BLKÖ:Hölzl, Heinrich Joseph

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Hölzl, Franz von
Band: 9 (1863), ab Seite: 119. (Quelle)
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Hölzl, Heinrich Joseph (Literator und k. k. Regierungsrath, geb. zu Süßenbrunn im Marchfelde 10. November 1784). Sohn eines herrschaftlichen Verwalters, trat er nach vollendeten Gymnasialstudien in Krems 1799 in den Orden der Piaristen und wurde alsbald im Lehramte für die dritte Classe in der Hauptschule zu Horn verwendet. Schon nach vierthalb Jahren verließ er den Orden, begab sich nach Wien, beendete die höheren Studien und erhielt 1811 eine Anstellung im k. k. Bücherrevisionsamte, in welchem er 1815 zum zweiten Bücherrevisor und 1835 zum Amtsvorstand und Regierungssecretär ernannt wurde. Bei dem überhand nehmenden Drucke der Censur gelang es ihm jedoch, den damaligen Hofrath und Censurreferenten Ritter von Ohms dahin zu bewegen, daß mit seiner Einwilligung die damals Härter’sche Buchhandlung eine Reihe der berühmtesten ausländischen Geschichtschreiber in 36 Bänden, eine sogenannte Volksbibliothek, enthaltend: Naturgeschichte, Naturlehre, populäre Chemie, Logik, Psychologie, Sprachlehre u. s. w. in 24 Bänden, dann kriegsphilosophische Werke u. s. w., Herder’s sämmtliche Schriften, Eichhorn’s Weltgeschichte, unverfälscht nachdrucken durfte, wodurch allein über 6000 Exemplare an das Publikum verkauft und dadurch einigermaßen die Verbreitung nützlicher Kenntnisse ermöglicht und der lähmende Einfluß der Censur zum Theile wenigstens paralysirt werden konnte. Als Vorsteher des Bücherrevisionsamtes hatte er den Muth, in den dringendsten schriftlichen und mündlichen Vorträgen auf Abänderung und zeitgemäße Reform im Revisions- und Censurgeschäfte anzutragen, um so den auf der Presse lastenden Druck zu erleichtern. Aber er fand kein Gehör, vielmehr ward seine Lage recht mißlich, als nach dem Austritte des Hofrathes von Ohms der Prager Polizeidirector Hofrath von Hoch Referent wurde, ein Mann, der den geistigen Bankerott Oesterreichs in jener traurigen Zeit wesentlich verschuldete. H.’s wiederholte dringende Anträge, Erleichterungen in den Censurverhältnissen eintreten zu lassen, verbunden mit den immer lauter werdenden Klagen der Gelehrten, unter denen sich Staatsmänner von hohem Range befanden, der Professoren, Literaten, Buch- und Kunsthändler u. A. m., hatten endlich zur Folge, daß auf kais. Befehl angeordnet wurde, die Censurverordnung vom Jahre 1810 handzuhaben. Darin war nämlich der freieren Geistesthätigkeit eine etwas breitere Grundlage gegeben, indem [120] es ausdrücklich heißt: „Kein Lichtstrahl, er komme, woher er wolle, soll in Zukunft unbeachtet und unerkannt in der Monarchie bleiben oder seiner möglich nützlichen Wirksamkeit entzogen werden“. Aber dieses inhaltreiche Zugeständniß wurde durch rasch sich folgende, immer schärfere Polizei-Hofstellverordnungen und die den Censoren ertheilten immer strengeren Verhaltungsbefehle gänzlich vernichtet. Im Jahre 1843 wurde Hölzl zum Director des Central-Bücherrevisionsamtes mit dem Titel eines kais. Rathes ernannt, welche Stelle er bis zum Jahre 1847 bekleidete; in diesem Jahre wurde eine Censur-Oberdirection errichtet und H. diesem unter einem Hofrathe gestellten neuen Amte als erster Adjunct beigegeben. Da brachen 1848 die Märztage herein, die Censur in allen österreichischen Ländern wurde aufgehoben, Hölzl in den Stand der Verfügbarkeit versetzt, dann noch hie und da in einer seiner bisherigen Wirksamkeit entsprechenden Weise verwendet, 1852 nach mehr als 40jähriger Dienstzeit auf sein Ansuchen pensionirt und ihm 1854 Titel und Charakter eines k. k. Regierungsrathes verliehen. H. dient noch zur Zeit dem Staate als Beirath in Handhabung des Theatergesetzes. Die humane Weise, mit welcher H. sein mißliches Amt unter schwierigen Verhältnissen versah, hatte zur Folge, daß ihm selbst zu jener Zeit die Achtung des Publikums nicht versagt wurde, als der Haß und die Erbitterung gegen das Censurinstitut auf das Höchste gestiegen war. Bei seinem schwierigen und angestrengten Dienste blieb H. wenig Muße zu literarischen Arbeiten; nichtsdestoweniger hat er mehrere Aufsätze für die „Vaterländischen Blätter“ und in die 1817 bei Strauß erschienenen „Historischen und kritischen Andeutungen über die Literatur des Oesterreichischen Kaiserstaates in den Jahren 1815 und 1816“; überdieß für die „Jahrbücher der Literatur“ unter der Redaction des Matthäus von Collin, kurze kritische Anzeigen der in Oesterreich erschienen Werke; zu dem „Mythos alter Dichter“ in 72 bildlichen Darstellungen von Stöber des Jüngeren Künstlerhand den nebenstehenden Text, und für die bei Härter erschienenen, von Stöber dem Aelteren gestochenen „Scenen aus Donquixote“ kurze Erklärungen geschrieben. Aber nicht diese literarische Thätigkeit ist es, welche H. eine Stelle in diesem Werke einräumt, sondern die Rolle, welche er zur Zeit des merkwürdigen geistigen Druckes in Oesterreich spielte, als sein wiederholtes männliches Entgegentreten gegen unverantwortliche Zwangsmaßregeln, wenn es gewürdigt worden wäre, im Stande war, die schlimmen Folgen zu verhüten, die über ein großes Reich hereinbrachen und dasselbe an den Rand des Verderbens brachten. Wer aber erwägt, daß der durch ihn veranlaßte, wiewohl unrechtmäßige Nachdruck besserer Werke wesentlich zur freilich ganz unzulänglichen Bildung der Generationen beitrug, welche in die Jahre 1815–1847 fallen, wird H. auch einen Platz in der Culturgeschichte Oesterreichs einräumen müssen.

Sartori (Franz Dr.), Verzeichniß der gegenwärtig in und um Wien lebenden Schriftsteller (Wien 1820, A. Strauß. 8°.) S. 38.