Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section/H06
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Am Einflusse der Bobritsch in die Mulde, eine starke Stunde südlich von der Stadt Nossen entfernt, erhebt sich auf einem steilen Felsenhange das Schloss Bieberstein. Zu ihm gehört ein doppeltes Rittergut und das Dorf Bieberstein mit einem Erbgerichte, einer Mühle, drei Bauergütern, sechs Halbhüfnern, drei Gärtnernahrungen und zweiunddreissig einzelnen Häusern. Die Einwohnerschaft besteht aus etwa dreihundertsiebzig Personen.
Ueber die Gründung von Bieberstein fehlen alle sicheren Nachrichten. Eine Tradition erzählt es habe einst in der Bobritsch eine grosse Anzahl von Biebern gehaust weshalb Jäger in die damals hier vorhandene Wildniss eindrangen und sich unter dem jetzigen Schlossberge ansiedelten. Der Umstand, dass die Kirche zu Bieberstein einen Bieber im Siegel führt, scheint allerdings für die Wahrheit eines Theiles dieser Sage zu sprechen, es ist jedoch aus verschiedenen Gründen wahrscheinlicher, dass die Ableitung des Ortsnamens von dem hier häufig vorkommenden Biebersteine abzunehmen sei, wie denn auch in den noch vorhandenen ältesten Urkunden über Schloss und Dorf Bieberstein die Benennung „zum Bieberstein“ gebraucht wird. Uebrigens lässt sich mit Gewissheit behaupten, dass Bieberstein nicht früher als im zwölften oder dreizehnten Jahrhundert entstanden, und folglich deutschen Ursprungs sei. In frühester Zeit, bis zum Jahre 1630, befanden sich hier zwei nahe beieinander liegende Schlösser, von denen jedoch jedes seine besonderen Fluren und Servituten hatte, bis Moritz von Schönberg durch Kauf beide Rittergüter vereinigte und das sogenannte Niederschloss abbrechen liess.
Bieberstein ist das Stammhaus der alten Familie der Marschälle von Bieberstein, welche als Besitzer der beiden Schlösser zuerst im vierzehnten Jahrhundert genannt werden, dieselben aber offenbar schon früher besassen. Die Biebersteine waren ein reichbegütertes Geschlecht, dessen Besitzungen hauptsächlich in der Umgegend von Freiberg und in den Lausitzen lagen. So gehörte ihnen bis zum Jahre 1551 die grosse Herrschaft Sorau. Als am 15. December 1551 Christoph von Bieberstein auf seinem Schlosse Friedland in Böhmen mit Tode abging, zog König Ferdinand die Herrschaft als ein eröffnetes Lehn an sich, indem er den Geschlechtsvettern erklärte, sie hätten im Jahre 1515 bei der damals stattfindenden Lehnsreichung die Mitbelehnschaft gebührend nachzusuchen verabsäumt. Alle Bemühungen der Biebersteine, die Herrschaft Sorau wieder an sich zu bringen waren vergeblich, indem der König sie dem Markgrafen Georg Friedrich von Brandenburg verpfändete und später dem Bischof zu Breslau Balthasar von Promnitz für 124000 Gulden verkaufte.
Auf dem oberen Schlosse zu Bieberstein starb der letzte Besitzer aus dem Geschlecht der Marschälle von Bieberstein, Christoph, im Jahre 1597, und das Gut gelangte an Dietrich von Truchsess, einen wilden jähzornigen Mann, der mit allen Nachbarn in stetem Unfrieden lebte und 1607 von seinem Leibknechte, während er ihn unverdient züchtigte, zu Krummenhennersdorf erstochen wurde. Nach ihm gehörte das obere Bieberstein Georg Friedrich von Truchsess, der 1624 starb und das Gut Moritz Heinrich von Hartitzsch hinterliess.
Niederbieberstein gehörte von 1560 bis 1591 Ernst Nicolaus Marschall von Bieberstein, von dem es an die reiche Freiberger Patrizierfamilie von Alnpeck gelangte. Die Alnpecke waren in der Mitte des funfzehnten Jahrhunderts aus Ungarn nach Sachsen gekommen und hatten durch glücklichen Bergbau sehr bedeutende Reichthümer erworben. Sie bekleideten in Freiberg die höchsten Aemter und waren mit vielen angesehenen Adelsgeschlechtern eng befreundet und verschwägert. Johann von Alnpeck, Gemahl der einzigen Tochter Nikol Marschalls von Bieberstein, war der erste Alnpeck auf Niederbieberstein und besass dasselbe bis 1595, wo es durch Erbschaft an Melchior von Alnpeck kam, der 1622 mit Tode abging. Er hinterliess das Gut einem Sohne, Johann von Alnpeck, der 1630 es an Moritz von Schönberg, aus dem Hause Oberschönau, verkaufte. Dieser Moritz von Schönberg kaufte von Heinrich von Hartitzsch auch das Oberschloss und vereinigte somit beide Rittergüter; das Niederschloss aber liess er abbrechen. Moritz von Schönberg hatte nur eine Tochter, die an einen Herrn von Metsch auf Kreischa vermählt, aber bei des Vaters 1651 erfolgtem Tode bereits ohne Leibes- und Lehnserben verstorben war, somit kam das vereinigte Bieberstein an Nickel von Schönberg, des vorigen Besitzers Bruder, der 1656 in der Kirche zu Bieberstein seine letzte Ruhestätte fand. In demselben Jahre gelangte das Gut an Gotthelf Friedrich von Schönberg, churfürstlicher Durchlauchten zu Sachsen, Johann Georgs II. III. IV. Geheimerath, Appellationsgerichtspräsidenten, Kammerherrn und Obersteuereinnehmer, Herrn auf Lockwitz, Tristewitz, Trebitz und Leupnitz, einen Mann, der sich um Gemeinde [42] und Kirche zu Bieberstein vielfache unvergessliche Verdienste erworben hat. Derselbe liess 1666 die alte feste Burg Oberbieberstein abbrechen und das noch jetzt stehende Schloss dafür aufbauen. Von dieser Zeit an blieb Bieberstein in ununterbrochenem Besitze der Familie von Schönberg, unter deren Gliedern namentlich Moritz und Rudolph Dietrich von Schönberg hier noch in gesegnetem Andenken gehalten werden, bis im Jahre 1807 das Gut durch Heirath an den königlich Sächsischen Amtshauptmann Johann Carl Ludwig von Schröter, Capitular des Hochstifts Wurzen und Herrn auf Zschorna, Helmsdorf u. s. w, überging, von dem es 1829 in Besitz eines Sohnes Herrn Christian Ludwig Haubold von Schröter gelangte.
