Auber

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Titel: Auber
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aus: Die Gartenlaube, Heft 10, S. 160
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1868
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[160] Auber, der Jüngling von siebenundachtzig Jahren, macht in diesem Augenblicke wieder viel von sich reden. Seine Oper Le premier jour de bonheur (der erste Tag des Glückes), die er voriges Jahr geschrieben, hat einen entschiedenen Beifall, und wenn sie sich auch nicht den allerbesten Schöpfungen des Meisters anreiht, so ist sie doch reich an munteren Melodieen, um die ihn gar mancher Componist beneiden könnte, der noch in der Blüthe des Mannesalters steht. Es ist wohl selten einem Künstler das Glück zu Theil geworden, in einem so Hohen Alter sich der Gunst der Musen zu erfreuen und so viel Begeisterung zu erregen. Auber ist indessen nicht immer auf Rosen gewandelt. Sein erstes Auftreten als Operncomponist war nichts weniger als glänzend. Seine erste Oper, mit der er öffentlich auftrat, hieß Le séjour militaire (Soldatenweilen) und fiel durch. Dieses traurige Ereigniß fand 1813 statt. Auber war bestürzt und da er ohne Mittel war, ernährte er sich schlecht und gerecht als Clavierlehrer. Erst fünf, Jahre nach seiner ersten Niederlage wagte er es, eine andere Oper, Les billets-doux, aufführen zu lassen. Diese „Liebesbriefe“ wurden von dem Publicum mit so entschiedenen Beweisen von Hohn und Unwillen zurückgewiesen, daß der verzweiflungsvolle Componist über Hals und Kopf aus dem Theater stürzte. Leider hatte er das Unglück, in die Hände eines Textdichters zu fallen, der ihn für den miserabelsten Musikanten aus Gottes weiter Erde erklärte. Seine dritte Oper, ich glaube, sie hieß La Bergère chatelaine (die Schloßdame als Schäferin), wurde 1820 gegeben und hatte sich einer sehr günstigen Aufnahme zu erfreuen. Seit jener Zeit, d. h. seit achtundvierzig Jahren, hat Auber eine lange Reihe von Opern geschrieben, die zum größten Theil auf allen Bühnen der Welt aufgeführt werden. Seine Melodieen werden überall gesungen und von unzähligen Orgelkästen abgeleiert.

Auber schreitet noch rasch und lebhaft einher wie ein junger Mann, der ein Rendez-vous nicht versäumen will. Er liebt noch seine Muse und – wie man sagt – noch manche Priesterin derselben. Als echter Franzose hat er eben die Eigenschaft, nicht alt werden zu wollen. Auber ist witzig und geistreich wie seine Musik, und man sieht es seinem Gesichte, besonders seinen schwarzen sehr feurigen Augen deutlich an, daß er ein Mann ist, der eine passende Antwort auf eine unpassende Frage zu geben weiß. Manches Scherzwort, das er in Gesellschaft hingeworfen, hat die Runde durch die Pariser Salons gemacht, und wer ihn kennt, weiß recht gut, daß er mit der Geißel der Satire nicht blos zu knallen, sondern auch zu treffen weiß. Auber sucht wie Goethe jede Aufregung zu vermeiden und hütet sich vor erschütternden Eindrücken. Er steht jeden Morgen um fünf Uhr auf und begiebt sich sogleich an die Arbeit. Bis zum Diner, bis sechs Uhr Abends, bleibt er fast nüchtern; hingegen greift er beim Diner, das er gewöhnlich im Café Anglais mit einigen Freunden oder Freundinnen einnimmt, tüchtig zu. Dann besucht er die Theater und geht niemals vor, meistens aber nach Mitternacht nach Hause. Wann schläft er aber? Er behauptet, beim Componiren. Nach der Vorstellung seiner jüngsten Oper – der vierzigsten, die er geschrieben – soll er seufzend gerufen haben: „Dieses Werk ist mein letztes Wort!“ Das ist aber nicht wahrscheinlich. Viel wahrscheinlicher ist es, daß er bereits mit einem Textdichter wegen eines neuen Libretto unterhandelt, welches er im Laufe dieses Jahres in Musik setzen will.