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Auge und Blendung

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Autor: Dr. Hermann Cohn
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Titel: Auge und Blendung
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aus: Die Gartenlaube, Heft 33, 34, S. 558-560, 578–579
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1894
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Auge und Blendung.

Von Professor Dr. Hermann Cohn.
I.

Seit uralten Zeiten wurde das Auge als das schönste Geschenk der Natur betrachtet, und als der härteste Verlust, nächst dem des Lebens, gilt der Verlust des Augenlichtes. Daher wurde in alten Zeiten jeder, der das Auge eines anderen verletzte, mit Blendung seiner eigenen Augen bestraft. „Auge um Auge, Zahn um Zahn,“ heißt es in der Bibel.

Aber auch Feinde wurden in den ältesten Zeiten geblendet, so Simson von den Philistern und König Zedekia von Nebukadnezar. Im 7. Jahrhundert vor Christus hatte der weise König Zaleukos den Bewohnern von Lokri in Unteritalien ein Gesetz gegeben, wonach die Blendung als Strfse des Ehebruchs einzutreten habe. Nun beging aber zuerst sein eigener Sohn dieses Verbrechen, der König wollte die Strafe an ihm vollstrecken lassen, das Volk jedoch bat für ihn, und der Vater ließ, um dem Gesetze Genüge zu thun, dem Sohne ein Auge und sich selbst das zweite ausstechen. In späteren Zeiten war es bei den Griechen Sitte, daß einem Manne, der einen anderen blind gemacht, nur ein Auge ausgestochen wurde, falls er einen Teil seines Vermögens dem Erblindeten gab, hatte er aber kein Geld, so wurde er vollkommen geblendet.

Besonders roh verfuhren die Karthager. Sie schnitten nach der römischen Ueberlieferung dem römischen Feldherrn Marcus Regulus die Augenlider ab und setzten ihn den hellen Strahlen der Sonne aus, so daß er geblendet wurde und nicht mehr schlafen konnte. Schließlich sollen sie ihn in ein mit Nägeln ausgeschlagenes Faß gesteckt und dieses einen Berg hinabgerollt haben. Unter den fränkischen Königen und bei den Langobarden wurden den Dieben, die das erste Mal stahlen, die Augen ausgestochen.

Als der Enkel Karls des Großen, Bernhard, König von Italien, 817 gegen Ludwig den Frommen zu Felde zog, wurde er unter dem Schein von Unterhandlungen nach Chalons gelockt und mußte dort mit unverwandten Augen „in ein gülden Becken sehen, welches gegen die Sonne gesetzet war“, so lange, bis er erblindete. Auch Kaiser Barbarossa hat den Ueberläufern und Verrätern die Zunge ausschneiden und die Augen ausstechen lassen.

Bis zu den Zeiten Karls IV. konnte man sich in Deutschland, ähnlich wie im Altertum in Griechenland, durch Geld von seiner eigenen Blendung loskaufen, allein in einer böhmischen Chronik wird erzählt, daß ein Edelmann Namens Zahora, der seinem Pfarrer hatte die Augen ausstechen lassen und nun all sein Geld hergeben wollte, um seine eigenen Augen vor der Strafe der Blendung zu retten, nicht begnadigt wurde. Der Kaiser sagte, es könne kein Mensch dem anderen sein Gesicht ersetzen, und ließ dem Edelmann im Jahre 1366 in Prag vor allem Volke beide Augen ausstechen.

Noch in der peinlichen Halsgerichtsordnung Karls V. vom Jahre 1532 wurde das Ausstechen der Augen als Strafe für den ersten schweren Diebstahl angeordnet.

Glücklicherweise ist seit Jahrhunderten in Europa kaum mehr die Strafe der Blendung ausgeübt worden; im Orient besteht sie aber noch heute.

Wenden wir uns ab von den Gräueln vergangener Jahrhunderte und sehen wir lieber zu, was wir im Zeitalter der Civilisation thun können, nicht um die Augen zu blenden, sondern um sie vor Blendung zu schützen.

Zunächst freilich müssen wir betrachten, welche krankhaften Erscheinungen denn blendendes Licht in unseren Augen hervorruft. Wir können heute vier Folgen von Blendungen unterscheiden: 1) die Netzhautentzündung, 2) die Nachtblindheit, 3) die Bindehautentzündung und 4) den Grauen Star.

