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Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section/H29

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Heft 28 des Leipziger Kreises Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen von Gustav Adolf Poenicke (Hrsg.)
Heft 29 der Section Leipziger Kreis
Heft 30 des Leipziger Kreises
Die Beschreibungen sind auch als Einzeltexte verfügbar unter:
  1. Bockwitz
  2. Priessnitz
  3. Hopfgarten
  4. Drossdorf


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Bockwitz


gewöhnlich Rittergut Bockwitz genannt, ist früher Vorwerk des Bornaer Schlosses gewesen.

Die erste Zwingfeste in Borna ist wohl im 9. Jahrhundert entstanden und im 13. Jahrhundert wird uns schon ein Albert von Borna genannt, doch wechselte später der Besitz in schneller Reihenfolge, aber die eigentlichen früheren Besitzungen sind stets der Stadt Borna verblieben. Der Kaufvertrag von Michaelis 1493 zwischen dem Stadtrathe zu Borna und Casper von der Jahne ist deshalb hier nicht unerwähnt zu lassen.

Letzterer verkaufte nämlich im gedachten Jahre an den Stadtrath das in der Hausgasse gelegene Schloss mit Wäldern, Gärten, Erbgerichten, 14 Gärtnereien, Zinsen, Frohnen, Gehölzen, Aeckern, Wiesen, Teichen, Fischereien und Triften mit den Gütern Dommelwitz, Bockwitz und Heringsdorf mit einem Theile der Gonndorfer Flur, und endlich die Holzmühle um und für die Summe von 6967 Rthlr.

Man sollte wähnen, dass ein so vortheilhafter Kauf für Borna segensreich hätte wirken müssen: Nichts weniger als dies.

Die zum Schlossgute gehörigen Grundstücke wurden übel bewirthschaftet; einen grossen Theil der Waldung veräusserte man; der Stadtrath übernahm die Bewirthschaftung der Mühlen selbst und diese brachten nicht so viel ein, dass vom Ertrage die Unterhaltungskosten gedeckt werden konnten; ja man hielt es zuletzt für besser, die sämmtlichen Rittergutsfelder für einen unbedeutenden Lastzins den einzelnen Bürgern zu überlassen.

Dieser traurige Zustand hatte zur Folge, dass ums Jahr 1600 das Stadtvermögen dem Banquerotte nahe kam.

Zwar sendete die Herzogin Sophie 1601 einen Notar ab, welcher den Activ- und Passivbestand der Stadt Borna aufnehmen musste, aber das Uebel selbst wurde dadurch nicht gehoben.

Die Krisis dauerte bis zum Jahre 1740.

Zu dieser Zeit wurde eine bessere Controle eingeführt, indem die Stadtverwaltung unter eine permanente Commission gestellt wurde.

Diese Commission entnahm den Bürgern die ihnen lastweise übergebenen Grundstücke und verpachtete dieselben.

Unterdessen hatte man das in der Hausgasse gestandene alte Schloss weggerissen.

Daher kam es, dass dem Pachter der Keller vor der Stadt (der Zimmerhof) als Wohnung eingeräumt, dass hinter diesem Keller ein interimistischer Wirthschafthof eingerichtet, und endlich zum Baue eines grossen Wirthschaftshofes in dem zum Rittergute Burglehne gehörigen Dörfchen Bockwiz verschritten wurde; und so ist Bockwiz bis auf die neuesten Zeiten im Besitz des Stadtrates von Borna geblieben, die Bewirthschaftung [226] selbst aber von Jahr zu Jahr verbessert und vermehrt worden. Denn nach Einführung der Städte-Ordnung umfasst der Stadtbezirk Stadt mit Vorstädten Borna, das Rittergut Bockwitz und 20 Häuser von Haulwiz. Nach einer Rechnung von Jahre 1839 betrug das Communalvermögen 190025 Thlr. Activ- und 23791 Thlr. Passivvermögen.

In Bockwitz, welches früher ein kleines Dörfchen gewesen, aber 1295 zerstört worden, wohnt der Pächter der Rittergutsfelder, und die Wirthschaftsgebäude mit der Schäferei, die sich hier befinden, sind vortrefflich eingerichtet.

