Zum Inhalt springen

BLKÖ:Posch, Andreas

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Porzia
Nächster>>>
Posch, Alois
Band: 23 (1872), ab Seite: 133. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Andreas Posch in Wikidata
GND-Eintrag: 12923849X, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Posch, Andreas|23|133|}}

Posch, Andreas (Naturdichter, geb. zu Stockat V. O. W. W. 28. November 1770, Todesjahr unbekannt). Der Sohn unbemittelter Eltern, verlor er, erst 18 Monate alt, seinen Vater. Da die Entfernung bis zur nächsten Schule zu groß und im Winter für Kinder zu beschwerlich war, so lehrte ihn zuerst seine Mutter, später seine Cousine lesen und etwas schreiben. Seine Mutter heirathete jedoch zum zweiten Male und zog mit ihrem Manne nach Arnsdorf, wo sich eine Schule befand, die P. nun auch besuchte. Allein nicht lange dauerte dieser Schulbesuch, denn sein Stiefvater starb und P. sah sich gezwungen, auf Befehl des Religionslehrers die Schule zu verlassen, um seine Mutter in der Arbeit zu unterstützen, dafür wollte er ihm zu Zeiten eine Stunde Unterricht geben, um mit ihm die in der Schule gehörten Gegenstände zu wiederholen. Allein die Kränklichkeit des Religionslehrers verhinderte die Ausführung dieses Planes. Unterdessen war nun P. so alt geworden, um selbst ein Handwerk zu lernen, welches ihm einst seinen Lebensunterhalt verschaffen sollte. Da er aber sehr kurzsichtig war, hielt es der dortige Pfarrer Bartholomäus Ehrlicher für das Beste, ihn das damals sehr im Flor stehende Handwerk der Strickerei lernen zu lassen. Er suchte daher für P. selbst einen Lehrherrn, welchen er auch in dem Wahlfahrtsorte Maria-Taferl in Niederösterreich fand. Daselbst blieb P. vier Jahre in der Lehre und wurde von dem Pfarrer während dieser Zeit mit allem Nöthigen versehen. Schon zu Arnsdorf entwickelte sich seine Liebe zu Büchern und zur Lectüre und als Lehrling füllte er seine freie Zeit mit dieser Beschäftigung aus. Um sich derselben ungestört hingeben zu können, wählte er sich im Sommer einen versteckten oder abgelegenen Platz im Garten oder in der Kirche, wo er dann, was er eben [134] bekommen konnte, mit allem Eifer las. Nach beendeten Lehrjahren trat P., wie es damals bei Handwerkern üblich, seine Wanderschaft an. Anfangs führte P. auf seiner Reise ein Tagebuch, gab aber diese Gewohnheit, die bald für ihn verhängnißvoll geworden wäre, auf. Es war im Jahre 1792, als er bald unter Oesterreichern, bald unter Franzosen in den Niederlanden marschirte, eines Tages wurde er untersucht, und nur die Geistesgegenwart, das ähnliche Felleisen eines Kameraden zum zweiten Male zum Visitiren zu geben, rettete ihn vor ernsten Unannehmlichkeiten, da er in seinem Tagebuche nebst anderen Merkwürdigkeiten, auch die festen Städte und die Art ihrer Befestigung, welche er gesehen, beschrieben hatte. An jedem Orte, wo er in Arbeit stand, lieh er sich Bücher aus und versuchte sich bereits in Liedern, hatte aber Niemanden, der ihn auf Fehler aufmerksam gemacht hätte. Die einzige Lehrschule, die P. während dieser Zeit hatte, war das Theater, in welchem ihm aber, da er durch seine Lectüre an das Ernsthafte zu sehr gewöhnt war, besonders der „Harlequin“ mißfiel. Während dieser Zeit hatte seine Mutter ihren früheren Aufenthaltsort[WS 1] verlassen, sich in Schönbüchel einen Grund gekauft, ein Haus darauf gebaut, und schrieb ihm jetzt, er möge nach Hause kommen. Nur ungern verließ er den Markt Aspang an der steierisch-ungarischen Grenze, wohin er auf seinen Wanderungen gerathen war und wo es ihm sehr behagt hatte. Zu Hause ging es ihm in der That nicht gut und P. hatte durch die immerwährenden Krankheiten seiner Mutter stets mit Noth und Elend zu kämpfen, in welcher Lage er sich nur durch die Lectüre mancher rührenden Geschichte, die ihm Muth einflößte, oder ihn Geduld lehrte, aufrecht erhielt. Im Jahre 1797 dichtete er auf die den Aufgebotsmännern vertheilten Denkmünzen ein Danklied, welches das erste war, das von ihm veröffentlicht wurde und vielen Beifall erhielt. 