Aus eigener Kraft (Walther Kabel)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Textdaten
Autor: Walther Kabel
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Aus eigener Kraft
Untertitel:
aus: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1911, Bd. 4, S. 218–219
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1911
Verlag: Union Deutsche Verlagsgesellschaft
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Stuttgart, Berlin, Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
Aus eigener Kraft erschien unter der Verfasserangabe W. Kabel auch in: Die Burg. Illustrierte Zeitschrift für die studierende Jugend, 2. Jahrgang, S. 120
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[218] Aus eigener Kraft. – Einer der merkwürdigsten Männer, die England je hervorgebracht hat, ist zweifellos Lord Calbot. Er gehörte dem englischen Hochadel an, lebte zur Zeit Friedrichs des Großen und genoß zwar eine ausgezeichnete Erziehung, verdankte aber doch seine Würden und Reichtümer lediglich seiner Geburt. Erst fünfundzwanzig Jahre alt war er bereits General, da er schon in der Wiege infolge eines Privilegs Oberst eines Kavallerieregiments war, achtete aber seinen militärischen Rang, als nicht persönlich verdient, gar nicht. Ebensowenig bildete er sich auf den ihm nur wegen seiner Angehörigkeit zu einem der ältesten Aristokratengeschlechter verliehenen höchsten englischen Orden, den Hosenbandorden, etwas ein und hielt auch sein ungeheures Vermögen für eine Zufälligkeit, die ihm selbst gar keinen besonderen Wert verleihe.

Gequält von dem Gedanken, was wohl aus ihm geworden wäre, wenn er ohne die Vorzüge seines alten Namens seine Laufbahn von unten auf hätte beginnen müssen, entschloß er sich, seine persönlichen Fähigkeiten zu erproben und sich aus eigener Kraft emporzuarbeiten. Ohne das geringste von seinem Plane zu verraten, bat er um einen mehrjährigen Urlaub. Nur das Geld für die notwendigsten Ausgaben in der Tasche, verließ er, nachdem er seine Besitzungen sicheren Händen anvertraut hatte, sein Vaterland, landete in Holland, reiste nach Wien und ließ sich unter dem angenommenen Namen Lewinghton für das in Brünn stehende Infanterieregiment, das damals der spätere kaiserliche Feldmarschall Browne befehligte, als Gemeiner anwerben.

Calbot machte nun, stets unter dem Namen Lewinghton, und ohne daß seine wahre Herkunft entdeckt wurde, alle drei Feldzüge gegen Friedrich den Großen mit, zeichnete sich aber überall durch sein Benehmen wie durch große Tapferkeit so vortrefflich aus, daß er schnell befördert und nach der Schlacht bei Prag zum Obersten seines alten Regiments ernannt wurde. [219] Als Generalleutnant wurde er bei einem unbedeutenden Vorpostengefecht verwundet und mußte seinen Abschied nehmen. Jetzt gab er sich der Kaiserin Maria Theresia zu erkennen und kehrte dann, nachdem er aus eigener Kraft und durch seine eigenen Verdienste seinen hohen Rang erreicht hatte, in sein Vaterland zurück, wo er bald mit der Reorganisation des englischen Heeres betraut wurde und nach einem arbeitsreichen, zufriedenen Leben als Oberbefehlshaber der englischen Armee starb.

W. K.