Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section/H28
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auf der linken Seite der Mulde 2 Stunden nördlich von der Stadt Grimma, fast mitten im Holze an den Fuss des Colmbergs sich anlehnend, welcher nicht mit dem Berge bei Oschatz verwechselt werden darf, in dessen Nähe die wüste Mark Altenhain liegt, wo früher ebenfalls ein Dorf stand, welches zu dem nicht weit davon gelegenen wüsten Schlosse Heyn als ein Dienstdorf gehörte.
Unser Altenhain ist ein sehr alter Ort, worauf auch der Name selbst hindeutet. Denn Altenhain ist unzweifelhaft von dem Worte Aldin, welches schon in den longobardischen Gesetzen vorkommt, abzuleiten, und bedeutet einen leibeigenen Knecht. Es scheint durch Abkürzung aus Allodium entstanden zu sein. Allodium aber hiess jedes Gut, dessen Unterthanen Aldii, leibeigene Leute waren, die willkührlich vererbt werden konnten.
Schon Bonifacius, der Apostel der Deutschen, soll im 8. Jahrhundert die hiesige Gegend bei seinen Bekehrungswesen besucht haben. Bald nach Errichtung des Bisthums Merseburg, zu dem viele Orte hiesiger Gegend im Jahre 974 geschlagen wurden, fand auch das Wort am Kreuze hier Eingang. Namentlich hat sich der Bischof Wiegbert von Merseburg um die allgemeine Verbreitung des Christenthums in dieser Gegend wesentliche Verdienste erworben.
Mitten im dichten Holze lag die frühere alte wohlbefestigte mit Wall und Graben umgebene Ritterburg, welche im Hussitenkriege zerstört worden ist. In diesem und in dem 30jährigen Kriege sind überhaupt sehr wichtige Nachrichten hiesiger Gegend sowie von Altenhain selbst mit untergegangen.
Die Grausamkeit und Plünderungssucht der Schweden und Croaten wird furchtbar geschildert und zu dem Schrecken des Kriegs gesellten sich Seuchen, wodurch die Bevölkerung allüberall zusammenschmolz.
Die jetzigen Rittergutsgebäude sind in neuerem Styl erbaut, wie dies die Abbildung besagt und in vortrefflichen Stand, eben so die Wirthschaftsgebäude und die mit dem Gute verbundene Schäferei ist als vorzüglich zu bezeichnen.
Das Gut selbst war als altschriftsässig erklärt, soweit die Gerichtsbarkeit über das Dorf verbunden war. Das Collaturrecht über Kirche und Schule steht dem Besitzer des Gutes heute noch zu, wogegen die Inspection über Kirche und Schule der Superintendent in Grimma übt. Vor der Reformation stand Altenhain unter dem Kloster Nimbtschen, wie auch der Ort selbst zu diesem Kloster gehört haben mag.
Denn erst im 15. Jahrhundert werden uns besondere Besitzer von Altenhain bekannt Das berühmte Grossische Geschlecht finden wir hier, [218] ein Geschlecht, welches sich sehr lange Zeit hier behauptet hat, bis es der Generalmajor Karl Heinrich von Grosse zwischen den Jahren 1731 und 1746 an den Baron von Hohenthal auf Cröbern verkaufte.
Hohenthalsches Besitzthum blieb es bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Dann folgte im Jahre 1806 die Familie von Bissing von welcher es in die Hände des Herrn Banquier Vetter kam.
Von letzterem acquirirte die Besitzung Herr Dr. Hahn, von welchem es Herr Banquier Seyferth kaufte. Nach dessen Tode ging es auf dessen Herrn Sohn über. Der jetzige Besitzer aber ist Herr Kabitzsch in Grosszschocher.
Verdient um Kirche und Schule haben sich vorzüglich die Herren Seyferth Vater und Sohn gemacht, wie überhaupt Altenhain diesen beiden Besitzern viel zu verdanken hat.
Die Kirche ist im Jahre 1786 ganz neu erbaut und auf eigne Kosten des Herrn Besitzers im Innern im Jahre 1841 verschönert worden.
Auch die Schule ist seit dem Jahre 1818 ganz neu und bequem eingerichtet.
Das Dorf Altenhain bildet ein ganz allein für sich bestehendes Pfarramt ohne Filial und Eingepfarrte, hat seinen eigenen Schulmeister, welcher circa 90 Kinder unterrichtet, wogegen die Einwohnerzahl sich auf 400 Seelen beläuft, welche gröstentheils durch Handarbeit ihren Lebensunterhalt erwerben.