Das Jahr 1295, welches wir oben erwähnt haben, war für die hiesige Gegend überhaupt ein unheilvolles Jahr, welches durch den Streit des Kaisers Adolph von Nassau mit den Brüdern Friedrich und Diezmann über den Kauf des Pleissnerlandes herbeigeführt wurde.

Die hintergangenen Brüder Friedrich und Diezmann widersetzten sich, Kaiser Adolph fiel mit einem Heere in das Pleissnerland ein und eroberte es förmlich.

Später rückte Adolph an den Rhein und übertrug seinem Onkel Graf Philipp von Nassau das Commando.

Zwischen diesem und den Markgrafen kam es 1295 bei Bockwitz und Borna zur Schlacht, in welcher Philipp zwar besiegt aber die Belagerung der Stadt Borna herbeigeführt, wodurch die hiesige Gegend hart mitgenommen wurde. Ueberall fand man die schrecklichste Zerstörung durch Plünderung und Brand ganze Dörfer verschwanden, ohne je wieder zu erstehen.

Erst mit dem Jahre 1307 wurden die Kaiserlichen aus dem Lande getrieben und nach 16jährigem Streit erhielt Friedrich als Erbe die Wettin’schen Besitzungen wieder, nachdem kurz zuvor sein Bruder Diezmann in der Paulinerkirche[WS 1] zu Leipzig durch Meuchelmord gefallen war.

Nachher war Borna mit Zubehör noch öfter verschiedenen Herren unterworfen. Erst durch die Wittenberger Kapitulation fiel es an die Albertinische Linie und zunächst an Kurfürst Moriz.

Durch die veranlassten Streitigkeiten um den Besitz Bornas sind überhaupt mehrere frühere Dörfer hier untergegangen, als Bockwitz Absdorf (Abtsdorf), Tummelwitz oder Dammelwitz, Caulwitz, jetzt zu Zedtlitz gehörig, Heringsdorf, Hertzdorf und das wendische Dorf Trojan. Denn die Sorben-Wenden waren es, welche alle diese Orte angelegt hatten, zu Kohren und Geithain grosse Festen besassen.

Erst durch Herzog Heinrich, 919, wurden die fleissigen Ackerbau treibenden Sorben mit ihren Besitzungen unterjocht und den königlichen Beamten statt des Gehaltes die Besitzungen zur Benutzung angewiesen.

Die[WS 2] Nationalität der Sorben wurde im Pleissnerlande mit ihrer Sprache und ihrer früheren Religion nach und nach vernichtet, eine Nationalität, die sich nur im Altenburgischen in der eigentlichen Bauerntracht noch erhalten hat.

Bockwitz ist mit Altstadt Wenigenborn, Gnandorf, Haulwitz, Vorwerk Rötha nach Borna gepfarrt, dem es auch hinsichtlich der Justizpflege unterworfen ist.

M. G.     



[227]
Priessnitz


Zwischen den Städten Borna, Frohburg, Geithain und Lausigk am Eylabache gelegen, gegen Süd und Südost an einen herrlichen Buchenwald sich anlehnend, welcher wegen der schönen Buchenstämme und wegen der herrlichen künstlichen und natürlichen Spatziergänge die Aufmerksamkeit des Fremden verdient und anzieht.

Durch die schönen anmuthigen Rittergutsgebäude mit den schönen Wirthschaftsräumen werden wir an das alte würdige Geschlecht derer von Einsiedel und wegen ihrer Verbindung mit dem grössten Manne seiner Zeit, mit Dr. Martin Luther, auch an diesen unwillkührlich erinnert.

Auch die Kirche zu Priessnitz ist so ausgestattet, dass man an das Werk der Reformation immer und immer erinnert wird. Vier und zwanzig treffliche Brustbilder der berühmtesten Mitarbeiter an der Reformation schmücken die Kirche; ausser diesen findet man das Bild Luthers, des Herzogs Georg von Anhalt, des Lucas Kranach, welches von ihm selbst stammen soll.

Und wem hat Priessnitz dies Alles zu verdanken? Dem frommen Sinn der Familie von Einsiedel, einer Familie, die deshalb so hoch zu achten und zu schätzen ist, dass sie das Werk der Reformation auf jegliche Weise mit zu fördern suchte, und Luthern durch Unterstützung seiner Ideen stark machte.

