BLKÖ:Frisi, Paul
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 4 (1858), ab Seite: 367. (Quelle) | |||
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Leopold von Toscana berief. Bis 1764 blieb er daselbst und folgte in diesem Jahre einer Berufung nach Mailand in gleicher Eigenschaft und mit gleichen Bezügen. 1768 begab er sich nach Wien, wo ihm höchsten Ortes die huldvollsten Beweise der Hochachtung wurden und man ihn zu den Berathungen zuzog, die damals über den Zwiespalt zwischen Kaiser und Papst gepflogen wurden. Nach Mailand zurückgekehrt, machte er Anstalten, das Mönchskleid mit dem weltpriesterlichen Gewande zu vertauschen, was ihm auch gelang, da ihm Papst Pius VI. die Dispens ertheilte. Bis zu seinem 49. Jahre war F. nicht krank gewesen, nun befiel ihn ein Leiden, das acht Jahre später eine chirurgische Operation nöthig machte, die einen tödtlichen Ausgang nahm und den Mann im Alter von 56 Jahren der Wissenschaft entriß. F. hatte [368] für seine Arbeiten mehrere akademische Preise erhalten: 1756 von den Akademien in Berlin und Petersburg, 1758 von der zu Paris und als er starb 1784 von der zu Harlem, diesen letzteren für seine Abhandlung über die Ungleichheiten der Jupiters-Trabanten. Die Akademien von Paris (1753), St. Petersburg, London (1756), Berlin (1758), Stockholm, (1766), Kopenhagen und Bern (1770) hatten F. zum Mitgliede ernannt, Kaiser 'Joseph II., damals Erzherzog, ihm im Jahre 1759 ein Halsband mit goldener Medaille überschickt und die Könige von Preußen und Dänemark in ähnlicher Weise ihn ausgezeichnet. F. wurde von allen Seiten bei Regulirung der Flüsse, beim Bau von Canälen und in anderen Fällen zu Rathe gezogen; die Kaiserin Maria Theresia wies ihm als Zeichen ihrer besonderen Huld aus dem Staatsschatze eine Zulage von 100 Zechinen an. Den Antrag einer Anstellung in Lissabon, wo er mit dem Marquis Pombal den Unterricht in Portugal reorganisiren sollte, schlug er aus, um seinem Vaterlande dienen zu können; auf dieses aber die Blicke des gelehrten Europa zu lenken, war er stets bedacht, und so war es er, der an d’Alembert Beccaria’s berühmte Schrift: „De’ delitti e delle pene“, des Grafen Pietro Verri histor. und national-ökonom. Werke u. A. geschickt hatte. Sein freimüthiges auf Wissen gestütztes Urtheil zog ihm aber außer den bereits erwähnten Verfolgungen seines Ordens manche Unannehmlichkeiten von anderer Seite zu, namentlich von Leuten, deren Interessen durch seine stets maßgebenden Ansichten verletzt wurden, was sich oft ergab, da bei hydraulischen, das Bauwesen und die Canalisirung betreffenden Fragen seine Meinung stets eingeholt zu werden pflegte. Zahlreich sind die Schriften, die er im Drucke herausgab, und welche hier in chronologischer Ordnung folgen: „Disquisitio mathematica in causam physicam figurae et magnitudinis telluris nostrae“ (Mailand 1751), worin er auf eine von Newton abweichende Weise die Abplattung der Erde an den Polen beweist: – „Estratto del capo quarto del quinto volume della storia letteraria d’Italia“ (Ebenda 1753); eine Vertheidigung der vorigen Schrift gegen Angriffe auf sie in der genannten Literaturgeschichte; – „Saggio della morale filosofica ecc.“ (Lugano 1755); – „Nova electricitatis theoria ecc.