BLKÖ:Rottenhann, Heinrich Franz Graf von
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 27 (1874), ab Seite: 162. (Quelle) | |||
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Joseph aus eigenem Antrieb im Jahre 1782 als Hofrath in die damalige böhmische Hofkanzlei nach Wien berief. Im Jahre 1786 wurde Graf R. Präsident der Regierung und des derselben damals untergeordneten Landrechts, 1791 Oberstburggraf und Gubernial-Präsident in Böhmen, 1792 Kanzler der vereinigten Hofstelle in Wien, worauf im Jahre 1796 seine Berufung in’s Ministerium erfolgte. Einen großen Einfluß behauptete und wesentlichen Antheil hatte der Graf an den wichtigen Gesetzgebungsarbeiten, welche zu Anbeginn dieses Jahrhunderts in Oesterreich begonnen und durch mehrere Jahre fortgeführt wurden. Schon früher hatte er an den Reformen im Lehrfache mitgewirkt und über den vorgeschrittenen Standpunct, den Graf R. in diesem Puncte einnahm, belehrt uns eine von dem dänischen Legationsrathe Freih. v. Eggers herausgegebene Schrift, betitelt: „Nachrichten von der beabsichtigten Verbesserung des öffentlichen Unterrichtswesens in den österreichischen Staaten“ (Tübingen 1808), in welcher die Ansichten des Grafen über diese Frage niedergelegt sind. Am 7. September 1801 übertrug ihm Kaiser Franz I. das Präsidium der in Gesetzsachen gebildeten Hofcommission, welche unter seiner Leitung und Mitwirkung das Gesetzbuch über Verbrechen und schwere Polizeiübertretungen beendigte, eine Arbeit, welche in der Geschichte der österreichischen und deutschen Gesetzgebung, ungeachtet der in der Neuzeit nöthig gewordenen Reformen, anerkennenswerth bleiben und immer als ein mächtiger Schritt vorwärts in der damals noch von den Reminiscenzen des Mittelalters entstellten hochnothpeinlichen Strafjustiz bezeichnet werden wird. Im August 1804 wurde Graf R. Präsident der obersten Justizstelle, am 2. März 1808 aber berief ihn der Monarch zum Präsidenten einer Hofcommission, welche die bisher zerstreuten politischen und Cameralgesetze in einen [163] Codex zu sammeln beauftragt war. Dem Grafen wurde als Vicepräsident bei dieser wichtigen Arbeit der berühmte Sonnenfels beigegeben. Nicht lange war es ihm vergönnt, auf diesem Posten zu wirken, denn schon im Februar des folgenden Jahres entriß der Tod den vielverdienten Staatsmann im Alter von 72 Jahren dem Staate. Aber nicht blos die dem Staate geleisteten wichtigen Dienste sichern dem Grafen ein ehrenvolles Andenken, auch auf seinen Besitzungen in Böhmen zeigte sich allüberall der wohlthuende Einfluß seines Humanismus, und schon im Jahre 1785 schrieb die österreichische Biedermannschronik über den Grafen, „daß er ein patriotisch gesinnter, geschickter, eifriger und unparteiischer Diener des Staates sei, der viele ausgebreitete Kenntnisse im Cameralwesen und den politischen Länderangelegenheiten besitzt und unter andern viele gute Einrichtungen von Fabriken auf seinen Herrschaften machte“. Er war ein Liebling des Fürsten Karl Egon v. Fürstenberg [Bd. V, S. 21], der sich als Oberstburggraf von Böhmen um dieses Land unvergängliche Verdienste erworben. Ueber des Grafen Wirksamkeit in der Leitung der ihm unterstellten beiden Hofcommissionen in Gesetzessachen, über den feinen Tact, mit welchem er widerstreitende Ansichten auszugleichen verstand, wie er jeder Ansicht, wenn sie sich zu behaupten wußte, ihre Geltung einräumte, wie er nie die Autorität seiner hohen gesellschaftlichen und staatlichen Stellung, sondern nur die des Wissens und der geistigen Ueberlegenheit walten ließ, darüber sind alle Stimmen einig, welche dem verdienten Staatsmann einen Nachruf widmeten.