Das Rittergut Bieberstein, zu welchem die Orte Bieberstein, Burkersdorf, Hohentanne, Gotthelffriedrichsgrund, Rothenfurth ein Theil von Krummenhennersdorf und Obergruna in Unterthanenverhältniss stehen, hat das Patronatsrecht über Kirche und Schule zu Bieberstein und Krummenhennersdorf, sowie über die Schule zu Rothenfurth und Hohentanne. Das Gut besizt treffliche Felder, bedeutende Waldungen, herrliche Gärten und namentlich vorzügliche Anlagen, welche der Kunstsinn des jetzigen Besitzers mit jedem Jahre erweitert und verschönt.
In kirchlicher Hinsicht stand Bieberstein vor der Reformation unter dem bischöflich Meissnischen Erzpriester zu Wilsdruff, und in jener Zeit mag das hiesige Plebanat eine ziemlich fette Pfründe gewesen sein, da sich zum Beispiel im Jahre 1344 ein edler Herr von Schönberg als deren Verwalter vorfindet – Die Kirche, über deren Erbauungszeit alle Nachrichten fehlen, scheint verschiedene Reparaturen und Veränderungen erfahren zu haben, und namentlich musste man nach einem noch vorhandenen Bauregister von 1648 damals die Kirchstühle neu herstellen, weil bei der letzten Freibergischen Belagerung die Soldaten selbige zerbrochen oder verbrannt und überhaupt in der Kirche wie auch im Dorfe vielen Unfug getrieben hatten.
Im Jahre 1676 wurde der hintere Theil der Kirche erhöht und gewölbt, die herrschaftliche Emporkirche und auf der entgegenstehenden Seite die Sakristei, mit den darüber befindlichen Ständen von Grund aus neu gebaut, die Kirche selbst inwendig renovirt und statt der bisherigen Schindeln mit einer Ziegelbedachung versehen, welchen nicht unbedeutenden Bau der Rittergutsbesitzer Gotthelf Friedrich von Schönberg grösstentheils aus eigenen Mitteln bestritt. Bei der Einweihung des verschönerten Gotteshauses fand der Baumeister Hans Stecher, Maurermeister und Constabler in Freiberg seinen unerwarteten Tod. Er wollte nämlich aus einem kleinen Geschütz einige Festschüsse thun mochte aber trotz seines Constableramtes mit demselben nicht umzugehen wissen, denn das überladene Stück schlug zurück und warf den unvorsichtigen Artilleristen zu einer Thür hinaus auf das Pflaster, wo er mit zerschmettertem Schädel aufgehoben wurde. – Drei Jahre später wurde der alte, wie das alte Register besagt „mit vielen päpstischen Greueln geschmückte Altar“ niedergerissen und der noch jetzt stehende durch den Geheimrath von Schönberg angeschafft. Verfertiger des neuen Altars war der Bildhauer Sebastian Körmser in Freiberg und Christian Gärtner ebendaher besorgte die Malerei. Zu gleicher Zeit schenkte der fromme Gutsherr der Kirche ein Positiv mit drei Registern und einem Tremulanten, wofür er zwölf Thaler bezahlte, doch war dieses Werkchen schon 1688 so wandelbar, dass man eine neue Orgel anschaffen musste, zu deren Kosten der Herr von Schönberg wiederum ein Bedeutendes beitrug. Diese Orgel wurde benutzt bis 1831, wo der Orgelbauer Pfützner in Meissen sie durch ein neues, schönes grosses Werk ersetzte, welches 1300 Thaler kostete. Die 1743 erbaute Kanzel ist ein Geschenk Moritz Friedrichs von Schönberg. – Die letzte gründliche Reparatur und Verschönerung erfuhr die Kirche im Jahre 1840.
Das Vermögen der Kirche zu Bieberstein besteht aus ungefähr 800 Thalern, und ausserdem hat man seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts eine sogenannte Holzkasse gegründet, welche zur Zeit mehr als 200 Thaler enthält, deren Zinsen der jedesmalige Pfarrer erhebt. Ausserdem besitzt die Kirche ein Legat von 500 Thalern, welches 1784 Frau Johanne Christiane von Gersdorf auf Rattwitz und Niederreichenbach zum Besten der Armen des Biebersteiner Kirchspiels gründete. Ein anderes Legat von 300 Thalern bestimmte Sabine Elisabeth von Schönberg zum Besten der Kirche und ihrer Diener, so dass erstere die eine Hälfte der Jahreszinsen empfängt, die zweite Hälfte aber zu gleichen Theilen dem Pfarrer und Schullehrer gehört. Der vormalige Pfarrer Lahode legirte 1796 ein Capital von 100 Thalern, dessen Zinsen die Parochialarmen geniessen, und eine zweite Summe von gleicher Höhe überliess der Domdechant und Geheimerath von Gersdorf der Kirche, mit der Bestimmung, dass selbige die Zinsen erhalten möge. Ein Schönberg’sches Legat von 50 Thalern, ist zur Bekleidung des Altars und Taufsteins bestimmt und 10 Thaler schenkte 1814 der zu Hohentanne verstorbene Amtsverwalter Rechenberg, deren jährliche Zinsen der Schullehrer in Bieberstein erhält – Die Schule zu Bieberstein, in welche Burkersdorf und Gotthelffriedrichsgrund eingeschult sind, wird von 173 Kindern besucht.
