befreiter Sänger,
Du hörtest seufzen mich und klagen,
Vielleicht zuweilen unbewußt
Hallt nach in deinem frohen Schlages
Ein Laut der kranken Menschenbrust.