“ (Mailand 1755); – „Dissertationes selectae J. Alb. Euleri Pauli Frisii et Laur. Resaud quae ad imper. Petropolitanam academiam ... missae sunt, cum electricitatis causa ... quaereretur“ (Lucca 1757); – „Dissertationes variae“, 2 Theile (Lucca 1759), sind Abhandlungen über die tägliche Bewegung der Erde, welche von der Berliner Akademie der Wissenschaften (1755), – über die Athmosphäre der Himmelskörper, welche von der Pariser Akademie den Preis (1758) erhielt, und über die Ungleichheiten in der Bewegung der Planeten; erstere Abhandlung, über die tägliche Bewegung der Erde, ist auch in’s Französische übersetzt; – „Piano de’ lavori da farsi per liberare e assicurare dalle acque le provincie di Bologna, di Ferrara, di Ravenna“ (Lucca 1761); – „Del modo di regolare i Fiumi e torrenti principalmente del Bolognese e della Romagna“ (Lucca 1762, auch Florenz 1779 und noch öfter). Die Florentiner Ausgabe enthält Zusätze, eine Abhandlung über schiffbare Canäle und nach ihr ist die franz. Uebersetzung von Deserrey (Paris 1774, 4°. mit K. K.) ausgeführt; – „Saggio sopra l’architettura gotica“ (Livorno 1766); – „Lettre du P. Frisi à M. d’Alembert“ (Paris 1767, 8°.); – „De gravitate universali corporum libri tres“ (Mailand 1768). d’Alembert im [369] Berichte an die Pariser Akademie über dieses Werk bemerkt, daß es neue Gedanken enthalte, einige Ungenauigkeiten Newtons berichtige; Bernouilli nennt es eines der gründlichsten und Bailly „das einzige, worin das Weltsystem in allen seinen Theilen entwickelt sei“; – „Della maniera di preservare gli edifizii dal fulmine“ (Mailand 1768); – „Danielis Melandri et Paulli Frisii alterius ad alterum de theoria lunae commentarii“ (Parma 1769); – „Cosmographiae physicae et mathematicae volumina duo“ (Mailand 1774 u. 75, 4°. mit K. K.). [Vergl. Ebert Nr. 7941], betrachtet F. selbst als sein Hauptwerk; – „Elogio di Galileo“ (Livorno 1775), eine franz. Uebersetzung besorgte Alb. Jèr. Flongel (Paris 1776); – „Dell’ architettura statica ed idraulica“ (Mailand 1777); – „Elogio di Bonaventura Cavalieri“ (Pisa 1779); diese Lobrede und jene auf Galilei erschienen auch vereint (Mailand 1778); – „Elogio storico del cav. Is. Newton“ (Mailand 1778); – „Elogio storico. di Donato conte Silva“ (Mailand 1779), erschien anonym; – „Elogio di Tito Pomponio Attico“ (Mailand 1780), eine allegorische Lobrede auf den Minister Karl Jos. Grafen Firmian (s. d. S. 232 dess. Bds.); – „Opuscoli filosofici“ (Mailand 1781). [Vergleiche Ebert Bibl. Lex. Nr. 7941], sie enthalten Abhandlungen über den meteorolog. Einfluß des Mondes, über Elektricitätsleiter, über die Wirkung des Oeles auf dem Wasser, über die Wärme der Erde u. d. m.; – „Opera mathematica et mechanica“, 3 Bde. (Mailand 1782 u. f., 4°. mit K.). [Vergl. Ebert Nr. 7941], 1. Bd. enthält die Algebra und analytische Geometrie; 2. Bd. die Mechanik und ihre Anwendung auf die Theorie fließender Gewässer; 3. Bd. nach Pauls Tode von seinen Brüdern herausgegeben, die Cosmographie; – „Elogio di Maria Teresa, imperatrice“ (Pisa 1783), erschien anonym; – „Lettera intorno agli studj del signor Tommaso Perelli“ (Pisa 1784); – „Elogio di d’Alembert“ (Mail. 1788), wurde erst nach F.’s Tode herausgegeben; – „Elogio storico di Maria Gaetana Agnesi“ (Mailand 1799); eine franz. Uebersetzung besorgte Anton Mar. Heinrich Boulard (Paris 1807). Einzelne Abhandlungen enthalten die Schriften der Akademien von Bologna, Siena und der patriotischen Gesellschaft von Mailand. Bedeutend ist auch der handschriftliche Nachlaß F.’s; er enthält umfassende Werke über Mathematik, Mechanik, Hydrodynamik und Hydrotechnik, über die Schiffbarmachung verschiedener Gewässer, über Astronomie, unter andern: „Della mediocrità di Gesuiti in fatti di Scienze“; – „Della navigabilità dell’ Adda e delle altre acque dell’ Insubria“ (1770, 16 Bl. in Fol.), in der Brera; – „Della maniera di restituire la navigazione perduta da Milano a Pavia e di riaprire la comunicazione col Po e col Mare“, im Besitze der Erben; – „De malis spiritibus eorumque in corpore potestate“; Vorträge, mit welchen er den Aberglauben an das Dasein von Zauberern und deren Unverwundbarkeit bekämpfte; gleichfalls im Besitze seiner Erben, und Memoiren über seine Reisen in Frankreich und England.
