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BLKÖ:Berchtold, Leopold Graf von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Bercich, Johann
Band: 1 (1856), ab Seite: 291. (Quelle)
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Berchtold, Leopold Graf von (Humanist, k. k. wirklicher Kämmerer, Ritter des St. Stephanordens, geb. zu Placz [auch Stratz] in Böhmen 19. Juli 1759, gest. zu Buchlau in Mähren 26. Juli 1809). Trat nach vollendeten Studien im J. 1775 beim Olmützer Kreisamte ein, und wurde schon 1779 als stellvertretender Kreishauptmann nach Iglau versetzt. Beseelt von seinem Eifer für Humanität gab er aber seinen Posten auf und machte Reisen durch verschiedene Welttheile, um Menschenelend aufzusuchen und zu lindern. 13 Jahre durchreiste er Europa, 4 Jahre Asien und Afrika und verbreitete überall unentgeldlich seine auf Menschenrettung abzielenden Schriften, welche in verschiedenen Sprachen geschrieben waren. In seiner Schrift: „Essay to direct and extend the Inquieries of patriotic Travellers etc.“ (London 1789, 2 Bde.) 8°.) macht er die Reisenden vorzüglich auf die Erforschung der Mittel zur Erhaltung des Lebens und zur Versorgung der Armen, so wie auf die von den Barbaresken gefangenen Unterthanen seefahrender Staaten, auf die Maßregeln zu deren Befreiung, und andere dergleichen Gegenstände aufmerksam. (Der zweite Theil dieses Werkes enthält ein nach den Ländern und Städten Europa’s alphabetisch geordnetes, aus Stück geschöpftes Verzeichniß von Reisen und topographischen Nachrichten.) Auch wurde das Ganze von Lasteyrie (1797) in’s Französische übersetzt. Die deutsche Uebersetzung eines Ungenannten, von Bruns durchgesehen, erschien zu Braunschweig 1791, 8°. Andere Schriften dieses seltenen Menschenfreundes sind: „Kurzgefasste Methode alle Arten [292] von Scheintodten wieder zu beleben“ (Wien 1791). Diese Schrift nach Frank, Hensler, Hufeland bearbeitet, ließ B. im nämlichen Jahre in’s Französische übersetzen, und der National-Versammlung zu Paris vorlegen. Seine Reise durch und sein Aufenthalt in Portugal veranlaßte die Schriften: „Versuch über die verschiedenen Mittel zur Erhaltung des menschlichen Lebens in verschiedenen Gefahren“ (Lissabon 1792), und den dem Original nach in Wien abgedruckten: „Versuch die Gränzen der Wohlthätigkeit gegen Menschen und Thiere zu erweitern“ (Lissabon 1793). Er wagte es sogar die Pest an Ort und Stelle kennen zu lernen, um die dagegen anwendbaren Mittel zu erproben und bekannt zu machen. Er belehrte darüber das Publicum durch seine Schrift: „Nachricht von der im St. Antons-Spitale in Smyrna mit dem allerbesten Erfolge gebrauchten einfachen Mittel, die Pest zu heilen, und sich vor derselben zu bewahren“ (Wien 1797). Es besteht dasselbe in Einreibungen mit Olivenöl. Diese Schrift wurde in mehrere Sprachen übersetzt. In den letzten Jahren sorgte er eifrig für die Verbreitung der Schutzpocken. In gleicher Weise wie für die Menschheit im Allgemeinen war er für sein Vaterland besorgt, stiftete eine Humanitätsgesellschaft in Mähren, Rettungsanstalten in Prag und Wien, errichtete 1801 vor seinem Schlosse Buchlowitz in Mähren eine Baumschule für die Jugend. Als bei der großen Theuerung 1805 die Bewohner des Riesengebirges Mangel und Elend litten, sammelte er in Person für die Unglücklichen, durchreiste mehrere Hauptstädte der Monarchie, und brachte eine Summe von 64,704 fl. für diese Unglücklichen zusammen. Zu gleichem Zwecke gab er 1807 Tabellen heraus, worin er Ackersleute und Handwerker auf die Gefahren ihres Berufes und auf die Mittel, denselben entgegen zu wirken, aufmerksam machte. Für die Abfassung eines Lesebuchs der Humanitätsanstalten hatte er selbst den namhaften Preis von 1000 fl. ausgesetzt, und mit der Schrift: „Beiträge zur Veredlung des österreichischen Landwehrmannes“ (1809) schloß er seine literarische Thätigkeit. Sein Schloß Buchlowitz umgestaltete er zu einem Krankenhause, worin nach der Schlacht bei Aspern 1809 die verwundeten Soldaten liebreich aufgenommen und gepflegt wurden. Endlich wurde der hochherzige Humanist selbst das Opfer seiner unbegränzten Menschenliebe; die Rettung eines Scheintodten zog ihm ein nervöses Fieber zu, welchem er im Badeorte Smradiatka bei Buchlowitz, im Alter von 50 Jahren erlag. B. war Mitglied der Londoner Human Society und außer den von ihm verbreiteten eigenen Werken beförderte er auch Fothergill’s und Popes Schriften, und war in jeder andern denkbaren Weise für seine humanistischen Zwecke thätig. Sein edles Wirken erwarb ihm den schönen Beinamen: „Mährens Howard.“

