BLKÖ:Mikan, Johann Christian

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Mika, Johann Marian
Band: 18 (1868), ab Seite: 263. (Quelle)
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Mikan, Johann Christian (Naturforscher, geb. zu Teplitz in Böhmen 5. December 1769, gest. 28. December 1844). Ein Sohn des als Arzt und Chemiker ausgezeichneten Joseph Gottfried Mikan [s. d. Folgenden]. Johann Christian kam, zwei Jahre alt, von Teplitz, wo sein Vater damals als Badearzt lebte, nach Prag. Im Elternhause erhielt er bis zum zehnten Jahre die Erziehung, nun besuchte er öffentlich das Gymnasium und die philosophischen Jahrgänge, und wendete sich dem Studium der Medicin zu. Im Jahre 1793 erlangte er an der Prager Hochschule die medicinische Doctorwürde, versuchte es auch im Anbeginn mit der ärztlichen Praxis, die er aber bald wieder aufgab, entschlossen, sich dem Studium eines theoretischen Zweiges der [264] Arzneiwissenschaft zuzuwenden. So entschied er sich denn für Entomologie und Botanik, die längst schon seine Lieblingsfächer waren, und im Gebiete der ersteren hatte er mehrere in Böhmen einheimische Schwebefliegen der Erste genau beobachtet und beschrieben, und dadurch die Aufmerksamkeit der Fachmänner auf sich gerichtet. Im Jahre 1796 erhielt er von der Prager Landesstelle die Lehrkanzel der Botanik für Hörer der Philosophie. In den Ferienmonaten durchwanderte er die Gebirge seines Vaterlandes an dessen verschiedenen Grenzen zu naturwissenschaftlichen Zwecken, und manche der damals von ihm aufgefundenen Pflanzen hat Wildenow in die von ihm herausgegebene „Species plantarum“ von Linné aufgenommen. Seinem Vater, als er wegen vorgerückten Alters im Lehramte einer Aushilfe benöthigte, wurde er im Jahre 1798 adjungirt. Im Jahre 1800 erhielt er die Lehrkanzel der allgemeinen Naturgeschichte an der Prager Universität, und als sein Vater, der bisher die Lehrkanzeln der Chemie und Botanik vereint versehen hatte, in den Ruhestand übertrat und nach dem neuen Studienplane die genannten zwei Lehrkanzeln von einander getrennt wurden, erhielt M. im Jahre 1812 die Lehrkanzel der Botanik für Mediciner und Phamaceuten. Er versah dieselbe bis zum Jahre 1817, in welchem sich seiner seit Jahren unbefriedigten Reiselust die Aussicht zur Befriedigung eröffnete. Die Erzherzogin Leopoldine, eine Tochter des Kaisers Franz I., war mit dem damaligen Kronprinzen von Brasilien, Don Pedro, vermält worden. Die Erzherzogin selbst war eine große Liebhaberin der Naturgeschichte. Auf kaiserlichen Befehl und auf Staatsunkosten wurde nun eine naturwissenschaftliche Expedition organisirt, und nebst anderen Fachmännern auch Professor Mikan als Naturforscher nach Brasilien bestimmt. Mikan war für Naturgeschichte im Allgemeinen und Botanik insbesondere gewählt worden. Mit ihm zugleich schiffte sich der Landschaftsmaler Ender und die von bayerischer Seite delegirten Forscher Dr. Spix als Zoolog und Professor Martius als Botaniker auf der Fregatte Austria ein, welche am 9. April 1817 von Triest absegelte. In Brasilien sammelte nun M., von seiner vielseitig gebildeten Gattin unterstützt, für die Wiener Hof-Naturalien-Cabinete. Dann erhielt er von dem außerord. österr. kais. Botschafter, Emanuel Joseph Grafen Eltz, den Auftrag, den ersten Transport nach Wien zu überbringen. Im November 1818 traf unter Mikan’s Begleitung der erste Haupttransport der an die k. k. Hof-Naturalien-Cabinetsdirection eingesendeten naturhistorischen Gegenstände ein. [Vergleiche Näheres darüber in der „Oesterreichischen National-Encyklopädie“ Bd. I, S. 369: Brasilianische Expedition und brasilianisches Museum]. Nach seiner Rückkehr unterzog er sich der