Denn Luther war nur stark durch den Zeitgeist. Es war die Sache selbst, die Idee, die so Mächtiges wirkte, nicht eines Menschen persönliche Kraft, nicht schöpferisches Genie oder Heldenkühnheit eines Einzelnen. Tausende waren für ihn, weil er Tausenden aus dem Herzen gesprochen hatte.

Und mit diesen seinen Anhängern, mit diesen Wohlthätern der Menschheit wurde das grosse Werk vollführt. Zu diesen Wohlthätern der Menschheit gehörten die früheren Besitzer von Priessnitz und nicht allein die Unterthanen von Priessnitz, nein die ganze Menschheit hat diesem edlen Geschlechte zu danken.

Der jetzige Besitzer von Priessnitz ist der frühere Kreishauptmann Alexander August von Einsiedel, ein würdiger Nachkomme seiner grossen Ahnen.

Derselbe ist auch Patron über Kirche und Schule.

In die Kirche zu Priessnitz ist Trebisheim eingepfarrt und Elbisbach ist der Filialort, welches unter die Gerichte von Hopfgarten früher gehörte, wogegen Trebishain der Jurisdiction von Syra unterworfen war; Priessnitz mit dem eingepfarrten Dorfe Trebishein und dem Filialdorfe Elbisbach bildet eine Schulgemeinde mit 160 Schulkindern, welche alle die Schule in Priessnitz besuchen.

Auf dem Kirchhofe zu Priessnitz, der im Sommer einem schattigen Parke gleicht, steht eine wohl 500 Jahre alte Linde, von 18 Ellen im Umfange, mit herrlicher Laubkrone, auf welcher Luther einst gepredigt haben soll.

Einer besonderen Erwähnung verdient der als hiesiger Pfarrer angestellte und im Jahre 1732 verstorbene Johann Schröter. Er war [228] gebürtig aus dem Pfarrhause Langebach bei Gera und hinterliess sein ganzes Vermögen zu milden Stiftungen, und zwar folgermaassen:

a) 1000 Thlr. dem jedesmaligen Pfarrer zur Zinsnutzung,
b) 1000 Thlr. der Pfarrerwittwe,
c) 400 Thlr. dem jedesmaligen Schullehrer,
d) 500 Thlr. der Schulwittwe,
e) 600 Thlr. der Kirche,
f) 400 Thlr. für Hausarme unter der Collatur des jedesmaligen Pastors,
g) 325 Thlr. für arme Schulkinder zur Zinsnutzung.

Ausserdem noch 3000 Thlr. Legate auf der Universität Leipzig, wovon die aus Priessnitz Studirenden vor allen Andern die Zinsen zu geniessen haben.

Ausserdem zeichnete sich als Geistlicher der hiesige Pastor M. Johann Gottlob Grah besonders aus, welcher im Jahre 1810 hier verstorben ist.

Von Borna nach Priessnitz führt eine herrliche Chausee, die weiter bis Rochlitz gebaut ist, jetzt aber an ihrer Frequenz bedeutend verloren hat.

Nachträglich müssen wir noch erwähnen, dass die Kirche ein schönes Denkmal von Hans von Einsiedel besitzt, welcher solches seiner Gemahlin 1616 setzen liess, auch die Kapelle der Einsiedel’schen Familie und der Altar ist seit jener Zeit mit vielen auf die fromme Frau bezüglichen Inschriften und Gemälden verziert.

Die Pfarrgebäude zieren ebenfalls den Ort. Sie sind alle ziemlich neu, mit Ziegeln gedeckt; besonders solid, massiv, geschmackvoll und geräumig ist das Wohngebäude. Ein schöner grosser Obstgarten zieht sich um das Gehöfte herum. Sonst wurde Priessnitz von Borna aus und der ganzen Umgegend häufiger besucht als jetzt, und der Fusswandernde oder der Reisende zu Wagen und zu Ross fand in dem Gasthofe eine stets fröhliche heitere Gesellschaft.

In der Neuzeit sind andere Vergnügungsorte in der Umgegend entstanden, und so auch hier wie im ganzen menschlichen Leben ein Wechsel eingetreten.

Das Dorf Priessnitz ist nicht unbedeutend. Es zählt nahe an 600 Einwohner, die theils von Landbau und der Viehzucht, theils vom Tagelöhnern leben, doch finden sich auch mehrere Handwerker darunter, und alle sind dem Gerichtsamte Borna jetzt zugewiesen.

