BLKÖ:Schöffel, Joseph

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 31 (1876), ab Seite: 76. (Quelle)
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Schöffel, Joseph (Mitglied des Abgeordnetenhauses des österreichische Reichsrathes, geb. zu Przibram in Böhmen am 29. Juli 1832). Ein Sohn des k. k. Bergrathes Joseph Schöffel und Enkel des ehemaligen k. k. Verwalters von Schlögelmühle in Niederösterreich. Nachdem er in Budweis die philosophischen Studien beendet, wurde er in Folge der 1848ger Ereignisse zum 25. Infanterie-Regimente assentirt und machte in demselben den Feldzug im Jahre 1849 in Italien mit, wurde im Jahre 1850 zum Infanterie-Regimente Nr. 37 und im Jahre 1853, nachdem er einen Conflict mit einem rohen Vorgesetzten gehabt, zum 8. Feldjäger-Bataillon übersetzt, in welchem er im Jahre 1854 zum Officier befördert wurde. Im Jahre 1859 focht er in Italien, rückte zum Oberlieutenant vor und trat am 1. Jänner 1863 mit Beibehalt des Officiers-Charakters aus dem Verbande der Armee. Von da an widmete er sich dem Studium der Naturwissenschaften, arbeitete von 1863 bis 1868 als Volontär in der geologischen Reichsanstalt, woselbst er die von dem Realgymnasium in Mariahilf auf der Weltausstellung in Wien ausgestellte christallogenetische Sammlung verfertigte, und machte ausgedehnte Reisen. Sein nunmehr der Wissenschaft und ihrer Pflege gewidmetes Leben nahm ihn vielfach in Anspruch, denn S. wurde correspondirendes Mitglied der k. k. geologischen Reichsanstalt, der k. k. geographischen Gesellschaft, der Wiener Landwirthschafts-Gesellschaft, des österreichischen Reichsforst-Vereins, der chemisch-physikalischen Gesellschaft und des Vereins für Landeskunde in Niederösterreich, sämmtlich junge Vereine, deren Mitglieder sich die beim Eintritte übernommenen Aufgaben noch ernstlich angelegen sein lassen und an deren Lösung arbeiten. Doch alle diese wie immer verdienstliche Thätigkeit hätte S.’s Namen noch lange im Dunkel seines bescheidenen Forscherlebens ruhen lassen, wenn nicht ein ganz besonderes Ereigniß eingetreten wäre, das die öffentliche Meinung ein paar Jahre lang mächtig aufregte. Denn in einer höchst wichtigen Angelegenheit, in der sogenannten Wiener-Waldfrage, steht Schöffel’s Name obenan, und da diese Angelegenheit jahrelang Tagesgespräch war, sich Tausend und Tausend um die Lösung derselben auf das Angelegentlichste interessirten und Herausgeber dieses Lexikons die ganze Angelegenheit seit ihrem Beginne auf das Aufmerksamste verfolgte, so läßt er hier, da sie das Hauptmoment in Schöffel’s Leben bildet und seinem Namen Dauer gibt, so lange die Schatten des Wiener-Waldes die nach reiner Luft lechzenden Wiener erquicken werden, die ganze Geschichte in objectiver Darstellung folgen. Zu Anbeginn der Sechziger-Jahre, also ziemlich zu gleicher Zeit mit dem Aufleben des constitutionellen Regimes in Oesterreich, wurde von den damaligen Wortführern der Verkauf des unbeweglichen Staateigenthums, nämlich der Staatsdomänen, Realitäten und Bergwerke als Inbegriff staatswirthschaftlicher Weisheit hingestellt, indem sie behaupteten, der Staat wegen seines verwickelten und kostspieligen Administrations-Apparates sei geradezu unfähig, derartige Objecte mit nutzbarem Erfolge zu verwalten. Die [77] finanziell bedrängte Regierung griff dieses Schlagwort sofort auf, die Presse befürwortete es, die geblendete Volksmasse bejubelte es und unter diesen Umständen erwuchs der Keim jener verderblichen Vorgänge, welche mit der Wiener Weltausstellung ihren Höhepunct, mit dem Krach ihr klägliches Ende fanden. Staatsgüter waren die ersten Objecte zu Gründungen, welche sich später als ebenso viele Betrügereien erwiesen. Der Verkauf der Staatsgüter begann mit der Veräußerung der Staatsdomäne Waidhofen a. d. Ybbs, welche im Jahre 1863 an einen gewissen Löwy um siebenhunderttausend fünfhundert Gulden österr. Währ. hintangegeben wurde. Löwy verkaufte diese Domäne, nachdem er den Kaufschilling aus den Wäldern herausgeschlagen hatte, im Jahre 1865 an das Straßburger Consortium Götz und André um eine Million Gulden, welches wieder diese Staatsherrschaft, nachdem die Wälder abermals das Anlagekapital amortisirt hatten, an die Forstindustrie-Gesellschaft im Jahre 1869 um drei Millionen verkaufte. – Dem Verkaufe von Waidhofen a. d. Ybbs folgte jener der böhmischen Staatsdomäne Zbirow, welche, trotzdem die Städte Böhmens sich zum Kaufe derselben erboten, an das Consortium Kirchmayer und Siemundt um neun Millionen Gulden verkauft wurde. Kirchmayer und Siemundt überließen diese Domäne sofort, ohne auch nur die erste Kaufschillingsrate erlegt zu haben, dem Berliner Bauunternehmer Strousberg um den Betrag von nahezu eilf Millionen Gulden. – Nun kamen die großen galizischen Staatsdomänen an die Reihe, welche um den Betrag von drei Millionen und siebenzigfünftausend vierhundert Gulden ebenfalls an das Consortium Kirchmayer und Siemundt und von diesem sofort an die von ihnen neugegründete Forstbank um den Betrag von sieben Millionen abgetreten wurden.