Rottenhann, Heinrich Franz Graf von (Staatsmann, geb. zu Bamberg 14. October 1737, gest. zu Wien 14. Februar 1809). Entstammt einem der ältesten fränkischen Adelsgeschlechter, das seine Stammregister bis in den Anfang des 12. Jahrhunderts zurückführt und im 18. Jahrhundert Grundbesitz in Böhmen erworben hat. Das Geschlecht blühte in vielen Linien und eine derselben, die Hauptlinie zu Merzbach, erlangte am 253. Jänner 1688 das ungarische Indigenat, am 8. December 1771 den Freiherrn- und am 8. December 1774 den Grafenstand. Graf Heinrich Franzens Vater Alexander bekleidete die Stelle eines Obersthofmeisters des Fürstbischofs von Bamberg und gelangte in den Besitz der Herrschaften Rottenhaus, Eidlitz, Platten, Neusablitz und Bielenz in Böhmen. Dadurch trat der Sohn, der eine vortreffliche und wissenschaftliche Erziehung und Bildung erhalten hatte, in den österreichischen Staatsverband und auch in die Laufbahn eines kais. Staatsbeamten, indem er im Jahre 1776 Gubernialrath in Böhmen wurde, in welcher Stellung er bald die Aufmerksamkeit der leitenden Kreise auf sich zog, so daß ihn Kaiser- Annalen der Literatur und Kunst in dem österreichischen[WS 1] Kaiserthume (Wien, Doll, 4°.) I. Bd. (1809), Intelligenzbl. Juni, Sp. 255. – Allgemeine Literatur-Zeitung (Wien, 4°.) 1809, Mai, Nr. 130. – Baur (Samuel), Allgemeines historisch-biographisch-literarisches Handwörterbuch aller merkwürdigen Personen, die in dem ersten Jahrzehend des neunzehnten Jahrhunderts gestorben sind (Ulm 1816, Stettini, gr. 8°.) Bd. II, Sp. 347 [nach diesem geb. am 14. October 1737]. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. IV, S. 425 [nach dieser geb. am 4. October 1737]. – Oesterreichs Pantheon. Gallerie alles Guten und Nützlichen im Vaterlande (Wien 1830, M. Chr. Adolph, 8°.) Bd. I, S. 46. – Vaterländische Blätter für den österreichischen Kaiserstaat (Wien, 4°.) 1809, S. 77 u. 105. – Oesterreichische Biedermanns-Chronik. Ein Gegenstück zum Phantasten- und Prediger-Almanach (Freiheitsburg [Akademie in Linz] 1784, 8°.) Erster (und einziger) Theil, S. 169. – Porträt. Unterschrift: Heinrich Franz Graf v. Rottenhann, des königl. St. Stephan-Ordens Grosskreuz, Sr. k. k. apost. Maj. wirkl. geh. Rath, Kämmerer, Staatsminister, oberster Justiz-Präsident und Präsident der Hofcommissionen in Justiz- und politischen Gesetzsachen. Joh. Boehm (sc.) (Wien, 8°.). – Ueber den heutigen Familienstand der Grafen Rottenhann, der für dieses Werk weiter kein Interesse hat, geben die genealogischen Taschenbücher ausführliche Aufschlüsse, und zwar jenes der freiherrlichen Häuser 1859, S. 685, 1862, S. 646, der gräflichen Häuser 1870, S. 875, und Nachweisungen über die Genealogie desselben Kneschke’s „Neues allgemeines deutsches Adels-Lexikon“, Bd. VII, S. 594, wo auch ein bedeutendes Quellenmaterial verzeichnet steht.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: österrreichischen.