Reich ist die hiesige Gegend immer noch an Wald, obschon solche früher viel bedeutender war.
Ja sogar das Kirchensiegel scheint darauf hinzudeuten, welches einen Altar, ringsumgeben von einem Eichenhain dem Beschauer darstellt.
Einen besondern Nahrungszweig gewähren die grossen Teiche hiesiger Gegend, welche stark mit Fischen besetzt sind, womit ein ausgezeichneter Handel weit und breit getrieben wird.
Nach alten Verträgen musste sonst der hiesige Schenkwirth und die übrigen Einwohner von Mariä Geburt bis zu Johannis Grimmasches Bier verbrauen, während das ihnen die übrige Zeit frei stand, ihr Bier zu kaufen wo sie wollten.
Der Rittergutsbesitzer konnte dagegen von jeher zu seinem Hausbedarf selbst brauen, auch ausserhalb der früheren Biermeile verkaufen.
Durch die neuen Bestimmungen und Gesetze sind natürlich diese Einrichtungen gefallen.
Ausserdem existirten noch besondere Verträge rücksichtlich der sich hier niederlassenden Handwerker.
Es werden nur Zimmerleute, 1 Schneider und 1 Leinweber aufgenommen.
Die oben erwähnten grossen Teiche erhalten ihr Wasser von der faulen Parde, welche unter der Westseite des Trebsener Collmberges entspringt, den Saubach, welcher aus Nordost kommt, aufnimmt und die Parde zwischen Erdmannsdorf und Albrechtshayn erreicht. Seit Einführung der neuen Gerichtsorganisation steht Altenhain unter dem Gerichtsamte Grimma.
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am Saubach- und Planitzholze 2 Stunden von Grimma entfernt und 1 Stunde südlich von Brandis gelegen, stösst mit seinem östlichen Ende an die Strasse von Borna nach Wurzen und Eilenburg und durch die niedere Hälfte des thalwärts sich hinstreckenden Dorfes, fliesst der sogenannte Saubach dem Wiesengrunde zu.
An der Nordwestseite des untern Dorfes und in der Nähe der Kirche haben die schönen Rittergutsgebäude ihren Platz. Sie sind nicht alt und erfreuen den Beschauer durch ihre symetrische Zusammenstellung. Das Hauptgebäude zeigt über dem Eingange unter dem Lindenauschen Wappen die Jahreszahl 1723. Der weiche Boden erschwerte die Grundsteinlegung bedeutend und deshalb ist das Gebäude auf sogenannte Roste 2 Stock hoch und mit einem Souterrain massiv und im hohen Grade geschmackvoll erbaut.
Daran stösst im Westen der Schlossgarten worinnen überseeische Gewächse mit einheimischen Baumarten mannigfach abwechseln und das Wandeln auf den durchhin sich schlängelnden Gängen sehr anmuthig und reizend machen. Das vorhandene Gewächshaus bietet auch zur Winterszeit einen lieblichen Aufenthalt, vorzüglich dann wenn die Camelien anfangen ihre Blüthenpracht zu entfalten.
Im Sommer und Herbst fesseln, nebst andern Zierblumen, hauptsächlich die Georginen des Beschauenden Blicke. Eine Anpflanzung dieser Liebligen erblickt man auch schon bei dem Eintreten im Schlosshofraume. Dieser vorzüglich entzückt ebenfalls durch seine Symetrie und Sauberkeit und wer als Oeconom darinnen sich umsieht, der richtet seine Schritte sehr bald nach dem links und rechts sich zeigenden Eingängen zu den Ställen, die ihrer Einrichtung wegen schon gefallen müssen.
Der Viehstand ist ein ausgezeichneter und trifft man die Heerde auf der Weide, so glaubt man in die Schweiz versetzt zu sein und zwar in Hinsicht auf das schöne harmonische Glockenspiel, das dasselbe weithin zu angenehmer Ueberraschung ertönen lässt.