M. G.     



[229]
Hopfgarten


liegt mit den übrigen 4 Orten: Oberfrankenhain, Niederfrankenhain, Hermsdorf und Ottenhain zwischen 3 Landstädten, zwischen Geithain, Lausigk und Frohburg und ziemlich in gleicher Entfernung von allen 3 Städten.

Die Orte sind von Colonisten aus dem Frankenlande angelegt, welche der Sohn des Grafen Wieprecht von Groitzsch hierher führte. Für die Anlegung in späterer Zeit sprechen auch die deutschen Namen der Dörfer und der geringere Boden, da der bessere Boden schon früher von den Sorben-Wenden in Beschlag genommen und angebaut worden war.

Der Ort Hopfgarten selbst hält 10 Güter, 32 andere Häuser und 260 Einwohner.

Das Rittergut hat ein prächtiges ansehnliches Schlossgebäude mit schönen Thurm, und ist hinsichtlich des Areals gar nicht unbedeutend. Eignet sich auch der seichte, nasse Boden mit schlechter, thonartiger Unterlage wenig und nur in trockenen Jahren zum Roggenbau, so geraden hier dagegen Hafer, Klee und andere Sommerfrüchte um so besser. Der Holzertrag ist stark, der Obstbau gedeihlich und die besonders gepflegte Viehzucht ergiebig.

Die trockenen Fluren von Niederfrankenhain und Hermsdorf haben allerdings noch einen Vorzug gegen die von Oberfrankenhain und Hopfgarten und sind selbst bei dem Roggenbau sicherer und einträglicher.

Das Rittergut selbst gehört seit seiner Entstehung der hochadeligen Einsiedel’schen Familie, ist Mannlehn und eigentlich der männlichen Linie in Grosszössen gehörig, von welcher es auf die Syra’sche Linie übergeht, jetzt aber durch Rezess in usufructuarischen Besitz der Frau Gräfin von Ronnow auf Ottenhain, welche dem von Einsiedel’schen Geschlechte angehört.

Einer der berühmtesten dieses Geschlechts ist Heinrich Haubold, dem würdig seine Brüder, Hans Hildebrand und Abraham von Einsiedel auf Gnandstein, Priessnitz, Syra und Hopfgarten zur Seite stehen. Von ihnen stammt eine Testamentsstiftung, welches in einem Capitale von 3765 Rthlr. besteht, wovon die Orte Gnandstein, Wolftitz, Priessnitz, Syra, Hopfgarten und Theussdorf participiren. Das Geld selbst kann nur mit Genehmigung der Gerichtsherrschaft verwendet werden.

Berühmt und bekannt ist auch der Justizien- und Appellationsrath Innocentius von Einsiedel auf Syra, Hopfgarten und Rüdigsdorf, welcher 1609 geboren war und 1652 mit Tode abgegangen ist.

Doch haben wir schon das Weitere über diese Familie, ihre Verzweigung und deren Verdienste bei den früheren Beschreibungen von Gnandstein und Syra erwähnt, so dass wir, um nicht Wiederholungen uns zu Schulden kommen zu lassen, hier davon füglich absehen können.

Hopfgarten hat ausserdem noch eine Filialkirche von Oberfrankenhain, wogegen es früher und bis zu den Zeiten der Reformation seine eignen Pfarrer hatte, und sodann als Schwesterkirche mit Oberfrankenhain [230] verbunden wurde, welches dabei sein damaliges Filial Elbisbach an Priessnitz abgab.

Das Pfarrgrundstück wurde theils zur Fundation einer Schulstelle genommen, theils gegen einen Erbzins von 7½ meissn. Gülden an das Rittergut gegeben.

Nach Hopfgarten ist das fast 1 Stunde davon entfernte Dörfchen Ottenhain gepfarrt, aber gesetzlich nach Tautenhain geschult, durch welches Kirchdorf die Ottenhainer auf ihrem Kirchwege passiren müssen.

Die Schule zu Oberfrankenhain zählt jetzt 150, die Filialschule Hopfgarten 60 Schüler, 15 Kinder aus Ottenhain besuchen die Tautenhainer Schule.