Eingepfarrt in hiesige Kirche sind die Dörfer Burkersdorf, Hohentanne und Gotthelffriedrichsgrund. Ersteres hat 278 Einwohner und ausser einem zum Rittergute Bieberstein gehörigen Vorwerke vier Bauergüter, fünf Halbhüfner, fünf Gartennahrungen und achtundzwanzig einzelne [43] Häuser. Hohentanne hat seinen Namen von einer in der Mitte des Dorfes gestandenen uralten Tanne erhalten, die indessen seit länger als Menschengedenken nicht mehr vorhanden ist. In diesem Dorfe, welches gegen funfhundert Einwohner zählt, befindet sich ein bedeutendes Erbgericht, eine Mühle, elf Bauergüter, zwei Halbhüfner, vier Viertelhüfner, acht Gartennahrungsbesitzer und achtundzwanzig einzelne Häuser. Vor Zeiten wurden vom Erbgerichte sieben Gartennahrungen abgebaut, und da dieselben in einiger Entfernung vom Orte an einem Teiche liegen, führen sie den Namen „Hohentanne am Teich oder die Teichhäuser“. Hohentanne hat eine eigene Schule mit achtzig Kindern und ein 1836 neu erbautes geräumiges Schulhaus. – Gotthelffriedrichsgrund ist eine Schöpfung des mehrfach erwähnten Rittergutsbesitzers Gotthelf Friedrich von Schönberg auf Bieberstein, der um das Jahr 1666 das Dorf auf herrschaftlichem Grund und Boden erbaute und ihm seinen Namen gab. Es zählt etwa hundertsechszig Einwohner und siebenundzwanzig Häuser mit etwas Feld und Gärten. – Die Einwohner der Parochie sind, mit Ausnahme der Feldbauer einiger Handwerker und der Tagelöhner, grösstentheils Bergleute, die in den nahen Erzgruben ihren Verdienst finden. Auch in hiesiger Parochie giebt es einige, obgleich weniger ergiebige Gruben, nämlich „Gott vertrauter Daniel Erbstolln in Hohentanne, Radegrube, Fundgrube in Burkersdorf, Berg Zion Erbstolln in Burkersdorf und Dresdner-Freiberger Gesellschafts-Erbstolln in Hohentanne.
Strauch, in Urkunden auch Stragau und „zum Strauch“ genannt, liegt im Amtsbezirke Grossenhain, und raint mit den Fluren der Dörfer Hirschfeld, Gröden, Merzdorf, Treugeböhla, Uebigau, Krauschütz und des Vorwerks Stroga. Das Dorf besteht ausser dem Rittergute, der Kirche, Pfarre und Schule aus fünf Halbhufengütern, neun Viertelhufengütern, einer östlich vom Orte erbauten Windmühle und funfzehn Häusern, mit einer Bevölkerung von dreihundert Personen. Die Stadt Grossenhain ist von Strauch ungefähr zwei Stunden, Elsterwerda eben so weit, Ortrandt drei Stunden und die Grenze des Preussischen Kreises Liebenwerda wenig über tausend Schritte entfernt.
Schon in grauer Vorzeit wird des Vorwerks Stragau gedacht, welches damals gleich Merzdorf und Oelsnitz zu dem Rittergute Krauschütz mit Elsterwerda gehörte. Bis zum Anfange des dreizehnten Jahrhunderts war die hiesige Gegend noch von zahlreichen Wendenfamilien bewohnt die mit stillem Ingrimm ihre heiligen Haine unter den Axtschlägen der christlichen Sieger fallen sahen und sich willig zu Handdiensten entschliessen mussten, beim Aufbau der gewaltigen Zwingburgen und der Tempel des Christgottes. Welches Stammes die ersten Herren auf Krauschütz und Elsterwerda waren, lässt sich nicht ermitteln, da die Edelleute in damaliger Zeit sich nach ihren Burgen zu nennen pflegten, erst zu Ende des genannten Jahrhunderts geschieht des Ritters Ulrich von Maltitz auf Krauschütz Erwähnung, eines tapferen Mannes, dem Markgraf Friedrich mit dem Biss für treue Dienste hoch verpflichtet war, indem er nicht nur sich unter den Edelleuten befunden hatte, die diesen Fürsten aus der strengen Gefangenschaft seines Vaters Albrechts des Unartigen befreiten, sondern auch dem Markgrafen in den misslichsten Lagen unerschütterlich treu zur Seite stand. Ob Heinrich von Maltitz, der 1338 genannt wird, sein Sohn war, ist ungewiss. Hans von Maltitz aber, Heinrichs Sohn lebte noch 1380 als Herr auf Krauschütz. In der zweiten Hälfte des funfzehnten Jahrhunderts überliess ein Ritter von Maltitz (Heinrich?) das Rittergut Strauch den Söhnen seiner Schwester, einer Frau von Köckeritz, so dass 1490 dieselben Strauch, Merzdorf und Grosspromnitz besassen. Durch fideicommissarische Bestimmungen und Lehnsverträge erhielten sich die Köckeritze, im Besitze dieser Güter, Jahrhunderte hindurch.
