An Herrn Crispi
(1891.)
Als man den Alp der Dichter und der Denker,
Der jahrelang als unumschränkter Lenker
Geleitet hat des deutschen Schiffes Kiel –
Es ging, als man den Laufpaß ihm gegeben,
Durch ganz Europa: ein Gewalt’ger fiel.
Nun trägt der Thauwind die willkomm’ne Kunde
Vom grünen Süd zum eisumstarrten Sunde
Und in dein lieblich Reich, o weiser Zar,
Doch ganz Europa kichert bei dem Falle
Des eitlen Manns, der Bismarck’s Affe war.
Im rothen Hemd mit Garibaldi’s Schaaren
Zog wider König Bomba er vor Jahren,
Da ahnt’ er nicht, daß je er eine Stimme
Im Rath der Völker habe und erklimme
Die höchste, steilste Staffel der Gewalt.
Soldat der Freiheit, der herabgeglitten
Des grimmen Kanzlers sich zum Vorbild nahm –
Du hast dem Lande, das Dein Joch getragen
So tiefe Wunden rücksichtslos geschlagen,
Wie er, der vor Dir noch zu Falle kam!
Voll Kunst an einer und derselben Kette,
Und ohne Furcht vor einem Strafgericht.
Einmal jedoch erwacht das Volksgewissen
Und als die Bande zornig man zerrissen,
Als Bismarck’s Stuhl vor einem Volksgewitter
Und seinem Blitz in Scheiter brach und Splitter,
Hat er vergraben sich in Friedrichsruh;
Nun schnür’ auch Du Dein Bündel, alter Knabe,
Und thue an die leichten Reiseschuh!
Nach Friedrichs(un)ruh solltest zu dem andern
Erlauchten Abgesägten nun Du wandern,
Denn allzuweit ist es ja nicht entfernt.
In holder Eintracht um die Wette wühlen –
Du hast es sicher noch nicht ganz verlernt.
Vielleicht gewöhnst Du Dich an Malz und Hopfen;
Auf jeden Fall darfst Du die Pfeife stopfen
Du darfst mit ihm entlang die Raine schreiten
Und in des Herbstes muntern bunten Zeiten
Die Waidmannstasche tragen auf der Jagd.
Wer weiß, ob allzuferne noch die Stunde,
Denn auch Graf Taaffe wird noch Trutzgesell.
Und sicher reiten die bekannten Todten
Auch an der Donau Strand nicht minder schnell.
Nun sind auch Sie politisch eine Leiche,
Bevor Sie noch Ihr Testament gemacht.
Die Feinde jubeln, die Trabanten schweigen,
Italien athmet auf, die Kurse steigen –
Anmerkungen (Wikisource)
Ebenfalls abgedruckt in:
- Der Wahre Jacob 1891 Nr.120 (Seite 962)