Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section/H07
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Altoschatz liegt südlich von der Stadt Oschatz in einem hübschen Thale, welches von dem Döllnitzbache, in den sich hier der Stranggraben, ein aus den Wermsdorfer Waldungen herkommendes Gewässer ergiesst, durchflossen wird. Der Ort besteht mit Ausnahme der Rittergutsgebäude aus dreiunddreissig Feuerstätten, nämlich zwei geistlichen Gebäuden, wobei die Kirche, sechs Gärtnerwohnungen, vierundzwanzig Häusern und einer steinernen Windmühle mit der Wohnung des Müllers. Eine mit sechszehn Scheffeln Areal hierher gehörige Wassermühle steht in Unterthanenverhältniss zu dem Rittergute Saalhausen. In Altoschatz leben gegen dreihundert Einwohner, und dieser Ort bildet mit Rosenthal, das nur durch den Döllnitzbach von ihm geschieden ist, und Kleinerforst in Heimaths- und Verwaltungsangelegenheiten eine Gemeinde.
Das Rittergut Altoschatz bestand früher aus zwei Vorwerken, die noch in Handschriften des siebzehnten Jahrhunderts diesen Namen führen. Eines derselben war auf der Stätte, wo sich jetzt das Rittergut befindet, das andere auf der Stelle der jetzigen Schäferei erbaut. Nach einem Auszuge der 1652 angefertigten Grundtaxe gehörte zu ersterem ein Areal von 180⅜ Ackern 35 □Ruthen, wozu auch 9 Scheffel Feld und 1 Scheffel Wiesenland gerechnet waren, die vormals dem hiesigen Pfarrgute zustanden. Die Vereinigung beider Vorwerke zu einem Rittergute bewerkstelligte 1679 der Amtsvoigt Höppner, und zwar dergestalt, dass das von jetzt an Rittergut Altoschatz genannte Gut wegen vererbter wiederkäuflicher Kapitalien, Amtswiesen, Fischwasser und der 1683 aufgesetzten und Michaelis betagten Erbzinsen zwölf Groschen an das Rentamt Oschatz entrichten sollte; die Obergerichte, Steuern und Zinsen dem Amte verblieben, das Rittergut aber die Erbgerichte und die Folge mit einem Ritterpferde verdiente. Zur Zeit besteht der Flächenraum des Rittergutes Altoschatz aus etwa 360 Ackern an Feld, Wiesen, Waldung, Teichen und Lehden.
Das Dorf Altoschatz ist Sorbischen Ursprungs und hiess ursprünglich Ozzek, wurde aber von den Deutschen nach Erbauung der nur eine Viertelstunde entlegenen Stadt Oschatz, die auch Ozzek hiess, „Aldinozzek“ genannt. Die ersten Besitzer der beiden hiesigen Vorwerke waren freie Sassen oder milites agrarii, welche Kaiser Heinrich der Vogelsteller um das Jahr 926 für treue Dienste mit einigen Hufen des eroberten Landes belehnte, die aber später in der Stadt wohnten, und ihre Besitzungen Anderen überliessen, da sie das Leben in der Stadt der unsicheren und beschwerlichen Beschäftigung des Ackerbaues vorzogen. Auch das benachbarte Rosenthal besass ein solches Vorwerk, das sehr bald Eigenthum des Georgenhospitals zu Oschatz wurde. – Der erste bekannte Besitzer des grösseren Vorwerkes zu Altoschatz ist Heinrich von Czichow, welcher am 1. April 1339 mit der Stadt Oschatz einen Vertrag schloss in dem er sich verpflichtet, der Stadt für ihre Forderungen an die Mühle zu Kreischa an jedem Michaelistage funfzehn Groschen Zins zu zahlen und auf Verlangen bis auf drei Meilen weit mit sechs Knechten ihr Folge zu leisten, wofür die Stadt verspricht, Heinrichen von Czichow und seine Nachfolger in jeder Hinsicht zu schützen und ihnen Hülfe zu gewähren gleich einem ihrer Bürger. Der nächste Herr des Gutes war Balthasar von Czichow, von dem im Oschatzer Rathsarchive noch eine Urkunde vorhanden ist, nach welcher er Peter Kahlen, dem Propste zu Kloster Sornzig und Altaristen der Altäre St. Ursulä und Marien Magdalenen anderthalb Schock Jahreszinsen und zwei Zinshähne, die auf einigen Gütern in Neusslitz und der Vorstadt Oschatz hafteteten, verkaufte, womit die Markgräfin Anna den Propst zu Eilenburg am Mittwoch vor dem heiligen Dreikönigstage 1408 belehnte. Von den Czichow’s kam das Gut an die Herren von Nossen, von denen Hans von Nossen 1511 der Stadt Oschatz einen Teich am alten Schlosse nebst einer Wiese und einigem Gehölze für sechszig gute Groschen auf zwei Jahre wiederkäuflich abtrat, welchen Vertrag Herzog Georg der Bärtige am Sonntage nach Lätare bestätigte. Ganglof von Nossen, des Vorigen Sohn, empfing bei[WS 1] seiner Vermählung im Jahre 1529 vom Rathe der Stadt Oschatz ein Ehrengeschenk von einem Viertel Bier, und 1533 schloss er mit dem Rathe eine Uebereinkunft wegen eines Theiles des ihm zustehenden Baumgartens, durch den man zur Erweiterung des Stadtmühlgrabens einen Graben ziehen wollte. In demselben Jahre übernahm Ganglof von Nossen das von seinem Vater aufgenommene Kapital von hundert Gulden gegen sechs Gulden Jahreszins, den er von dem Vorwerk Altoschatz an den Hochaltar der Schlosskapelle zu Stolpen zahlte, wozu Herzog Georg am 13. Juli 1533 seine Einwilligung gab. [50] Hans von Nossen besass das Vorwerk zu Altoschatz um 1558 und hinterliess es Balthasar von Nitzschwitz, welcher wahrscheinlich mit des Ersteren Tochter vermählt war, die 1564 als Taufzeugin, sowie ihr Gemahl 1566 als Herr auf Altoschatz genannt wird. Ambrosius von Nossen, der folgende Besitzer, scheint ebenfalls mit dem Rathe zu Oschatz auf sehr freundschaftlichem Fusse gestanden zu haben, denn bei seiner