Das Rittergut übt das Collaturrecht über die Kirchen und Schulen zu Oberfrankenhain und Hopfgarten, so wie auch über die Kirche des Filialortes Elbisbach (Filial von Priessnitz).

Die Zeit der Erbauung der Kirchen in Hopfgarten und Oberfrankenhain fällt wahrscheinlich mit der Zeit der Anlegung der ihr zugehörigen Dörfer fast zusammen.

Die Einwohnerschaft von Hopfgarten nährt sich lediglich vom Landbau und ländlichen Handwerken, doch finden sich auch einige Strumpfwirkermeister. Vielen Handarbeitern geben die Kalk- und Torfgräbereien der Umgegend Gelegenheit zum Broderwerb.

Früher hatten diese Orte, Oberfrankenhain, Hopfgarten, Niederfrankenhein u. s. w., wegen der Nähe der 3 Städte grosse Lasten bezüglich der Landbettelei. In neuerer Zeit ist diesem Uebelstande durch Fürsorge der Behörden füglich abgeholfen worden.

Eine Eigenthümlichkeit hiesiger Gegend ist rücksichtlich der Abtheilung des Grund und Bodens hier noch zu erwähnen:

Ein jeder der Grundstücksbesitzer hat seine Grundstücke grösstentheils in länglichen Quadraten unmittelbar an seinem Hof, so dass hier eigentlich schon von Anfang an eine Zusammenlegung der Grundstücke gehandhabt wurde. Das Natürliche und Selbstverständliche ist aber schon von Anbeginn dagewesen, ohne dass es erst nöthig gewesen wäre, solches zu schaffen. Nur die Menschen haben solches durch andere Einrichtungen verdrängt.

Hopfgarten, welches vor der neuen Gerichtsorganisation seine eignen Gerichte hatte, gehört jetzt zum Gerichtsamte Borna.

M. G.     



[231]
Drossdorf


2 Stunden westlich von Borna gelegen nicht weit von Kieritzsch und deshalb in der Nähe der Sächs. Baierschen Eisenbahn und wohl zu unterscheiden von Drossdorf im Voigtlande und von Drossdorf im Stifte Naumburg Zeitz.

Der Ort besteht aus einem Anspanner, 19 Hintersässergütern und 15 Häuslerwohnungen mit 300 Bewohnern.

Das Rittergut ist schön und nicht unbedeutend. Die Gebäude sind nicht unansehnlich und wohnlich und bequem eingerichtet, die Wirthschaftsräume in einem vortrefflichen Zustand. Seit den ältesten Zeiten war dieses Gut in dem Besitze der Familie von Helldorf, die auch Kieritzsch besitzt.

Der jetzige Besitzer ist Herr Carl Friedrich Heinrich von Helldorf in Nossen.

Die Bewohner leben von Ackerbau und Viehzucht, obschon der Boden selbst nicht der ergiebigste ist, Nebenbei treiben sie Viehhandel und sind durch Sparsamkeit und Fleiss zu einem gewissen Wohlstand gelangt, trotz dem, dass sie in der früheren Zeit mit vielen Drangsalen zu kämpfen hatten. Schwer lastete auf den Ort der 30jährige Krieg.

Der Ort musste von seinen Bewohnern verlassen werden, so dass die Güter damals wüste liegen blieben. Besonders litt er hart bedrängt nach der Schlacht bei Lützen, als Wallensteins Heer zum Theil seinen Rückzug hieher nahm und der nachdrängende Herzog Bernhard Weimar in hiesiger Gegend ein verschanztes Lager bezog; dessen Wälle in den 30ger Jahren dieses Jahrhunderts noch zu sehen waren.

Auch die Jahre 1812 und 1813 lasteten schwer auf dem Dorfe, welches sich wieder erholt hatte, so dass man damals nicht zu viel behauptete: „Drossdorf hat keinen Bettler, keinen Armen.“ Erst von diesen Kriegen ging der Wohlstande einiger Maassen wieder zurück, welche erst durch die jetzigen Friedensjahre wieder gehoben werden konnte.