Vom Anfange des sechszehnten Jahrhunderts lassen sich die Besitzer des Rittergutes Strauch in ununterbrochener Reihenfolge nennen. Georg von Köckeritz, Herr auf Strauch, Merzdorf und Grosspromnitz verkaufte 1503 den Magdalenennonnen zu Grossenhain einige Zinsen und lebte noch 1513; sein Sohn, Rudolph von Köckeritz, besass die väterlichen Güter 1526. Hans von Köckeritz, Rudolphs Sohn, starb am Freitage vor Oculi 1557 und fand sein Grab in der Kirche zu Hirschfeld, einem zu Strauch gehörigen Dorfe. Es ist zu bedauern, dass bei dem 1786 stattgefundenen Neubau dieser Kirche eine grosse Anzahl altehrwürdiger Leichensteine, welche dem Andenken der Köckeritze gewidmet waren, zu Bauzwecken benutzt worden sind, unter ihnen befand sich auch ein Denkmal Hansens von Köckeritz, welches ihn geharnischt und in Lebensgrösse darstellte. Georg von Köckeritz besass die väterlichen Güter bis zum Jahre 1592, [44] wo er, siebenundsechszig Jahre alt, am 15. December ebenfalls seine Ruhestätte in der Kirche zu Hirschfeld fand und fünf Söhne hinterliess, welche die väterlichen Besitzungen unter sich theilten. Merzdorf und Grosspromnitz erhielten eigene Besitzer, und vom Rittergute Strauch mit Hirschfeld wurden Unterthanen Leistungen und Gefälle, sowie Merzdorf und Grosspromnitz trockene Zinsen überwiesen und zugetheilt, welche indessen neuerdings theilweise abgelöst worden sind, auch erlangte Merzdorf die Erbgerichte über seine Unterthanen. Von Georgs von Köckeritz Söhnen erhielt Strauch Georg Rudolph, der 1623 in der Familiengruft beigesetzt wurde. Nach ihm besass das Gut Gottlob von Köckeritz, Georgs Sohn, welcher durch den Tod seines Oheims auch in den Besitz von Grosspromnitz gelangte, sich von Strauch wegwandte und auf dem neuerworbenen Gute wohnte. Sein Tod erfolgte 1652 und Strauch gelangte nunmehr an Abraham von Arras, der aber schon nach zwei Jahren in die Hirschfelder Kirche begraben wurde. Nach ihm fiel Strauch durch Erbschaft an Rudolph Haubold von Köckeritz aus der Bobersener Linie, und nach dessen 1668 erfolgtem Tode an den Dr. Balthasar Kraupitz, churfürstlich Sächsischen Rath und Rechtsconsulenten in Dresden, der bei einem Besuche des Herrn von Minkwitz zu Lindenau auf der dortigen Schlossbrücke vom Schlagfluss getroffen todt niedersank (1675).
Nach Dr. Kraupitz Ableben erkaufte Rudolph Haubold von Köckeritz ein Sohn Gottlobs von Köckeritz, also einer der obenerwähnten fünf Brüder, das Rittergut Strauch. Er war churfürstlicher Kammerjunker und Stallmeister und mit einer Tochter des alten Leipziger Patriziergeschlechts Pistoris vermählt. Von seiner Frömmigkeit zeugen noch zwei im Pfarrarchive zu Strauch befindliche, mit dem Wappen der Köckeritze, gezierte Bibeln von Olearius und Calovius, welche er der Kirche und Pfarre schenkte. Sein Tod erfolgte im Jahre 1691, und Hans Adam von Köckeritz, sein Bruder, Herr auf Grosspromnitz, Pfalz Veldenzischer Hofmeister und Geheimerath, trat in den Besitz von Strauch, starb jedoch schon 1699. Er war der letzte Köckeritz auf Strauch, denn nach seinem Tode erkaufte das Gut der Freiherr Hans Adam von Seyffertitz aus dem Hause Jahna, der Sohn von Köckeritzs Schwester. Er war königlich Polnischer und churfürstlich Sächsischer Generaladjutant, wurde 1715 zum Generalleutnant befördert und gehörte zu den Günstlingen König Augusts des Starken. Er kaufte Glaubitz und war mit einem Fräulein von Pflugk aus dem Hause Kreinitz vermählt. Strauch hat dem Generalleutnant von Seyffertitz vielfaches Gute zu verdanken, denn er baute das noch jetzt stehende massive neue Schloss, welches zu den stattlichsten und regelmässigsten Edelsitzen der Umgegend gehört. Dasselbe hat gewölbte Souterrains, schöne Säle und Zimmer, sowie eine kunstreiche Doppeltreppe. Auch das alte Schloss, welches einst die Köckeritze erbauten, ist noch vorhanden, ein fester Bau, der noch lange der Zeit zu trotzen vermag. Um das Wohl des Pfarrers erwarb sich der edle Mann ebenfalls grosse Verdienste, indem er die Strafgelder seiner Hirschfelder Unterthanen, – wegen eines Waldfrevels in dem königlichen Forste gezahlt, – welche ihm der König schenkte, zur Verbesserung der Einkünfte des kargbesoldeten Pfarrers zu Strauch bestimmte, so dass noch jetzt von dem Capital, welches auf den Rittergute haftet, der Pastor alljährlich zu Ostern 27 Thaler 3 Groschen empfängt. Er erweiterte den Besitz von Strauch durch den Ankauf des Schenkgutes und einer Mühle zu Hirschfeld, baute eine neue Schäferei und liess auch ausserdem, wie in Glaubitz, viele Gebäude aufführen. Nach seinem Tode erbte Strauch Rudolph Gottlob von Seyffertitz, sein zweiter Sohn, der am 5. Juli 1741 zu Strauch starb, worauf das Gut in Besitz von dessen Bruder Hans Gottlob von Seyffertitz gelangte, der es 1751 an den Sächsischen Oberstleutnant Heinrich Gottlob von Bibra verkaufte. Dieser vollführte den Ausbau des neuen Schlosses hatte aber das Unglück in Strauch einige Kinder durch den Tod zu verlieren, worauf er das Gut verkaufte und sich nach Thüringen auf seine dortigen Besitzungen begab.
Strauch kam durch Kauf an den königlich Polnischen und churfürstlich Sächsischen wirklichen Geheimerath Johann Friedrich von Erdmannsdorf, welcher nach siebenjährigem Besitze 1762 mit Tode abging und das Gut auf seinen Sohn, den Kammerherrn Carl Friedrich von Erdmannsdorf vererbte, der auch Schönfeld alten und neuen Theils bei Grossenhain besass. Bei dessen am 12. November 1772 erfolgtem Ableben waren vier Söhne vorhanden, Friedrich August, Carl Adolph, Alexander Ferdinand und Heinrich Ludwig, die unter Vormundschaft bis 1792 im Besitze sämmtlicher väterlichen Güter blieben; in diesem Jahre aber erkaufte Strauch der churfürstlich Sächsische geheime Finanzrath und späterhin königlich Sächsische Geheimerath Carl Friedrich Freiherr von Rochow, gestorben 1811 zu Dresden und in der Familiengruft zu Pirna beerdigt. Seine Nachfolger im Besitze Strauchs waren Gotthelf Christian Friedrich Freiherr von Rochow, königlich Sächsischer Hof- und Justizrath, von 1813 an Polizeipräsident in Dresden und seit 1824 Director des dritten Departements der Landesregierung daselbst, der am 29. December 1829 in der Residenz mit Tode abging und auf dem weiten Kirchhofe bei Dresden seine letzte Ruhestätte fand, und Carl Friedrich Ludwig Freiherr von Rochow, königlich Sächsischer Apellationsrath in Dresden, seit 1816 königlich Preussischer Regierungsrath und später wirklicher geheimer Justitzrath in Naumburg. Bernhard Freiherr von Rochow, des Ersteren einziger Sohn erbte vom Vater die Hälfte von Strauch und erkaufte [45] 1831 auch die andere Hälfte. Derselbe ist königlich Sächsischer Kammerherr und seit 1837 Gemahl der Freiin Klara von Zeschau, einziger Tochter erster Ehe des Staatsministers von Zeschau.
