Aufbruch zur Jagd und Rückkehr von der Jagd (Gemälde der Dresdener Gallerie)

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Autor: Adolph Görling
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Titel: Aufbruch zur Jagd und Rückkehr von der Jagd
Untertitel: Von Philipp Wouwermann
aus: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie
Herausgeber:
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1848–1851
Verlag: Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne
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Erscheinungsort: Leipzig und Dresden
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Departure for Hunting.     Aufbruch zur Jagd.

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Returning from the Chase.     Die Rückkehr von der Jagd.

[52]
Aufbruch zur Jagd und Rückkehr von der Jagd.
Von Philipp Wouwermann.

Eben hatte es vier Uhr geschlagen. Die herbstliche Sonne zögerte, sich zu zeigen. Chateau La Tour mit seinen stolzen Gebäuden, seinem paradiesischen Boccage und seiner ganzen reizenden Umgebung lag wie eine Perle im Grunde des Thales, von wallenden Nebelschleiern umschlungen. Ueber dem weitern Thale des provençalischen Adour lag in der Tiefe noch blaugraue Dämmerung; dicht über den Gruppen der Gehölze hin aber zogen schon flüchtig wie ein Gedanke schmale Streifen von matter Silberfärbung. Der Fuß des Gebirgszuges im Hintergrunde war von Nebelwolken verborgen; höher hinauf färbten sich die Berge mit sanfter, kirschrother Farbe, und oben um die reizenden Curven hüpfte und huschte schon ein morgenröthliches Flimmern, – der Vorbote des jungen Tages.

Die tiefe Stille, welche über der Landschaft lagerte, ward plötzlich unterbrochen. Hoch oben von der Gallerie von Chateau La Tour, wo das Banner Heinrichs von Navarra, schwer vom Morgenthau, sich hob und kräuselte, schmetterten laute und krause Töne des Hifthornes über das Thal und den Strom und die Fluren.

– Réveillez-vous, preux Chevaliers!
Réveillez-vous, Demoiselles!

So tönte der Ruf des „Trompette“ in der Melodie der alten Fabliaux der Provence.

[53] Ihm gehorchend ward’s auf La Tour lebendig. Zuerst stürzten die Garçons, die Pagen schlaftrunken hervor, liefen über den weiten Schloßplatz an der Parkmauer hin und eilten in die Pferdeställe oder in die eleganten Häuschen, wo die jetzt schon aus Leibeskräften kläffende Meute logirte. Die Thüren wurden aufgestoßen und die Rüden kamen, bösartig gähnend, zum Vorschein und fingen an langsam hin und her zu traben.

Jetzt wurden die Rosse herausgeführt. Sie schüttelten sich heftig und wieherten hell auf, während sie zum Striegeln und Putzen angebunden wurden.

Eines dieser Thiere war ein andalusisches; schöner war selbst der Lieblings-Schimmel des Béarners nicht. Es wollte sich von dem einen der Stalljungen durchaus nicht führen lassen.

Ein schlanker, entschlossen aussehender Mann von etwa 30 Jahren, der Stallmeister, trat rasch herbei.

– Was soll das Pferd hier? fragte er sehr übellaunig.

– Putzen will ich’s, Maître Le Clou! sagte der Bursche.

– Das hieß Dir Niemand, Coquin! Will dieser Sang de dieu, dieser spanische chien, sein Pferd blank haben, so putz’ er’s selbst! Weg damit!

Tant mieux! Meine Arme machen Euch ihr ergebenstes Compliment, Monsieur Le Clou! erwiderte der Reitknecht.

– Daß Dir meine geballten Hände nicht ein fühlbares Gegencompliment machen! war die Antwort.

Die Stallknechte sahen sich bedeutend an: der Stallmeister war heute höchst „quer“ aufgestanden. Er ging mit einiger Heftigkeit, immer noch für sich brummend, über den grünen Platz und stieg die breite, rings mit Epheu umhangene Treppe hinan, die von hier aus in’s Innere des Schlosses führte.

Auf der Mitte der Treppe blieb er plötzlich stehen. Die Kräfte schienen ihm zu mangeln. – Ein reizendes Mädchen, augenscheinlich eine Zofe, kam ihm entgegen. Sie drückte sich halb ängstlich, halb widerwillig an das steinerne Treppengeländer, um vor dem Manne vorbeizukommen. Dieser aber erhob seine Hand und legte sie ihr auf den Arm. Das Mädchen stand sehr befangen still. Dann aber schien sie unwillig zu werden.

– Le Clou, Ihr werdet mir doch den Weg nicht versperren?

Le Clou sah ziemlich feierlich aus.

– Mademoiselle Jeanneton! sagte er, tief aufseufzend.

Eh bien!

Ah! vous, si vous m’aimas un pau . . .

Plaignis m’un pau, preccaire . . . murmelte Le Clou.

Jeanneton schien gerührt zu werden.