Fig. 1

1. Netzhautentzündung. Das Auge ist bekanntlich wie eine Zwiebel aus aneinander geschachtelten Häuten zusammengesetzt. Vorn bei h (Fig. 1) befindet sich die Hornhaut, durch welche die Lichtstrahlen in das Auge fallen. Hinter ihr liegt die Regenbogenhaut oder Iris (i), deren Mitte das Sehloch, die Pupille (p), bildet. Dahinter liegt die Kryslalllinse (l) und der Glaskörper (g), die sogenannten lichtbrechenden Medien, durch welche das Licht auf die innerste Haut, die Netzhaut (n), fällt. Hinter der Netzhaut liegt die Aderhaut. In der Mitte der Netzhaut, an der Stelle, mit der wir am schärfsten sehen, ist ein kleiner quer ovaler Fleck, genannt der „Gelbe Fleck“ (m). Hier sind viele Tausende von schmalen, feinen Zellen, die sogenannten Zapfen oder Sehzellen, dicht aneinander gedrängt. Die übrigen Teile der Netzhaut haben andere stäbchenartige Zellen, welche aber nicht so feine Empfindungen vermitteln wie die Sehzapfen am Gelben Fleck.

Nach Einwirkung hellen Lichtes, besonders nach Beobachtung der Sonne oder einer offenen elektrischen Bogenlampe, hat man nun Entzündungen der Netzhaut gefunden. Schon Galenus, einer der berühmtesten Aerzte, der im 2. Jahrhundert n. Chr. lebte, berichtete von Erblindungen nach Betrachtung einer Sonnenfinsternis. In letzler Zeit sind solche Fälle genauer beschrieben worden, da man nun mit dem Augenspiegel die Veränderungen der Netzhaut genau studieren kann.

Der Augenspiegel zeigte Zerstörungen am Gelben Fleck, also in der Mitte der Netzhaut, und zwar einen kleinen weißen Fleck mit blutigem Umkreise oder eine scharf umgrenzte gelb-weiße Scheibe mit dunkelbrauner Umgebung. Diese Beobachtungen stimmen sehr gut mit den Tierversuchen von Czerny und Deutschmann überein. Ersterer hatte unmittelbares Sonnenlicht mittels eines Brennglases auf der Netzhaut lebender Kaninchen vereinigt und eine wirkliche Verbrennung der Stäbchenschicht, eine Zerstörung, eine Entzündung der Netzhaut und Aderhaut, eine Gerinnung des Eiweißes in der Netzhaut und schließlich einen Schwund der Netzhaut gesehen. Von besonderem Interesse ist, daß weder die tiefsten dunkelblauen noch die tiefsten dunkelgrauen Gläser diese Einwirkung der direkten Sonnenstrahlen beeinträchtigen. Deutschmann fand sogar, daß selbst das Einschieben eines Glasrohrs von 20 cm Länge, welches, da es mit kaltem Wasser gefüllt war, die dunklen Wärmestrahlen abhielt, die Verbrennung und Zerstörung in der Netzhaut doch nicht hinderte.

Diesen Thatsachen entsprechen die Empfindungen der Betroffenen. Alle geblendeten Personen bemerkten, sofort nachdem sie in die Sonne gesehen, eine Verdunklung in der Mitte des Gesichtsfeldes, einen Schleier, Nebel oder Fleck, ein „centrales Skotom“, wie man es in der Gelehrtensprache nennt. Die Sehschärfe sank dabei im Centrum auf 1/2 bis 1/3 der normalen herab und machte es dem Kranken unmöglich, in der Mitte Farben zu unterscheiden. In den leichteren Fällen verschwand das Skotom nach längerer oder kürzerer Zeit, in den schweren bestand es ganz oder teilweise viele Jahre fort. Dementsprechend ging mitunter die mit dem Augenspiegel wahrgenommene Entzündung zurück, mitunter aber kam es zum Schwunde der Netzhaut an der erkrankten Stelle.

Aehnliche Erscheinungen wurden beim Blick in bengalisches Feuer oder beim Blick in die elektrische Sonne, die an der Decke eines Cirkus brannte, auch beim Blick in ein Mikroskop, auf dessen Spiegel plötzlich die Sonne schien, beobachtet. Vor einigen Monaten sah ich sogar dieselben Erscheinungen bei einem Liebhaberphotographen, welcher aus Versehen dem Magnesiumblitzlicht bei dessen Entzündung zu nahe gekommen war.

Die Krankheit ist im ganzen selten, aber nach Sonnenfinsternissen häufen sich meist die Fälle; so hat Professor Jäger in Wien nach einer Sonnenfinsternis im Jahre 1851 14 Erkrankungen zu teilweiser oder gänzlicher Erblindung führen sehen, und nach der Sonnenfinsternis am 17. Mai 1882 ist eine Reihe solcher Fälle in Deutschland und in der Schweiz beschrieben worden. Auch Galilei soll durch Beobachtung der Sonnenflecke sein Augenlicht verloren haben.