Dienstag nach Estomihi 1586 stattgefundenen Hochzeit schenkten ihm die Hochweisen Herren vier Goldgulden als Ehrengabe. Er starb am 17. October 1632 im dreiundneunzigsten Jahre seines Alters in der Stadt Oschatz, wohin er sich vor den Kriegsunruhen geflüchtet hatte, und wurde in der dasigen Klosterkirche beerdigt; sein Nachfolger aber war Johann Georg von Nossen, der am 16. Februar 1629 das Pfarrfeld zu Altoschatz an sich kaufte und mit dem Vorwerke vereinigte. Sein Tod erfolgte um das Jahr 1639 und es wurde Eigenthümer von Altoschatz Georg Ernst von Nossen, der am 30. Mai 1641 eine Wiese zu Altoschatz an den Stadtrichter Paul Grünwald verkaufte und noch in demselben Jahre mit Tode abging. Georg Ernst von Nossen war der Letzte seines Stammes, und so fiel Altoschatz als offenes Lehn an den Landesherrn, doch war das Gut durch die Verwüstungen des dreissigjährigen Krieges dergestalt heruntergebracht, dass jährlich dafür nur zweiunddreissig Gulden Pachtgeld gezahlt wurden, wesshalb man es zum Verkaufe ausbot. Für die Summe von 2600 Gulden erstand das Gut Catharine von Schleinitz, geborene von der Pforte, Gemahlin Hans Dietrichs von Schleinitz auf Seehausen und Mautitz, die es noch 1657 besass. Ihr Nachfolger, Andreas Dietrich von Schleinitz, trat in Besitz des Gutes 1660 und hatte das Unglück im Jahre 1678 beim Nachhausegehen vom Felde durch Unvorsichtigkeit sich mit dem eigenen Gewehre zu erschiessen, worauf Altoschatz durch Kauf an den schongenannten Amtsvoigt und Kammercommissar Johann Heinrich Höppner gelangte, der beide Vorwerke vereinigte, indem er 1679 das zweite Vorwerk oder sogenannte Schäfereigut von dem grösseren Kirchenaerar zu Oschatz erkaufte, wobei zugleich das Berggut in Rosenthal hinsichtlich der Lehn zum Rittergute kam; auch brachte er am 31. Juli 1680 acht Unterthanen in Rosenthal die bisher zum Georgenhospital zu Oschatz gehört hatten unter seine Gerichtsbarkeit. Nach Höppners 1691 erfolgtem Tode erbte das Rittergut sein Sohn, Dr. Johann Friedlieb Höppner, der 1704 mit Tode abging und eine Wittwe Charlotte Elisabeth geborene Zopf als Erbin hinterliess, welche das Herrenhaus wieder aufbaute, weil ein Orkan am 12. Februar 1715 das alte Schlösschen nebst der Scheune über den Haufen geworfen hatte. Im Jahre 1743 verkauften ihre Erben das Gut an Johann Gottfried Heyern, den Pachter des Rittergutes Mutzschen, dessen Wittwe es 1770 Christian Gottlieb Steigern überliess, der ihrer Tochter, der Wittwe Nollaun auf Oetzsch jüngste Tochter heirathete und später auf dem von ihm erkauften Rittergute Mannschatz wohnte. Seit 1826 gehört Altoschatz Herrn Johann August Oehmichen.
Was die Besitzer des zweiten Vorwerks zu Altoschatz betrifft, so wird von ihnen zuerst Kraft von Bibra genannt, der auch das Thalgut vor Oschatz besass und von 1495 bis 1507 vorkommt. Er überliess am Tage Gertrudis 1495 Georg Puschens zu Meissen Hausfrau und ihren drei Söhnen zehn Gulden wiederkäuflich auf sein Gut Altoschatz mit Zubehör verschriebene Zinsen, wozu Herzog Georg am Freitag nach Peter Paul 1496 seine Bestätigung aussprach. Einer der Puschischen Söhne, Matthes, überliess diese Zinsen am Wenzelstage 1505 käuflich dem Vikar zu Meissen, Vincenz Rodis, wozu seine Brüder an selbigem Tage ihre schriftliche Einwilligung gaben; Junker Kraft von Bibra aber stellte ein Bekenntniss aus, dass er den Vikar als seinen Zinsherrn anerkenne, auch lieh er 1507 von des Meissner Domvikars, Wolfgang Düngstals, Erben vierzig Gulden, die er mit zwei Gulden verzinste. Nach ihn besass das Vorwerk Christoph von Bibra. Er traf am Dienstage nach Mariä Reinigung 1513 mit dem Rathe zu Oschatz einen Vergleich, wornach auf seinen Gütern im kleinen Forste Wasserquellen gesucht und gegen Erlegung von fünf Gulden durch Röhren in die Stadt geleitet werden durften. Nach dem Jahre 1513 gehörte das Vorwerk Haubold von Schleinitz, dem es 1519 Heinrich von Hartwig abkaufte, der Dienstag nach Johannis 1520 versprach die von Kraft von Bibra erkauften und auf dem Gute haftenden Zinsen noch länger darauf zu behalten und dieselben, weil sie nunmehr dem geistlichen Herrn Propste und Convent zu St Afra zuständig geworden, alle Jahre in ihr Kloster nach Meissen zu schicken. Noch in demselben Jahre übernahm der Rath zu Oschatz Heinrichs von Hartwig Kauf, denn in der Kämmereirechnung von 1519 wird bemerkt, dass er mit der Hartwigin in Anwesenheit des Amtshauptmanns Haubold von Schleinitz auf Schleinitz wegen des Gutes vorläufig unterhandelt und nachher die Bürgermeister Seydel und Köhler nach Meissen gesandt habe um vom Herzog Georg die Lehn darüber zu empfangen. Das Kaufgeld dafür, (560 Gulden) zu erlangen, liess der Rath im kleinen Forste 451 Klaftern und 288 Schock Holz nebst vielen Erlen schlagen, und 1591 am Tage Viti liessen der Rath, als Besitzer des Vorwerks, und Hans Lehmann, als Besitzer des Berggutes, im kleinen Forste beim Erlicht Rainsteine setzen. Im Jahre 1679 trat der Rath das Gut gegen eine Schuldforderung dem geistlichen Aerarium in Oschatz ab, das noch in demselben Jahre es an den schon erwähnten Amtsvoigt Höppner verkaufte, welcher dasselbe mit dem anderen Vorwerke vereinigte und die Schäferei dahin verlegte.