Was habt Ihr an diesem Spanier, Mädchen? fragte Le Clou aufgebracht. Er liebt Dich nicht, wird Dich nicht lieben; denn dieses finstere Gemüth kann nur hassen. Warum findet die Stimme meines Herzens in dem Deinigen kein Echo mehr? Warum, Leichtsinnige, Verblendete, bist Du mir, Deinem aufrichtigsten Freunde, fremd geworden?

– Ah! Monsieur Le Clou, Ihr seid sehr gebieterischer Laune! Indeß gehöre ich, Gottlob! nicht zu den Leuten, denen Ihr etwas zu befehlen hättet. Adieu!

[54] Le Clou kämpfte einen Augenblick mit sich. Er schien geneigt zu sein, die schlanke Taille der braunäugigen Zofe zu umfassen und mit ihren frischen Lippen in interessante Beziehung zu treten. Dann aber schob er den Hut aus den Augen und sah sehr impertinent, ja drohend aus.

– Demoiselle! sagte er sehr maliziös. Hütet Euch; ich sage es. Ihr habt Eure Neigung einem erzkatholischen, perfiden Schufte zugewandt, der nur anfangen darf, durch die That seinen Herzensgedanken Luft zu machen, um sofort das Viertheilen ehrlich verdient zu haben. Versteht Ihr mich? Ich warne Euch! Laßt Euch zu keinem Werkzeuge der Italiener und der Guisen gebrauchen, mordious! Ihr wäret einfältig genug, um auf Anstiften Eures spanischen Schurken, oder – ich kümmere mich nichts um das Wort – auf Anstiften Seiner Hochwürdigkeit, des edlen Herrn Erzbischofs von Luçon – Sang de dieu! – den König sammt der gnädigen Frau wie Ratten zu vergiften.

Jeannette schlug die Hände zusammen und ward vor Bestürzung schneebleich.

– Ah! Le Clou, Ihr sprecht mit einer Hugenottin . . . konnte sie blos stammeln.

– Einer Hugenottin mit einem katholischen Liebhaber, das heißt, mit einem katholischen Herzen . . .

– Das ist keine Sünde; auch der König ist katholisch geworden . . .

– Aber er hat la belle France dafür erhalten, armes Mädchen . . .

– Und wenn ich nun ein Herz erhielte, welches für mich denselben Werth hätte? fragte Jeanneton, an ihrer Schürze zupfend.

Ah bah! macht Le Clou und geht brusque an dem Mädchen vorüber.

Sie wartet einen Augenblick; sie will augenscheinlich den schönen Picardier zurückrufen; dann aber erwacht ihr Stolz. Sie wirft das Trotzköpfchen stolz zurück; ihre Oberlippe kräuselt sich und sie geht festen Schrittes die Treppen hinunter, indeß der Stallmeister wie der Blitz nach oben eilt.

Oben auf der ersten Gallerie oder besser Terrasse, denn sie lehnt sich an den Wall und ist sehr breit, kommt dem Stallmeister ein dicker Priester entgegen. Er trägt die Kleidung eines Erzbischofs. Um sich zwischen den vielen Ketzern möglichst wichtig zu machen, hat er sich bereits in Ornat geworfen; es fehlen diesem, mit dem weißen Meßrock Prangenden, nur noch einige Stücke, und die „grande Tenue“ ist complet.

Pax vobiscum! näselt der Priester.

– Geh zum Diantre! murmelte Le Clou.

Aber heute hat sich gegen ihn Alles verschworen. Einige Schritte weiter kommt sein eigentlicher Busenfreund, Don Diego Lascara, der Spanier. Er ist schlank, klein; muß aber dennoch ein gefährlicher Nebenbuhler genannt werden; denn sein gelbbräunliches Gesicht ist regelmäßig und schön geformt; seine Augen, tief, düster, blitzen wie Fackeln in der Nacht; sein schmerzlich gezogener Mund ist geradezu zum Lächeln und Küssen eingerichtet. Le Clou wartet nur auf einen Gruß, um dem Spanier eine Grobheit durch „den Magen zu bohren“, wie die cavaliere Phrase damals lautete; aber Lascara sieht seinem Freund starr an, als wäre er ein Sandsteinpfeiler, und geht weiter. Indeß Le Clou zum Könige läuft, erreicht Lascara den Bischof.

[55] – So früh schon, mein Sohn? fragt der Priester mit einem eigenthümlich lauernden Blicke. Ich dachte, nur wir mieden schlaflos und zeitig das weiche Lager.

Por la Santa Madonna! Willst Du spotten? fragte Lascara mit zornigem Blicke. Freust Du Dich über das Ding, was Du aus mir gemacht hast? Keine Ruhe, weder Tag noch Nacht; die Hölle . . . Weißt Du, Priester, daß Eure berühmte Hölle Marionettenspiel gegen das ist was ich empfinde . . .

– O, der Brausekopf! sagte der Erzbischof, seine fatale Miene zu einem Lächeln verwandelnd. Aber so, . . . ja, aber so ist die Jugend . . .

