BLKÖ:Úrményi, Joseph Freiherr

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Úrházy, Georg
Band: 49 (1884), ab Seite: 137. (Quelle)
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Úrményi, Joseph Freiherr (ungarischer Deputirter, geb. zu Stuhlweißenburg am 3. April 1807). Ein Sohn des geheimen Rathes Nicolaus aus dessen Ehe mit Juliana Nagy, genoß er eine vortreffliche Erziehung und nahm frühzeitig Theil an Allem, was das Wohl und die Interessen seines Vaterlandes förderte. Ein Freund des Grafen Stephan Széchényi [Bd. XLI, S. 251], machte er wie dieser Reisen durch ganz Europa und studirte die Culturzustände der Staaten an Ort und Stelle. Als dann Széchényi, wie bekannt, in Geistesnacht versank, ward Úrményi der Erbe dessen Unternehmungsgeistes. Der Freiherr zählte im Vormärz zur gemäßigten Partei seines in immer steigender Aufregung sich befindenden Vaterlandes. Darin mag wohl auch vornehmlich der Grund zu suchen sein, daß, als nach dem Wiener October-Aufstande die Dinge zum Aeußersten gediehen waren und man Feldmarschall Windischgrätz mit der Bewältigung der ungarischen Revolution betraut hatte, der kaiserliche Hof, welcher sich nach Vertrauensmännern im Lande selbst umsah, auch in Úrményi einen solchen zu finden glaubte. Man plante nämlich, sobald Windischgrätz mit seiner Armee aufbrach, von Schönbrunn aus die Bestellung „provisorischer politische Commissäre“, welche in den der Grenze zunächst gelegenen, daher in erster Linie militärisch zu besetzenden Gespanschaften fungiren sollten. Zu diesem Zwecke erging an Freiherren Joseph von Úrményi und Felix Grafen Zichy die Einladung, sich in das Hauptquartier zu begeben, es war ihnen die provisorische Leitung des Preßburger und Wieselburger Comitates zugedacht. Aber während Letzterer sich einfand, lehnte Ersterer ab. Zu Beginn der Fünfziger-Jahre, als nach beendigtem Kriege die Verhältnisse allmälig sich zu glatten und geordnete Zustände zurückzukehren begannen, sehen wir Úrményi mit der Durchführung von Plänen und Ideen beschäftigt, welche sein Freund Széchényi gefaßt, aber in Folge seines geistigen Zustandes der Vergessenheit hatte anheim fallen lassen. Einer von diesen Plänen war, einen Tunnel durch den Ofener Festungsberg zu graben. Der Freiherr, ein Mann von zäher Thatkraft und eiserner Ausdauer, nahm diesen Plan wieder auf. Es galt dabei, den Bewohnern der Schwesterstädte das Naturparadies, welches sich auf der anderen Seite der Ofener Festung durch die sogenannte Christinenstadt in die Weinberge und Waldesschatten öffnet und bis dahin nur nach Ueberschreiten der Kettenbrücke entweder durch Ueberklimmen des steilen [138] Festungsberges, oder aber auf einem ziemlich langen Umwege[WS 1] zu erreichen war, nun durch den Bau eines Stollens in gerader und kürzester Linie mitten durch den Berg zu erschließen. In der That brachte er bald eine neue Actiengesellschaft zu Stande, welche auch die allerhöchste Genehmigung fand und am 24. August 1853 ihre erste Generalversammlung abhielt. Am 19. August 1854 war der Durchstich gänzlich beendigt, und der Ofener Tunnel wurde an Sonn- und Feiertagen dem allgemeinen Verkehr übergeben. Das nähere Detail über dieses Tunnelwunder berichtet in anziehender Weise Demeter Dudumi in dem S. 130 in den Quellen verzeichneten Schriftchen. Auch zu Gunsten der Einführung der Dampfschifffahrt auf dem Plattensee wirkte Úrményi in energischer Weise fort, und genannter Autor bemerkt, indem er über die Verschönerung Pesth-Ofens spricht, wörtlich: „Den rührigen Joseph von Úrményi ausgenommen, kümmert sich kein Glied des (ungarischen) Adels um die Hebung der städtischen Wohlfahrt, keines gefällt sich in der Rolle eines Verschönerers und Mehrers des Pesther Weichbildes“. Auf politischem Gebiete begegnen wir dem Freiherrn erst wieder, als in Folge des Umschwungs der politischen Verhältnisse im Kaiserstaate mit königlichem Einladungsschreiben ddo. 14. Februar 1861 auf den 2. April dieses Jahres ein allgemeiner Landtag in die königliche Freistadt Ofen einberufen worden war. In denselben zu Szakts im Tolnaer Comitate gewählt, hielt er, als es sich