Auf der Fahrt durch die schöne Natur
[468] Auf der Fahrt durch die schöne Natur. (Zu dem Bilde S. 452 und 453.) Das einfache Motiv einer „Fahrt durch die schöne Natur“ hat dem Künstler Gelegenheit gegeben, seine ungewöhnliche Gabe für scharfe Charakteristik in hellem Lichte erstrahlen zu lassen. Welche Gegensätze der Empfindung in diesen paar Typen, die sich in dem Wagenabteil zusammen gefunden haben! Am stärksten malt sich die Erregung auf dem Gesichte des Bankiers im Hintergrunde, der es nicht fassen kann, wie der ihm gegenübersitzende Freund eine Stelle verschlafen kann, die doch im Bädeker zwei Sternchen aufweist! Etwas gelassener, doch mit merklicher Spannung mustert die schwarzgelockte Nachbarin des Bankiers durch das Glas die vorüberfliegenden Schönheiten. Auch die andere Dame würde dies wohl gerne thun, wenn nicht ein unhöflicher und selbstsüchtiger Reisegefährte ihr mit seinem breiten Rücken den besten Teil der Aussicht verdeckte. So begnügt sie sich, entsagungsvoll zu dem Himmel aufzublicken, der über der versagten Herrlichkeit sich wölbt. Auch dem etwas struppigen Professor im Vordergrunde geht’s nicht ganz nach Wunsch. Mit gewohnter Gründlichkeit möchte er alles Merkenswerte an den von ihm berührten Punkten einer sorgfältigen Betrachtung unterziehen, aber – der Kuckuck soll es holen – es will ihm nicht gelingen, sein Opernglas auf die richtige Sehschärfe einzustellen. Er dreht und dreht, und darüber rollt der Zug in rasender Eile weiter und der arme Professor hat das Nachsehen. – Nur zwei Personen sind von der Fahrt durch die schöne Natur nicht in Mitleidenschaft gezogen; das ist einmal der Schaffner, der ruhig und gelassen seines Amtes waltet, und dann das kleine Töchterlein neben der um die Aussicht betrogenen Mama: es schläft den Schlaf des Gerechten, unbekümmert um alle Bädekersternchen der Welt!