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BLKÖ:Liebrich, Heinrich

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 15 (1866), ab Seite: 102. (Quelle)
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Liebrich, Heinrich (k. k. General-Major, geb. zu Schauerheim in Franken 18. December 1773, gest. zu Fünfkirchen in Ungarn 8. Juli 1855). Liebrich trat im Jahre 1790 zu Nürnberg die militärische Laufbahn an, indem er sich mit sechsjähriger Capitulation beim damaligen Infanterie-Regimente Preiß Nr. 24 (jetzt Parma) freiwillig engagiren ließ. Er besaß Gymnasialbildung, sprach französisch, und mußte daher auch alle bei der Compagnie vorkommenden Schreibereien verrichten. Bei Uebernahme Belgrads durch die Türken (1791) marschirte L. mit dem Regimente nach Wien; Ende des Jahres 1792, beim Ausbruche der französischen Revolution, an den Rhein; im Jahre 1796 nach [103] Italien. Im Gefechte vor Rivoli (17. November 1796) wurde L. wegen Auszeichnung vor dem Feinde zur silbernen Tapferkeits-Medaille das erste Mal, und abermals in der Schlacht bei Rivoli (14. Jänner 1797) zum zweiten Mate vorgeschlagen, jedesmal ohne Erfolg. Bei der Belagerung des Castells von Mailand, im Jahre 1799, wurde ein Feldwebel mit 24 Gemeinen in der Nacht aufgerufen, um die Chaussee bei Porta Iso Corso abzugraben, und dadurch die rückwärtige Arbeit in den Trancheen zu sichern und zu verbinden. Dem Feldwebel, welcher diese gefährliche Expedition unter dem unaufhörlichen Kartätschenfeuer aus dem Castelle ausführt, wurde die goldene Tapferkeits-Medaille im Aussicht gestellt. L. meldete sich und löste seine Aufgabe mit Tagesanbruch glänzend. Als der Feind im Castell sah, daß mit dem anbrechenden Tage die Laufgräben vereinigt waren, übergab er dasselbe. Der Corpscommandant Prinz zu Hohenzollern dankte in seinem Befehle dem ganzen Belagerungscorps für den bei dieser wichtigen Gelegenheit bewiesenen Diensteseifer, und besonders dem so tapfern Feldwebel Liebrich vom Regimente Preiß, dem er zu einer Belohnung behilflich zu sein versprach. Der Prinz marschirte aber mit seinem Corps ab und der Vorschlag wurde an eine Commission gewiesen, welche sich dahin aussprach, daß einem Feldwebel die silberne Medaille ohnehin 81/2 kr. täglich eintrage und daher dem Aerar keine größeren Auslagen aufzubürden waren! Wieder durch sein ausgezeichnetes Verhalten rückte Liebrich zum Oberofficier vor. Die Kriegsstrapazen hatten seine Gesundheit angegriffen, er trat aus dem Feldstande und kam in’s Ottochaner Grenz-Regiment als Oekonomie-Oberlieutenant. Die Kriegsereignisse des Jahres 1809 brachten einen Theil der Militärgrenze an Frankreich, aber L., obgleich einem fremden Herrn dienen müssend, hielt in seinem Innern unveränderlich und treu zu Oesterreich. Er ward Hauptmann im Oguliner und dann im Szluiner Grenz-Regimente. Seine Oesterreich bewahrte Treue erprobte er im Jahre 1813 beim Anrücken der österreichischen Reoccupirungstruppen, bei welcher Gelegenheit er durch seine Energie und Umsicht Angesichts des das Land zum Theile noch besetzt haltenden Feindes bei mehreren Anlässen wichtige folgenreiche Dienste leistete. Nun übertrug der commandirende General Radivojevich an L. das Szluiner Landes-Regimentscommando, damals eine sehr heikliche Aufgabe. Die Grenzveste Czettin war seit der türkischen Eroberung in den Jahren 1809 und 1813 in sehr schlechtem Zustande und ihre Mauern verfallen. Der französische Consul David befand sich noch in Travnik und theilte auf Napoleons Befehl mit beiden Händen Geld an die Grenztürken, besonders an den berüchtigten Hassan Aga Pechki aus, um Czettin zum dritten Male zu erstürmen, und die Militärgrenze, die von regulären Soldaten ganz entblößt, bloß von der Population bewacht war, zu überfallen und zu verheeren. L. eilte gleich nach Czettin, fand diese Veste und ihre Ringmauern im erbärmlichsten Zustande. In dieser bedenklichen Lage nahm Liebrich den Zustand der Veste genau auf und schickte einen ausführlichen Bericht mittelst Estafette an den Hofkriegsrath nach Wien. Unverzögert erhielt Liebrich den Befehl, bis zur Ankunft des Gouvernements-Directors[WS 1] die Veste in aller Eile herzustellen. Inzwischen ward die Lage der Dinge [104] immer bedenklicher. Liebrich blieb in Czettin, mit dem festen Vorsatze, sich im Nothfalle zu opfern. Zweimal untersuchten die Türken in dunklen Nächten den Zustand der Ringmauer und prüften die Wachsamkeit der kleinen Besatzung. Gleichzeitig überfielen zahlreiche bosnische Räuber, geführt durch einheimische Deserteure, unsere Grenze und raubten und verübten mancherlei Schandthaten. In dieser gefährlichen Lage ließ Liebrich als Landes-Regimentscommandant das Standrecht publiciren und durch seine angewandte Strenge der Gesetze wurden schnell mehrere Räuberbanden