BLKÖ:Chrzanowski, Adalbert von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Chwoyka, Adam
Band: 2 (1857), ab Seite: 365. (Quelle)
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Chrzanowski, Adalbert von (polnischer und italienischer Revolutionsgeneral, geb. in der Woiwodschaft Krakau im J. 1788). Erhielt seine erste Erziehung in der Stadt Krakau, wo er sich vorzüglich den mathematischen Wissenschaften widmete. Er zeigte viel Vorliebe zum Soldatenstande. Als 1809 das Gebiet Krakau dem Herzogthume Warschau einverleibt wurde, trat C. in das Corps der Ingenieure. Er wohnte dem Feldzuge gegen Rußland bei, und leistete in der Schlacht bei Leipzig durch die geschickte Leitung eines Theiles der Artillerie wichtige Dienste. Erst im Jahre 1828 taucht C.’s Name wieder auf, als ihn in demselben Jahre der FM. Diebitsch nach der Türkei berief, wo C. besonders in der Schlacht bei Varna dem russischen Heere nützlich war und viel zur Eroberung dieser Festung beitrug. Er wurde nun zum Obersten befördert. Nach dem Ausbruche der Revolution in Warschau (Nov. 1830) berief man ihn in die General-Commission für die Quartiere; im Jänner 1831 zum zweiten Befehlshaber der Festung Modlin, stellte ihn aber bald darauf als Chef des Generalstabes der Armee an. Man hat ihm den Vorwurf gemacht, daß er während der Verwaltung dieses Amtes den Oberbefehlshaber Skrzynecki bewogen habe, die Rationen für die Pferde zu vermindern, was sehr nachtheilige Folgen hatte, da die stark angestrengten Pferde vor Erschöpfung bald zu Tausenden niederfielen. C. wurde im April zum Brigadegeneral ernannt, und verhinderte den Uebergang der Russen über die Wieprz. Im Mai besiegte er [366] den General Thielenau bei Kok, trat darauf den Rückzug nach Zamosc an, u. operirte im Ganzen so, daß die Fortschritte der russischen Waffen gehemmt wurden. Ende Juli wurde C. auf Skrzynecki’s Vorschlag Divisionsgeneral. Nach einer in dieser Zeit mit dem russischen General Thielemann gehabten Zusammenkunft, über deren Ergebnisse nichts bekannt geworden, soll C. allen kräftigen Maßregeln des polnischen Oberbefehlshabers Skrzynecki’s entgegengewirkt und insbesondere nach dem Uebergange der Russen auf das linke Weichselufer jene nachtheiligen Operationen veranlaßt haben, welche alle späteren Unfälle zur Folge hatten. Nachdem Skrzynecki den Oberbefehl verloren, wurde Chrzanowski nach dem Aufstande vom 15. Aug. Gouverneur von Warschau. Während des Angriffes und der Vertheidigung der Stadt Warschau traf C. so zweideutige Maßregeln, daß er allgemein als Verräther bezeichnet wurde. Nach dem Falle der Hauptstadt blieb er unangefochten in derselben, soll dann auch als Oberstlieut. in russische Dienste getreten, und Oberst geworden sein. Seit dieser Zeit verschwindet sein Name in der Oeffentlichkeit, in welcher er wieder im J. 1849 auftaucht, als er zur Reorganisation des piemontesischen Heeres nach Turin berufen wurde. Ohne den Titel eines General en Chef zu haben, war doch C. im verhängnißvollen Feldzuge von 1849 der verantwortliche Obergeneral der piemontesischen Truppen. Zu der von den Taktikern völlig getadelten Aufstellung der Truppen, nach welcher er, statt die Polinie zum Hauptstützpuncte zu machen, Novarra zum Centrum seiner Position gewählt, soll C. von der democratischen Partei gedrängt worden sein. Radetzky drang siegreich, unaufhaltsam vor, und vollendete ruhmvoll den in der Kriegsgeschichte bleibend denkwürdigen fünftägigen Feldzug in einem nach allen Seiten insurgirten Lande. Die Widersetzlichkeit des Gefährten C.’s, Romarino, welcher C.’s Befehlen entgegen gehandelt, gab diesem dann Gelegenheit, alle Schuld des Mißlingens auf R. zu werfen. Nach der Beendigung des Feldzuges, während dessen C. keinen Sold genommen, wurde er vom Könige entlassen, dem Ministerium überreichte er aber eine Vertheidigungsschrift. Bis 1850 lebte er in Sardinien und zog sich dann nach Paris, wo er seither sich aufhält. Als militärischer Schriftsteller verfaßte C. folgende Werke: „Wyciągi z celniejszych dzieł o wyższej części sztuki wojennéj“, d. i. Auszüge aus den bedeutendern Werken über die höhere Kriegskunst (Berlin 1844, Behr, 8°.), – und „Zarys zastosowanej taktyki“, d. i. Abriß der angewandten Taktik (Paris 1846, mit 10 Tafeln).

Conversations-Lexikon der neuesten Zeit und Literatur. In 4 Bänden (Leipzig 1832, Brockhaus, Lex. 8°.) I. Bd. S. 440. – (Brockhaus) Conversations-Lexikon (10. Auflage) IV. Bd. S. 184. – Nouvelle Biographie générale ... publiée sous la direction de Mr. le Dr. Hoffer (Paris 1853) X. Bd. Sp. 495. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für gebildete Stände (Hildburghausen 1853, Bibl. Inst., Lex. 8°.) VII. Bd. 2. Abth. S. 621 und II. Suppl. Bd. S. 1033. – Wigands Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Leipzig 1847 u. f., gr. 8°.) III. Bd. S. 369. – Encyclopédie des gens du monde. Artikel von Rypinski [die italienischen Journale der denkwürdigen Epoche 1849–1850 führen ihn öfter unter dem Namen Scanosi auf].