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BLKÖ:Müller, Joseph Ritter von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 19 (1868), ab Seite: 387. (Quelle)
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44. Müller, Joseph Ritter von (Bürgermeister der Stadt Prag, geb. zu St. Georgenthal bei Rumburg in Böhmen 29. Juni 1792, gest. zu Wien Mitte Jänner 1862). Sein Vater war Handelsmann in Rumburg und besorgte daselbst gleichfalls die Geschäfte des Gemeinde-Rechnungsführers und städtischen Steuereinnehmers. Der Sohn, der die Ortsschulen besuchte, war seit seinem zehnten Jahre dem Vater in seinen verschiedenen Geschäften zur Hand. Er hätte wohl dem Handel sich zugewendet, wenn nicht die Mutter den Wunsch ausgesprochen hätte, ihr Sohn solle Geistlicher werden, worauf über Zureden des Vaters seine wissenschaftliche Laufbahn sich entschied. Er kam nun im Jahre 1804, zwölf Jahre alt, in das Erziehungsinstitut nach Neuzelle in der preußischen Niederlausitz, wo er bis 1808 blieb. Im letztgenannten Jahre begab er sich nach Prag, wo er den philosophischen Studien oblag. Inzwischen hatte die Verarmung seiner Eltern ihn genöthigt, für sein ferneres Fortkommen selbst zu sorgen. In Folge dessen trat er, während er die Rechte in Prag studirte, bei einem Advocaten als Amanuensis ein. Nach beendigten Rechtsstudien wurde M. am 18. September 1817 Auscultant bei dem Prager Magistrat, 1821 Rathsprotokollist, 1824 Secretär. Als solcher führte er das politisch-ökonomische Referat und wurde im Jahre 1826 vom jüngsten Secretär zum Prager Magistratsrath ernannt und dem Criminalsenat zugetheilt. Während seiner fünfjährigen Dienstleistung als Criminalrath erhielt er für die Führung einer schwierigen Untersuchung ein Danksagungsschreiben von dem damaligen Finanzminister Grafen Nádasdy, wurde im Jahre 1831 zum Judicialsenat übersetzt, wo er zugleich das Referat beim Wechselgerichte führte. Am 30. Jänner 1836 zum Appellationsrath befördert, wurde er zwei Jahre später, am 30. Jänner 1838, dem Prager Bürgermeister Ritter von Sporschill substituirt und am 11. Mai 1839, nachdem er den k. k. Appellationsraths-Charakter und Dienstrang beibehalten, als wirklicher Bürgermeister von Prag installirt: der Prager Magistrat hatte ihm wenige Tage zuvor das Prager Ehrenbürgerrecht verliehen. Seit letztgenanntem Jahre war M. Oberst sämmtlicher [388] Prager Bürgercorps, permanenter Beisitzer der k. k. priv. böhmischen wechselseitigen Brandschaden-Versicherungsanstalt, zweiter Commissär des Prager Armenhauses, Ausschußmitglied der Vereins der Freunde für Kirchenmusik, dessen wirkendes Mitglied überhaupt er seit 1834 gewesen, Mitglied des Industrie- und Gewerkvereins für Innerösterreich und Director der Kleinkinderbewahranstalten am Hrádek und auf der Kleinseite, seit 1840 Mitdirector der böhmischen Sparcasseanstalt, 1842 Ehrenmitglied des Vereins zum Wohle entlassener Züchtlinge, seit 1844 Ausschußmitglied der Gartenbaugesellschaft in Böhmen und seit 1845 Vorsteher des Vereins zum Wohle hilfsbedürftiger Kinder. Die politischen Märzereignisse des Jahres 1848 bewogen ihn, das Prager Bürgermeisteramt in die Hände des k. k. böhmischen Landespräsidiums niederzulegen. Im Mai d. J. trat er zu Brünn als k. k. mährisch-schlesischer Appellationsrath mit Beibehaltung seines Seniums wieder in Dienstleistung und wurde dann Hofrath des k. k. obersten Gerichtshofes in Wien und zugleich Mitglied des Austrägelsenates für den deutschen Bund. In letzter Eigenschaft ereilte ihn im Alter von 70 Jahren der Tod. In Anerkennung seiner Verdienste wurde er bereits mit Allerh. Entschließung vom 21. September 1845 mit dem Ritterkreuze des Leopold-Ordens ausgezeichnet und den Statuten dieses Ordens gemäß noch in demselben Jahre in den erbländischen Ritterstand erhoben. Das darüber ausgefertigte Diplom gedenkt seiner Verdienste folgendermaßen: „In seiner Eigenschaft als Bürgermeister der Stadt Prag hat er zur Erbauung der Prager Kettenbrücke, des Kaiser Franzens-Quai’s, zur Regulirung mehrerer Straßen, zur Herstellung der Wasserleitung für die obere Stadt mit aufopfernder Thätigkeit mitgewirkt, sich um das Spital der Elisabethinerinen, um die Prager Kleinkinderbewahranstalten und das Schulwesen verdient gemacht, und den wohlthätigen Verein zum Besten hilfsbedürftiger Kinder gegründet. Bei der im Jahre 1845 zu Prag eingetretenen großen Ueberschwemmung ist es seiner rastlosen Thätigkeit gelungen, daß Unglück verhütet, die Communication in den Straßen hergestellt, Ordnung erhalten und die Obdachlosgewordenen untergebracht und verpflegt wurden. Nicht mindere Verdienste erwarb er sich bei der Versetzung des Eisenbahnhofes in das Innere der Stadt Prag.“ Dieß sind im allgemeinen Umrisse die Momente seines verdienstlichen Wirkens, welche ihm auch eine Stelle in diesem Werke einräumen.

Ritterstands-Diplom ddo. Wien 19. December 1845. – Erben (Karl Jaromir). Die Primatoren der kön. Altstadt Prag (Prag 1858, Gottl. Haase Söhne, 8°.) S. 244. – Bohemia (Prager polit. und Unterh. Blatt, 4°.) 1862, Nr. 24, S. 231. – Wappen. Von Blau und Silber in die Länge getheilter Schild. In der rechten blauen Schildeshälfte ist eine gezinnte Mauer aus Quadersteinen mit einem offenen Thore und aufgezogenem Fallgitter, alles in Silberfarbe. Ueber dem Thore erhebt sich ein Thurm mit vier Zinnen und einem Satteldach, auch in Silberfarbe. Im Thurme befindet sich ein viereckiges Fenster mit einem silbernen Kreuzstocke. In der linken silbernen Schildeshälfte steht auf einen grünen Berge ein hohes rothes Kreuz. Auf dem Hauptrande des Schildes ruhen zwei gekrönte Turnierhelme, aus denen aus je einem zwei Fähnchen an goldenem Schafte und abwärts ausgerundeter und gespitzter Lanze hervorragen. Das rechte Fähnchen des rechten Helms ist von Silber und rother, das linke von Gold und schwarzer Farbe; das rechte Fähnchen des linken Helms ist von grüner und Silber, das linke von Silber und blauer Farbe viermal quergestreift. Die Helmdecken sind zu beiden Seiten blau, mit Silber belegt.