Der Kammerherr Bernhardt Freiherr von Rochow hat während seines Besitzes viel für Strauch gethan. Er liess die Wirtschaftsgebäude fast durchgängig neu aufführen, das Schloss verändern und verschönern, die Wege durch Alleen und Chaussirung verbessern, die sehr herabgekommenen Felder durch künstliche Düngung kräftigen und den Viehstand durch gute Racen veredeln. Seit 1837 hat derselbe auf der zum Rittergut Strauch gehörigen Schradenwiesenbesitzung unweit Hirschfeld ein neues Vorwerk erbaut, das zur Beschleunigung der Heuerndte und Aufbewahrung des Heues bis zur Abholung durch die im Winter unbeschäftigten Geschirre grossen Nutzen gewährt. Das Rittergut Strauch[WS 1] (früher Mannlehn jetzt Allodium) besitzt nach erfolgter Ablösung und Abtretung mehrerer Grundstücken zur Entschädigung für frühere Hutungsberechtigungen mit Einschluss der im Herzogthum Sachsen gelegenen Parcellen noch immer 1400 Acker servitutfreies Land, nämlich fast 400 Acker Feld, 700 Acker Wald und 300 Acker Wiesen. Dem Rittergute Strauch steht das Collatur- und Patronatsrecht über Pfarre und Schule zu Strauch, so wie auch über das auf Preussischem Gebiete gelegene Dorf Hirschfeld zu. Die Einwohner letztgenannten Dorfes hatten früher bedeutende Spann- und Frohndienste. Die Felder von Strauch sind grösserentheils guter Kornboden. Die Waldungen sind forstwissenschaftlich abgetrieben und fleissig cultivirt worden. Im Norden dieser Waldungen erhebt sich eine bedeutende Anhöhe, die Haideberge genannt (nach Odeleben 680 Fuss über der Nordsee). Früher waren diese Haideberge eine öde unfruchtbare zum Areal des Rittergutes Strauch gehörige Haidefläche, welche an sonniger Mittaglehne den Schafen zur Hutung diente. Diese Anhöhe ist von dem jetzigen Besitzer in einer Fläche von beinahe 100 Sächsischen Ackern durch ausdauernden Fleiss und wiederholte Cultur in Kiefernwaldung verwandelt und auf ihrem höchsten Punkte im Frühjahre des Jahres 1853 mit einem fünfundzwanzig Ellen hohen Thurme versehen worden der hoch über die Waldungen hervorragt und ein überraschendes Panorama mit weiter Fernsicht nach Sachsen, Preussen und sogar bis nach Böhmen hin gewährt. In dem weithin offenen Gesichtskreise zählt man einige hundert Ortschaften, darunter vierzehn Städtchen und circa 30 Rittergüter die an hellen Tagen auch mit unbewaffnetem Auge wahrgenommen werden können. Der Thurm ist in Form einer alten Grenzwarte gebaut, steht unmittelbar auf der Grenzlinie zwischen Sachsen und Preussen, ist beinahe vollständig massiv, neun Ellen im Quadrat und mit einer bequemen hölzernen Treppe und geräumiger Platform versehen. Die Einweihung dieses Thurmes erfolgte in aller Stille durch den Erbauer am 1. Mai 1853.
Im Jahre 1843 erkaufte der Kammerherr Freiherr von Rochow das Rittergut Merzdorf, welches schon vor Jahrhunderten den Besitzern von Strauch gehörte und erst bei der Gütertheilung durch die Söhne Georgs von Köckeritz von Strauch getrennt wurde und vermehrte durch diesen Ankauf sein hiesiges Besitzthum um ein Areal von 2400 Magdeburger Morgen in dem angrenzenden Preussischen Herzogthum Sachsen. Der Merzdorfer Forst, welcher mit Einschluss der neuangelegten Culturen 1400 Magdeburger Morgen umfasst, schliesst sich unmittelbar an das Gebiet des Rittergutes Strauch an. Eine vorzügliche Jagd, namentlich auf Rehe und Birkwild wurde durch dieses Arrondissement gewonnen, leider aber in Folge der Gesetzgebung von 1848 und 1849 wieder gänzlich zerstört. Mitten in jener wüsten Zeit wurde übrigens das Gut Strauch durch Anlagen vielfach verschönert. Bis dahin war das Schloss nur von sehr beschränkten Gartenanlagen umgeben, jetzt aber wurden dieselben bedeutend erweitert, indem man ein aus Birken und Eichen bestehendes Wäldchen von ungefähr 8 Ackern Flächenraum sowie einige Wiesen durch Gänge mit dem Garten verband. Den Endpunkt dieser geschmackvollen Gartenanlagen bildet eine auf erhöhtem Punkte freistehende Jahrhunderte alte Eiche. Der jetzige Besitzer pflegt den grösstem Theil des Jahres mit seiner Familie in Strauch zuzubringen, da er jedoch neuerdings auch in Schlesien (Kreise Breslau) eine Besitzung erworben hat, deren Verwaltung seine Thätigkeit vielfach in Anspruch nimmt, so ist er zu häufigen Besuchen dieses Gutes genöthigt. –