– Was hat das mit mir zu thun? So bin ich, Don Jose Diego de Lascara; aber sicherlich werde ich keinen Tag länger so sein. Hört Ihr, würdigster Herr Erzbischof? Menschenkräfte sind gemessen! Die meinigen gehen schon bei dieser ewigen Spannung zu Ende. Es sind jetzt 11 Tage, und immer hieß es: Morgen! Morgen! Ich sage Euch, meine Kraft reicht vollkommen für meinen Zweck und Euern Wunsch und Plan; das ist’s aber all. Diese Kraft brauche ich sämmtlich; ich habe nicht etwa hundert Mal mehr aufzuwenden, als nöthig . . .

– Aber was heißt das? fragte der Prälat. – Vamos! Sennor! Das wißt Ihr sehr wohl. Klar aber: was geschehen soll, geschieht heute, oder durch meine Hand nimmer! Sehr einfach deshalb: weil ich morgen, da ich durch die zehnmalige Vollbringung der That in der Einbildung auf’s Aeußerste abgespannt bin, weder Muth, Sicherheit noch Willen mehr haben werde.

Der Bischof ward sehr unruhig. Dann zog er den Spanier dicht zu sich und flüsterte mit ihm.

– Du gehst also, Vater? fragte der junge Mann.

Der Bischof nickte.

– Und bringst mir Deinen Befehl und Segen?

Quien sabe? murmelte Luçon achselzuckend und ging.

Dicht neben den beiden Menschen hatte Jeanneton unter dem Epheu gekauert. Ihr Herz hatte sie getrieben, dem alten Geliebten nachzueilen, um ihm ein Wort des Trostes zu sagen. Noch wußte sie nicht, ob Le Clou oder Lascara der Gebieter ihres Herzens werden würde, aber so viel wußte sie, daß es ihr unerträglich war, Le Clou zu verlieren.

Als der Spanier jetzt die Treppe hinabgegangen und der Bischof in’s Innere des an die Terrasse stoßenden Schloßflügels getreten war, erhob sie sich bleich und zitternd und flog dann dem Stallmeister nach. Sie erreichte ihn dicht vor den Zimmern des Königs.

– Jacques! flüsterte sie, ohne Umstände seinen Arm und zwar sehr entschieden ergreifend. Le Clou sah sie sehr überrascht an.

– Ich habe Lascara gesehen . . .

– Und? fragte der Stallmeister sehr finster.

– Den Bischof auch . . . Wie sage ich’s . . . Ach, ich hörte nichts und wollte schwören, ich hätte Alles gehört . . . Jacques, wißt Ihr? Erinnert Euch, ich habe nichts gehört, aber ich sage Dir, mein Freund, reitet der König heute zur Jagd, so ist er verloren . . .

Le Clou schien bei der Bestätigung seiner eignen frühern Worte sehr außer Fassung zu kommen.

[56] – Was denn war’s?

– Nichts und doch Alles! Ihre Augen redeten eine zu deutliche Sprache: Mord hieß sie! Tod dem Béarner!

– Sehr gut! Sehr gut! murmelte Le Clou. Ich würde Dich für Deine Nachricht umarmen, hättest Du mir nicht Feindschaft geschworen . . .

– Ach, Jacques, das würde ich nie über mich vermögen . . .

– Nun denn . . . Ici le don d’amoureux merci . . .

Jeanneton eilte fort, indeß sie die schneeweiße Schürze an die Lippen hielt, welche von dem Kusse des Picarden noch viel röther geworden waren, als vorhin.

Le Clou aber trat zu dem Könige ein. Heinrich, noch in seiner schönsten Blüthe, lief im Negligé auf und ab. Er war heute Morgen ausgezeichnet gelaunt. Als der Stallmeister klirrend eintrat, sah er eben noch den rechten Arm und das fliegende weiße Kleid der gnädigen Frau. Gabriele d’Etrées oder d’Estrées flüchtete vor dem Würdenträger.

Eh bien! rief Heinrich von Navarra. Neuigkeiten seh’ ich Dir im Aug’! Ist mein „Omar“ krank?

– Der edle Schimmel ist federkräftiger als je . . . Er ist für heute gewartet und Eure Majestät dürfen heute jede Anforderung machen – seine Schenkel werden sie lösen . . .

– Aber, Le Clou! rief Heinrich sehr aufgeräumt, was ist’s mit Euch? Ventre-saint-gris! Ihr habt ja förmlich Styl in Eurer Rede, und eine Feierlichkeit in Euren Déhors, die zu liebenswürdig ist.

Der Stallmeister besann sich einige Augenblicke. Dann sagte er:

– Gnädiger Herr, ich melde, daß Alles fertig und bereit ist zur Jagd. Auf mich falle es, wenn Ihr irgend etwas vermißt.

– Gut, Le Clou! Nun noch die Pointe.

– Wie?

– Die Hauptsache, das Aber, was Dir im Halse steckt . . . rief Heinrich ziemlich ungeduldig.

