An ....
[54] An . . . .
In des Verstandes eitler Ueberhebung
Verkündete ich einst die „Macht der Sprache,“
Bestritt, daß ein Gedanke je erwache,
Für den das Wort ohnmächtig zur Belebung.
(In der ich mich so überlegen wähnte)
Haben zwei Worte, liebliche Accente,
Zweisilbig, italienisch –, nur geschaffen,
Auf Hermonshügeln, wo in Perlensträngen
Von Engelslippen musikalisch lind
Zu zittern, – aus dem abgrundtiefen Schachte
Der Seele mir Gedanken, ungedachte –
(Welche die Seelen der Gedanken sind,)
Als daß sie selbst der Seraph Israfel,
Dem Gott der Stimmen lieblichste verliehen,
Zu formen wüßt’! Und nun, trotz dem Befehl
[55] Aus deinem Munde fühl’ ich mich erlahmen,
Als Text, versagt die Macht der Sprache –
Kaum fühl’ ich mehr – nicht Fühlen ist dies wache,
Der Welt entrückte, völlige Versinken,
Lautlose Stehen an der goldnen Schwelle
Wonn’ge Erschauern, wenn ich mir zur Linken,
Zur Rechten, vor mir, in der Höhe,
Und weit, weit weg, am fernsten Punkt, wo sich
Mein Blick verliert, nicht andres sehe
Als dich.
Dieser Quellentext existiert auch als Audiodatei. (Mehr Informationen zum Projekt Gesprochene Wikisource) | |||
|