Die zum Rittergute gehörende grosse Schäferei (an 700 Stück) hat abgesondert und ⅛ Stunde vom Schlossgehöfte entfernt ihren Standort am südwestlichen Fusse des Haselberges, über welchen an der Nordseite dichtwachsendes Laubholz, von dem es den Namen hat, sich hinzieht, an der Dorfseite aber eine Kirschbaumplantage auf deren Höhe sich dem Auge nach Süd und West eine freie reizende Aussicht öffnet. Ausser mehreren andern Ortschaften lässt sich, wenn man den höchsten Standpunkt sucht, von da aus auch Leipzig erblicken. Auf diesem Berge ist auch ein geräumiger Keller und ein Steinbruch zu finden und in seiner Nähe, wie auf andern Revieren des Rittergutes öffnet sich der Jagdlust geigneter Spielraum. Vorzüglich ist die Schnepfenjagd in manchen Jahren hier ausgezeichnet. Fischerei hat das Rittergut in dazugehörigen Teichen, von denen einer im Dorfe die Mühle speist, aber nur in wasserreicher Jahreszeit.
Eine trefflich eingerichtete, zwar nicht allzugrosse, aber mit den neuesten Apparaten versehene Branntweinbrennerei ist mit dem Rittergute gleichfalls verbunden, wie auch die Berechtigung zum Bierbrauen, welche aber einige Zeit nicht exercirt worden ist.
Das Rittergut selbst gehörte in den frühesten Zeiten der Familie von Lindenau, welche auch Machern und Polenz besassen. Später kam [220] es in andere Hände. Ernst Wilhelm von Lindenau kaufte es wieder im Jahre 1531 und zwar von Ambros Lintacher oder Lindbacher, einem Leipziger Patrizier. Von 1684 war Christopf Ernst von Lindenau Erbherr auf Ammelshayn, vermählt mit Katharina Margaretha geb. von Zehmen. Als Erb-, Lehn- und Gerichtsherr starb hier 1726 der Stiftsrath Adam Friedrich von Lindenau, der auch Grosshennersdorf besass. Im Jahre 1755 kam der Kammerherr Ernst Ludwig von Wilke in den Besitz von Ammelshayn. Letztrer starb schon 1763 allein seine Familie behauptete es noch bis zum Jahre 1793. Sein Sohn, der Amtshauptmann August Moritz von Wilke, der das schöne Thorhaus herstellte an welchem man das Wilke’sche Wappen und die Jahreszahl 1788 erblickt, besass das Gut bis zum gedachten Jahre 1793. Ein früher 1791 mit dem preuss. Oberst-Wachtmeister von Schubert abgeschlossener Kauf wurde schnell rückgängig.
Doch noch in der Mitte desselben Jahrzehnt kam es an Herrn Johann Friedrich von der Becke, Kaufmann zu Leipzig. Er hinterliess es bei seinem Todte 1813 fünf minderjährigen Erben, unter ihnen als jüngsten Sohn den jetzigen Besitzer, Herr Friedrich Leopold von der Becke, den Ammelshayn so viel zu verdanken hat.
Ein Theil der Borna’schen Strasse auf Rittergutsgebiet ist förmlich chaussirt und mit einer Allee versehen worden, eben so der Weg, der an der Nordseite des Dorfes herab dem Schlosse zuführt.
Die Filialkirche zu Ammelshayn, fast ¾ Stunde Wegs von der Pfarrkirche entfernt, steht zwar unter der Collatur des Ritterguts Polenz, es übt jedoch der Ortsgerichtsherr das Patronat über sie und der Herr Besitzer von Ammelshayn hat sich um diese Kirche sehr verdient gemacht, indem er in den 40ger Jahren bei der Reparatur derselben grosse Kosten aus eignen Mitteln aufwendete. Wenige Landkirchen werden durch ihr Innres einen gleich wohlthuenden Eindruck auf empfängliche Gemüther machen, als gerade die Kirche zu Ammelshayn und Alles dieses verdankt sie ihren Patron und dessen grosser Mucificenz.
Vorzüglich Beachtung verdienen die in der Kirche befindlichen Epitaphien. Der herrschaftlichen Kapelle gegenüber – über welcher das von der Beckesche und von Wolframsche Wappen grenzt – ist an der Wand ein schönes Epitaphium aufgerichet, welches der Auffrischung werth war, die es erfuhr. Es zeigt nebst verschiedenen Wappen und Symbolen obenüber auch das Brustbild der Frau Christiana Sophia von Thumshirrn geb. von Lindenau, Herrn Wilhelm Friedrich von Thumshirrn hochfürstl. Sachsen-Gothascher-Oberforstmeisters zu Altenburg Gemahlin welche 40 Jahre alt, am 21. Januar 1725 daselbst verstarb und den 27. ejusd. im hochadelichen Erbbegräbnisse[WS 1] beigesetzt wurde.
