BLKÖ:Lobkowitz, Franz Georg Fürst
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 15 (1866), ab Seite: 340. (Quelle) | |||
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Anton Isidor [s. d. S. 307] aus dessen Ehe mit Maria Sidonie Fürstin Kinsky und ein Bruder des Fürsten August Longin [s. d. S. 337]. Früh betrat der Fürst die militärische Laufbahn, wurde im Jahre 1835 in den Deutschherren-Orden aufgenommen und in seiner militärischen Stellung auch zu diplomatischen Sendungen nach Berlin, St. Petersburg und Constantinopel verwendet. Nach dem, im Jahre 1842 erfolgten, Tode seines Bruders August Longin übernahm er die Vormundschaft über die verwaisten Kinder desselben und gab seine militärische und diplomatische Laufbahn auf. Als aber im Jahre 1848 die Revolution in Ungarn ausbrach, trat er wieder in die active Armee, die er als Oberst verlassen, ein und machte unter General Schlik den denkwürdigen Zug nach und von Kaschau mit. Gleich bewundernswerth als Krieger wie als Mensch, brachte er, nachdem er den Tag über dem Feinde gegenüber gestanden, die freien und die nächtlichen Stunden im Spitale bei den Verwundeten und kranken Soldaten, ihre Pflege leitend, ordnend und überwachend zu. Aus diesen Tagen lebt sein Andenken in segensvoller Erinnerung von so Vielen, die unter seiner Obhut gestanden. Nachdem der Aufstand überwältigt war, kehrte er wieder nach Prag zurück und übte dort in Gemeinschaft mit seiner Schwester Maria Helene wie früher, in geräuschloser Stille und zum Wohle der Armuth, zahllose Werke der Mildthätigkeit aus. In der Nähe des fürstlichen Palastes baute er den barmherzigen Schwestern das große Hospital; er baute es, wie einer seiner Nekrologisten berichtet, „im wahren Sinne des Wortes, nicht bloß aus seinen Mitteln, sondern unterzog sich auch selbst als demüthiger Ordensritter der Last der Arbeit“. Seine ganze Zeit war dem Besuch der Kranken gewidmet, denen er Trost und Geduld zusprach, bei Sterbenden deren letzten Wünsche aufzeichnete und sie zu erfüllen suchte. Jeder Tag war nur eine Folge von guten Werken, die er aber so heimlich vollführte und geschickt zu verbergen wußte, daß sie sich lange dem Auge der Welt entzogen, bis nach seinem Tode der Jammer und Schmerz der um ihren Wohlthäter und Helfer in der Noth beraubten, den geheimnißvollen Schleier lüftete, und die ganze Seelengröße des zu früh Verewigten erkennen ließ. „Er darbte“, schreibt die Prager Zeitung, „um Andern zu geben; er entzog sich erlaubte Freude, um denjenigen, welche er früher niemals gesehen, vielleicht die erste Freude ihres kummervollen Lebens zu machen. Er war Fürst und lebte arm, er war Ritter und Soldat und diente dem Niedrigsten.“ Der Fürst spendete große Summen zu [341] wohlthätigen Zwecken (auf einmal[WS 1] z. B. 15.000 fl.). Niemand erfuhr den Namen des Gebers, nur jener, der als Empfänger die Gabe, um sie ihrem frommen Zwecke zuzuführen, nicht umgangen werden konnte, dem aber unverbrüchliches Schweigen auferlegt wurde. Von allen Vereinen, deren Aufgabe es war, Noth zu lindern, den Armen zu helfen, kurz Wohlthaten zu üben, war er ein sehr thätiges, mitwirkendes Mitglied; durch seine Vermittlung wurden die barmherzigen Schwestern im Krankenhause, bei leidenden Züchtlingen u. s. w. zur Verwendung berufen. Unedlen Leidenschaften und Neigungen fremd, erschien er als ein wahrer Ritter der Barmherzigkeit, durch seine würdevolle äußere Erscheinung Muth und Wohlwollen erweckend, unter den Armen, in deren Mitte er sich in seiner wahren Heimat dünkte. Sein Endzweck war: als Christ zu leben, und mein „Geschäft“, sagte er, als er eines Tages das verlassene Enkelkind einer Sterbenden versorgte, mein „Geschäft“ ist: „den Nothleidenden zu helfen, den Nächsten zu lieben“. Wie er gelebt, so starb er auch, 58 Jahre alt, den Tod des Gerechten, vom Schlage gerührt, in der Lorettokirche auf dem Hradschin, in dem Augenblicke, als der Priester am Altare sich anschickte, die Worte des Evangeliums zu sprechen: „Jetzt, Herr, entlasse deine Diener in Frieden“. Der Fürst war Großcapitular des deutschen Ordens, zwei österreichische, darunter der Leopold-Orden, und zwei russische schmückten seine Brust. Zu seinem Leichenzuge, der von halb zwei Uhr bis nach fünf Uhr währte, hatte sich, wie ein Bericht über denselben meldet, ein Drittheil, wenn nicht die Hälfte der Bewohner Prags eingefunden. Nachdem der pomphafte Conduct in Prag stattgehabt, wurde die Leiche nach Hořin, gegenüber von Melnik, in die Familiengruft überführt. Die durch seinen Freund Friedrich Fürsten von Schwarzenberg in wenigen, aber festen Zügen hingeworfene Charakteristik des Fürsten (welche in den Quellen folgt), möge das Bild dieses seltenen Menschenfreundes vervollständigen helfen.