[51] Altoschatz wurde im Laufe der Zeit von mannigfachen Schicksalen heimgesucht, namentlich scheint der Hussitenkrieg nicht ohne nachtheilige Folgen für den Ort gewesen zu sein, und die sogenannte Schwedenschanze bei Rosenthal, ein auf steilen Felsen aufgeworfenes Vertheidigungswerk, dürfte nach seiner Anlage wohl nicht dem Zeitalter Kaiser Heinrich I. sondern dem des Hussitenkrieges angehören. Im dreissigjährigen Kriege wurde der Ort von den Schweden geplündert und die Kirche ihrer beiden silbernen Kelche beraubt. Am 5. April 1696 brannten das Pfarrgut und bald darauf eine Anzahl Häuser nebst einem Theile der Wirthschaftsgebäude des Rittergutes ab, und 1715 warf der Sturm das Herrenhaus um. Im Jahre 1783 brannten die Schule und 1826 die Oekonomie des Gutes ab, worauf an deren Stelle das jetzige Herrenhaus erbaut, das ältere aber zur Pachterwohnung bestimmt wurde. Am 3. Juli 1827 verheerte die Fluren ein furchtbares Hagelwetter und 1832 verbrannte die hiesige Mühle. Dass bei der Nähe der Stadt Oschatz und einer Hauptstrasse Altoschatz durch Plünderungen und andere Kriegsdrangsale auch im letzten Französischen Kriege viel zu leiden hatte bedarf wohl kaum der Erwähnung.
Die Kirche zu Altoschatz ist Filial von dem nahen Dorfe Merkwitz. Sie war zuerst eine Kapelle, wird aber schon im Jahre 1330 eine Pfarrkirche genannt. Als im Jahre 1549 die zweite Kirchenvisitation hierher kam und in der Oschatzer Diöces mancherlei Veränderungen vornahm wurden die Pfarre und Kirche zu Altoschatz mit allen ihren Nutzungen, welche die Kastenherren zur Unterhaltung der Kirchendiener einnehmen sollten, mit der Hauptkirche zu Oschatz vereinigt, dafür sollte der Superintendent aller vierzehn Tage in Oschatz eine Predigt bestellen und nach Bedürfniss Communion halten lassen. Wegen der Taufen sollten die Altoschatzer sich an die nächste Kirche halten, das Begräbniss aber im Orte stattfinden. Diese Einrichtung währte indessen nur kurze Zeit, denn schon 1555 war Altoschatz Filial von Merkwitz. Die Kirche ist sehr alt, freundlich, aber dabei sehr beschränkt. Ein interessanter Altar mit der Jahreszahl 1547 enthält reichvergoldete Schnitzereien und Gemälde, und eine zugemauerte Stelle an der linken Kirchwand zeigt noch den Platz wo zur Zeit des Katholizismus das Allerheiligste aufbewahrt wurde. An der Mitternachtsseite des Gotteshauses steht das steinerne Ritterbild eines Herrn von Bock auf Saalhausen und daneben das Bild einer ebenfalls längst verstorbenen Edelfrau; in einiger Entfernung kniet eine zweite Rittergestalt, alle drei Denkmäler aber sind durch ungeschickte Hände so stark übertüncht dass die Inschriften nicht entziffert werden können. Vor dem Altar befinden sich noch die Steinplatten, welche den Eingang zu den Grüften decken, worin die früheren Besitzer der Güter Altoschatz und Saalhausen mit ihren Angehörigen schlummern. Das Taufbecken ist ein Geschenk der Ehefrauen der Herren Steiger auf Altoschatz und Eulitz auf dem Berggute zu Rosenthal vom Jahre 1800, und die neue Bekleidung des Altars, der Kanzel und des Taufsteines nebst einer goldgestickten Decke weihten 1832 der Kirche zu Altoschatz, der jetzige Besitzer, Herr Oehmichen und seine Hausfrau. – Die silberne Abendmahlskanne schenkten 1728 Johann Nollau und seine Ehehälfte. – In die Filialkirche zu Altoschatz sind eingepfarrt; Rosenthal mit 170, Kleinerforst mit 200, Thalheim mit 160, Saalhausen mit 100, Kreischa mit 60, Striesa mit 75 und Altoschatz mit 300 Einwohnern.
Auf einer zweihundert Ellen hohen, durch Einschnitte zertheilten steilen Gebirgshöhe, welche östlich von dem Klatzschberge, westlich vom Kleinschönberger Bache und der wilden Sau, nördlich von der Elbe begrenzt ist, nach Süden hin aber sich noch weiter erhebt, liegt Weisstropp, zwei und eine halbe Stunde von Dresden und ebensoweit von Meissen entfernt. Die Aussicht von hier über das obere und untere Elbthal, von Pillnitz bis Zscheila, ist unbeschreiblich schön, und da Weisstropp über die ganze Umgegend emporragt ist es auch viele Meilen weit
[52] sichtbar. Der Ort, durch den die Strasse von Wilsdruf nach Radeberg führt, zählt vierhundert Einwohner die sich hauptsächlich von Obst- und Weinbau nähren und wird in die Vorder- und Hintergemeinde eingetheilt, auch gehört dazu die am Kleinschönberger Wasser in einem herrlichen bei Constappel auslaufenden Thale gelegene Schiebbocksmühle, welche dem Grunde den Namen gab, indem die Oertlichkeit desselben nicht gestattet, dass man auf grösserem Fuhrwerke als Schiebkarren Getreide nach der Mühle bringt.