Dieses Erbbegräbniss, den vordern Altarraum einnehmend, ist im vorigen Jahre auch mit neuen Fallthüren versehen.
Auf 2 darinnen befindlichen Denksteinen sind das Lindenau’sche und das Zehmensche Wappen ausgehauen.
Der Kirche gehören an Feld, Wiese und Holz 12 Acker 179°□ Ruthen und ein Vermögen von 1200 Thlr. Mit der Verwaltung desselben ist auch ein Pfarrholz-Kapital von 2300 Thlr. verbunden, wovon die jährlichen Zinsen dem Pfarrer zukommen.
Der Anfang des Früh-Gottesdienstes wechselt jeden Sonn- und Festtag. Ausgenommen sind die ersten Feiertage zu den 3 hohen Festen und die Busstage, an welchen die Nachmittagspredigten in der Pfarrkirche zu Polenz zu halten sind.
Diessfalls nimmt allemal der Gottesdienst in der Filialkirche früh um 7 Uhr seinen Anfang. Beginnt er da um 10 Uhr, so hat der Pfarrer Mittags den Tischgenuss bei der Rittergutsherrschaft und hält Nachmittags um 2 Uhr die Betstunde. Ist Frühkirche da, so muss Nachmittags der Schulmeister von Polenz wieder nach Ammelshayn gehen und Betstunde halten, während der Pfarrer in Polenz allein zu thun hat.
Die Schule hat an Feld und Wiese 5 Acker 15 □ Ruthen und wird ungefähr von 60 Kindern besucht.
Ausser dem hiesigen, früher altschriftsässigen, Rittergute, mit 600 Acker Feld, Wiese und Holz umfasst der Ort 19 grössere und 8 kleinere Gutswirthschaften.
[221] Einem der 21 Hausbesitzer gehört die obenerwähnte Mühle mit oberschlechtigen Gefälle und eine Windmühle, welche unterhalb am Haselberge ihren Standort hat. Der Besitzer des Kramerhauses baute im Jahre 1835 nahe an der Bornaschen Strasse einen Gasthof. Das Schankrecht ruhte zuvor nur auf einem von der Strasse weit abstehenden Pferdnergute, ein Recht, aber welches bis jetzt auch nicht aufgegeben worden ist.
Obgleich alten Verträgen nach kein Handwerker im Orte sein darf, giebt es doch billiger Weise, daselbst einen Hufschmidt und einen Schneider. Hauptnahrungszweig ist aber Feldbau und die Viehzucht. Die Flur des Dorfes enthält incl. des Rittergutes 1277 Acker 285 □ Ruthen mit 19,905,96 Steuereinheiten.
Der Ort selbst mit seinen Bewohnern hatte früher seine eigene Gerichtsbarkeit und gehört seit Einführung der neuen Gerichtsorganisation zum Gerichtsamte Brandis.
1½ Stunde südöstlich von Rochlitz 1¼ Meile von Wechselburg, Geringswalde und Mittweida gelegen längs einem Bächlein in nordöstlicher Richtung hinab, welches in Verbindung mit dem Schönfelder Wasser bei Gröbschütz den Crossener verstärkt und die kleine hiesige Mühle treibt. Das obere Ende ist nahe bei der Strasse von Leipzig nach Mitweida und enthält ein Wirthshaus. An der Landstrasse findet man eine schöne Aussicht des Rochlitzer Waldgebirges und der Göhrener Höhen.
Den Namen des Ortes und Gutes leitet man aus dem Wendischen von Zeds die Mauer ab; doch dürfte es auch von einem Zweige des uralten böhmischen (jetzt schlessischen) Geschlechts von Czettwitz benannt worden sein.
Das Rittergut selbst liegt am nördlichen Ende des Dorfes und nordwestlich von demselben entspringt der Zschauitzer Bach. Dieses Rittergut, welches nach einigen an sich selbst schriftsässig war, wurde mit einem Ritterpferd verdient, hatte seine eigne Gerichtsbarkeit und besass mit Erbgerichten noch Niederthalheim und die Grossstättner Winkelmühle, überhaupt gegen 500 Unterthanen. Im Orte selbst zählte man zu Anfang des 19. Jahrhundert 272 Consumenten, wogegen jetzt solche bis zu der Höhe von 400 gewachsen sind. Unter denselben befindet sich nur 1 Bauer und 11 Gärtner. Die Einwohner selbst nähren sich von Leinweberei, Spinnerei, und Tagelöhnern und treiben starken Obstbau.