um die Form der an den König zu richtenden Ansprache, um Adresse, Beschluß oder Manifest, handelte [vergleiche zum Verständnisse der Sachlage die Biographie Paul Jámbor im X. Bande, S. 60 dieses Lexikons], in der 34. Sitzung des Repräsentantenhauses, am 1. Juni, nachdem Paul Nyáry [Band XX, S. 441] für den Beschluß gesprochen, eine meisterhafte Rede für die Adresse. Mit echt edelmännischer Ruhe alle die widrigen Geschicke seines Vaterlandes in der letzten zwölf Jahren erörternd, schloß er mit folgenden Worten: „Was mich jedoch davon überzeugt, daß die Adresse die zu wählende richtige Form, ist gleichfalls eine Besorgniß, und zwar die Besorgniß vor einem Zerwürfnisse, das eben aus der Verabsäumung der Anstandsform entspringen könnte. Es würde meines Dafürhaltens mit der Würde der Nation nicht wohl vereinbar sein, jener conventionellen Formen des Anstandes sich zu entschlagen, deren Verabsäumung nach allgemeiner europäischer parlamentarischer Auffassung gerade das Gegentheil der Ehrfurcht Demjenigen gegenüber bedeutet, dem dereinst als constitutionellem Könige zu huldigen sein wird. Die Nation erwartet – und mit Recht – vom Landtage außerordentlich viel, nämlich alles das, was sie seit zwölf Jahren entbehrt. Mit ungeduldiger Sehnsucht erwartet sie eine gesetzliche Regierung, eine geregelte Justizpflege, Frieden, Ruhe, Zufriedenheit; ich halte es für eine heilige Pflicht, alles das möglichst zu vermeiden, was die Erfüllung dieser so berechtigten Wünsche verzögern könnte. Damit aber das Zerwürfniß nicht der Form halber entstehe, wähle ich diejenige Form, um derentwillen es nicht eintreten kann – ich stimme für die Adresse“. Úrményi’s Rede ist mit jener des Abgeordneten Emmerich Zsarnay, der für den Beschluß sprach, zugleich gedruckt erschienen: Úrményi József és Zsarnay Imre beszédeik“ (Pesth 1861, Lauffer und Stolp, 8°.). Als dann im Sommer 1877 – [140] Úrményi ist Obergespan für das Zalaer Comitat und als solcher Mitglied der ungarischen Magnatentafel – die Orientdebatte stattfand, sprach er, nachdem der Abgeordnete Kallay, vormals Generalconsul in Belgrad, seine russenfreundlichen Expectorationen zum Besten gegeben, es ganz unumwunden aus, „daß die Partei, welche er vertrete, die Ansichten Kallay’s nicht theile. Es sei nicht gestattet, von der Lebensunfähigkeit eines Volkes zu sprechen, wie es Kallay von dem türkischen gethan, dessen Armee jetzt wie früher stets tapfer sich gezeigt habe. Die Armee eines Staates sei gleichsam die Essenz eines Volkes. Kallay’s Politik sei die des starren Egoismus und bestehe in einem fortwährenden Streben nach Machterweiterung. Es sei nicht gerade nothwendig, für die Türkei Sympathien zu besitzen, um dennoch klar zu erkennen, daß die russische Politik hypokritisch sei und unter verschiedenen Vorwänden eigentlich doch nur auf territoriale Aenderungen am Balkan lossteuere“. Wie aus Vorstehendem ersichtlich, zählt Úrményi zu den Gemäßigten seines Volkes, für dessen Wohlfahrt er nicht minder ehrlich und warm empfindet, als Jene, die rücksichtslos fremde Interessen verletzen und Mißtrauen säen. Freiherr Joseph hat aus seiner 1836 geschlossenen Ehe mit Amalie geborenen Gräfin Festetics zwei Söhne und zwei Töchter, sämmtlich aus der Stammtafel ersichtlich.

Nemzeti szinházi nyug-intézeti naptár 1858–ra. Kiadja Szigeti József. Első évi folyam, d. i. Kalender des Pensionsinstitutes des National-Theaters für 1858 (Pesth 1857, Emich, 4°.) S. 17. – Dudumi (Demeter). Pesther Briefe über Literatur, Kunst, Theater und gesellschaftliches Leben (Pesth 1856, Lauffer und Stolp, 8°.) zweite Lieferung S. 21–26, 86, 89. – Kákay (Aranyos). Licht- und Schattenbilder zur Charakteristik des ungarischen Reichtages (Pesth 1867, Wilhelm Lauffer, gr. 8°.) S. 98. – Vasárnapi ujság, d. i. Sonntagsblätter (Pesth, 4°.) 29. April 1855, Nr. 17.
Porträte. 1) Unterschrift: Facsimile des Namenszuges. Gedruckt bei A. Rohn in Pesth 1857, 4°. – 2) Trefflicher Holzschnitt in „Vasárnapi ujság“ 1855, S. 129. – 3) Lithographie auf einer Bildnißgruppe ungarischer Deputirten.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Unwege.