Weisstropp, in Urkunden des zwölften Jahrhunderts Wiztrop und Weztrop genannt, war eine der festen Zwingburgen des Gaues Nisan, welche Kaiser Heinrich der Vogelsteller anlegte um die bezwungenen Sorben im Zaume zu halten und das eroberte Land gegen feindliche Einfälle zu sichern. Auch Bresenice und Buistrice (Priessnitz und Pesterwitz) waren solche Burgen in deren Nähe man kleine feste Gebäude oder Warten als eine Art von Aussenwerken zu erbauen pflegte um das Herannahen des Feindes zu erschweren und die Besatzung der Burg von nahender Gefahr zu benachrichtigen. Solche kleinere Vesten waren in Weisstropps Nähe Gotzebudi (Kossebaude) und die obere und untere Warte (Ober- und Niederwarthe) von denen noch einige Trümmer vorhanden sind. Woz, so hiess die Burg Weisstropp noch im elften Jahrhundert, war der Sitz eines kaiserlichen Burgwarts, und in dessen Bezirke lagen die fünf Dörfer welche im Jahre 1071 der edle Sorbenhäuptling Bor dem Bischof Benno von Meissen abtrat. Im dreizehnten Jahrhundert gehörte die andere Seite des Dorfes Weisstropp den Herren von Schönburg, denn eine noch vorhandene Urkunde besagt, dass Hermann von Schönburg 1233 das Kloster Geringswalde mit dem Patronate zu Wiztrop beschenkte, wobei sich auch der dasige Pfarrer Godofredus als Zeuge unterschrieb. 1287 überliess Friedrich von Schönburg demselben Kloster auch das Vorderdorf, welches erst im Jahre 1543 Bernhard von Rothschütz von der Aebtissin Ursula von Leutzsch wieder zum Rittergute zurückkaufte.
Die drohende Veste, welche einst Kaiser Heinrich gründete, wurde zu Anfang des dreizehnten Jahrhunderts abgebrochen und an deren Stelle eine andere Burg erbaut die 1271 der Familie von Miltitz gehörte, jedoch schon in der Mitte des vierzehnten Jahrhundert Eigenthum der Herren von Karras war. Ein späterer Besitzer des Rittergutes war Bernhard von Rothschütz, ein genauer Freund Luthers, mit dem er in eifrigem Briefwechsel stand. In früherer Zeit befanden sich im Archive des Schlosses Weisstropp eine Anzahl Lutherscher Originalbriefe, die leider durch Unachtsamkeit verloren gegangen sind. Bernhard von Rothschütz, der wie schon bemerkt die Hälfte des Dorfes durch Kauf vom Kloster Geringswalde zum Rittergute brachte, starb um das Jahr 1590, worauf Weisstropp an den Hausmarschall Heinrich von Eckersberg kam, der 1601 die alte von den Miltitzen erbaute Burg abbrechen und ein neues Schloss erbauen liess, das mit seinen Ziergiebeln und freundlichen Gemächern das Bild eines friedlichen Edelsitzes darstellte, wie das kaum vergangene Mittelalter keins zeigen konnte. Im Jahre 1630 wird Hans Bernhard von Rothschütz als Herr auf Weisstropp erwähnt, indessen gehörte das Gut bald nachher einem Herrn von Güntherod, der die Weisstropper Linie der Güntherode gründete, aus welcher späterhin die Groitzer als Nebenlinie entsprang. Der letzte Güntherod auf Weisstropp besass auch Groitz und überliess ersteres dem Oberküchenmeister Freiherrn Adolf von Seyffertitz, der 1723 das Schloss mit der Kirche durch einen Flügel verband und 1741 mit Tode abging, worauf dessen Tochter ihrem Gemahle, dem Grafen und nachherigen kaiserl. Russischen General von Tottleben das Gut Weisstropp zubrachte, sich indessen später von ihm trennte und den Grafen von Bronikowsky heirathete. Als die Gräfin im Jahre 1769 starb erbte Weisstropp ihr Sohn erster Ehe, der am Schlosse mancherlei Veränderungen vornahm, die Wirthschaftsgebäude erweiterte und den Garten durch Parkanlagen in das Thal hinab verschönerte. Sein Sohn Graf Carl Adolf von Tottleben verkaufte Weisstropp in neuerer Zeit an den kaiserl. Oesterreichischen Generalconsul Jacob von Krause der im hiesigen Schlosse eine herrliche weithin berühmte Kunstsammlung anlegte und in seinem Garten die seltensten Gewächse zog. Der jetzige Besitzer von Weisstropp ist Se. königl. Hoheit Carl II. Herzog von Parma etc.
Die Kirche zu Weisstropp ist ein uraltes Gebäu, das vor fast einem Jahrtausend neben der Zwingburg Woz errichtet wurde um unter dem Schutze der Besatzung gegen heidnischen Frevel gesichert zu sein und ihr zugleich als Capelle zu dienen. Als nun um die Burg Woz sich eine Ansiedlung gebildet hatte und endlich ein Dörfchen entstanden war schenkte Friedrich von Schonnenburch den Bewohnern von Wetztrop die Capelle des Schlosses als Ortskirche (1288) und diese Schenkungsurkunde wurde, gleich der über das Patronat, von dem Pfarrer Godofredus mit unterzeichnet. Bis zum Jahre 1499 blieb die Kirche in ihrer ursprünglichen Gestalt, als aber in diesem Jahre mehrere Dörfer in dieselbe eingepfarrt wurden musste man eine Erweiterung derselben vornehmen. Der Thurm, welcher jetzt die Kirche ziert, erhielt seine jetzige Gestalt 1701, wo man ihn um fünfundvierzig Ellen erhöhte; der zweite, kleinere 1499 erbaute Thurm aber ist erst 1822 abgetragen worden. Das Innere der Kirche birgt verschiedene interessante Denkmäler längstverstorbener Edelherren, auch verwahrt man hier eine Anzahl alter merkwürdiger Holzschnitzereien, darunter sehenswerthe Heiligenbilder. Der [53] erste evangelische Prediger welcher an hiesiger Kirche fungirte war Peter Mohorn, der jedoch im Jahre 1544 freiwillig sein Amt niederlegte und sich nachher in Priessnitz anstellen liess, weil der damalige Besitzer von Weisstropp, Bernhard von Rothschütz, der Religion wegen in unaufhörlichen Streitigkeiten mit seinen Unterthanen lebte. Hierdurch kam die Kirchfahrt in solchen üblen Ruf, dass acht Jahre hindurch kein Geistlicher geneigt war das hiesige Pfarramt zu verwalten, während welcher Zeit der Pfarrherr zu Constappel die kirchlichen Verrichtungen in Weisstropp besorgte. Eingepfarrt nach Weisstropp sind die Ortschaften Sachsdorf mit hundertfunfzig, Kleinschönberg mit hundertsiebzig, Hühndorf mit hundert, Wildberg mit zweihundert und Niederwarthe ebenfalls mit zweihundert Einwohnern. Letzteres ist die schon erwähnte zu der Zwingburg Woz gehörige Nebenburg oder Warte, und noch sind Trümmer derselben vorhanden in welchen man oft Münzen und Bruchstücken von Waffen ausgrub. Diese Burg war in späterer Zeit der Sitz eines adligen Geschlechts von der Wartha, von denen 1108 Hugo von der Wartha, 1172 Hans von der Wartha, kaiserlicher Voigt des Pleissner Landes und 1222 Heinrich von der Wartha als Domherr von Naumburg vorkommen. Im Jahre 1114, wo der Ort in einer Urkunde Wartaw geschrieben ist, besass das Marienkloster zu Wurzen daselbst zwei Hufen Landes, und 1468 als die Hussiten hier arg gewüthet und Wartha fast gänzlich zerstört hatten, gehörte dieses einem Dietrich Kundig zu Dresden. Ein grosser Stein bei Niederwartha diente einst König August I. bei einem Jagdmahle als Tisch. –
Noch ist zu bemerken, dass dem Pfarrer zu Weisstropp die Pflicht obliegt in der Sachsdorfer Capelle am Montage nach Reminiscere Predigt, Communion und Fastenexamen zu halten, auch muss der Ortslehrer an jedem Sonntage oder Feste des Nachmittags eine Predigt vorlesen. Die Capelle wurde am 26. Mai 1614 von dem Pfarrer Daniel Staupitzer eingeweiht.