– Das ist ja gerade die Schwierigkeit, diese Teufelsgeschichte vorzubringen.

Und nun fing er, da er es nicht wagte, weder Lascara noch den Bischof geradezu anzuklagen, an zu winden und zu drehen, bis daß er glücklich mit seinem Verdachte und mit der unfehlbaren Meinung und Ahnung der Demoiselle Jeanneton herausgekommen war.

Heinrich hatte, die Hände auf den Rücken gelegt und das schöne Haupt vorgebogen, zuerst sehr aufmerksam zugehört. Jetzt aber wandte er sich mit seinem Ventre-saint-gris auf dem rothen, hohen Absatze seiner Pantoffeln und sagte ziemlich gelangweilt:

– Du meinst also?

– Ja, Eure Majestät . . .

– Und Lascara, sagst Du?

– Ja, Eure Majestät; wiederholte Le Clou, der ungeachtet der frühen Stunde schon bedeutend schwitzte.

– Im Ernst, und auf diesen Grund hin soll ich zu Hause bleiben?

Der König fragte sehr ehrlich und sanftmüthig, und dennoch war in seinem Tone [57] eine so reizende, fast komische Ironie. Le Clou ärgerte sich; er meinte jetzt selbst, vor einigen Minuten durch ungeheure Vergrößerungsgläser gesehen zu haben. Er ward ziemlich ernüchtert, und der Hauptgrund seines Verdachtes schien ihm jetzt selbst in seiner Leidenschaft, in seiner Eifersucht gegen Lascara zu liegen. Le Clou schwieg also, indeß er sich das Ansehen eines Piquirten gab, um wenigstens einigermaßen seine Würde zu behaupten.

– Geh, geh, mein Kind! sagte der Béarner höchst gutmüthig; und sei sicher, daß ich Dir selbst Deine übertriebene Besorgniß um mich als Liebe und Ergebenheit anrechne.

Der Stallmeister ging an seine Geschäfte. Der König ließ sich ankleiden. Gleich darauf ward der Erzbischof angemeldet.

Heinrich IV. empfing den Ehrwürdigsten nicht gar zu verbindlich.

– Aber, mein theuerster Luçon, rief er ihm entgegen, sollte ich mich geirrt haben?

– Wie befiehlt der König? sagte der dicke Priester, sich verbeugend.

– Ich meinte, Chateau la Tour wäre unser Jagdschloß pour nos menus plaisirs und da ist mir das Ding wahrlich zum Staats- und Rathssaale geworden. Ventre-saint-gris und wie seht Ihr aus? Glaubt Ihr, wir vergäßen, das es eine Messe giebt? Thut mir den Gefallen, ich leide an den Augen . . . Grün, versteht Ihr . . . Sehr heilsam . . . Grün des Waldes und der schönen Wiesen . . . Schön, wißt Ihr, sehr schön! Grün unsere Hoffnung und grün unsere Kleider, das heißt, alle die, welche ich sehen will . . .

Der Erzbischof ließ sich durch diesen unheiligen, ketzerischen Ausfall gegen seinen Ornat durchaus nicht aus der Fassung bringen.

– Eure Majestät – sagte er sehr langsam – ist dieses geistlichen Kleides noch nicht zu sehr gewohnt . . .

Heinrich biß in die Lippe. Der Hieb traf Helm und Kragen; denn der König war erst vor 14 Tagen katholisch geworden.

– Möchtet Ihr Euch ganz mit diesem Rocke versöhnen. Ich kann nicht anders, sondern muß meine Bitte nochmals anbringen. Gebt den Ketzern ganz Frankreich, aber säubert Paris von ihnen.

– Das heißt, nehmt den Hugenotten Paris und sie werden keine Handbreit Land außerhalb desselben behaupten . . .

– Das haben Eure Majestät durch die That wiederlegt . . .

Die Schmeichelei war fein, aber die Wahrheit ging noch darüber. Heinrich sagte sie in einigen Worten.

– Das war auch der Béarner, mein Pater!

– Das katholische Frankreich erwartet einen Beweis, wobei sich Eurer Majestät Rechtgläubigkeit durch die That manifestirt.

– Nicht nöthig, Herr de Luçon. Mir würde doch Niemand glauben. Frankreich weiß so gut als ich, daß ich in diesem Leben nicht katholisch werde . . . Ventre-saint-gris, da ist die Sonne und ich stehe hier und unterhalte mich mit Eurer geistlichen Hochwürdigkeit, während ich arbeiten sollte.

– Mein König, bat jetzt der Erzbischof mit dringendem, fast flehendem Tone; Ihr habt’s bisher nicht hören wollen; aber ich sage Euch hier ist eine Bittschrift, von dritthalbhundert [58] der besten Edelleute Frankreichs unterzeichnet, durch welche Ihr gebeten werdet, zur Beruhigung der Gemüther gegen die Protestanten einige immerhin unwesentliche Beschränkungen eintreten zu lassen. Aber nothwendig sind diese Beschränkungen. Es sind 15 Millionen Franzosen, welche sie fordern. An ihre Spitze diese Namen . . .

