BLKÖ:Polack, Jacob Eduard

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Pollak, Leopold
Band: 23 (1872), ab Seite: 73. (Quelle)
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Polack, Jacob Eduard (Leibarzt des Schah’s von Persien und Reisender, geb. zu Groß-Moržin in Böhmen um das Jahr 1820). Studirte in Prag und Wien Medicin und wurde zu Wien zum Doctor der Medicin und Chirurgie und zum Magister der Geburtshilfe promovirt. Nachdem er hierauf ein Jahr im k. k. allgemeinen Krankenhause thätig gewesen war, ging er als Fabriksarzt der Zuckerraffinerie des Ritters von Neuwall nach Klobauk in Mähren, allein schon nach zwei Jahren kehrte er, da ihm der dortige Wirkungskreis ein zu beschränkter war, nach Wien zurück, wo er nun zwei Jahre verweilte und operativ-chirurgische, sowie naturwissenschaftliche Studien machte. Im Jahre 1851 kam ein Geschäftsträger der persischen Regierung nach Wien, um Lehrkräfte für die neu zu organisirende Militärschule zu Teheran anzuwerben. P., [74] der schon von jeher besonderes Interesse für den Orient hatte, bewarb sich um einen solchen Posten und wurde angenommen. Nach einer langen und ermüdenden Reise langte er am 24. November 1851 in Teheran an. Seine Gesundheit hatte gelitten, aber auch die Militärschule bedurfte ein halbes Jahr zu ihrer vollständigen Organisation und diese Zeit benützte er, um die Landessprache zu erlernen. Er stieß in seinem neuen Wirkungskreise auf viele Schwierigkeiten. Zunächst mußte er sich mit der persischen Sprache möglichst vertraut machen, außerdem aber war Medicin in Persien nie vorgetragen worden, es fehlte daher in dieser Sprache durchwegs an jeder Terminologie, denn die Kenntniß der lateinischen und griechischen Sprache war gar nicht vorhanden. Zudem fehlte es an Lehrmitteln und an dem für Anatomen so wichtigen, den Leichen, denn der Islam verbietet das Seciren. Er begann in französischer Sprache seine Vorträge zu halten, da diese Sprache doch einigermaßen den Hörern bekannt war und bediente sich eines Dolmetschen, doch schon im nächsten Jahre war er im Stande, persisch vorzutragen. Das nächste war nun, Lehrmittel zu schaffen, und nach zwei Jahren hatte er bereits ein Handbuch der Anatomie vollendet, welches durch Lithographie vervielfältigt wurde. Um nun eine Terminologie festzustellen, schrieb er in persischer, arabischer und lateinischer Sprache ein medicinisches Wörterbuch und in persischer Sprache ein Lehrbuch der Physiologie. Um nun aber auch dem in der Heilkunde so nöthigen praktischen Theile eine Grundlage zu geben, stellte er an die Regierung den Antrag, eine chirurgische Klinik in’s Leben zu rufen. Der Vorschlag wurde angenommen und die Klinik mit zwanzig Betten, dann eine Abtheilung mit vierzig Betten errichtet und nun setzte er zur Ausbildung seiner Schüler eine öffentliche Ordination für chirurgische Ambulanten ein. Inzwischen befestigte sich auch sein Ruf als geschickter Arzt immer mehr, doch verfiel er 1855 in Folge der ungeheueren Anstrengungen in eine typhöse Krankheit und mußte zu seiner Wiederherstellung die warmen Quellen von Ask besuchen. Während dieser Reise und seinen alljährigen Ferialausflügen, war er nun bestrebt, sich mit den Ländern des Reiches vertraut zu machen, dem er seine Dienste gewidmet hatte. Er besuchte die vulkanische Demavendkette, Hamadan, Massenderan, Laridschan und den Süden des kaspischen Meeres, Gegenden, die noch kein Deutscher in wissenschaftlicher Beziehung besucht hatte. Er bereicherte hiebei sein Wissen bedeutend in den Gebieten der medicinischen Geographie, der Flora und Geologie und ebensosehr beobachtete er die Ruinen alter Denkmäler, die Ueberreste vergangener Culturperioden und die socialen Zustände der Bewohner. So hatte er nach drei Jahren alle Schwierigkeiten überwunden und machte den fernen Osten mit der hohen Wissenschaft des Westens vertraut. Er erfreute sich stets der vollkommenen Gunst des persischen Regenten, Nashreddin-Schah, der ihm nach dem Erscheinen seines anatomischen Lehrbuches den Sonnen-Orden und den Rang eines Obersten zweiter Classe verlieh. Seit November 1855 war er auch der Leibarzt des Schah’s. Ungeachtet seiner vortheilhaften Stellung sehnte er sich doch nach seinem Vaterlande zurück, verließ 1860 Persien und kam nach Wien, wo er dem allgemeinen Krankenhause seine Thätigkeit widmete. Seine Werke sind: „Handbuch der Anatomie des menschlichen Körpers“ (Teheran 1854, lithographirt); [75] – „Vocabularium medicam, persisch, arabisch und lateinisch“ (Teheran); – „Compendium der Physiologie“ (Teheran); – „Persien, das Land und seine Bewohner“. 1. Theil (Leipzig 1865); – „Persiens materieller Zustand“ (1866); – in den Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft in Wien war abgedruckt im Jahre 1861: „Ueber die Communicationsmittel, die Sicherheit des Eigenthums und der Reisenden und über Asyle in Persien“; – 1862: „Beitrag zu den agrarischen Verhältnissen in Persien“. Fragmentarisches aus seinen Aufzeichnungen brachten auch einzelne Journale.

Wertheimer, Jahrbuch für Israeliten 5617 (Wien 1856, Sommer). S. 153. – Blätter für literarische Unterhaltung (Leipzig, Brockhaus, 4°.) Jahrg. 1866, Nr. 19 u. 20. – Magazin für Literatur des Auslandes, 1866, S. 11, 25 u. 417. – Zarncke, Literarisches Centralblatt (Leipzig, Avenarius, 4°.) Sp. 109, – Slovník naučný. Red. Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Ladisl. Rieger (Prag 1859, Kober, Lex. 8°.) Bd. VI, S. 829 [hier erscheint sein Name mit ck und als Geburtsort wird Prag angegeben].