wissenschaftlichen Bearbeitung der von ihm gesammelten Objecte. Aber die Reise und der Klimawechsel, dem er sich in dem etwas vorgerückteren Alter – er war damals schon 47 Jahre alt – ausgesetzt, äußerten bald ihre empfindlichen Nachwirkungen. Während er sich im Klima Brasiliens ganz wohl befunden hatte, war er nach seiner Rückkehr in Europa beständig leidend, und nur eine neue Reise in das mildere Klima Italiens, vornehmlich Siciliens, hatte seine stark angegriffene Gesundheit einigermaßen wieder hergestellt. Im Jahre 1831 trat er mit Belassung seines vollen Gehaltes in den Ruhestand [265] über. Die von M. herausgegebenen Schriften sind: „Monographia Bombyliorum Bohemiae“ (Prag 1796, mit K.), die Abbildungen dazu hat M. selbst gezeichnet; – „Delectus Florae et Faunae Brasiliensis“, 4 Hefte (Wien 1820–1825, Fol., mit K. K.), die naturgetreuen colorirten Abbildungen reihen sich den schönsten, wie man deren in englischen und französischen Prachtwerken findet, würdig an; – „Kinder meiner Laune“, 2 Bändchen (Prag 1833, 8°.), dieses Werk, wovon in kurzer Zeit zwei Auflagen erschienen, enthält eigentlich Beobachtungen seiner Reise nach Italien und Sicilien, und wurde von M. zum Besten seiner durch die damals herrschende Cholera verunglückten Landsleute herausgegeben. Die k. k. patriotisch-ökonomische Gesellschaft veröffentlichte im Jahre 1811 seine, als ein Wort zur Zeit aufgenommene Abhandlung: „Ueber Zuckererzeugung aus Ahornsaft“, und im Jahre 1812 in dem von ihr herausgegebenen Wirthschaftskalender den Aufsatz: „Ueber die Nothwendigkeit der Vertilgung der Obstbaumraupen nebst einer kurzen Naturgeschichte derselben“. Einige kleinere Aufsätze erschienen in dem Sammelwerke: „Nova Acta naturae Curiosorum“. Schon im Jahre 1797, als er noch in Prag die Botanik lehrte, gab er aber „R. J. Camerarii Opuscula botanici argumenti“ heraus. M. war auch ein leidenschaftlicher Gelegenheitsdichter, in den Producten dieser Art muß aber mehr seine gute Absicht als der ästhetische Werth in’s Auge gefaßt werden. Er schrieb und ließ sie drucken, wie er überdieß musikalische Concerte veranstaltete, um Geldsummen für Arme beizuschaffen. M. war Mitglied mehrerer gelehrten Gesellschaften des In- und Auslandes, und versah durch sechzehn Jahre das Secretariat bei der k. k. patriotisch-ökonomischen Gesellschaft in Prag, bis er es seines körperlichen Leidens wegen niederlegen mußte. Mikan zu Ehren ist eine Kletterpflanze aus der Gattung der Compositae homoianthae Mikania benannt worden, von der bisher 107 Arten, meist kletternde Kräuter und Sträucher in Amerika, einzelne als Gegenmittel gegen Schlangenbiß bekannt und unter denen Mikania Gruco, welche im Jahre 1830 als Choleramittel empfohlen, aber ohne Erfolg angewendet wurde; Mikania angularis, Mikania opifera, in Brasilien Erba da Cobra genannt, Mikania officinalis, die gleich der China benützt wird, und Mikania scandens bisher am bekanntesten sind.

Vierteljahrschrift für praktische Heilkunde, herausgegeben von der medicinischen Facultät in Prag (Prag, gr. 8°.) II. Jahrg. (1845), Bd. 1, S. 174. – Medicinisch-chirurgische Zeitung (Salzburg), Jahrgang 1817, Bd. II, S. 351. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. III, S. 666. – Poggendorff (J. C.), Biographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften (Leipzig 1859, J. A. Barth, gr. 8°.) Bd. II, Sp. 149. – Lotos (Prag, 8°.) Jahrg. 1852, S. 116. – Wiener Zeitung 1846, Nr. 10. – Porträt. Unterschrift: MIKAN (I. c). Lithographie ohne Angabe des Zeichners und Lithographen (bildet Nr. 24 in der Porträten-Gallerie berühmter Aerzte und Naturforscher des österreichischen Kaiserthums (Wien 1838, Fr. Beck, 4°.)].