BLKÖ:Horowitz, Lasar

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Hornstein, Karl
Band: 9 (1863), ab Seite: 305. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Lasar Horowitz in Wikidata
GND-Eintrag: [1], SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Horowitz, Lasar|9|305|}}

Horowitz, Lasar (Schriftsteller und Pädagog, geb. zu Neusatz in Ungarn 1799). Von seinen Eltern zum Rabbinerstande bestimmt, wurde er zu Hause streng religiös erzogen und seit dem siebenten Jahre bereits im Talmud unterrichtet, dessen Studium er später unter Rabbi Moses Sophar[WS 1] in Preßburg fortsetzte. Aber mehr als zu den rabbinischen Studien fühlte er sich zu deutscher Lectüre hingezogen und kaufte – ohne Wahl – deutsche Bücher, die er las und studirte. So geschah es, daß er in jugendlicher Einfalt Iffland’s und Kotzebue’s Stücke als mustergiltige Arbeiten ansah und – auch ein Stück zu schreiben begann. In der Absicht, seine Arbeit von einem Manne prüfen zu lassen, der ein Urtheil darüber zu fällen berufen war, besuchte er den Rector des Preßburger evangelischen Gymnasiums, Kovács von Martiny, der den jungen Rabbinatszögling liebevoll aufnahm, sein Stück las und verwarf, aber in dem Jünglinge das Streben erkannte und ihm nun freiwillig Unterricht anbot, den er ihm dreimal wöchentlich durch zwei Jahre ertheilte. Während H. heimlich diesen deutschen Unterricht genoß, betrieb er, weil er mußte, das Studium des Talmud und während er die Liebe des protestantischen Lehrers gewann, verlor er jene des jüdischen Rabbi. Endlich mußte er Preßburg verlassen. Er hätte gern Prag besucht, weil es dort Talmudjüngern gestattet ist, auch weltliche Studien zu treiben, aber dem Willen seines Vaters sich unterordnend, begab er sich nach Baja und dann nach Verona. Von dort kehrte er nach Preßburg zurück und nun kam seine Vorliebe zu deutschen weltlichen Studien so zum Durchbruch, daß er das Talmudstudium ganz aufgab und Hauslehrer wurde. Bald erwachte in ihm der Gedanke, [306] eine Erziehungsanstalt für israelitische Knaben zu errichten; aber in der Besorgniß, von den Orthodoxen seines Glaubens Verfolgungen zu erfahren, änderte er sein Vorhaben und begründete zu Preßburg eine Bildungsschule für israelitische Töchter. An dieser Anstalt wirkte H. als Dirigent und Katechet ununterbrochen bis zum Jahre 1848, in welchem er ausgeplündert und das israelitische Schulgebäude demolirt wurde. Während der allgemeinen Plünderung floh H. nach Wien und da sich ihm für den ersten Augenblick wenig Aussichten für ein Unterkommen darboten, ging er nach Padua, wo er in einem angesehenen Hause die Erziehung zweier Knaben übernahm. Nach zwei Jahren, als friedliche Zeiten ein Gedeihen der Absichten, wie H. sie hatte, erwarten ließen, kehrte er nach Preßburg zurück, wo inzwischen das Schulgebäude wieder hergestellt wurde. H. rief nun seine alte Töchterbildungsanstalt wieder in’s Leben und leitete sie bis zum Jahre 1857, in welchem er, 60 Jahre alt, sich nach Szegedin zurückzog und dort wissenschaftlichen und literarischen Arbeiten lebte. Als Pädagog hat H. eine musterhafte Thätigkeit entwickelt. Sein „Benoth Zion“, ein Religionsbuch für die weibliche Jugend, erlebte bereits vier Auflagen; sein „Beth-Jacob“, ein kurzer Abriß der Geschichte der Israeliten auch für die weibliche Jugend in rabbinischen Schriftzeichen, wurde ebenfalls öfter mit deutschen Lettern aufgelegt und auch in’s Ungarische übersetzt. Ein anderes Lehrbuch: „Lese-Elemente“, ist in zwei starken Auflagen als Manuscript gedruckt, erschienen. Außer diesen mit nächstem Hinblick auf seine Glaubensgenossen herausgegebenen Schriften veröffentlichte aber H.’ noch anderes von allgemeinerem Interesse, und zwar: „Humoristisches Triumvirat oder Witz, Frohsinn und Scherz auf einer Lustreise über lachende Fluren. Eine Sammlung humoristischer Aufsätze u. s. w.“ (Leipzig 1835, G. Wigand); – „Lachtauben. Eine Sammlung gemüthlicher Aufsätze u. s. w.“ (Preßburg 1841, Wigand, 8°.); – „Benjamin Kohn. Ein Nationalgemälde aus dem Judenthume“ (ebd. 1847, 8°.), ein Buch, das in weiten Kreisen Anerkennung fand; – „1848. Eine Sammlung origineller Novellen u. s. w.“ (ebd. 1849); – „Altes und neues Judenthum. Nebst Briefen eines Orthodoxen“ (Wien 1852, Jasper’s Witwe und Hügel. 8°.); – „Der Roszirer Magid, oder: Die Polizei des Himmels. Eine Kriminal-Novelle in zwei Theilen“ (Pesth 1861, Ph. Herz, mit Porträt). Auch in Zeitschriften ist mehreres und zwar erzählenden Inhalts, wie in der „Bohemia“: „Die Capelle von Peterwardein“ abgedruckt worden; wo und wann aber die folgenden auch im Drucke herausgegebenen Schriften: „Das kostbarste Opfer“, „Mysteriöse Briefe“. „Das Blumenkörbchen“, dieses letztere für die reifere weibliche Jugend, gedruckt und erschienen sind, kann Herausgeber nicht angeben. Welcher Achtung sich H. in seinem Berufe erfreute, beweist der Umstand, daß während des 18monatlichen Aufenthaltes Ihrer kais. Hoheiten des Erzherzogs Palatin Joseph und seiner Gemalin Erzherzogin Maria Dorothea in Preßburg H. dreimal in der Woche bei Letzterer erscheinen mußte, um mit ihr die h. Schrift und ihren Lieblingspropheten Jesaias nebst dem Commentar von Gesenius im Urtexte durchzulesen; denn wie bekannt, besaß die Erzherzogin Maria Dorothea [Bd. VII, S. 43, Nr. 229] eine tiefe wissenschaftliche Bildung. Seitdem Horowitz sich in das Privatleben und zwar nach Szegedin zurückzog, beschäftigte er sich daselbst hauptsächlich mit hebräischen [307] Studien; nebstbei war er Mitarbeiter an der dort erscheinenden Zeitschrift für jüdische Theologie „Ben Chananja“. Zur Zeit lebt er aber in Pesth, wo er an der Herausgabe seiner noch ungedruckten Schriften arbeitet und sich nebstbei mit der Erziehung zweier Knaben eines angesehenen und intimen Freundes befaßt.

Beth-El. Ehrentempel verdienter ungarischer Israeliten. Von Ignaz Reich (Pest 1859, Alois Bucsanszky, 4°.) Heft II, S. 82.

Anmerkungen (Wikisource)