2. Nachtblindheit. Wenn nicht außerordentlich starke Lichter plötzlich, sondern große helle Flächen, z. B. Schneeflächen, sonnige Sandflächen, Kalkfelsen, Steppen, weiße Mauern, längere Zeit das Auge blenden, so entsteht nicht Netzhautentzündung, sondern eine eigentümliche Stumpfheit der Netzhaut, die sich mit dem Augenspiegel nicht sehen läßt, sondern sich nur der betroffenen Person dadurch kund [559] giebt, daß sie zwar am Tage ganz gut, am Abend und im Dunkeln aber gar nicht sieht, „nachtblind“ wird, „hühnerblind“ oder „hemeralopisch“ („tagsehend“). Der Lichtsinn muß also herabgesetzt sein. Es ist eine besonders große Menge Licht nötig, damit noch gesehen wird. Wie mißt man nun den Lichsinn? Es geschieht dies nach Aubert in der Weise, daß man in einem Zimmer, das sonst ganz dunkel ist, eine kleine Fensteröffnung immer mehr verkleinert und dabei bestimmt, bei welch kleinster Oeffnung der zu Untersuchende noch große Buchstaben lesen kann. Dieses Verfahren von Aubert wurde 1857 von Förster für einen sehr praktischen Apparat verwendet, das „Photoptometer“., welches eine finstere Stube erspart. Der Kranke blickt in einen schwarzen Kasten, der nur durch eine Oeffnung Licht erhält, die größer und kleiner gemacht werden kann. Das normale Auge ist noch imstande, die großen Buchstaben am Ende des Kastens zu lesen, wenn die quadratische Lichtöffnung nur 2 mm Seite hat. Dann sagt man, „der Lichtsinn (L) ist = 1". Wenn aber jemand an Nachtblindheit leidet, so muß die Lichtöffnung auf 20, 40, 60 mm etc. Seite des Quadrats vergrößert werden, damit die Buchstaben noch erkannt werden, dann sagt man, der Lichtsinn sei = 1/100, 1/400, 1/900 etc. des normalen.

Bei diesen Versuchen muß der Kranke sich erst 10 Minuten im Dunklen aufhalten, sich an die Dunkelheit erst gewöhnen, da niemand, der aus dem Hellen ins Dunkle kommt, sofort Gegenstände erkennt. Wer jemals Kranke in einer Augenklinik besucht hat, weiß, daß wenn er in das dunkle Krankenzimmer trat, er anfangs gar nicht sah, ob überhaupt Personen da seien, daß er aber nach 5 Minuten schon deren Gesichter genau unterschied.

Obgleich nun das Photoptometer bei den Nachtblinden eine sehr große Herabsetzung des Lichtsinnes zeigt, können diese bei Tage oder bei gutem künstlichen Lichte eine vollkommene Sehschärfe und ein gutes Gesichtsfeld haben, aber sobald der Lichtschein unter eine gewisse Reizschwelle sinkt, stolpern sie und rennen überall an. Die Krankheit befällt stets beide Augen, während die Netzhautentzündung immer nur das eine Auge trifft, welches in die blendende Sonne oder das elektrische Licht hineingestiert hat.

Die Nachtblindheit kann aber auch als Begleiterscheinung bei verschiedenen Krankheiten der Aderhaut und Netzhaut vorkommen, bei denen dann der Augenspiegel deutliche krankhafte Veränderungen zeigt. So ist dies bei der gefürchteten Farbstoffeinwanderung in die Netzhaut (Retinitis pigmentosa) der Fall, die besonders häufig Kinder aus Verwandtschaftsehen befällt und in späteren Lebensjahren leider immer zur Blindheit führt.[1] Aber bei der einfachen Nachtblindheit nach Ueberblendung handelt es sich um eine Form ohne krankhaften Augenspiegelbefund, die Netzhaut sieht völlig gesund aus.

Meist ist gar nichts Krankes am Auge zu entdecken, mitunter aber, bei den epidemischen Formen, findet man bei Nachtblinden die sogenannte „Vertrocknung der Bindehaut“ („Xerosis“). Bekanntlich ist der Augapfel mit den Augenlidern durch eine feine Schleimhaut, die „Bindehaut“ (b in Fig. 1), verbunden, die eben davon ihren Namen hat; sie schlägt sich von der hinteren Fläche der Augenlider auf die vordere Fläche des Augapfels herum und bedeckt den ganzen sichtbaren Teil des Augapfels mit Ausnahme der Hornhaut (h). Die Bindehaut ist bei den Gesunden glatt, glänzend und ein wenig feucht. Bei

Fig. 2

der Xerose aber zeigt sich (x in Figur 2) ein feiner weißer Schaum zu beiden Seiten der Hornhaut im Bereiche der geöffneten freien Lidspalte. Wischt man ihn fort, so erscheint darunter eine 4 bis 8 mm lange, etwa dreieckige Stelle der Bindehaut, die eigentümlich fettig, trocken, glanzlos, in feine konzentrische Fältchen gelegt, wie mit Seidenpapier bedeckt ist; die Thränen fließen über die Stelle fort, ohne sie zu benetzen. Nur die Stellen der Lidspalte sind befallen, welche den größten Teil des Tages offen stehen und also am meisten der Luft ausgesetzt sind. Der Schaum erneuert sich nach Entfernung bald wieder.