1806 schrieb er zu der Jubelmesse eines Serviten-Priesters ein Festgedicht, welches bei der Festtafel vorgelesen, gleichfalls allgemein gefiel. Durch den errungenen Beifall aufgemuntert, schrieb er nun gar ein Schauspiel: „Gute Fürsten sind das Glück der Völker“, welches aber seiner dürftigen Verhältnisse wegen ungedruckt blieb. Durch dergleichen Versuche wurde er mit den Geistlichen des Stiftes Mölk bekannt, die ihm nun mit Rath und That an die Hand gingen und ihm Bücher liehen, aus welchen er in Hinsicht des Geschmackes und der Ausdrucksweise viel lernen konnte. Da brachte ihm ein Freund das Buch „Vermischte Gedanken von dem Grafen von Ochsenstiern“ und zeigte ihm eine darin enthaltene Scene aus der griechischen Geschichte, die P. dramatisch bearbeiten sollte. P., ohne auch nur das Nöthigste von der Sprache, den Gebräuchen und der Lebensart der Griechen zu kennen, glaubte genug zu wissen, wenn er sich über einige ihrer Gesetze und über die Art ihres Gerichtswesens unterrichte, und schrieb das Stück als eine Begebenheit seiner Heimat und seiner Zeit. Obwohl ihm seine Freunde aus dem Stifte Mölk die Unmöglichkeit eines derartigen Unternehmens klar zu machen suchten, so war P. doch nicht von seinem Vorhaben abzubringen und ließ das Stück sogar drucken. Ein Recensent geißelte es nun mit unerbittlichem Spotte, welche Kritik so traurig wie gerecht für das Stück, für den dürftigen Autor doch die Folge hatte, daß P. alle seine Exemplare [135] verkaufte. Obwohl seine Lage sich einige Male verbessern zu wollen schien, verfiel er doch durch den Krieg und Elementarschäden immer mehr und mehr in Dürftigkeit und würde ganz verarmt sein, wenn nicht die landesfürstliche Unterstützung, welche ihm Kaiser Franz mehrere Male, besonders aber 1817, gewähren ließ, ihm geholfen hätte. 1821 erschienen seine Gedichte unter dem Titel „Gedichte und Lebensgeschichte des Naturdichters Andreas Posch“ (Wien, auf Kosten des Verfassers, 1821) und waren so schnell abgesetzt, daß in sehr kurzer Zeit (1822) eine zweite verbesserte und mit dem Bildnisse des Dichters vermehrte Auflage erschien. Wie dies zuging, erzählt der alte Gräffer in seiner kaustischen Weise. „Posch wanderte nämlich mit seinen Exemplaren von Ort zu Ort und verkaufte sie, wie das sich eben fand, bald wohlfeil, bald theuer. Nun nahm sich der geschickte und dienstfertige Buchdruckerei-Faktor Böckh, der nämliche, dem man ein noch heute gut brauchbares Buch über Wiens Schriftsteller und Sammlungen verdankt, des armen Poeten an, wusch ihm – für die Biographie der zweiten Auflage – seine Prosa und ging ihm überhaupt mit Allem und Jedem an die Hand“. Was nun die Dichtungen selbst betrifft, so sind sie als Schöpfungen eines Autodidacten, immerhin lesbar, sie sind meist betrachtender und frommer Art, oft von einer fast naiven Innigkeit und wahrhaft weit besser als manch inhaltsloser Singsang moderner Weltschmerzler. Dabei muß man sich in Erinnerung bringen, daß eben in jener sterilen Periode – die Zwanzigerjahre unseres Jahrhunderts – die Naturdichterei in Schwung kam. Der Naturdichter Gustav Hiller hatte den Reigen eröffnet, dann folgten der Briefträger Johann Baptist Schuh, der Buchhandlungs-Commis Ludwig Bleibtreu, bis Posch den Reigen schloß. Da er schon im Jahre 1770 geboren, wird er wohl schon längst des Zeitliche gesegnet haben.

Gedichte und Lebensgeschichte des Naturdichters Andreas Posch (Wien 1822, Ph. Bauer, 8°.). – Gräffer (Franz), Neue Wiener Localfresken (Linz 1847, Eurich u. Sohn, 8°.) S. 218.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Aufentsaltsort.