Beckers National-Zeitung 1809, St. 39, vom 28. Sept. – Morgenblatt 1809, Nr. 248, vom 17. Oct. – Zarda’s vierte Nachricht von der 1792 zu Prag gestifteten Humanitäts-Gesellschaft (Prag 1810, 8°.). – Ueber die Wohlthätigkeit. Eine Rede, welche bei der von der Prager Humanitäts-Gesellschaft veranstalteten Todesfeier für Leopold Grafen v. Berchtold statt des mündlichen Vertrages vertheilt wurde (Prag 1810, 8°.). – Bauer (Samuel), Allg. histor.-biograph.-literar. Handwörterbuch aller merkwürdigen Personen, die im ersten Jahrzehend des 19. Jahrhunderts gestorben sind (Ulm 1816, Stettini, Lex.-8°.) I. Bd. S. 102. – Archiv für Geogr., Histor., Staats- und Kriegskunst VIII. Jahrg. (Wien 1817, 4°.): „Biographie“ – „Verkündiger,“ Febr. 1814, S. 113. – Allg. Encyklopädie der Wissensch. u. Künste … herausgeg. von J. S. Ersch und J. G. Gruber (Leipzig 1822, Gleditsch, 4°.) I. Sect. 9. Thl. S. 73. – Oestr. National-Encyklopädie (von Gräffer u. Czikann), (Wien 1835) I. Bd. S. 262. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildete Welt (Hildburghausen 1845, Bibliogr. Inst., Lex.-8°.) IV. Bd. 4. Abtheil. S. 429 [daselbst ist das J. 1758 als B.’s Geburtsjahr [293] angegeben]. – Nouvelle Biographie générale … publiée sous la direction de M. le Dr. Hoffer (Paris 1853) V. Bd. Sp. 460 [gibt das Jahr 1738 als B.’s Geburtsjahr an]. – Rose, New Biographical Dictionary.[BN 1][BN 2]

Berichtigungen und Nachträge

  1. E Berchtold, Leopold Graf [Bd. I, S. 291].
    Neuigkeiten (Brünner polit. Blatt) 1864, Nr. 159, 161, 163, 165, 167, im Feuilleton: „Die begnadigten Hanaken“ [interessanter Zug aus dem Leben des Grafen, 1800]. – d’Elvert, Notizenblatt u. s. w., 1868, S. 94: „Ueber die 1802 in Brünn durch Grafen von Berchtold errichtete Humanitätsgesellschaft“. [Band 22, S. 480]
  2. E Berchtold, Leopold Graf v. [Bd. I, S. 291; Bd. XXII, S. 480].
    Pluskal (F. S.), Leopold Graf von Berchtold, der Menschenfreund. Mit Copien von Originalbriefen des Kaisers Ferdinand II., Erzherzogs Leopold Wilhelm und der Kaiserin Maria Theresia (Brünn 1859, R. Rohrer’s Erben, 8°., VIII u. 95 S.). [Band 28, S. 326]