Das Rittergut ist hinsichtlich seiner Flur nicht so stark, von mittlerer Güte, ist jedoch durch die neuen Verbesserungen an Werth gestiegen.
Die Wohn- und Wirthschaftsgebäude sind im vortrefflichen Zustande und die Oeconomie wird von dem dermaligen Besitzer auf rationelle Weise betrieben, so dass man wohl nicht zu viel behauptet, wenn man sagt: Es dürfte kein Gut Sachsens von dieser Grösse, wie Zetteritz so gewinnbringend sein als gerade dieses. Auch die dazugehörige Schäferei ist in der Neuzeit vergrössert worden.
Nach der Reformation waren die Herren von Maltiz diejenigen, welche Zetteritz acquirirten. Unter diesen Herren von Maltiz hat Hans von Maltiz 1568 seine Unterthanen zu Obergräfenhein nebst seinen Feldern bei Rochlitz an den dasigen Stadtrath gegen Niederthalheim vertauscht; 1584 seine Antheile an Fischheim und Grossstätten, nebst dem Dorfe Nebeln und dem an den Rentmeister Joseph Michel versetzten Biesern um 1000 Thlr. an den Kurfürst August abgetreten, welcher die [222] Obergerichte schon früher besass, und endlich 1587 Bernsdorf an Moritz von Taubenheim abgetreten, nachdem er es 1582 gegen seinen Antheil an Krossen eingetauscht hatte. Zu Ende des 16. Jahrhundert kam Zetteritz an die Familie Stange. Im Jahre 1612 gehörte das Gut dem Rudolf Stange, fiel aber 1622, als Wolf Albrecht Stange erstochen wurde, an die Lehnsherrn zurück, nämlich grösstentheils an den Kurfürsten, mit der Burggräflich Leissniger Lehne hingegen (Rittersitz, Vorwerk und 3 Gärten) an die Herren von Schönburg, als Nachfolger der Leissniger Burggrafen im Besitz von Penig, folglich als Afterlehnsherr von Zetteritz.
Neu damit beliehen wurden die Herren von Schleinitz, unter diesen werden uns genannt Siegismund Heinrich von Schleinitz, von welchem es 1724 an den Oberstlieutnant von Schleinitz kam, und im Jahre 1785 besass es der Rittmeister Friedrich Wilhelm von Schleinitz, von welchem es in die Hände der Zimmermanschen Familie überging.
Der jetzige Besitzer ist Herr Karl Zimmermann.
Andere Bemerkenswerthe Gebäude ausser dem Rittergute hat Zetteritz nicht eben so keine eigene Kirche, vielmehr ist es mit Bernsdorf Bodeln, Döhlen mit dem Rittergute Neutaubenheim, Gröblitz, Gröbschütz, Grossstätten, Kleinstätten, Köttern, Kolkau, Neudörfchen, Neuwerdern, Penna, Piesern, Pörsten, Sachsendorf zu Hälfte, Söbitzschen, Stauden, Stöbenig, Theisdorf, Zesseitz und Zöllnitz in die alte berühmte Kirche zu Seelitz, welche als die älteste von Sachsen gilt, gepfarrt. Die vielen Dorfschaften, die hieher gepfarrt sind, wanderten vor der Reformation in diese Kirche wegen ihres wunderthätigen Marienbildes und so ist bisher der Kirchenverband bis auf die neuesten Zeiten geblieben.
Zur Unterhaltung eines besondern Messaltars zu U. L. Frauen legirte Friedrich der Strenge im Jahre 1325 35 Scheffel, 3½ Viertel Korn, 18 Scheffel 2¼ Hafer, 7¾ fl. an Geld und 2 Güter in Gröbschütz, welches zusammen das Seelitzer Lehn genannt und 1556 in ein Stipendium verwandelt wurde.
Obgleich daselbe von 1592 bis 1752 zur Besoldung des Amtsphysicus benutzt wurde, erhielt es doch 1752 seine frühere Bestimmung wieder, jedoch ohne die Gerichte über jene zwei Güter, als welche schon lange zum Amte Rochlitz gezogen waren.
