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Auswanderung der Schweizer

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Textdaten
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Autor: Brüder Grimm
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Titel: Auswanderung der Schweizer
Untertitel:
aus: Deutsche Sagen, Band 2, S. 222-224
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1818
Verlag: Nicolai
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Erscheinungsort: Berlin
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Quelle: Commons,Google
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: [1]
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[222]
508.
Auswanderung der Schweizer.
Westfriesenlied, noch lautbar in Oberhasli, ausgezogen in Spaziers Wanderungen durch die Schweiz. S. 343. ff.

Etterlins Chronik. Basel 1764. S. 18 19. 20.
Vergl. Joh. Müller Buch I. c. 15.


Es war ein altes Königreich im Lande gegen Mitternacht, im Lande der Schweden und Friesen [1]; über dasselbe kam Hunger und theure Zeit. In dieser Noth sammelte sich die Gemeinde; durch die meisten Stimmen wurde beschlossen, daß jeden Monat das Volk zusammen kommen und loosen sollte; wen das Loos träfe, der müsse bei Lebensstrafe aus dem Land ziehen, Hohe und Niedere, Männer, Weiber und Kinder. Dies geschah eine Zeit lang; aber es half bald nicht aus, und man wußte den Menschen keine Nahrung mehr zu finden. Da versammlete sich nochmals der Rath und verordnete: es solle nun alle acht Tage der zehnte Mann loosen, auswandern, und nimmermehr wiederkehren. So geschah der Ausgang aus dem Land in Mitternacht, über hohe Berge und tiefe [223] Thäler, mit großem Wehklagen aller Verwandten und Freunde; die Mütter führten ihre unmündigen Kinder. In drei Haufen zogen die Schweden, zusammen sechs Tausend Männer, groß wie die Riesen, mit Weib und Kindern, Hab’ und Gut. Sie schwuren sich einander nie zu verlassen, und erwählten drei Hauptleute über sich durchs Loos, deren Namen waren Switer (Schweizer), Swey und Hasius. Zwölf Hundert Friesen schlossen sich ihnen an. Sie wurden reich an fahrendem Gut durch ihren sieghaften Arm. Als sie durch Franken zogen und über den Rheinstrom wollten, ward es Graf Peter von Franken kund, und andern; die machten sich auf, wollten ihren Zug wehren und ihnen die Straße verlegen. Die Feinde dachten, mit ihrem starken Heer das arme Volk leicht zu bezwingen, wie man Hunde und Wölfe jagt, und ihnen Gut und Waffen zu nehmen. Aber die Schweizer schlugen sich glücklich durch, machten große Beute und baten zu Gott um ein Land, wie das Land ihrer Altvordern, wo sie möchten ihr Vieh weiden in Frieden; da führte sie Gott in die eine Gegend, die hieß das Brochenburg. Da wuchs gut Fleisch und auch Milch, und viel schönes Korn, daselbst saßen sie nieder und bauten Schwytz, genannt nach Schwyzer ihrem ersten Hauptmann. Das Volk mehrte sich, in dem Thal war nicht Raum genug, sie hatten manchen schweren Tag, eh ihnen das Land Nutzen gab; den Wald ausrotten war ihr Geigenbogen. Ein Theil der Menge zog ins Land an den schwarzen Berg, der [224] jetzt Braun-eck heißt. Sie zogen über das Gebirg ins Thal, wo die Aar rinnt, da werkten sie emsig zu Tag und Nacht, und bauten Hütten. Die aber aus der Stadt Häßle in Schweden stammten, besetzten Hasli im Weißland (Oberhasli) und wohnten daselbst unter Hasius dem dritten Hauptmann. Der Graf von Habsburg gab ihnen seine Erlaubniß dazu. Gott hatte ihnen das Land gegeben, daß sie drinnen seyn sollten; aus Schweden waren sie geboren, trugen Kleider aus grobem Zwilch, nährten sich von Milch, Käs’ und Fleisch, und erzogen ihre Kinder damit.

Hirten wußten noch zwischen 1777 – 80 zu erzählen: wie in alten Jahrhunderten das Volk von Berg zu Berg, aus Thal in Thal, nach Frutigen, Obersibenthal, Sanen, Afflentsch und Jaun gezogen; jenseits Jaun wohnen andere Stämme. Die Berge waren aber vor den Thälern bewohnt.



  1. Das Lied nennt den damaligen König Risbert und den Grafen Christoph von Ostfriesland.