Im Jahre 1868 bildete ich die Schüppchen und den Schaum ab als verhornte, den Schuppen der Oberhaut ähnliche Zellen; damals kannte man die Bacillen noch nicht. 1883 fand Neißer die Oberfläche dieser Zellen mit kurzen Stäbchen, Bacillen, bedeckt; allein dieselben Bacillen fand man auch bei Personen, die keine Xerose haben. Erreger der Krankheit sind sie also nicht, vermutlich geraten sie aus der Luft auf die Bindehaut und gedeihen dort besonders gut auf den erkrankten Zellen.

Diese Form der dreieckigen Xerose ist ganz ungefährlich und verschwindet meist wieder vollkommen mit der Nachtblindheit. Diese und die mit ihr verbundene dreieckige Xerose haben nur den einen Zusammenhang, daß sie beide Zeichen einer gesunkenen Ernährung des Auges sind.

Die Nachtblindheit tritt oft epidemisch auf. Schon seit vielen Jahrzehnten wurde sie bei Matrosen und Seesoldaten, in Regimentern des Landheeres, in Zuchthäusern, deren Mauern sehr hell weiß gestrichen waren, in Waisenhäusern gefunden und bei Feldarbeitern, die in sonnenhellen Frühlings- oder Sommertagen den ganzen Tag im Freien arbeiteten.

Interessant ist die Mitteilung von Guthrie, daß ein russisches Regiment in dem Kriege zwischen Rußland und Schweden in Finnland in einer hellen Frühlingsnacht auf ein anderes russisches Regiment eingehauen habe; es hatte dieses für Schweden gehalten, weil mehrere 100 Mann nachtblind waren.

Die meisten Schilderungen derartiger Epidemien stammen aus Rußland. So beschrieb Reich eine Epidemie von Schneeblindheit, welche er auf dem Gudaur-Paß im Kaukasus, 2500 m hoch, bei mehr als 70 Arbeitern an der Georgischen Militärstraße beobachtete. Ein Meer von blendendem Lichte wurde von dem Schnee, auf den die helle Märzsonne schien und welcher endlos ausgebreitet lag, zurückgeworfen, so daß bei den Arbeitern bald ein höchst peinliches Gefühl im Auge und Nachtblindheit entstand. Die stärksten Männer unterlagen dieser Blendung, freilich gab es auch andere, die nicht den geringsten Schaden erlitten.

Auch in Bordeaux beobachtete Bitot im Jahre 1863 eine Epidemie von Nachtblindheit bei Personen aus den ärmlichsten Verhältnissen. Ich sah 10 Fälle, die mit Xerose gepaart waren; 3 davon betrafen Geschwister aus einem Dorfe in Schlesien, welche 3 Jahre lang im Frühjahr Rückfälle bekamen, während sie im Winter von beiden Leiden frei blieben.

Unter 70 Glasbläsern fand Jewetzki auch 13 mit Xerose ohne Nachtblindheit; die hohe strahlende Wärme beim Glasblasen (bis zu 65° C) und das starke Schwitzen bei der Arbeit werden von ihm für die Veranlassung der Xerose gehalten.

Das beste Heilmittel für Nachtblindheit ist Abschluß des Lichtes von den überblendeten Augen – ein dreitägiger Aufenthalt im ganz dunklen Zimmer, und die Krankheit ist völlig beseitigt. Celsus, der hervorragende Arzt, der im ersten Jahrhundert nach Christus in Rom lebte, empfahl gegen das Leiden bereits den Genuß von Schafsleber, später wurde von vielen Schweins- oder Rindsleber gerühmt. Unvergeßlich ist mir folgender Fall. Vor 20 Jahren wurde mir ein Gefangener vorgeführt, der infolge längerer Arbeit im Freien an sehr hellen Sommertagen nachtblind geworden war. Ich verordnete drei Tage Dunkelkur und täglich zweimal gebratene Schweinsleber. Am fünften Tage kam der Kranke wieder und behauptete, noch immer abends anzurennen. Da ich keine Krankheit der Netzhaut finden konnte und sonst stets nach 3 Tagen Heilung gesehen hatte, so verordnete ich noch 3 Tage Dunkelkur. „Und wie viel Schweinsleber, Herr Professor?“ fragte der Gefangene. Da ich diese jetzt nicht mehr für nötig hielt, gab er zu, daß er gar nicht mehr nachtblind sei, sondern am vierten Tage die Krankheit nur simuliert habe, um noch mehr Portionen der im Gefängnisse sonst nie verabreichten, ihm sehr gut schmeckenden Schweinsleber zu erhalten. Auch Leberthran wird mit Nutzen verordnet; das wesentlich Wirksame in der Leber wie im Thran ist jedenfalls das Fett. So beobachtete Krawkof eine Epidemie unter russischen Soldaten, welche auf ungenügenden Fettgehalt der Nahrung zurückzuführen war; sobald dieser Mangel beseitigt war, kamen keine neuen Fälle von Nachtblindheit mehr vor.