Seusslitz, auch Altseusslitz, in Urkunden auch Suseliz und Siuselitz genannt, liegt in einem weiten schönen Thale zwischen Lommatzsch und Grossenhain, von jeder dieser Städte, wie auch von Meissen, nur eine Stunde entfernt. Schon in früher Zeit mag Seusslitz ein sehr nahrhafter Ort gewesen sein, denn im sechszehnten Jahrhundert wird er in einem alten Gerichtsbuche „Stadt und Städtlein“ genannt, andere handschriftliche Urkunden erwähnen Richter und Schöppen des Städtleins, und nennen die geschworenen Männer desselben, ohne dass jedoch eine andere Spur vorhanden wäre aus welcher das vormalige Stadtrecht Seusslitzs nachgewiesen werden könnte. Höchst wahrscheinlich wurden, durch das hiesige Kloster veranlasst, zu Seusslitz wichtige Jahrmärkte abgehalten, wodurch im Orte gewisse städtische Einrichtungen stattfanden die zu jenen urkundlichen Angaben führten. Die Einwohnerschaft zu Seusslitz nährt sich hauptsächlich von Wein- und Obstbau, sowie durch Schifffahrt auf der nahe vorüberfliessenden Elbe; das Bier aber, welches auf hiesigem Rittergute gebraut wird, zeichnet sich durch seine vorzügliche Güte aus und wurde noch vor zwanzig Jahren weithin verfahren.
Seusslitz war im Anfang des dreizehnten Jahrhunderts Stammsitz eines adligen Geschlechts, der Herren von Seusslitz, die urkundlich zuerst 1205 erwähnt werden. Ein Ahne unseres Königshauses, Heinrich der Erlauchte, dem auch das gegenüberliegende Schloss Hirschstein bisweilen als Wohnsitz diente, hielt vom Jahre 1256 an sehr oft auch auf dem Schlosse zu Seusslitz Hof, und noch sind eine grosse Anzahl von Urkunden vorhanden die der Markgraf hier ausstellte. Markgraf Heinrich der Erlauchte war ein sehr frommer Herr und als ihm einst einfiel, dass in seinen Landen der Orden der heiligen Clara noch gar nicht bedacht sei, suchte er diese Vernachlässigung dadurch auszugleichen, dass er dem Orden nicht nur Schloss und Dorf Seusslitz schenkte, sondern ihm auch die Dörfer Reinersdorf, Stauda, Zehren, Altlommatzsch, Neuseusslitz und die Pflege Schrebitz überliess, sowie freie Schifffahrt auf der Elbe zugestand. Die Päpste Gregor X. und Martin V. bestätigten des Margrafen Verfügungen in den Jahren 1274 und 1283, und auch der Kaiser Rudolf billigte 1277 das fromme Werk, gleich dem Markgrafen Friedrich und dem Landgrafen Albrecht von Thüringen; Heinrich der Erlauchte aber erbaute sich ein Schloss in Dresden.
Die Gründung des Klosters geschah im Jahre 1268 und nach zehn Jahren war der Bau vollendet, wozu die Bürgerschaft zu Dresden zwölf Mark Silbers beitragen musste, für welche Unterstützung der Markgraf der Stadt den Marktzoll erliess. Sobald die Nonnen von dem neuen Kloster Besitz genommen erwarben sie von dessen Stifter das Patronatsrecht [54] über die hiesige Kirche, das Heinrich zwar dem Kloster Altzelle überlassen hatte, diesem aber zu Gunsten des Clarenklosters wieder abtauschte. Auch das Patronatsrecht über die Frauenkirche wurde diesem 1289 abgetreten und gleich darauf empfingen die frommen Schwestern das Maternihospital zu Dresden zurück, welches sie kürzlich der Markgräfin Helene überlassen hatten, als diese ein Clarenkloster in Dresden zu gründen beschloss. Im Jahre 1329 verkaufte der Convent des Klosters zu Seusslitz das Maternihospital der Bürgerschaft zu Dresden, 1352 aber erhielt dieses die Einkünfte der Pfarrkirche zu Oschatz in der Weise, dass dieselben während der Lebenszeit der Schwestern Markgraf Friedrichs des Strengen, Beatrix und Anna, die im Kloster lebten, von diesen Prinzessinnen, nach deren Tode aber von allen Nonnen gleichmässig benutzt werden sollten. Die Prinzessin Beatrix war noch 1384 Aebtissin.
Das Seusslitzer Kloster war sehr reich, so besass es unter Anderem auch die Barfussmühle zu Leipzig welche von ihm 1503 für 1200 Thaler verkauft wurde, auch erwarben die Nonnen 1382 durch Kauf die beiden nicht mehr vorhandenen Vorwerke Posthorwitz und Wyseroda. Zur Zeit der Aebtissin Margarethe, Herzogin von Sachsen, gehörte dem Kloster das Vorwerk Kmeben, und später hatten sie ebenso die beiden Dörfer Gohlis und Niedermuschitz an sich gebracht. Eine Urkunde von 1352, welche der Bischof von Meissen ausstellte, giebt den Beweis, dass den Clarennonnen auch das Kirchlehn in allen ihnen gehörigen Dörfern zustand. Interessant ist die urkundlich bestätigte Thatsache, dass in Seusslitz Mönche des Franziskanerordens lebten, welche den Nonnen zu allerlei geistlichen Dienstleistungen verpflichtet waren, und von dem Jahre 1288 bis 1463 oft genannt werden.