Nahe bei Seelitz, gegen Norden, am Rochlitzer Galgenberge, soll in alten Zeiten Bergbau getrieben worden sein und das Sprichwort ist bekannt, dass die Rochlitzer ihren Galgen auf Gold stehen hatten.
Auch beherbergt das Seelitzer Gebirge ein Achat-Flötz, welches durch einen Stolln bearbeitet wurde, bis er 1728 verfiel, man nennt diesen aus Cholcedon, Amethyst, Quarz u. s. w. gebildeten Stein gewöhnlich Rochlitzer-Achat und im grünen Gewölbe zu Dresden zeigt man daraus gedrehete Vasen und Pokale von gelber, grüner und rother Farbe. Oestlich bei Seelitz fängt auch das grosse und nutzbare Pörstner Thonlager an. In der Nähe von Seelitz soll auch die öfter schon besprochene Leonhardtscapelle gestanden haben, wenn auch nicht auf Seelitzschen Gebiet selbst, so gehörte sie doch zu dasiger Pfarrkirche als Wallfahrtscapelle.
Ihr Stifter soll der Heidenbekehrer Ludiger (Graf von Käfernberg) gewesen sein und bald nach dem Jahre 1000 sollen schon grosse Wallfahrten von Meissen und andern Orten hieher stattgefunden haben.
Diese Wallfahrer hätten da, wo Mittweida jetzt steht, sich gelagert, und wären in einem benachbarten Wirthshaus eingekehrt, um sich zur Andacht vorzubereiten und diese Wallfahrt wäre im Jahre 1012 die Veranlassung zur Erbauung der Stadt Mittweida gewesen.
Letzteres bleibt zweifelhaft, da Mittweida eher von sächsischen Bergleuten, als von meissnischen Wallfahrern gegründet worden ist. Ruinen von der Kapelle waren aber noch in grossem Maassstabe vor 100 Jahren sichtbar.
Wenn wir oben erwähnt haben, dass Seelitz die älteste Kirche des Landes ist, so stimmt damit die Sage überein, dass bei diesem Dorfe die Wenden den Hugo, einen Schüler des Bonifacius, erschlagen haben.
Die hiesige Gegend, welche stark coupirt ist, gehört unbedingt zu den angenehmsten im Leipziger Kreise, sie ist fruchtbar, hat vortrefflichen [223] Graswuchs und wird durch die langen Reihen von Obstbäumen, welche sich nach allen Richtungen über die Berge schwingen, bedeutend verschönert.
Die schönste und wahrhaft reizende Uebersicht derselben findet man auf dem gerade jenseits der Mulde emporsteigenden Rochlitzer Berge.
Zetteritz mit seinen 57 Wohnungen und 298 Seelen sowie auch das Kirchdorf Seelitz gehören zum Gerichtsamte Rochlitz.
⅞ Stunden südlich von Rochlitz auf der rechten Seite der Mulde gelegen, mehr zwischen Winkeln, Städten, Pürsten und Bernsdorf in sehr coupirter Gegend unweit des Thalheimer und Kolkauer Baches, welcher südwärts von Seelitz eine herrliche anmuthige Thalaue durchläuft, in welcher das Dörfchen Biesern sehr mahlerisch liegt. Der Name Kolkau soll vom wendischen Worte Kolicz herstammen und bedeutet soviel wie Schwemme und ist wohl zu unterscheiden von dem Orte Kolkau, welches im anmuthigen Grunde des Osserbaches liegt. Unser Kolkau liegt mehr nächst der erzgebirgischen Kreisgrenze, wogegen jenes Kolkau auf der frühern rochlitz-bornaischen Amtsgrenze zu suchen ist.
Das Rittergut, welches einen angenehmen Eindruck auf den Beschauer bewirkt, liegt am Bergesrand, das Dorf über dem Gute. Wohn- und Wirthschaftsgebäude sind vortrefflich und bequem eingerichtet, das Gut selbst ist nur von mittlerer Grösse, hat aber eine fruchtbare Flur und ausgezeichnete Obst-Plantagen und dazu gehören bedeutende Waldungen. Das sogenannte Erlauer Holz ist zum grossentheil Eigenthum des Besitzers von Kolkau.