Die Kirche zu Strauch steht mitten im Dorfe und ist ein altes massives Gebäude mit unverwüstlichen Mauern, welches ohne Zweifel lange vor der Reformation entstand. Sie besitzt ein schönes Geläute, worunter zwei ziemlich grosse Glocken von hohem Alterthume, einen reichverzierten der fernen Vorzeit angehörigen Altar und seit 1835 durch die Güte des jetzigen Rittergutsbesitzers eine neue Orgel, jedoch nur unbedeutende Denkmäler Verstorbener. Vor dem Jahre 1575 war Strauch Filial des anderthalb Stunden entlegenen Dorfes Frauenhain, der damalige Patron aber, Gottlob von Köckeritz trennte es mit Hülfe des Pfarrers Cotta von der bisherigen Mutterkirche ab, und vereinigte es als Filial mit Hirschfeld. Beide Männer gründeten hierauf das Pfarrlehn an Feld, Wiese, Decem und sonstigen hauptsächlich vom Rittergute ausgehenden Lieferungen an Holz, Streu, Gräserei, sowie auch zur Feldbestellung der Pfarre gewisse Spann- und Handfrohnen zu Theil wurden. Das Pfarramt zu Frauenhain empfing als alljährliche Entschädigung einen Thaler und einen Scheffel Korn, sowie der dasige Schulmeister einen halben Scheffel Korn, welche [46] Gefälle bis auf die neueste Zeit geliefert wurden. Die Besitzer von Strauch haben überhaupt viel zur Verbesserung der vormals sehr kargen Pfarreinkünfte gethan und beträgt die Ablösung aller dem Pfarrlehn Seiten des Rittergutes aus früheren Zeiten gewährten Berechtigungen, eine jährliche Rente von mehr als 100 Thlrn. –
Das Innere der Kirche ist neuerdings durch die Munifizenz des Herrn Collators sehr freundlich und geschmackvoll restaurirt, mit schönen biblischen Spruchtafeln und einer neuen Altarbekleidung beschenkt worden. Früher umgab den Kirchhof nur ein hölzerner Zaun. Durch die Gutsherrschaft ist an dessen Stelle eine massive steinerne Mauer getreten. –
Das Dörfchen Zschorna hat seinen Namen von dem sorbischen Worte Czorny, schwarz, wahrscheinlich wegen seiner Lage in Mitten dichter Waldungen. Es besteht aus einer Mühle mit drei Gängen und den auf herrschaftlichem Grund und Boden angebauten Häusern, einige zwanzig an der Zahl, mit etwa hundertfunfzig Bewohnern. Das eine halbe Stunde entfernte Dorf Dobra bildet mit Zschorna eine Gemeinde von zusammen fast vierhundert Köpfen, denen ein Areal von einundzwanzig Hufen gehört. Zschorna liegt eine starke Stunde von Radeburg und fünf Stunden nördlich von Dresden, rechts ab der Dresden-Ortrander Strasse enge umschlossen von grossen Teichen und dem Zschornaer Walde, der südöstlich mit der Lausitzer Haide zusammenstösst, in seiner nordwestlichen ziemlich abgeschlossenen Hälfte die Kühnhaide (Kienhaide) heisst und namentlich aus Nadelhölzern, doch zum Theil auch aus Eichen besteht. Die Kühnhaide hat einen Umfang von fast einer Meile, reicht bis nahe an Dammenhain, Mühlbach und Cunersdorf und gehört grösstentheils zu Zschorna, das überhaupt an Waldungen und Teichen seines Gleichen im Lande sucht. Die drei grössten Teiche verwahren zusammen über dreihundert Schock Karpfensatz und der Hauptteich, im Norden des Dorfes gelegen, der durch einen Damm getrennt ist, misst fünf Viertelstunden im Umfang, hat indessen freilich eine sehr unregelmässige Gestalt, und enthält allein zweihundert Schock Satz. Da er sehr flach liegt, sind zum Ablaufen seines Wassers sechs Wochen erforderlich. Seine ungeheure Wassermasse würde bei einem Dammbruche die ganze tiefer liegende Gegend überschwemmen, man hat deshalb den Damm, auf welchem die Strasse weit hinläuft, mit Eichen bepflanzt, deren Wurzeln ihm grosse Festigkeit verleihen. Der zweite und dritte Teich sind mit sechszig und funfzig Schocken Karpfen besetzt, wozu noch die vielen kleineren Teiche kommen. Der Bach, welcher die beiden Hauptteiche durchfliesst, heisst die Dober oder der Doberbach und fällt bei Paulsmühle in die Röder.
In Zschorna befindet sich ein altes stattliches, im Jahre 1547 von den Gebrüdern Christoph und Heinrich von Beschwitz erbautes Schloss, dessen Mauern drei bis vier Ellen Stärke besitzen, und das drei Stockwerke hoch ist. Durch einen späteren Anbau hat das Schloss Zschorna die Gestalt eines regelmässigen Vierecks erhalten und die Gräben, welche dasselbe einst zum Schutze umgaben, hat die Zeit der Sicherheit und Ordnung in hübsche Anlagen verwandelt. Das alte Schloss war übrigens einst der Schauplatz glänzender Feste und Lustbarkeiten, denn zwei Personen, die dem Dresdener Hofe sehr nahe standen, waren kurz nach einander Besitzer Zschorna’s. Der Kabinetsminister von Hoym war der Gemahl eines wunderbar schönen Weibes, die August der Starke liebte und nach ihrer Ehescheidung als seine anerkannte Geliebte zur Gräfin Kosel erhob. Bekannt ist der ungeheure Einfluss, welchen die eben so schlaue als liebenswürdige Kosel auf den Fürsten ausübte. Oft war der König in Zschorna, und noch zeigt man in den oberen Räumen des Schlosses ein grosses Gemach, worin bei seiner Anwesenheit Schauspiele aufgeführt wurden. Der andere historisch interessante Herr auf Zschorna war der Kanzler von Beichlingen, über den wir später einige Mittheilungen bringen werden.