3. Bindehautentzündung. Sowohl nach dem Blicken in elektrische Bogenlampen als bei Schneeblendung hat man Entzündungen der Bindehaut beobachtet, welche sich durch Thränen, Stiche im Auge, starke Rötung und Schwellung der Bindehaut, Lidkrampf mit Lichscheu geltend machten. Solche Fälle sind vielfach beschrieben, so auch bei der Epidemie auf dem Gudaur-Paß. Diese Erscheinungen gehen meist rasch vorüber.

4. Der Graue Star. Schon seit dem Anfang dieses Jahrhunderts ist es ausgesprochen worden, daß übermäßige Lichtwirkung [560] namentlich bei Feuerarbeitern zur Trübung der Krystalllinse, zum „Grauen Star“, führt. Das Wort „Star“ stammt von derselben Wurzel wie „starr“ her, da die Star-Blinden starr vor sich hin blicken. Bei Schmieden, Schlossern und Glasbläsern beonachtet man besonders häufig Star; wahrscheinlich verursacht die Austrocknung des Auges bei ihnen eine mangelhafte Ernährung und daher Trübung der Krystalllinse. Unter 442 Glasbläsern fand Maihöfer 9% Starkranke, und zwar in dem jugendlichen Alter unter 40 Jahren.

Daß auch der Blitz Star erzeugt, wurde von Professor Leber in Heidelberg machgewiesen; dabei freilich kommen auch noch andere tiefere Augenleiden vor, so Entzündung und spätere Schrumpfung der Sehnerven. Es ist möglich, daß beim Blitze, wie Leber vermutet, das Eiweiß in der Linse gerinnt, ähnlich wie die Milch beim Gewitter.

Soviel über die Arten der Blendung. In einem zweiten Artikel soll von den Mitteln zu ihrer Verhütung die Rede sein.


[578]
II.

Nachdem wir die Veränderungen, welche die Blendung im Auge hervorruft, kennengelernt haben, wenden wir uns zu den Vorbeugemaßregeln. Diese bestehen

1. in Vermeidung der Blendungsquellen
2. im Tragen von farbigen Brillen.

Vor dem Blitze kann man sich nicht schützen; glücklicherweise sind jedoch Blendungen durch denselben sehr selten.

Blendung ist auch schon durch Spiegel hervorgerufen worden. Professor Arlt wurde im Jahre 1849 zu einem sechzehnjährigen Mädchen gerufen, welchem von einem Soldaten aus Mutwillen, als es in seiner Nähe im Schatten der Häuser vorüberging, morgens 10 Uhr mit einem Spiegel das Sonnenlicht ins rechte Auge geworfen worden war, es folgte wütender Schmerz im Auge und Blendung, dann Entzündung, die aber noch glücklich bekämpft werden konnte. Vor derartigen plötzlichen Reflex-Blendungen kann man sich natürlich nicht schützen. Wohl aber warnte Arlt mit Recht davor, beim Spazierengehen im starken Sonnenlicht zu lesen, weil bei zufälligen Wendungen der Schatten des Kopfes, der auf dem Papier liegt, plötzlich grellem Sonnenlichte weicht. Ebenso hüte man sich vor Mikroskopieren bei direktem Sonnenlicht und schütze sich bei Sonnenbeobachtungen durch ein tief schwarzes Glas!

Ob das Licht des Vollmondes Schaden bringen kann, weiß ich nicht. Die Matrosen, welche in südlichen Meeren nachtblind werden, behaupten meist, daß sie ihre Krankheit dem Monde verdanken, der sie bescheint, während sie auf dem Verdecke schlafen; ich möchte fast glauben, daß die Ursache mehr in der Blendung durch den Meeresspiegel unter den Tropen zu suchen sei. Doch will man in Aegypten und Arabien auch auf dem Festlande Sehschwäche und selbst Erblindung beobachtet haben, wenn das Mondlicht Schlafende beschienen hatte.

In einen offenen elektrischen Flammenbogen zu sehen, der 5000 bis 10000 Normalkerzen entspricht, ist die größte Tollkühnheit. Früher mußte man die Kohlenspitzen desselben mit der Hand regulieren, und dabei kamen öfters Blendungen vor. Heute geschieht dies durch selbstthätige Vorrichtungen, so daß niemand mehr in den Bogen hinein zu sehen braucht, daher sind in den letzten Jahren auch keine Fälle mehr von Blendung durch glühende Kohlenspitzen bekannt geworden.