Gleich vielen andern Klöstern wurde auch Seusslitz im Hussitenkriege schwer heimgesucht, indem die fanatischen Kriegsleute nicht nur sämmtliche Gebäude einäscherten, sondern auch allen Kirchenschmuck raubten und das Klostereigenthum so greulich verwüsteten, dass der Bischof zu Meissen den Nonnen Erlaubniss gab (1461) auf den Brand betteln zu gehen. Als im Jahre 1539 die landesherrlich verordnete Commission hierher kam um das Kloster aufzuheben, befanden sich in demselben vierzehn Nonnen und zwei Laienschwestern, die jedoch zum Theil das Ordensgewand schon abgelegt hatten. Die Aebtissin, Barbara von Haugwitz, war rasch entschlossen sich der neuen Lehre hinzugeben und vermählte sich bald darauf mit Johann von Mila, einen Pfarrherrn im Voigtlande. Spalatin, der sich bei den Visitatoren befand, giebt der Aebtissin das Zeugniss, sie sei eine fromme einsichtsvolle Jungfrau gewesen, und diese empfing ihren Gemahl aus der Hand Luthers, den sie um einen geschickten und gottesfürchtigen Prediger als Gatten bat. Bei der Säcularisation des Klosters erhielten die Nonnen einen gemeinschaftlichen Jahresgehalt von achthundertfunfzig Gülden.
Nach der Aufhebung des Klosters kam Seusslitz mit Zubehör durch Kauf in Besitz des berühmten Kanzlers Dr. Simon Pistorius, eines der gelehrtesten und rechtschaffensten Diplomaten seiner Zeit, der den Churfürsten Moritz und August die wichtigsten Dienste leistete. Hier lebte der alte Kanzler hochgeehrt von Allen, von 1549 bis 1562, wo er auf dem Schlosse starb und in der Kirche beerdigt wurde. Die von ihm gegründete Bibliothek enthält grosse literarische Schätze, namentlich in Bezug auf vaterländische Geschichte. – Die Nachkommen des Kanzlers Pistorius besassen Seusslitz bis zum Anfang des achtzehnten Jahrhunderts, wo es an die Familie von Bünau gelangte, die hier 1729 einen Geschlechtstag abhielt, bei welchem dreissig Männer des Bünauischen Geschlechts gegenwärtig waren, die ihrem Senior, dem Minister Heinrich von Bünau, einen prachtvollen Silberpokal als Ehrengeschenk überreichten. Die Familie Bünau, von der noch eine Anzahl Familienportraits aufbewahrt werden, verkaufte Seusslitz zu Anfang dieses Jahrhunderts an den Commerzienrath Claus zu Leipzig, dessen Nachkomme, Herr C. G. Claus es noch jetzt besitzt.
In der Kirche zu Seusslitz schlummern mehrere Ahnen unseres Regentenhauses, namentlich Markgraf Dietrich der Fette, Heinrichs des Erlauchten Sohn und Friedrich Tutta, den Bischof Witigo von Meissen auf dem Schlosse Hirschstein durch Kirschen vergiftete. Ebenso ruhen hier die Gebeine der unglücklichen Prinzessin Gertrud von Oestreich. Dieselbe war erst mit dem Böhmischen Fürsten Wratislav, dann mit dem Grafen Hermann von Baden und endlich mit dem Lithauischen Herzog Romanus vermählt, und nachdem Letzterer sie verstossen, floh sie zum König Ottokar von Böhmen, der ihr jedoch kein Asyl gewährte. Unstät und flüchtig irrte die unglückliche Frau, deren einziger Sohn, Friedrich von Baden, mit seinem Freunde Conradin von Schwaben 1268 zu Neapel auf dem Schafott gestorben war, in Deutschland umher und fand endlich eine Zuflucht im Kloster zu Seusslitz, wo die hartgeprüfte Prinzessin in hohem Alter starb. Leider sind die Denksteine aller hier begrabenen merkwürdigen Personen nicht mehr vorhanden, denn als 1726 die alte Klosterkirche abgebrochen worden war, schliff Geiz und Unverstand die Bilder und Inschriften von denselben, um mit den Platten die Fussböden zu belegen. Unter den wenigen Grabsteinen, welche der Nachwelt erhalten wurden, befindet sich der des Kanzler Pistorius, doch ist die von Fabricius gefertigte Grabschrift durch die Fusssohlen der Kirchgänger gänzlich abgescheuert. Vom Kloster sind, ausser einem kleinen Gebäude, keine Spuren mehr vorhanden.
Das alte Schloss zu Seusslitz ist von Gärten und Weinbergen umgeben, von denen eine Lindenallee nach dem Ufer der Elbe hinabführt. Die Gallerie wie auch den Speisesaal des Schlosses zieren eine Anzahl Bildnisse der Bünauischen Familie. Im Jahre 1813 wurde wegen der Belagerung Wittenbergs die dortige Universitätsbibliothek hierher in Sicherheit gebracht, und beim nahen Dorfe Merschwitz ging in demselben Jahre die Russische Armee über die Elbe. – Das Patronat über die Kirche zu Seusslitz und die Collatur über Pfarre und Schule stehen dem Besitzer des Rittergutes zu, doch wohnt der Pfarrer nicht hier sondern in dem Filialdorfe Merschwitz. Eingepfarrt nach Seusslitz sind Blattersleben, Diesbar, Döschütz, Neuseusslitz und Zottewitz.