Der Bischof schlug einige große Bogen Pergament auseinander.

– Keinen Laut! sagte Heinrich, gebieterisch die Hand ausstreckend, als der Prälat Anstalt machte, die Unterschriften abzulesen. Ich will die Namen meiner Feinde nicht wissen, Messire; denn das sind diese Herren; Ventre-saint-gris, und geschworne dazu. Ihr seid entlassen!

Der Erzbischof von Luçon nahm eine eiskalte, unzugängliche Miene an und ging rasch ab. Er suchte draußen den Spanier auf und nahm ihn mit auf sein Zimmer, in welchem nur eine Art von kleinem Altar darauf hindeutete, daß sein Bewohner ein Mann der Kirche sei.

– Heute, Lascara! sagte Luçon mit blitzenden Augen.

– Ich wollte, Ihr hättet das gestern gesagt! murmelte der junge Mann, indeß er sich auf die Kniee ließ, worauf der Bischof segnend seine Hand nach ihm ausstreckte.

– Und warum?

– Ich mag heute nicht mehr sterben; ich liebe, mein Vater. Gestern Morgen noch hätte ich Heinrich inmitten seines ganzen Hofstaates niederstechen können; aber seit dieser Zeit hat ein einziger weicher Händedruck mir gezeigt, daß mein Leben einen Preis besitzt, den ich nicht mehr in die Schanze schlagen will. Jetzt ist meine Sicherheit, die Möglichkeit meiner Flucht allererste Bedingung der Ausführung meines Werkes geworden, statt daß ich sie vielleicht gestern noch, sicher aber vorgestern, stolz verschmäht haben würde.

Der Bischof rieb sich rathlos die Hände.

– Aber welche unerhörte Phantasterei! murmelte er. Wo sind Deine feierlichen Entschlüsse, Deine Selbstverleugnung gleich derjenigen eines heiligen Märtyrers? Wo Deine erhabene Begeisterung, der Held der niedergetretenen Kirche zu werden? Alles verweht und verstoben vor . . . ich mag das Wort nicht wiederholen!

– Ihr habt mich zum Phantasten gemacht; erwiederte Lascara. Was wollt ihr? Warum scheltet Ihr den Nachtwandler, welcher seinen eignen Weg geht? Noch heute, ja, fühle ich Haß in meiner Brust . . .

Dieu merci! flüsterte Luçon.

– Haß gegen diesen doppelzüngigen, verrätherischen Béarner, dieses zerbrochene Rohr Aegyptens, das Jedem, der sich darauf lehnet, durch die Hand fährt. Ich gab mein Wort und, por la Madonna! ich werd’s lösen, das heißt, wenn ich Hoffnung habe mich zu retten.

Der Bischof zuckte die Achseln. Er gab seinen Mann fast auf. Wild und wüthend blickte der Geistliche auf die beiden schmalen, und obgleich gelben, dennoch sehr schönen Hände des Pfaffenzöglings, welche durch eine Bewegung das Schicksal eines der mächtigsten Reiche der Erde umgestalten konnten. Er versuchte nochmals sein Letztes; er stellte ihm die Würden der Erde und des Himmels vor, die er zu erwerben vermöge; er malte ihm die Schlösser und Villas in Italiens bezaubernster Gegend, die ihm zur Belohnung der finstern That übergeben werden sollten.

[59] Lascara schwieg und bat nur um Absolution und den Segen. Dann erhob er sich und ging auf die Terrasse, um sich auf den Schloßplatz zu begeben.

Jeanneton und eine ihrer Freundinnen lehnten über die Mauer. Die reizende Angebetete des Spaniers bog sich weit hinab, um einem armen Gebrechlichen eine Gabe in den dargereichten Hut zu werfen. Lascara wollte seinen Entschluß nicht durch ein Gespräch mit dem Mädchen erschüttern und eilte die Stiegen hinab. Aber Zeugniß von der blitzschnell in ihm erwachten Leidenschaft gab der Blick, womit er aufwärts zur Seite blickte.

Sein Freund Le Clou saß schon, die lange Flinte über den Arm gelegt, zu Roß. Lascara’s Andalusier war ebenfalls fertig; einer der Jägerburschen, welcher mehrere Pferde hielt, machte sich ein Vergnügen daraus, das edle Thier mit einem Rohre zu reizen und in die Nasenlöcher zu stoßen.

Heinrich stand vor seinem Schimmel im Mittelpunkte der Gruppe und scherzte mit einem seiner ältesten Diener, welcher das Pferd hielt. Dennoch sah man ihm an, daß er in Folge seiner Unterredung mit dem Bischof ernst geworden war. Er warf einen, von dem Spanier aber dennoch bemerkten, rapiden Seitenblick auf den Verdächtigen und in diesem einen Blick malte sich die unergründliche Schlauheit, die instinktmäßige Verschlagenheit des großen Gascogners.