Die frühesten Besitzer Zschorna’s und des fast immer damit verbundenen Dobra’s waren die Herren von Schleinitz, von denen Hans von Schleinitz 1397 und Konrad von Schleinitz 1435 als Herren des Schlosses genannt sind. Zu Ende des funfzehnten Jahrhunderts kam das Gut an die Herren von Beschwitz, von denen 1513 Heinrich von Beschwitz dem Kloster zu Grossenhain Zinsen verkaufte, seine Söhne Christoph und Heinrich aber das alte Schloss abbrechen und das noch jetzt stehende erbauen liessen. Nikol von Beschwitz verkaufte Zschorna an Hannibal von Lüttichau, der es noch 1612 besass, aber bald darauf Carl Christoph von Goldstein überliess. Im Jahre 1666 gehörte das Gut dem Kanzler [47] und Geheimrathe Wolf Siegfried von Lüttichau auf Baselitz und 1671 dem Oberconsistorial-Präsidenten Gottfried Hermann von Beichlingen. Der folgende Herr auf Zschorna war des Vorigen Sohn, der Grosskanzler Reichsgraf Wolf Dietrich von Beichlingen, ein Mann, der das höchste Vertrauen seines Herrn genoss. Als Schwager der berüchtigten schönen Sibylla von Neidschütz, die ihr Geliebter, Churfürst Johann Georg IV., zur Gräfin von Rochlitz erhob, hatte Beichlingen schon einen unbeschränkten Einfluss auf diesen Fürsten, und als derselbe durch das Pockengift der entseelten Geliebten von gleicher Krankheit hingerafft wurde, wusste sich der schlaue Mann auch bei König August dem Starken in Gunst zu erhalten, obgleich ein höchst gefährlicher Prozess alle Glieder der Neidschützschen Familie bedrohte. Neun Jahre lang blieb Beichling in der völligen Gunst seines Herrn, er war unbedingt der mächtigste Mann im Lande, besass aber dabei einen Stolz, der dem Adel endlich unerträglich wurde, so dass man Intriguen gegen ihn einzuleiten begann. Nachdem man heimlich eine Anzahl Beweise gegen ihn gesammelt hatte, wagte es ein Minister, dem Könige solche vorzulegen und der Günstling wurde plötzlich verhaftet und angeklagt. Wir haben die Beschuldigungen Beichlingens bei der Beschreibung des Rittergutes Dallwitz genannt, doch ist dort sein Todesjahr falsch angegeben, indem der unglückliche, so manches Vergehens wohl mit Unrecht angeklagte Mann erst im Jahre 1725 starb. Unter den Klagepunkten befand sich auch der des unerlaubten und betrügerischen Münzens, indem der Kanzler binnen zwei Jahren zwei Millionen rothe Sechser oder sogenannte „Leipziger Seufzer“ schlagen liess, den Profit aber in die eigene Tasche steckte. Im Mühlenteiche bei Zschorna, erzählt die Volkssage, liegen einige Tonnen dieser Leipziger Seufzer versenkt, die man nach des Kanzlers Sturze im Schlosse fand und welche der König ohne Verzug in den Teich zu werfen befahl. Die Gemahlin des Grosskanzlers von Beichlingen, Dorothea Magdalena geborene von Miltitz, starb 1759 und wurde zu Lenz begraben.
Als die verwittwete Gräfin von Beichlingen starb, besass sie die Güter Zschorna, Dobra, Proschwitz und Nebschütz, doch war Zschorna im Jahre 1711 Eigenthum eines Herrn von Nischwitz. Vermuthlich durch Erbschaft kam Zschorna 1759 an August von der Sahla auf Schönfeld, Lortschen, Ober- und Mittelsohland an der Spree und Liga, der im Jahre 1768 mit Tode abging. Nach ihm kam das Gut an Carl Friedrich von Erdmannsdorf auf Strauch, Hirschfeld und Schönfeld, churfürstlich Sächsischen Kammerherrn, gestorben 1777. Seine Güter erbten fünf Kinder, mit Ausnahme Schönfelds, das der Wittwe blieb, die sich später mit einem Grafen von Bünau vermählte. Vormünder der Erdmannsdorfschen Kinder waren deren Onkel Christoph August von der Sahla und Dr. Christian Heinrich Weinlig, Hof- und Justizrath in Dresden. Zschorna kam im Jahre 1800 an Heinrich Ludwig von Erdmannsdorf, Kammerjunker, Oberforst- und Wildmeister zu Sorau und Herrn auf Ober- und Niederzibelle, der 1841 starb. Dessen jüngster Sohn, Heinrich von Erdmannsdorf, war der letzte Besitzer aus der Familie, jetzt gehört das Gut Herrn Hauptmann Friedrich von Boxberg.
Zschorna ist in die Kirche zu Dobra eingepfarrt, ein hübsches, obgleich einfaches Gotteshaus, das am 30. März 1750 abbrannte, sich jedoch bald wieder aus der Asche erhob, wozu der Wohlthätigkeitssinn der Gräfin Dorothea Magdalena von Beichlingen nicht wenig beitrug, die auch ihre Schlummerstätte in der hiesigen Gruft fand. Zwei Legate der Herren Wolf und Siegfried von Lüttichau von 500 und 400 Thalern, welche zu Gunsten des Pfarrers und Schullehrers gegründet waren, sollen eine andere Bestimmung gefunden haben. Im Jahre 1795 brachen Diebe in die hiesige Kirche ein, ohne jedoch einen erheblichen Raub davon zu bringen. – Collatur über Kirche und Schule zu Dobra haften auf dem Rittergute Zschorna.
Zschauitz liegt bei Grossenhain, an beiden Seiten des Hoppebachs und wird in Ober- und Niederzschauitz eingetheilt. Ersteres liegt auf dem rechten, Letzteres auf dem linken Ufer des Baches, beide jedoch nahe beisammen. Der Ort wird von den Fluren der Dörfer Mölbitz, Göhre, Dobritzen und Striesen begrenzt und mitten durch ihn führt die Strasse von Grossenhain nach Moritzburg. Zschauitz enthält neun Güter, zwei Gärtnernahrungen, eine Schmiede und eine Mühle mit zusammen 140 Einwohnern. Im Jahre 1835 brannte das hiesige, in Niederzschauitz
[48] gelegene Rittergut sammt einem Theile des Dorfes ab, worauf ersteres sich in seiner jetzigen Gestalt aus der Asche erhob. Zschauitz ist mit Dallwitz, Dobritzen, Altleis, Neuleis, Geisslitz mit Kleingeisslitz und Mölbis in die Kirche des nahen Dorfes Lenz eingepfarrt.
