BLKÖ:Dreher, Anton

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Dietl, Joseph
Band: 11 (1864), ab Seite: 395. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Anton Dreher senior in der Wikipedia
Anton Dreher senior in Wikidata
GND-Eintrag: 135718201, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Dreher, Anton|11|395|}}

Dreher, Anton (Industrieller, geb. zu Wien 7. Juni 1810, gest. ebenda 26. December 1863). Unter klein bürgerlichen, wenig günstigen Verhältnissen aufgewachsen, hatte er sich in seinem Geschäfte, in der Bierbrauerei, in den Londoner Brauereien ausgebildet und, heimgekehrt, am 1. April 1836 von seiner Mutter das Brauhaus zu Kleinschwechat übernommen. Durch riesigen Fleiß und rastlose Thätigkeit, mit denen er einen ungestillten Trieb nach Kenntnissen verband, die er wie Wenige stets praktisch zu verwerthen wußte, hob er das Geschäft zu einer Bedeutung, daß er nicht nur der „größte Steuerholde Oesterreichs“ ward – denn er zahlte an Erzeugungs- und Verzehrungssteuer allein die jährliche Summe von 833.997 fl. – sondern sich zum ersten Brauer des Continents emporgeschwungen hatte – denn die ausschließlich zu seinem Geschäftsbetriebe verbaute Grundfläche in Klein-Schwechat umfaßt 6 Joch, wovon 9332 Quadratklafter allein auf gewölbte Räume entfallen – und die Summe der in einem Jahre erzeugten Biermenge erhob sich – im Jahre 1860 – auf 400.000 Eimer. Dabei überholte er mit seinem Erzeugnisse alle bisher bekannten Biere Oesterreichs und besonders Wiens an Güte und Wohlgeschmack. Mit dem Beginne des politischen Lebens in Oesterreich betheiligte sich auch D. an den öffentlichen Angelegenheiten. Im Jahre 1861 in den Schwechater Gemeindeausschuß gewählt, wurde er dann Bürgermeister, von dem Brucker Landgemeinden-Wahlbezirke in den niederösterreichischen Landtag und von da in den Reichstag gewählt. In diesem, ein Anhänger des Ministeriums Schmerling, stand er auf Seite der entschiedensten Verfassungsfreunde; dabei wußte er die Unabhängigkeit seiner Gesinnung fest zu wahren, wie er es in der Debatte über die Angelegenheiten Ungarns und wenige Wochen vor seinem Tode in den Verhandlungen über die Ersparungen im Militär-Budget bewiesen hat. Der Tod trat plötzlich an ihn heran, während er in der Vollkraft seines Lebens stand – D. zählte 53 Jahre – und mit der Fülle irdischen Glückes gesegnet war. Eine besondere Eigenthümlichkeit D.’s war, an dem Tage, der gewöhnlich für einen Unglückstag angesehen zu werden pflegt, nämlich am Freitag alle Geschäfte abzuschließen. „Am Freitage – pflegte er zu sagen – glückt mir Alles“, und in der That wartete selbst der Tod den Freitag ab und suchte ihn erst am Samstage heim. Das Vermögen, welches D. hinterließ, wurde anfänglich auf 6–8, später auf 14 Millionen geschätzt. Summen, die wohl zu hoch gegriffen sein mögen; aber mehrere Millionen groß ist es gewiß. Außer der Klein-Schwechater Bierbrauerei umfaßt sein Grundbesitz folgende Realitäten: Die Herrschaften Mannswörth in Niederösterreich und Michelup in Böhmen, die Bierhallen auf der Landstraße in Wien und in Pesth, das noch im Bau befindliche Zinsgebäude von riesigem Umfange nächst dem Opernringe in Wien, die Turn-, Roth- und Plankenmühle in und nächst Schwechat, mehr als 20 Häuser in Schwechat und außerdem einen wirklich riesigen Complex von Grundstücken. D. ist einer der wenigen vom Glücke begünstigten Menschen, und dabei ein würdiger Genosse Franz Klein’s und seiner Brüder, welche es bei eisernem [396] Fleiße und Thatkraft aus kleinen Verhältnissen zu Millionären bringen. Bei allem seinem Reichthume war er aber bescheiden und so rastlos thätig geblieben, wie zu jener Zeit, als man ihn bei Beginn seiner Unternehmungen – vor 27 Jahren – als „englischen Braumeister“ verspottete. Seit Strauß’s Tode gab es kein so lebhaft besuchtes Leichenbegängniß – das Radetzky’s abgerechnet – wie jenes Dreher’s. D. hinterließ eine Witwe und einen 14jährigen Sohn, der den testamentarischen Verfügungen des Vaters zu Folge nach beendetem Gymnasium in der Brauerei von Barklay u. Comp. in London das Geschäft seines Vaters zuerst vollkommen erlernen und dann weiter führen soll.

Waldheim’s illustrirte Blätter (Wien, gr. 4°.) 1864, Nr. 2, S. 15 [auf S. 9 sein Porträt im Holzschnitt nach einer Photographie von A. Ost]. – Fremden-Blatt (Wien, 4°.) 1863, Nr. 342, 355 u. 357. – Presse (Wiener polit. Blatt) 1863, Nr. 355, 356 Abendbl. u. Nr. 357. – Mährischer Correspondent 1863, Nr. 300. – Constitutionelle österreichische Zeitung (Wien, Fol.) 1863, Nr. 607. – Botzner Zeitung 1863, Nr. 179. – Die Glocke (Wiener polit. Blatt), herausgeg. von Terzky, Nr. 239 u. 240: „Dreher’s Besitz“. – Wiener Zeitung 1861, Abendblatt Nr. 164: Variationen [eine Schilderung der Dreher'schen Brauerei in Klein-Schwechat].[BN 1]

Berichtigungen und Nachträge

  1. E Dreher, Anton [Bd. XI, S. 395].
    Wanderer 1863, Nr. 356, im Feuilleton: „Ein todter Tribun“. – Didaskalia (Frankfurter a. M. Unterhaltungsblatt, 4°.) 1863, Nr. 362, u. 1864, Nr. 1. [Band 24, S. 394]