Couchez! sagte er zu einem herrlichen gefleckten Spaniol, welcher ihn umsprang, indeß die vierbeinigen Cameraden zusammengekoppelt wurden, oder sich wedelnd niederlegten, oder am Rande des Springbrunnens sich mit den Vorderbeinen festhielten, um einige Tropfen des silberhellen Wassers zu lecken.

Couchez!

Der alte David, der Lehrmeister der zierlichen Diana, schaute schmunzelnd, wie das Thier gleich einem vorzüglich geschulten Mousquetaire gehorchte. Diana hatte die Vorderfüße ausgestreckt, die feine Schnauze dazwischen gelegt; die Hinterfüße angezogen. Sein Blick zeigte die unbeschreibliche Liebe zu seinem Gebieter, die er, da er jetzt wichtigen Dienst hatte, kaum durch ein leises Wedeln mit dem Schwanze näher zu bezeugen wagte.

– Das ist ein wahres Herz von einem Hunde! sagte der alte Gascogner vom Pic du Midi.

– Oh, David, Du kennst noch lange nicht seine ganze Vortrefflichkeit! sagte Heinrich so laut, das Lascara, welcher an dem Gurte seines Pferdes schnallte, unwillkürlich aufschaute. Er besitzt eine Eigenschaft, die ihn für jeden meiner Herren Vettern, z. B. für den König von England, auch für Seine katholische Majestät in Madrid höchst unschätzbar machen würde.

– Das wäre?

– Der Hund bellt Niemand an, als einen Meuchelmörder! sagte Heinrich langsamer sprechend.

Dann drehte sich der König auf dem Absatze, gab der Diana ein Zeichen und ließ ihn nachspringen.

Caballero! rief der König mit frischem Ausdrucke. Ich sehe, Ihr begleitet uns.

– Ich glaubte, da ich vorgestern ein schmeichelhaftes Lob von Eurer Majestät erhielt . . .

– Verdient! Dieser Schuß auf den Keiler war in Wahrheit meisterhaft.

[60] – Und die königliche Erlaubniß bei jeder folgenden Jagd mich dem Gefolge anschließen zu dürfen . . . daß ich . . .

Point de façons, Chevalier Lascara . . . Ihr seid von der Partei – car tel est Notre plaisir! Aber führt Ihr keine Schußwaffe? Wir werden mit flüchtigen Damen heute Bekanntschaft machen, Ventre-saint-gris!

– Erlaubt der König, so jage ich nach heimathlicher Weise; erwiderte der Spanier.

– Hindinnen? fragte Heinrich scharf.

– Ihr sagt’s mein König.

– Und diese manière singulière . . . Darf man neugierig sein oder soll man sich überraschen lassen?

– Es wird den König mehr interessiren, wenn die Jagd vor seinen Augen ausgeführt wird, ohne daß derselbe vorher instruirt wurde.

Heinrich machte eine sprechende Bewegung und sah ungeduldig aus.

– Ich verstehe, Majestät! sagte der gewandte Lascara, welcher eben zwei von seinem Pagen herbeigebrachte lange, mit Bärenfell verkoppelte Halfter vorn an den Sattelknopf geschnallt hatte. In den Biscaischen Gebirgen jagt man das Thier par force; man reitet dicht an dasselbe hinan und schießt’s nieder.

– Womit?

– Hier! sagte der Spanier und schlug die obere Klappe der Halftern zurück, worauf die blitzenden Kolben von zwei herrlichen Fauströhren sichtbar wurden.

Diese Bewegung des spanischen Edelmanns war so rasch gewesen, daß Diana, welche neben dem Könige stand, erschreckt zurücksprang und jetzt laut zu bellen anfing.

Tranquille! Diesmal fällst Du aus der Rolle, sagte der König; bedenke, das Du einen der bravsten Ritter des ganzen, stolzen Spaniens vor Dir hast.

Lascara zog seinen Hut und verneigte sich tief. Dann machte er sich an dem Sattelgeschirr zu schaffen und saß auf, um seine ungeheure Verwirrung zu verbergen.

Von David als Stallmeister bedient – es war ein Ehrenamt desselben, den Steigbügel zu halten, und wir glauben, er hätte sich zu Tode gegrämt, wenn ihm dies entzogen worden wäre – stieg der König mit leichter, unnachahmlicher Grazie in den Sattel. Jetzt erst war er ein vollkommener Mann; schöner war der Béarner nie, als zu Pferde. Der Zug setzte sich in Bewegung, voran die Piqueurs mit der kostbaren Meute, hinter dem Könige einige seiner Lieblinge, unter diesen Lascara, und dann folgten die Saumthiere und Maulesel; die ersteren mit Wasser und Proviant bepackt, die letzteren mit ihren Blenden an den Augen und den schön verzierten Packsätteln auf den Rücken, um die zu erwartende reiche Beute aufzunehmen und zum Schlosse zu schaffen.