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Gamig, in Urkunden auch Gomig genannt, ist ein Rittergut mit einem hübschen Schlosse, und liegt fast drei Stunden südöstlich von Dresden anderthalb Stunden von Pirna und kaum eine Viertelstunde von Dohna auf einer theils steil sich erhebenden, theils sanft abdachenden Höhe, von welcher man eine treffliche Aussicht auf das Elbthal nach Dresden und Pillnitz, in die Lohmener und Pirnaische Gegend; die Sächsische Schweiz und das Lausitzer Gebirge geniesst. Nordwestlich von Gamig befindet sich ein enger Grund, welchen man zum Theil mit in die Parkanlagen des Schlosses gezogen hat, durch den in südwestlicher Richtung ein Bach fliesst, welcher etwa tausend Schritte vom Rittergute in die Müglitz fällt. Das Schloss und die nahe dabei stehende Kapelle, welche letztere 1656 am Sonntage Exaudi von dem Superintendenten Reinhardt zu Pirna eingeweiht wurde, sind mit stattlichen Thürmen versehen, wodurch das Gut ein grossartiges Ansehen erhält. Die grossen und schönen Gärten an der Nordseite des Schlosses liess im Anfange dieses Jahrhunderts Graf Carl von Bose anlegen, und im anstossenden Lustwalde findet man seltene Pflanzen. Das Gut hat bedeutende Waldungen, eine ziemlich starke trefflich verwaltete Oekonomie, hohe mittlere und niedere Jagd und die Fischereigerechtigkeit in der Müglitz vom Zuschendorfer Gebiete bis zu der dreiviertel Stunden entfernten Elbe. Mit dem Rittergute ist das dabei gelegene Vorwerk Meuschau combinirt. Zu Gamig selbst befindet sich nur ein Schloss und die dazu gehörigen Wirthschaftsgebäude, es gehören aber zu dem Gute noch schriftsässig der Acker Blochwitz bei Meuschau, das Dorf Borewitz, die Lochschenke, ein Theil von Seidlitz, die Dörfer Zschieren, und Gommern und das Schusterhäuschen mit zusammen etwa achthundert Unterthanen, darunter gegen fünfunddreissig Bauern und vierzig Gärtner mit beinahe vierzig Hufen Land. Das Vorwerk Meuschau war in alter Zeit ein aus vier Bauergütern, einem Erbgericht und mehreren Häusern bestehendes, dem Rathe zu Dresden gehöriges Dorf, welches 1546 an die Kirche zu Dohna kam. Diese Kirche besass damals die Dörfer Reick, Gruna, einen Theil von Seidlitz, Leuben und Torna, vertauschte aber diese Besitzthümer in genanntem Jahre auf dem Rathhause zu Dresden gegen die Dörfer Birkwitz, Meuschau, drei Güter zu Zschieren, ein aus Busch, Feld und Wiesenwachs bestehendes Grundstück, die Patzschke genannt, welches von den Pirnaischen Fluren an der Elbe bis an die Heidenauer Felder reichte; zwei grosse Buschleiten, der Kirchenbusch genannt; zwölf Scheffel Dohnaisches Stadtfeld; vier Scheffel Feld bei der Zinkenmühle; zwei Güter, die Zschwetzskau genannt; mehrere Lehnstücken in Pirna, Dohna, Krebs, Gross- und Kleinsedlitz, Meusegast, Zschachwitz und Ploschwitz, welche sämmtlich mit Erbzinsen, theils mit Wachs, theils auch mit Geld entrichtet wurden; hundertzweiundneunzig Scheffel Feld, Wiesen und Holzungen; eine Buschleite bei Oberseidewitz und Getreidezinsen von den Dörfern Rüppchen und Meuschau, welche jedoch dem Hospital gehörten. Ueber alle diese Besitzungen führte der Pfarrer von Dohna nicht nur die Verwaltung, sondern auch die Gerichtsbarkeit, und sie empfingen auf dem Pfarrhause zu Dohna die Lehn.
Bei einer 1553 durch den Churfürsten Moritz angeordneten Revision der Kirche zu Dohna fand eine Trennung der Grundstücken, welche zum Theil der Kirche, zum Theil dem Hospital angehörten, statt, erstere empfing eine Anzahl dieser Besitzungen und Zinsen, erhielt einen Diakonus und zu ihrem besseren Einkommen tausend Thaler, sowie zur Aufsicht vier zur Kirche eingepfarrte Rittergutsbesitzer als Commissarien, unter denen sich auch Abraham von Schönberg auf Gamig befand; das Hospital aber wurde unter Aufsicht eines Hospitalverwalters gestellt und empfing ebenfalls vom Churfürsten zur besseren Verpflegung der „armen Leute“ tausend Thaler. – Die Kirche zu Dohna blieb jedoch nicht lange im Besitze ihrer Güter, denn schon 1559 wurde die Patzschke für 2600 Gulden an den Laurentius Lindemann zu Grosssedlitz verkauft und am 4. November desselben Jahres bat der Pfarrer M. Mühmer bei einer von den Commissarien in Pirna veranstalteten Zusammenkunft um Entlassung von seinem Richteramte. In dem noch vorhandenen Protokoll wird gesagt: „dass der Pfarrer grosses Bedenken gehabt, wie ein Pfarrer wegen der Erbgerichte grosse Beschwerung, Ueberlaufens, Unlust und viele andere Unbequemlichkeiten von den Leuten erdulden, auch von den Amtsschösser, so dem Pfarr Eingriffe zu thun vermeinet, vexiret, worauf der Pfarrer dieser Function erledigt und sämmtliche Gerichtsbücher, das Dingbuch, das Steuerregister alles erblichen Einkommens der Pfarrer, ein Gebund Sendebriefe an den Commissarius Herrn Jacob von Marschall übergeben worden.“
Im Jahre 1616 wurde das Dorf Birkwitz für 1400 Gulden an den Geheimrath von Loss und 1656 Meuschau mit drei Gütern in Zschieren an den Generalwachtmeister von Hanau auf Gamig für 400 Gulden verkauft.
Der Volksglaube, auf der Stelle wo jetzt die Kapelle zu Gamig sich befindet habe einst eine Abtei gestanden, ist ungegründet und hat ohne Zweifel seinen Ursprung in der Thatsache, dass Gamig vor der Reformation ein Klostergut, wahrscheinlich der Abtei Altzelle war, welche in hiesiger Gegend verschiedene Güter besass. Unmittelbar nach der Säcularisation des Klosters Altzelle gehörte Gamig den Herren von Schönberg von der Frauensteiner Linie, unter denen 1622 auch der reiche Abraham von Schönberg, Herr auf Frauenstein, Mulda, Dörmthal, Pfaffroda und Gamig genannt wird. Er überliess das Gut Gamig einem Herrn von Bernstein, der es 1642 dem Grafen von Hofkirchen verkaufte. Wie schon erwähnt besass Gamig 1656 der Generalwachtmeister von Hanau der durch Kauf Meuschau mit dem Rittergute Gamig vereinigte. Von ihm gelangte das Gut an den Gemeinrath von Heinicke (Hünicke), welcher [56] es um 1664 erkauft zu haben scheint. Bei dessen Familie blieb Gamig bis zum Jahre 1720, wo es in Besitz der alten reichen Familie von Bose kam. Der erste dieses Geschlechts auf Gamig, war der Geheimrath von Bose, dessen Nachkommen das Gut besassen bis gegen 1830, wo es Eigenthum des Grafen von Vitzthum wurde, der dasselbe bald darauf an Herrn Kammerherrn Hans Curt von Lüttichau käuflich abtrat.