Frisi, Paul (Mathematiker, Physiker u. Astronom, geb. zu Mailand 13. April 1728, gest. ebenda 22. Nov. 1784). Seine Familie niederer Abkunft stammt aus Straßburg und ihr ursprünglich deutscher Name mochte wohl Friese geheißen haben. 15 Jahre alt, trat F. in den Orden der Barnabiten, wo sich bald seine Vorliebe für Mathematik und Geometrie zeigte, er aber von seinen Obern, welche diesen Hang für weltliches Wissen tödten wollten, alsbald nach Pavia gesandt wurde, um Theologie zu studiren. Frisi studirte Theologie, trieb aber nebenbei fleißig Mathematik, so daß er, 23 Jahre alt, die Abhandlung über die Gestalt und Größe der Erde schrieb, wodurch er sich den Ruf eines der geschicktesten Mathematiker seiner Zeit erwarb. Da ihm alle Mittel fehlten, seine Arbeit drucken zu lassen und der Orden davon nichts wissen wollte, fand er an dem Grafen Donato Silva einen Mäcen, der den Druck auf sich nahm, und nun machte das Werk solches Aufsehen, daß seine Klosterobern es nicht länger wagten, ihn in seinen Lieblingsstudien zu stören. Der König von Sardinien verlieh nun F. den Lehrstuhl der Philosophie am Barnabiten-Collegium zu Casale, wo er mit dem Mathematiker Radicati in enge Verbindung trat und durch die Lecture der neueren philosophischen und historischen Werke wieder das Misfallen seiner Obern sich zuzog, die dergleichen für einen Mönch nicht passend fanden und ihm nun das Predigeramt in Novara übertrugen. Als ihn aber die Pariser Akademie 1753 zu ihrem correspond. Mitgliede ernannte, beriefen ihn seine Obern, den Stolz über diese Auszeichnung mitempfindend, als Professor der Philosophie an das große St. Alexanders-Collegium in Mailand. Nun fand seine oberwähnte Schrift, die immer mehr in’s Publicum gedrungen war, einen Gegner; ein Priester der Gesellschaft Jesu erklärte alles darin für Hypothese und warf ihm vor, durch Annahme englischer u. französischer Systeme den wissenschaftlichen Ruhm Italiens geschmälert zu haben. F. widerlegte seinen Gegner [vergl. weiter unten die Uebersicht seiner Werke] und schrieb auch noch ein anderes Werk, worin er den Orden seines Gegners angriff, welches auf den Rath seines Bruders Anton Franz ungedruckt blieb. Alles dies brachte ihn aber mit den Gelehrten des Auslandes, namentlich mit den Encyclopädisten, als mit Condorcet, Bailly, La Condamine, Kéralio u. A. in engere Berührung. Sein neues Lehramt in Mailand gab ihm Gelegenheit sich hervorzuthun, er hatte bei seinem Geschicke sich zu benehmen, Zutritt in die besten Gesellschaften; was ihm wieder von Seite seines Ordens Vorwürfe eines weltlichen Lebenswandels zuzog. Um den Folgen solcher Anklagen künftighin zu entgehen, suchte er auswärts eine Stelle und fand sie 1756 in Pisa, an deren Universität ihn Großherzog- Verri (Pietro Conte), Memorie appartenenti alla vita e agli studj del signor Dom Paolo Frisi (Mailand 1789) [daselbst F.’s Porträt]. – Die von Pietro Verri herausgegebenen „Operette scelte di Paolo Frisi“ (Mailand 1825, Silvestri) enthalten sein Porträt und seine Biographie. – Jacquier (Francesco), Elogio academico del celebre matematico signor abbate Frisi (Vened. 1786, 8°.). – Rovani (G.), Storia delle lettere e delle arti in Italia (Mailand 1856, Borroni e Scotti, Lex. 8°.) III. Bd. S. 95 [Abdruck der „Memorie“ von Verri]. – Dandolo (Tullio), L’Italia nel secolo passato sino al 1789 (Mailand 1853, kl. 8°.) S. 470. – Ersch (J. S.) u. Gruber (J. G.), Allg. Encyklopädie der Wissensch. und Künste (Leipzig 1822, Gleditsch, 4°.) I. Sect. 50. Thl. [370] S. 244. – Nouv. Biographie générale ... publiée sous la direction de M. le Dr. Hoefer (Paris 1853) XVIII. Bd. Sp. 890 [nach dieser 1727 geboren]. – Denkmäler. 1) Paul Frisi ist in der Kirche San Alcssandro in Mailand bestattet und ihm daselbst ein Denkmal aus carrarischem Marmor mit seinem Brustbild von Jos. Franchi mit der Inschrift errichtet: Paulus . Frisius | Mediolanensis | E . Congr . S . Pauli | Philologus . Phisicus Mathematicus | Ob . Graviss . Disciplina | Illustratas . Auctas . Propagatas | In . Societates . Scientiarum | Europae . Primarias . Adscitus | Et . Immortale . Apud . Omnes . |Gentes . Nomen . Adeptus | IX Ann. LVI M. VII. D. IX. | Pie . Et . Constanter | Decessit . X . K . Dec . | A . MDCCLXXXIII. – 2) Ein zweites Monument befindet sich in der Kirche der Madonna d’Ornago mit folgender Inschrift: Paulo Frisio Mediolanensi | Philologo Phisico Mathematico | Qui Patriam | Celebritate Nominis Illustravit | Exemplo Voce Scriptis Docuit | Morum Integritate Ornavit | Amico Optimo | Petrus Verrus] P. –