Aber auch jede größere offene Flamme, Petroleum oder Gas, kann durch Aussendung von unmittelbaren Lichtstrahlen dem Auge unangenehm werden. Früher wurdem die Besucher der oberen Ränge und Galerien im Theater oder Cirkus durch die offenen Flammen des Kronleuchters oft geblendet, und man war auf Mittel und Wege zur Abhilfe bedacht. Schon 1866 sah ich im Theatre du Chatelet in Paris gar keine offenen Flammen, der große Gas-Kronleuchter befand sich oberhalb einer mächtigen matten Glasdecke. Später wurde diese dem Auge sehr wohlthuende Beleuchtung auch im Sitzungssaale des deutschen Reichstags in Berlin eingeführt.

Das Licht der elektrischen Bogenlampen kann man durch Milchglas-Glocken abdämpfen, wenn man auch dadurch 33 bis 60% Licht verliert. Aber selbst mit diesen Glocken blenden sie, wenn sie zu tief hängen. Es läßt sich nicht leugnen, daß in vielen Straßen unserer Großstädte, wo die Bogenlampen vor den Schaufenstern nur etwa 11/2 bis 2 m hoch über dem Kopf der Fußgänger angebracht sind, die Passanten von einem Blendungsgefühl getroffen werden, namentlich da, wo viele solche Lampen in einer Straße vereinigt sind. Hier müßte ein Gesetz vorschreiben, daß die so niedrig hängenden Lampen dem Auge des Publikums entzogen werden und nur ihr Reflex dem Schaufenster zugute komme.

Die öffentlichen Bogenlampen pflegt man allerdings sehr hoch, oft sogar zu hoch anzubringen. Man kann aber das Licht der Bogenlampen ganz und gar dem Blick entrücken. So schlug Partz in Philadelphia vor, die stärksten Bogenflammen in der Mitte der Straße in Oeffnungen unterhalb des Pflasters unterzubringen, 40 Meter darüber aber ungeheure Hohlspiegel abzustellen die das Licht dann wieder nach unten auf die Straße zurückwerfen würden – jedenfalls ein eigenartiger Vorschlag.

Vorzüglich bewährte sich der Gedanke, das Bogenlicht in Sälen dem Auge ganz zu entziehen. Zu diesem Zwecke entwarf der Berliner Ingenieur Hrabowski in geistreicher Weise Oberlicht-Reflektoren. Er umgab den Kohlenbogen mit einem prismatischen Glasringe, welcher die hauptsächlich wirksamen Strahlen des elektrischen Lichtes so von ihrem Wege nach unten ablenkt, daß diese auf einen mit weißem Stoffe überzogenen Mantel fallen, welcher die Lampe umhüllt. Erst von diesem gehen sie nach unten, so daß von keinem Platze aus die Flamme selbst gesehen werden und nirgends Blendung entstehen kann. Diese Oberlicht-Reflektoren eignen sich daher besonders für Zeichen- und Operationssäle.

Auch plötzliches Einfallen von Tageslicht ruft Blendung hervor, man suche also durch Stellung des Bettes und durch Vorhänge das Auge gegen die unmittelbaren Strahlen der Morgensonne zu schützen. Man lasse die Vorhänge oder Fensterläden nicht plötzlich öffnen! Ich behandelte einmal eine Dame, die in diesem Punkte höchst empfindlich war, ihre Kammerzofe mußte die Rollvorhänge so langsam aufziehen, daß darüber 10 Minuten vergingen.

Nachtlampen sind jetzt wohl nur noch wenig in Gebrauch. Hat man sie, so stelle man sie so, daß das Licht nicht gerade ins Auge fällt. Der Schlaf ist für Augen, die am Tage viel angestrengt waren, im ganz dunklen Raume viel zweckmäßiger und ergiebiger. –

Da ich so oft im Leben gefragt wurde, was ich über das Lesen im Bette denke, so möchte ich bei dieser Gelegenheit, obgleich die Frage nicht unmittelbar in das Kapitel der Blendung gehört, meine persönliche Ansicht hier aussprechen.

Viele Menschen behaupten, sie können nicht einschlafen, wenn sie nicht noch ein wenig im Bette lesen. Unter diese Leute gehöre ich selbst. Ich kann nichts Schlimmes in dem „ein wenig“ finden, habe auch keinerlei Nachteile dadurch gehabt. Wer viel körperlich anstrengende Arbeit thut, sinkt sofort in tiefen Schlaf, selbst in den verkehrtesten Körperstellungen, so die Maurer mittags in der Arbeitspause, die Arbeiter in den Eisenbahnwagen. Wer aus dem Wirtshaus oder aus einer heiteren Abendgesellschaft nach Genuß mehrerer Gläser Bier oder Wein mit der sogenannten „Bettschwere“ heimkehrt, wird natürlich keine Veranlassung zum Lesen finden, sondern ebenfalls sofort in tiefen Schlaf versinken. Ein Backfischchen, das den halben Tag schon in Romanen geschwelgt hat, braucht nicht auch noch abends im Bett seine Phantasie durch derartige Lektüre weiter zu erregen. Aber wer am Tage geistig gearbeitet und bis in die ersten Nachstunden hinein studiert hat, thut sogar meiner Erfahrung nach gut daran, durch eine kurze erheiternde Lektüre im Bett den Uebergang vom Ernst der Wissenschaft zu der Erquickung des Schlafes zu erleichtern. Warum soll nicht auch eine Hausfrau, die den ganzen Tag in ihrer Wirtschaft thätig ist und erst abends zur Ruhe kommt, ein Viertelstündchen im Bett noch etwas lesen? Was soll das für Schaden bringen? Bedingung ist natürlich helle Beleuchtung und guter Druck.