Unter der frühern Gerichtsbarkeit von Kolkau gehörten sonst die Dörfer Bernsdorf und Oberthalheim, wurden aber im 16. Jahrhundert davon verkauft und sind nur noch ein Gut und ein Paar Häusler Oberthalheims bis zur Einführung der neuen Gerichtsorganisation lehnpflichtig gewesen, der grössere Theil von Oberthalheim gehörte nach Neusorge. Das Rittergut war amtssässig und wurde durch ein Ritterpferd verdient.
Das frühere alte Schloss, welches schon im 13. Jahrhundert gestanden haben soll, ist nicht mehr vorhanden wie dies die jetzigen Gebäude im neuern Geschmacke deutlich genug beweisen. Die Herren von Deben sollen dieses Gut schon sehr frühzeitig im Besitze gehabt haben. Ums Jahr 1497 erbten 4 Brüder von Deben von ihrem Vetter Hans die Besitzung. Später wurden die Herren von Weisbach Erb-, Lehn- und Gerichtsherrn von Kolkau, denen das Geschlecht derer von Görlitz folgten.
Dann acquirirte Holkau[VL 1] die Familie von Taubenheim, Moritz von Taubenheim folgte Georg Balthasar von Taubenheim. Erstrer kaufte 1587 das Dorf Bernsdorf, welches 1582 dem Rittergutsbesitzer von Krossen gehörte, der damals Bernsdorf von Hans von Maltitz auf Zetteritz gegen Oberkrossen vertauschte.
[224] Nach den Herrn von Taubenheim denen auch Döhlen gehörte, aquirirten die von Pöllnitz das Gut, dem 1785 David Kleeberg succedirte. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts und zwar von 1804 an kam es an die hochgeachtete Familie Steiger, der Kolkau viel, sehr viel zu verdanken hat.
Der jeztige Besitzer ist Herr Emil Steiger, welcher die Oeconomie des Gutes von Jahr zu Jahr erhöhet und verbessert.
Ausserdem befindet sich im Orte eine Mühle von 2 Gängen und ein grössres Bauergut, welches ehemals mit 7 Hufen belegt war, dann existiren noch hier 7 Anspänner, 5 Gärtner und 40 Häusler, worin viele mit Fabrikarbeit sich beschäftigen, wogegen die übrigen Einwohner die Oeconomie betreiben.
Im Ganzen sind in den 53 Häusern 219 Einwohner, welche unter dem Gerichtsamte Rochlitz stehen und nach dem nahen Seelitz eingepfarrt sind.
Die Kirche zu Seelitz ist ein schönes, ausser dem Hauptthurme noch mit einem kleineren versehenes, sehr geräumiges Gebäude, welches seiner erhabenen Lage und Grösse wegen schon häufig von Fremden für eine Kirche von Rochlitz genommen worden ist, sie wurde 1771 mit einem Aufwand von 8000 Thlr. restaurirt bis 1536 stand dieselbe unter der Inspection des deutschen Ordenscomthurs zu Zschillen den sie auch 20 fl. Absenzgeld zinset, jetzt gehört die Kirche unter die Inspection zu Rochlitz und steht unter der Collatur des Kultusministerium.
Auch Kolkau gehört zu denjenigen Orten hiesiger Gegend, die eines vortrefflichen Obstbaues und guter Feldfrüchte sich erfreuen. Die Gegend selbst ist anziehend und bietet vortreffliche An- und Fernsichten.
Unter den hier dicht zusammengedrängten Orten ist Kolkau wohl noch eins der grössten: Denn die meisten sind sehr klein und bestehen zum Theil oft nur aus 8 bis 10 Häusern. In früherer Zeit waren diese Dörfer noch kleiner, bloss durch einzelnen Anbau von Fabrikarbeitern haben sich dieselben einigermassen vergrössert.
Vor der Einführung der neuen Gerichtsorganisation hatte von jeher Kolkau seine eigenen Patrimonialgerichte, allein dem Amte zu Rochlitz standen die Obergerichte, die Vereinnahmung der Steuern und Folge zu.
Kolkau bei Seelitz wird es zum Unterschiede von dem Kolkau genannt, welches im frühern Amte Rochlitz schriftsässig zum Rittergute Ossa gehörte, und 2 Stunden von Rochlitz entfernt gelegen ist.
Die Einwohner von diesem Kolkau sind auch nach Ossa eingepfarrt.
Anmerkungen der Vorlage
- ↑ handschriftliche Korrektur: Kolkau
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Erbbegäbnisse
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