theils eingefangen, theils versprengt und vernichtet. Bald kam eine bessere Zeit. Nun wurde im Agramer Comitate eine Escadron Banderial-Huszaren errichtet, und unter Liebrich’s Commando gestellt. Das provisorische Gouvernement ertheilte Liebrich mehrere Belobungen. Auf dessen Einschreiten ward L. auch, außer seiner Tour, denn er war einer der im Range jüngsten Hauptleute, zum Major mit dem Beisatze befördert, daß er fortan und bis weiters das Szluiner Landes-Regiment zu commandiren habe, denn das provisorische Karlstädter Gouvernement berichtete: wenn Liebrich nach seinem Wunsche, zur activen Armee eingetheilt werden und ausmarschiren sollte, so halte es sich nicht mehr sicher in Karlstadt und würde die Uebersetzung nach Agram sich erbitten. In der Folge kam Liebrich als Cordonscommandant zum Liccaner Regiments, wo räuberische Einfälle der Türken, Morde und Viehabtriebe auffallend überhand genommen hatten. Seinem energischen Eingreifen gelang es jedoch, die lang vermißte Ruhe und Sicherheit am Cordon bald herzustellen. Später ging Liebrich in einer diplomatischen Sendung nach Travnik und löste seine Aufgabe. Als Oberstlieutenant kam Liebrich zum Ottochaner Regimente, allwo er 1830 bald zum Obersten avancirte. Bei seinem Antritte des Regimentscommando’s durchzogen Räuberbanden ohne Scheu das Regimentsgebiet und plünderten am hellen Tage auf der Hauptstraße. Berüchtigte türkische Häuptlings standen mit ihnen in Verbindung und gaben denselben Unterstand. Dieß und der Uebelstand eines anarchischen Zustandes in Bosnien, dann Mangel der Auslieferungsverträge machten ihre Ausrottung fast unmöglich. L. ließ nun auf den Communicationswegen stehende Sicherheitswachen aufstellen, und überdieß mußten ambulante Colonnen unterhalten werden, welche die Reisenden begleiteten und beschützten; die Anzahl dieser Sicherheitswachen belief sich auf 300 Mann täglich. Oberst Liebrich’s Energie und eigens getroffenen Anstalten gelang es, nach Verlauf eines Jahres die Räuber ganz auszurotten. Ebenso verschaffte sich L. auch von der bosnischen Seite genügende Sicherheit und einen besonderen Respect, so daß die Türken noch heute seiner mit großer Achtung erwähnen. Auch an einem größeren, im Jahre 1834 verfügten Repressalienzuge nahm Liebrich Theil. Eine Division seines Ottochaner Regiments hatte den linken Flügel des operirenden Liccaner Regiments zu decken. Nach dem Rückzuge der Liccaner von Vakup drangen die Türken auf selbe ein. Liebrich griff die Türken zur Erleichterung des Rückzuges an, brannte das Dorf Demerovoberdo ab, und zwang sie zur Umkehr. Das Generalcommando belobte Liebrich für die Ausrottung der Räubereien und Brandlegungen vielfach, und sein damaliger Brigadier, später Karlstädter Grenz-Divisionär und [105] Cordons-Obercommandant Freiherr von Waldstätten befahl den angrenzenden Regimentern, nachdem Liebrich bereits seit Jahren nicht mehr da war, dessen Dispositionen wegen Herstellung der aufgehobenen Sicherheit einzuführen. Durch das rastlose Hinarbeiten auf Sicherheit und Ordnung hatte L. es so weit gebracht, daß durch Monate im ganzen Regimentsbezirke nichts entwendet, oder wenigstens Nichts unentdeckt bleiben konnte; noch mehr, daß kein einziger Fund (darunter namhafte Geldfunde) verheimlicht wurde; Pflüge blieben an einsamen, stundenweit von den Häusern entfernten Feldern über Nacht unangetastet, das Vieh bei Nachtzeit ohne Hüter. Aber nicht allein die Sicherheit war es, der Liebrich seine Thätigkeit zuwendete. Es bestanden, bevor er kam, spärlich und schlecht gebaute Communicationen, die überdieß sehr vernachlässigt waren. Diese ließ Liebrich herstellen und mit Alleebäumen besetzen. Er führte auch eine zeitgemäße und zweckentsprechende forst- und feldwirthschaftliche Polizei ein. und rief Volksschulen in’s Leben, wirkte auf die geistige Bildung des Volkes und überwachte strenge dessen Kirchenbesuch. Seine Sorgfalt für das Wohl des Grenzers war außerordentlich. Im Jahre 1838 trat L. als General-Major in Pension und bewohnte ein zu Neusatz gekauftes Haus; im Jahre 1849 von den Ungarn als kaiserlich designirt und am Leben bedroht, zog sich derselbe auf das rechte Donauufer nach Esseg, worauf sein Haus in Neusatz geplündert und in Brand gesteckt wurde. Nun lebte der greise Veteran zu Fünfkirchen, wo er im Alter von 83 Jahren starb. Unbestritten bleiben L.’s Verdienste um die sittliche Hebung und die allgemeine Verbesserung der Zustände der Militärgrenze, bei deren alten Bewohnern er noch in gesegneter Erinnerung lebt.

Militär-Zeitung, herausg. von J. Hirtenfeld (Wien, gr. 4°.) VIII. Jahrg. (1855), Nr. 94, S. 898: Nekrolog. – Oesterreichischer Militär-Kalender (Wien, kl. 8°.) VIII. Jahrg. (1857), S. 209–214.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Gouvermements-Directors.