Wer bei einem flackernden Lichte den jämmerlichen Zeitungsdruck im Bett liest, wird dadurch ebenso leicht Kurzsichtigkeit erzeugen oder vermehren wie unter gleichen Umständen am Schreibtisch. Aber es giebt ja jetzt vorzügliche Petroleumlampen, ja vielfach schon elektrisches Glühlicht auf den Nachttischen! Neuerdings hat Wendriner in Breslau auch Nachttischreflektoren ersonnen, die sehr empfehlenswert sind. Sie bestehen aus einem Ständer, der ein stets in gleicher Höhe brennendes Stearinlicht trägt, vor dem sich eine Wasserflasche befindet, die hier als „Schusterkugel“ wirkt. Auch Streichhölzer fehlen nicht auf dem Ständer, so daß in zweckmäßiger Weise alles auf dem Nachttisch Wünschenswerte vereinigt ist. Dabei ist die Beleuchtung durch die aus der Wasserflasche tretenden Lichstrahlen derartig, daß nur das Buch erleuchtet wird, während andere Personen, die etwa in dem Zimmer schlafen, trotz des Lichtes ungestört im Dunklen bleiben.

Daß diese Zusommenfassung des Lichtes auf eine kleine Stelle dem Auge nicht schaden kann, schließe ich daraus, daß ich höchst selten kurzsichtige Schuhmacher gesehen habe, die doch den ganzen Abend bei solcher Beleuchtung arbeiten.

Freilich muß beim Lesen im Bett die Rückenlage eingehalten werden, denn die Seitenlagen sind schädlich, weil dann ein Auge der Schrift näher ist als das andere und weil dann die Beleuchtung des Buches meist nicht mehr gleichmäßig ist.

Auch sogenannte „spanneude“ Lektüre, bei der man eine Stunde und mehr im Bette liest, kann nicht empfohlen werden, da [579] durch diese der nötige Schlaf verscheucht wird und die Schwierigkeit das Buch so lange zu halten, zu Körperstellungen führt, die schädlich wirken können. Ausdrücklich möchte ich jedoch erklären, daß Schülern und Schülerinnen das Lesen im Bette gewiß zu untersagen ist, die haben im Bett nur zu schlafen! –

Um nun auf unsern eigentlichen Gegenstand zurückzukommen, so sei noch erwähnt, daß es auch Personen giebt, die über Blendung durch solche helle Gegenstände klagen, welche ein gesundes Auge niemals blenden, z. B. durch ein weißes Tischtuch, durch weiße Gardinen, durch ein silbernes Messer, durch helles Pferdegeschirr etc. Diese Art der Ueberempfindlichkeit der Netzhaut ist rein nervöser Natur. Sie wird besser vom Nervenarzt als vom Augenarzt behandelt.

Schon längst hat man gegen Blendung blaue und graue Gläser angewendet. Das weiße Licht enthält bekanntlich rote, orange-gelbe, gelbe, grüne, blaue und violette Strahlen. Welche von diesen Strahlen das Auge mehr reizeu, läßt sich von vornherein gar nicht entscheiden. Aber der Sprachgebrauch ist hier wichtig; wir sprechen von einem „brennenden“ Rot und „schreienden“ Gelb, von einem „schreienden Blau“ hat jedoch noch niemand etwas gehört. Gelbe Beleuchtung im Cirkus oder beim Ballett ist gewiß nicht so angenehm wie das Blau des Himmels. Daß nicht die Helligkeit als solche, sondern die Farbe einen Einfluß auf das Auge ausübt, beweist der Truthahn und der Stier, die nicht durch das hellste Tuch, sondern durch ein rotes Tuch gereizt werden.

Böhm, der in einer Stickereianstalt, in welcher auf Seidenstoffe von den verschiedensten Farben gestickt wird, Untersuchungen anstellte, fand, daß unter allen Farben Gelb und Apfelgrün für die Augen am ermüdendsten sind, während Blau von allen Arbeiterinnen als die angenehmste Farbe bezeichnet wurde.