Am Flusse, an denselben paradiesischen Ufern, die so viel tausend Mal von den Troubadours besungen wurden, ging der Zug fort, bis ein herrlicher Kastanienwald erreicht war, in welchem sich der hier mit Schnellsprüngen weiter schießende Adour verlor.

Hier ging sehr bald die Jagd auf. Der König fehlte im Schuß einen herrlichen Rehbock, ward, seiner Gewohnheit nach, hitzig, warf die Waffe fort, ergriff die Peitsche und dahin flog [61] der prachtvolle Schimmel, um seinen Herrn zu einer wahren Jagd, en Chevalier, zum Parforceritte zu tragen.

Le Clou, welcher mit argusähnlicher Aufmerksamkeit heute Alles, namentlich den König und seinen Freund Lascara beobachtete, hatte sein Roß augenblicklich in Galopp gesetzt, um dem Könige zu folgen; bald aber zeigte sich, daß der königliche Schimmel Schenkel von Damascenerstahl und statt des Blutes etwa Quecksilber in den Adern haben müsse. Le Clou ritt sein Pferd in Zeit von zehn Minuten fast in Grund und mußte es aufgeben, den Herrn einzuholen.

Es war übrigens noch ein Thier im Jagdzuge, welches den „Omar“ nicht nur nichts nachgab, sondern ihn ungeachtet seines zarten Baues noch übertraf. Das war der Andalusier des Spaniers. Lascara sah dieses Durchgehen des Béarners für eine Art Fingerzeig an, daß die Stunde für sein Werk, das hieß die letzte des Königs, geschlagen habe. Seitab stahl er sich, dann aber ließ er seinen Renner streichen. Er verleugnete nicht das edle, von den Rossen des Propheten und der Khalifen von Bagdad herstammende Blut. Nach einem Ritte von fünfundzwanzig Minuten sah er das milchweiße Roß Heinrichs wie einen Pfeil durch die Baumreihen schießen.

Lascara horchte. Fern ab zog sich die Jagd hin; die Hifthörner klangen gedämpft und verhallend; hier war er dem Hugenotten Mann gegen Mann gegenüber. Ein nochmaliger Entschluß, ein Stoßgebet zum Herzen der „Virgen santissima“ und zu allen Nothhelfern – dann brach Lascara aus der Dickung hervor, die ihn bis jetzt dem König verbarg.

Heinrich befand sich auf einer Waldlichtung, einem weiten grünen Plane, vor ihm lag das Thier, von der Rüdenschaar umgeben; er selbst richtete sich, hochaufathmend und nach dem Hifthorne greifend, in den Bügeln auf, um zu erspähen, welchen Weg die übrige Jagd genommen habe.

Lascara kannte jetzt keine Scheu, keine Scham, kein Zaudern mehr. Er trieb seinen Renner vorwärts und sprengte in gerader Richtung auf Heinrich zu, indeß er die Bedeckung von seinen Pistolen zurückschlug.

Ein Blick aber dieses Adlerauges des Navarresen, welches so viele Schlachten regirte, und seine Handlung, die bestmögliche in der entscheidenden Secunde, erfolgte mit diesem Blicke. Im Galopp, die Peitsche, wie in heller Lust, hochgeschwungen, sprengte der König dem Spanier entgegen und umritt ihn mit Blitzesschnelle.

Mordiour! rief er in seinem gascognischen Dialecte und knallte mit der Peitsche, daß das flüchtige Thier Lascara’s heftig aufprallte und sich hintenaufsetzte. Welch ein Roß, Chevalier! Ihr habt mir folgen können? Das Thier glänzt kaum, während meines vom Schweiß trieft. Herab, Chevalier, und ist’s nur Passade und Traverse, so muß ich – Ventre-saint-gris – auf der Stelle diesen Andalusier in der Schule bewundern.

Im Augenblick war Heinrich auf der Erde und stand neben dem Meuchler. Lascara war jetzt in seiner Gewalt, denn Heinrich hielt das Roß desselben am Zügel und hatte freundschaftlichst seine Hand auf die weiten Stiefeletten des Ritters gelegt. Lascara, durch diesen in fünf Secunden sich machenden Vorgang außer Fassung gebracht, betäubt, stieg ab. Heinrich nahm seinen Sitz ein, ließ das Pferd einigemal courbettiren, dann parirte er’s dicht vor dem Ritter.

[62] Er zog jetzt das eine Pistol und feuerte es in die Luft; das zweite ebenfalls. Dann stieg er mit majestätischer, aber keinen Hauch von Zorn zeigender Miene ab und präsentirte Lascara das Pferd.

– Sitzen Sie auf! Und Gott segne und stärke die Schnelligkeit Ihres Thieres; Sie dürften dieselbe nothwendig haben. Sagen Sie aber Ihren Freunden, daß sie bei Christi Kreuz den Béarner Bären finden sollen, wenn sie noch einmal eine ähnliche Jagd auf Hindinnen anstellen lassen!