Im Bezug auf die beim Schlosse Gamig stehende Kapelle ist bereits gesagt, dass dieselbe 1656 von dem Superintendenten zu Pirna eingeweiht wurde, nachdem das vormalige altersgraue Kirchlein, welches den Einsturz drohte, einen Neubau nothwendig gemacht hatte. Eine alte schriftliche Nachricht äussert sich in Ansehung des Decems, welcher der Kirche des nahen Dorfes Maxen zusteht: „dass das benachbarte Bosische Rittergut Gamig alljährlich acht Scheffel Getreide nach altem Pirnaischen Maasse, den Scheffel zu siebzehn Metzen gerechnet wie es durchgängig von allen hiesigen Decempflichtigen geschüttet werden muss, halb Korn und halb Hafer, dem Pfarrherrn schütten muss, und zwar vermöge eines auf lange Zeit sich erstreckenden Possesses. Es soll dieses Gamig, allwo bis jetzt noch eine kleine Kapelle vorhanden, ehemals eine Filialkirche von Maxen gewesen sein, woselbst der Pfarrherr alljährlich einigemal predigen und das Amt halten müssen.“ Nach einer anderen Nachricht soll die Abgabe des Decems von Gamig an den Pfarrer zu Maxen daher rühren, dass, als im Jahre 1680 die Pest in Dohna wüthete und diese Stadt, wohin Gamig gepfarrt ist, auf lange Zeit abgesperrt, in dem näher gelegenen Kleinröhrsdorf aber damals noch keine Kirche befindlich war, der Pfarrer zu Maxen zur Abhaltung des Gottesdienstes und Ertheilung des Abendmahles in der Schlosskapelle zu Gamig requirirt worden sein soll, unter der vom Oberconsistorio ausgesprochenen Zusicherung, dass die Decemabgabe alljährlich fortbestehen würde, wofür jedoch dem Pfarrer zu Maxen die Obliegenheit erwachse allvierteljährlich auf Verlangen der Schlossherren zu Gamig in der Kapelle eine Predigt zu halten. Der Besitzer des Rittergutes Gamig war ausserdem verpflichtet den Pfarrherrn zu Maxen mit seinem eigenen Geschirr abholen und zurückfahren zu lassen, auch muste er dem Geistlichen zwei Thaler in die Hand geben und ihm eine Mahlzeit aus einer Suppe, einem Gericht Fleisch mit zweierlei Arten Gemüse, einem gebratenen Huhn und einer Flasche Wein bestehend vorsetzen. – In der Kapelle befand sich ein Erbbegräbniss der Bosischen Familie.
Das zu Gamig gehörige Dorf Bosewitz war in alten Zeiten Eigenthum der Burggrafen von Dohna, später der Herren von Körbitz und kam 1575 zum Rittergute Gamig. Es hat vierzehn Feuerstätten mit hundertundvierzig Einwohnern. – Gommern hiess im Mittelalter auch Pommern, war 1513 im Besitze Rudolphs von Körbitz, 1575 ein Dresdener Amtsdorf und kam alsdann an Grosssedlitz, welches dem Dr. Lindemann gehörte. Von Dr. Lindemann kaufte Gommern Hildebrand von Einsiedel auf Scharfenstein, worauf das Dorf an den Besitzer von Gamig gelangte. Es hat mit Inbegriff der Erlichtmühle und zwei Häusern, die Hofaue genannt, dreissig Feuerstätten mit hundertfünfzig Bewohnern. Das Dorf Zschieren gehörte, wie schon bemerkt, einst der Kirche zu Dohna und wurde theilweise an Joachim von Loss auf Pillnitz und den Generalwachtmeister von Hanau verkauft, später aber kam das ganze Dorf an das Rittergut Gamig. Es hat funfzig Baustellen und zweihundertneunzig Einwohner.
Die hiesige Gegend hat in jedem der letzteren Jahrhunderte alle Drangsale zu ertragen gehabt, welche Krieg und Krankheiten über das Land zu bringen pflegen. In der bekannten Fehde des Ritters Rudolph von Körbitz auf Meusegast mit den Burggrafen von Dohna wütheten beide Partheien mit Schwert und Brand in den unglücklichen nahegelegenen Ortschaften, bis endlich durch Vertreibung der unruhigen Burggrafen dem Lande der Frieden wiederkehrte. Aber kaum dreissig Jahre später drangen die entmenschten Hussiten heran und verübten Greuel, wie sie nur der schrecklichste Fanatismus zu erfinden vermochte. Im dreissigjährigen Kriege grassirte allenthalben die Pest, und als die Schweden 1641 in das bereits gänzlich verwüstete Dohna einzogen, wurden die unglücklichen Einwohner, nicht nur der Stadt sondern auch der umliegenden Dörfer von den rohen Soldaten heimgesucht, dass sie das Wenige noch einbüssten, was ihnen von früheren Peinigern übrig gelassen worden war.
Der siebenjährige Krieg brachte ebenfalls vieles Elend über das freundliche Thal und noch jetzt erinnern sich viele ältere Leute der Schreckenszeit des Jahres 1813, wo die Französische Armee in hiesiger Gegend bivouaquirte. Durch Plünderung und Raub verloren die armen Leute sämmtliches Vieh und alle Getreidevorräthe, Mancher büsste sogar durch die Ruchlosigkeit Französischer Soldaten das Leben ein, wie der Gutsbesitzer Küchler in Bosewitz, den ein Soldat durch einen Flintenschuss in seinem eigenen Gehöfte niederstreckte. – Oekonomie und Viehzucht bilden in hiesiger Gegend die Hauptbeschäftigung der Bewohnerschaft, doch verdienen sich auch eine grosse Anzahl armer alter Leute und Kinder ihren Unterhalt durch Strohflechterei.
Anmerkungen (Wikisource)
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