Ueber die Ausdauer bei verschieden gefärbten Lichtquellen liegen keine Versuche vor. Sie würden auch ungeheure Zeit in Anspruch nehmen, da jedes Auge bei jeder Lichtquelle mit frischen Kräften anfangen und bis zur Ermüdung fortarbeiten müßte.

Blaue Gläser löschen einen Teil der gelben und roten Strahlen aus, welche das weiße Licht enthält. Sie wurden von Gräfe mit Vorliebe verordnet und die bedeutendsten Augenärzte haben sie seit Jahrzehnten angewendet, ohne je Schaden beobachtet zu haben, im Gegenteil, meist wurde bei schwachen Augen eine längere Arbeitsdauer dadurch erzielt. Die blauen Gläser werden durch Zusatz von Kobalt-Oxydul erzeugt und sind in fünf Helligkeitsstufen zu haben.

Eine Zeitlang glaubte man, daß die blauen Gläser fast nur blaue Strahlen durchlassen und gab lieber graue Gläser, von denen man annahm, daß sie alle Farben gleichmäßig schwächten. Die grauen Gläser, auch „London-smokes“ oder „Rauchgläser“ genannt, haben ebenfalls verschiedene Stufen, meist werden auch hier 5 Helligkeitsgrade unterachieden.

Allein schon vor 7 Jahren habe ich gezeigt, daß, wenn man 2 bis 6 graue Gläser aufeinander legt und durch sie eine Flamme betrachtet, diese immer herrlicher purpurrot erscheint, daß also gerade die schädlichen roten Strahlen durch die grauen Gläser weniger geschwächt werden als durch die blauen, bei denen erst 5 bis 6 aufeinandergelegte Gläser aus einer blau erscheinenden Flamme eine blau-violette machen. Bei einfachen Gläsern ist es aber ganz belanglos, ob man grau oder blau nimmt, man kann es getrost dem persönlichen Ermessen des Betreffenden überlassen, ob er eine blaue oder eine graue Brille nehmen will.

Bei starkem Bogenlichte oder bei Sonnenbeobachtungen werden mit Ruß geschwärzte Gläser oder die allerdunkelsten Nummern 4 und 5, bei Schneeflächen und Sonnenschein die mittleren Nummern 2 und 3 vorzuziehen sein. Ich halte es namentlich bei Gletschertouren nicht für ratsam, die dunkelsten blauen oder grauen Gläser zu nehmen, da die allgemeine Helligkeit dadurch zu sehr herabgesetzt und ein Fehltritt begünstigt wird. Die Schutzgläser dürfen aber nicht klein und queroval, sondern sie müssen groß, am besten muschel- oder uhrglasförmig sein, weil sie dann an das Auge gerückt werden können, ohne die Wimpern zu streifen.

Bergsteigern, die kurzsichtig sind, empfehle ich, ihr gewöhnliches Concavglas, das sie für die Ferne brauchen, blau oder grau in Nuance 3 färben zu lassen, da eine Muschelbrille, über die Concavbrille gesetzt, beim Steigen lästig ist, und ein Kneifer über oder unter der Concavbrille niemals recht sitzt. – –

So hätten wir die Verhütungsmaßregeln der Blendung durchgesprochen.

Aber nicht bloß auf den Menschen erstrecken sich die Bemühungen, das Auge vor Blendung zu schützen, zum Glück nimmt sich unsere Zeit auch des Auges der Tiere an. Bis vor kurzem stieß man in Deutschland noch auf die abscheuliche Sitte, Singvögel zu blenden. Man brannte besonders den Finken und Nachtigallen die Augen mit einem glühenden Eisen oder Draht aus, damit die armen Tierchen in ihrem Bauer nicht flattern, sondern still sitzen sollten und durch keinen äußeren Eindruck verhindert würden, zu allen Zeiten und an allen Orten ihren Lockgesang anzustimmen. Erst vor 6 Jahren ist durch Reichsgesetz verboten worden, mit Hilfe geblendeter Lockvögel andere Vögel zu fangen. Für den Regierungsbezirk Breslau freilich ist schon früher durch das Feld- und Forstpolizeigesetz vom 1. April 1880 jenes barbarische Verfahren unterdrückt worden. Leider besteht diese Fangweise aber noch in Italien, Spanien und anderen Ländern fort; hoffen wir, daß auch dort ähnliche Schutzgesetze wie in Deutschland erlassen werden.

Freuen wir uns, daß wir in einem Jahrhundert und in einem Staat leben, welcher die Grausamkeit der Blendung bei Menschen und Tieren verabscheut, und wenden wir alles auf, um das Auge, dieses edelste Organ, in seiner Schönheit und in seiner raumdurchdringenden Kraft zu erhalten!


  1. Wer sich für diese Verhältnisse genauer interessiert, findet sie geschildert in meinem Lehrbuch der Hygieine des Auges. Wien, 1892. Urban und Schwarzenberg.