Lascara sagte kein Wort. Er setzte sich auf, gab seinem Rosse einen wüthenden Spornhieb und verschwand diesmal und für immer.

Bald kam Le Clou. Er nahm das Pistol auf und besah es mit ängstlicher Miene.

– Die Jagd ist aus. Wir werden ins nächste Dorf reiten und eine Messe oder etwas dergleichen hören . . . Wie viel Thiere sind gefallen?

– Mit diesem hier drei!

– Genug für unsere schönen Damen, und, denk’ ich, für die Saumthiere ebenfalls. Allons, Messires! rangirt Euch, wenn’s beliebt.

Statt der Messe wurde jedoch in dem nahen provençalischen Dorfe ein Banket aufgeführt, welches erst spät unterbrochen wurde, als von Gabrielen d’Estrées der Lieblingspage ankam, und staubbedeckt und schweißtriefend, in nicht geringer Bewegung dem Könige zu Füßen fiel.

– Ihr lebt, mein Herr und König! . . . rief der Knabe.

– Ja doch . . .

Es zeigte sich, daß Jeanneton in der Abwesenheit der Herren, von Seelenangst gefoltert, der Herrin gebeichtet hatte, was sie von dem Anschlage des Bischofs und seines spanischen Freundes wußte, daß das ganze Chateau La Tour in Aufregung und Allarm gesetzt und Luçon zu Fuße durch den Park entflohen sei.

Einer der Piquers ging sofort als Estafette ab, um die Damen zu beruhigen.

Dann folgte der Jagdzug langsam nach. Heinrich konnte jetzt schon über diese „Brigands“ herzhaft scherzen, während seine Begleiter wüthend knirschten. In heiterster Laune erreichte er das Schloß und ritt auf dem von dem mittelsten Schloßhofe linksab gelegenen Eingange ein; denn hier war der Flügel, wo Gabriele wohnte.

Sie erschien, sobald Heinrich den Fuß zur Erde gesetzt hatte. Er stand neben seinem müden Schimmel; die Pagen der Herrin fielen über ihn her, schnallten ihm das Seitengewehr ab und knöpften ihm die Stiefeletten und Stiefelmanschetten los.

– Unsere Dame hat uns Unserer Dame heute erhalten! rief er heiter, indeß er der schönen unter dem Portale herannahenden Geliebten einen unaussprechlichen Blick zuwarf, dann aber sich in ihre Arme stürzte.

Maltre Le Clou aber auf seinem Rappen ritt dicht vor die gewaltigen Sandsteinpfeiler, denn hinter der Herrin zeigte sich Jeanneton, ihm liebend entgegenblickend. Le Clou zog ehrerbietig den Hut.

– Gnädige Frau, sagte er zu Gabrielen, wollt Ihr, da wir des spanischen Schurken [63] ledig sind, bei dieser Flatterhaften ein Wort für mich einlegen . . . Oder, so gewiß ich lebe, ich werde verschwinden wie mein Nebenbuhler . . . .

– Frag’ doch nicht, Jacques . . . flüsterte die Zofe.

Die Maulthiere kamen heran; die Beute zeigte sich; die Rüden kamen auf den Platz.

– Es wird ein Mahl für die Armen, Heinrich! flüsterte Gabriele, in den Armen des Königs lehnend.

– Du bist ein Engel!

Und sofort ward, ohne Rücksicht auf den delicaten Rasen, von der Dienerschaft ein großes Feuer angefacht, die Thiere waidgerecht zerlegt; Bratenspieße fingen an sich zu drehen und eine Art von Hochzeit des Camacho begann. Rings umher kamen die Leute aus den Dörfern auf das bekannte Signal des Thürmers herbeigeeilt – und fanden ein Paradies vollkommen fertig.

Die Sonne war lange untergegangen, als das fröhliche Fest, von Liedern und Romanzen verschönert, noch immer fortdauerte.

Heinrich und Gabriele blickten von der Terrasse in das eben so heitere als malerische Gewühl hinab.

Zu eben dieser Zeit warf der dicke Priester, glücklich durch Beihülfe eines guten katholischen Fährmannes über den Strom gekommen, und nun auf einem stöckischen Maulthiere mit Mühe sich vorwärts arbeitend, auf Chateau La Tour einen letzten Blick. Er glaubte das Schmettern der Hifthörner des Jagdpersonals noch hier zu hören und starrte gedankenschwer auf den irrlichtartigen Glanz, welcher aus der Gegend des Schlosses durch die Nacht leuchtete.

– Es ist alles mißlungen! murmelte er. Dieser Schwachkopf! Aber, Béarner, hier schwöre ich Dir, Namens der ewigen Mutterkirche, daß sie Dich, als ein unnützes Glied, dennoch abhaut und in’s Feuer wirft!

Die Welt weiß, wie mit Ravaillac dieser Schwur eines Priesters sich erfüllte.