Merkwürdig ist Drossdorf noch durch den Ausspruch Luthers gegen seine Gemahlin Catharina von Bora: Bedarfst du Trost, so gehe nach Drostdorf oder Drossdorf, in dessen Nähe nämlich Zeilsdorf, oder das Vorwerk Zölsdorf liegt, welches Luther seiner Catharina geschenkt hatte, die hier öfters wohnte, besonders als Wittwe. Auch Luther soll sich öfter hier aufgehalten haben.

Dass es dieses Zeilsdorf sei, welches Luthern gehörte und nicht ein Gut bei Wittenberg, dafür giebt aber sein Ausspruch, wie er oben erwähnt worden, vollgiltigen Beweis ab. Aber auch noch ein anderer Umstand spricht dafür: Im Supplement der leipziger börnerschen Sammlung der Schriften Luthers befindet sich ein Brief an G. Gottfried von Ende auf Beucha und Wolkenburg vom Jahre 1541, worinnen er schreibt: Meine liebe Käthe lässt Euch bitten und ich bitte für sie, weil sie eine Haushälterin worden zu Zölsdorf und von hinnen fern gelegen, Ihr wollet ihr diese nachbarliche Freundschaft thun und 12 Scheffel Korn und 24 Scheffel Hafer leihen, das will sie Euch redlich wiedergeben nach der Dresche, so nächst künftig.

Ein theueres Pfand von Luther und ein sicheres von der Gewissheit seines Besitzes des hiesigen Gutes, welches keine Gebäude und keine [232] Drescherhäuser mehr besitzt, seit dem es Vorwerk von Kieritzsch ist, hat die Kirche von Kieritzsch aufzuweisen. Es sind die Brustbilder Luthers und seiner Ehegattin von Gyps mit dem Churfürstlichen Wappen geziert (also ganz gewiss Originalbilder) welche aus der herrschaftlichen Wohnung zu Zölsdorf (wo früher auch ein Tintenfleck an der Wand zu sehen war) in das Herrenhaus des Rittergutes Kieritzsch gebracht, daselbst in dem sogenannten Luthersaale aufbewahrt und später in die Kirche versetzt worden sind.

Den Ort, wo Zölsdorf gestanden, bezeichnet jetzt ein von dem verstorbenen Besitzer dem Herrn Kammerherrn Karl Heinrich Anton von Helldorf errichteter einfacher Denkstein mit der Aufschrift:

Hier wohnte Dr. Martin Luther. Im Jahre 1817 wurde daher das Jubelfest der Reformation in hiesiger Parochie durch eine besondere erhebende Feier von den umliegenden Ortschaften christlicher Schulen und den Bürgergarden der Städte Borna, Pegau, Groitzsch und Rötha gefeiert.

Alle die noch Lebenden werden des frühen Eindruckes, den diese Feier bei Allen hervorrief, sich noch lebhaft erinnern und mit der Zähre im Auge ihren Kindern und Angehörigen davon heute noch erzählen.

Drostdorf wurde früher nicht Drostdorf sondern Trostdorf geschrieben, wie dies kirchliche Nachrichten von Kieritzsch ebenfalls documentiren, wohin der Ort gepfarrt ist.

Die jetzige Kirche hat vorzüglich ihre Entstehung dem Herrn Julius von Helldorf auf Kieritzsch und Drostdorf zu verdanken und ist im Jahre 1699 erbaut.

Ueberhaupt hat die von Helldorfsche Familie sich um Kirche und Schule, um ihre Unterthanen sich bleibendere Denkmäler gesetzt, als die sind, welche man aus Erz und Stein errichtet. Ja selbst jeden Tag werden die früheren Gerichtsangehörigen durch den Klang der Glocken an ihre Gerichtsherrschaft erinnert und zur Dankbarkeit aufgefordert: Denn auch diese sind auf Veranlassung des Herrn Kammerherrn von Helldorf im Jahre 1829 umgegossen worden.

Die Familie von Helldorf hat in der Kirche von Kieritzsch eine Kapelle und ein Erbbegräbniss, sonst andere Merkwürdigkeiten fasst die Kirche nicht.

Vor der neuen Gerichtsorganisation gehörte zum Rittergute Drossdorf ein Theil des Dorfes Pürsten. Seit Aufhebung der Patrimonalgerichtsbarkeit ist Drossdorf und Kieritzsch dem Gerichtsamte Borna einverleibt.

M. G.     




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Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Panlinerkirche
  2. Vorlage: Dle
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