Das amtsässige Erb- und Allodialgut Niederzschauitz gehörte in der frühesten Vorzeit zur Stadt Grossenhain, und namentlich zu dem dortigen Schlosse, welches später zum Rittergute Nauendorf kam. Diese alte merkwürdige Burg, welche erst im Jahre 1817 von dem damaligen Besitzer abgebrochen wurde, war einst der Sitz eines Böhmischen Burgvoigts und als später Grossenhain an Meissen kam, wohnten hier oft die fürstlichen Brüder Dietzmann und Friedrich der Gebissene. Markgraf Hans von Brandenburg bemühte sich 1292 vergeblich das Schloss einzunehmen, erst 1312 trat Markgraf Friedrich dasselbe sammt der Stadt und anderem Gebiet freiwillig an Woldemar und Hans von Brandenburg ab, wodurch der Fehde zwischen diesen Fürsten Einhalt gethan wurde. Am 6. Juni 1540 brannte durch Verwahrlosung einer Klosterfrau der grösste Theil Grossenhains nieder, wobei auch das Schloss zu Grunde ging, das der Landesherr späterhin dem Rittergute Naundorf vererbte. Wie einst Hans von Brandenburg waren auch die Hussiten und sogar die Schweden im dreissigjährigen Kriege nicht im Stande das Schloss einzunehmen, dessen gewaltige Mauern erst der Hacke und Petarde friedlicher Arbeiter erlagen.
Zu diesem alten Schlosse gehörte einst vor vielen Jahrhunderten Zschauitz, dessen Herr als Lehnsmann zu dessen Verteidigung verpflichtet war. Wenn das Czschauschiz, welches eine Urkunde von 1205 erwähnt, unser Zschauitz war, so muss es damals bedeutend grösser gewesen sein als jetzt, denn zu dieser Zeit besass das Afrakloster zu Meissen daselbst zwölf Güter. Nach dem Brande des Schlosses Naundorf überliess Herzog Moritz von Sachsen dass damals sogenannte Vorwerk Zschauitz dem Bruder seines Rathes und Günstlings Georg von Kommerstädt, der ihm dafür Gersdorf bei Nossen vertauschte. Im Jahre 1575 gehörte das Gut, ebenfalls als Vorwerk, einem Herrn von Schleinitz auf Skassa, und 1580 besass es der Consistorialpräsident Wolf Dietrich von Schleinitz auf Skassa, auf dessen Ansuchen der Churfürst das Vorwerk Zschauitz in ein Mannlehn-, Erb- und Allodialgut verwandelte. Nach des Consistorialpräsidenten Tode besassen das Gut zwei seiner Söhne, von denen der ältere, Hans, unvermählt starb, der jüngere, Gabriel, aber zweimal verheirathet war, mit Justine von Schleinitz aus dem Hause Dahlen, dann mit Margarethe Pistoris aus dem Hause Seusslitz. Das Sandsteinbild der ersten Gemahlin Gabriels von Schleinitz ist noch jetzt in der Kirche zu Lenz vorhanden.
Um das Jahr 1660 gehörte Zschauitz dem Freiherrn Wolf Günther von Carlowitz der es jedoch schon 1676 an einen Herrn Zeubig verkauft hatte. Der Hauptmann Caspar Heinrich von Ponikau besass das Gut 1705 und Johann Münch 1720. Schon 1721 gehörte Zschauitz abermals einem anderen Herrn, Namens Preusse, und 1750 erkaufte es Daniel Winkler der aber nicht verhindern konnte, dass das Gut 1776 auf dem Wege der gerichtlichen Licitation versteigert wurde. Der neue Besitzer hiess Beilich, und das Gut blieb bei dessen Familie bis auf die neueste Zeit wo es der Enkel Herrn Friedrich Gottlieb Kaurisch überliess, von dem es an Herrn Carl Gottlob Dietze kam, den Erbauer des neuen Herrnhauses. Der jetzige Besitzer ist Herr Ernst Oskar Füssel.
Die Kirche zu Lenz wurde in den Jahren 1700 und 1701 neu erbaut und zeichnet sich durch ihr stattliches Ansehen aus. Die Denkmäler welche in der alten Kirche vorhanden waren, sind grösstentheils verschwunden, wahrscheinlich beim Neubau zu den Grundmauern verwendet worden, nur wenige Steinplatten mit halbverwischten Inschriften erinnern noch an die ferne Vergangenheit. Die Kirche enthält auch das steinerne Monument des Reichsgrafen und Oberfalkenmeisters von Beichlingen, des Grosskanzlers Bruder, welches ihm seine Gemahlin errichten liess. Dieselbe war ein Fräulein Philippine Juliane von Haxthausen und vermählte sich nach dem Tode ihres ersten Mannes, des Reichsgrafen von Beichlingen mit einem Baron von Seyffertitz. Ein interessantes Legat besitzt Lenz durch einen 1614 gestorbenen Schuhmacher aus Dahlen, Johann Jacob Alber. Als derselbe nämlich in der Nähe des Dorfes verunglückte und von den Einwohnern mitleidig aufgenommen und mit grosser Menschenfreundlichkeit verpflegt wurde, versprach er dafür dankbar zu sein und hielt treulich Wort, denn er deponirte auf dem Rathhause zu Grossenhain die damals gar nicht unbeträchtliche Summe von hundert Gulden, mit der Weisung den Armen zu Lenz alljährlich die Zinsen davon zu überlassen. Der Pfarrer zu Lenz hatte die Verpflichtung in der Kapelle des einst zu Döbritzchen befindlichen Schlosses den Gottesdienst zu versehen denn die Collatur über Kirche und Schule zu Lenz welche jetzt dem Besitzer von Dallwitz zusteht, haftete einst auf dem Schlosse Döbritzchen das durch eine Feuersbrunst zerstört wurde.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Stauch
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