Lobkowitz, Franz Georg Fürst (Humanist, geb. in Böhmen 24. April 1800, gest. zu Prag 2. Februar 1858). Ein Sohn des Fürsten- Drei Ritter (Wien 1861, L. Grund, 8°.). [Verfasser dieser Schrift ist Friedrich Fürst Schwarzenberg (der Landsknecht) und die drei Ritter, welche darin in fesselnder Weise charakterisirt werden, sind Karl Graf Harrach (s. das biogr. Lexikon Bd. VII, S. 381), Franz Georg Fürst Lobkowitz und Walther Graf Stadion. Der Titel „drei Ritter“ bezieht sich zunächst auf den Umstand, daß die drei Genannten dem Malteserorden angehörten. Ein Anhang führt uns noch den edlen Menschenfreund Leopold Graf von Berchtold (s. d. biogr. Lexikon Bd. I, S. 291] vor.] – Bohemia (ein Prager Blatt, 4°.) 1858, Nr. 34, S. 249; Nr. 35, S. 258; Nr. 37, S. 237. – Gratzer Zeitung 1858, Nr. 29. – Wiener Zeitung 1858, Nr. 30. – Das Vaterland (ein Wiener Journal) 1864, Nr. 224. – Rheinische Blätter (Mainzer Journal, 4°.) 1864, Nr. 231, S. 922. – Prager Morgenpost 1858, Nr. 37. – Theater-Zeitung, herausg. von Adolph Bäuerle (Wien, 4°.) 52. Jahrgang (1858), Nr. 28 u. 31. – Charakteristik des Fürsten Franz Georg von Lobkowitz. „Fürst Franz Lobkowitz, wie der „Landsknecht“ ihn schildert, der das Glück hatte, den Fürsten unter seine Jugendfreunde rechnen zu dürfen, war eine seltene Persönlichkeit als Ritter und Christ. Mit seltenen, durch eine sorgsame Erziehung und Selbststudium ausgebildeten Fähigkeiten des Kopfes und des Herzens, an Kenntnissen reichlich ausgestattet, gehörte auch seine äußere Erscheinung zu den einnehmendsten und in allen ritterlichen Uebungen wohl geübt und erfahren, namentlich ein sehr guter Reiter, trug er das Ritterschwert nicht bloß als Zierde, so wenig als das Kreuz auf der Brust bloß als Symbol. Er hatte den Eid in seinem ganzen Ernste aufgefaßt. Längere Zeit theils in militärischer, theils in diplomatischer Verwendung, verließ er später dieselbe, [342] um sich lediglich den Ordensangelegenheiten, insbesondere der Kranken- und Armenpflege zu widmen. Als im verhängnißvollen Jahre 1848 die Fackel des Bürgerkrieges[WS 2] aufloderte, gürtete er sein treues Schwert wieder um und erschien an der Seite seines Freundes und Landsmannes, des tapferen Generals Schlik, in dessen Hauptquartier, wo Schreiber dieser Zeilen ihm wieder begegnete. Der lebenskräftige und lebensfrohe Feldherr hatte eine thaten- und lebenslustige Umgebung um sich versammelt, in welche der ernste, stille Ordensritter nicht zu passen schien, und doch hatten dessen treffliche Eigenschaften ihm die allgemeine Liebe und Achtung aller seiner Waffengefährten erworben. Tapfer, besonnen, unermüdet, unverdrossen in allen, oft anstrengenden Dienstesverrichtungen, ausrichtsam, umsichtig im Gefechte, hatte er sich des Vertrauens seines Chefs, der Liebe seiner Gefährten zu erfreuen. Aber wenn das erschöpfende, ermüdende, oft blutige Tagewerk vollendet war, und Jeder, froh aus dem Sattel zu kommen, Erholung und Erheiterung suchte, fand man Lobkowitz in den Spitälern oder auf den Verbandplätzen mit der Pflege der Verwundeten, oder der an der damals so heillos wüthenden Cholera und dem Typhus Erkrankten beschäftigt. Hatte er Vormittags dem feindlichen Feuer unerschrocken die Stirne geboten, so trotzte er unerschrocken am Abend dem Todesengel des Siechthums und spendete Trost und Hilfe dort, wo die christliche Liebe die schönsten Lorberen sammelt! Er kannte die Gefahr der Ansteckung so wenig als jene des Kugelregens. Beide fanden ihn gleich unerschrocken. Nach dem Feldzuge, welcher seine ohnehin geschwächte Gesundheit noch mehr zerrüttete, zog er sich nach Prag zurück und lebte bloß der Charitas. Er starb schnell und sanft. Man fand ihn eines Abends in einer Kirche für immer eingeschlummert. Er hatte als Ritter und Christ gelebt und war als solcher gestorben.“