– Dasselbe Consortium erwarb gleichzeitig die Staatsdomänen Lipowice, Sambor, Spaß, Janow und Medenice, welche von der Bodencredit-Anstalt bei der Belehnung auf 2,195.000 fl. geschätzt wurden, um den Betrag von Einer Million dreihundert und neunundsiebenzig tausend Gulden und verkaufte dieselben unmittelbar an galizische Großgrundbesitzer um den Betrag von Einer Million siebenhundertsechzig tausend Gulden. Diesen Verkäufen folgte eine Reihe kleinerer und größerer Objecte, bei welchen in mehr oder minder ähnlicher Weise vorgegangen wurde. Das eigens für den Verkauf der Staatsgüter in’s Leben gerufene Bureau hatte sich inzwischen aller oppositionellen Elemente entledigt, an deren Stelle Mitglieder und Theilnehmer des Consortiums Kirchmayer und Siemundt aufgenommen, und sich überdieß mit Beiräthen, welche bei den Schätzungen der bereits verkauften Staatsgüter und Abschlüssen der oberwähnten Verträge auf das Thätigste mitgewirkt hatten, verstärkt. Aus dem so zusammengesetzten Bureau kam die Idee, den Wiener-Wald, welcher eine Area von fünfzig und viertausend Joch umfaßt, ebenfalls zu verkaufen. So wurde schon am 17. December 1867 und am 3. Jänner 1868 mit Uebergehung des damaligen Forstreferenten Ritter von Feistmantel ein Vertrag mit dem Wiener Holzhändler Moriz Hirschl abgeschlossen, in Folge dessen Hirschl so zu sagen das Monopol des Holzbezuges aus dem Wiener-Walde zu dem niedrigsten Preise und in einer mit bisher nicht gebotenen Vortheilen verbundenen Ausmaß und Sortirung zugestanden [78] wurde. Die Vorstellungen, welche von competenter Seite dagegen erhoben wurden, sowie die Beschwerden der Wiener-Waldgemeinden, welchen durch diese Maßregel so zu sagen die Lebensader, nämlich der bisher von denselben schwunghaft betriebene Holzhandel und Holzvertrieb nach Wien, unterbunden wurde, blieben erfolglos. In Folge dessen sanken die Erträgnisse des Wiener-Waldes, welche früher durchschnittlich einen Reingewinn von 5–600.000 fl. jährlich abgeworfen hatten, in rapider Weise, aber auch im Verwaltungskörper, der zur Maschine eines Contrahenten herabgesunken war, nahm unter solchen Umständen die Moral nicht zu. Das war es, was jene oberwähnten volkswirthschaftlichen Wortführer gewollt; man ahnte nämlich, daß der Verkauf des Wiener-Waldes in der Bevölkerung einen wahren Sturm hervorrufen werde. Man mußte somit dahin wirken, daß dieser Verkauf sich als nothwendig und nützlich für den Staat herausstelle, und dieses erzielte man durch die künstliche allmälige Schmälerung seines Ertrages. Die Bevölkerung des Wiener-Waldes aber sollte durch Hirschl’s Monopol nach und nach zu einem anderen Erwerbe gezwungen werden, was auch theilweise erreicht wurde, da die meisten Holzhändler, nachdem sie vom Aerar kein Holz mehr zu kaufen bekamen, sich ihrer Legstätten und Fuhrwerke entledigten. Nachdem Alles so klug vorbereitet war, gab man den Auftrag zu einer Mehrfällung von 750.000 Klaftern Holz, welche auf fünf Jahre vertheilt werden sollte. Aber auch diese Maßregel, durch welche eine förmliche Devastation des Wiener-Waldes eingeleitet wurde, war nur ein leiser Taster, um zu erfahren, wie sich die Bevölkerung dieser Maßregel gegenüber verhalten werde, denn gleichzeitig faßte man den Beschluß, das Holz am Stocke zu verkaufen und die Abstockung der Forstbank nach vorausgegangener Ocularschätzung zu übertragen. Als Einleitung zum gänzlichen Verkaufe des Wiener-Waldes sollte der Verkauf einzelner Theile desselben, die man als isolirte bezeichnete, dienen. So kam das Gesetz vom 12. April 1870, welches den Verkauf der sogenannten isolirten Theile des Wiener-Waldes im Ausmaße von über 5000 Joch anordnete, zu Stande. Schöffel sah allen diesen Vorgängen scharfen und prüfenden Blickes zu, und als er es an der Zeit hielt, aufzutreten, drang man auf ihn ein, diesen Gedanken, da er ja doch den Verkauf des Wiener-Waldes und seine Entholzung nicht mehr rückgängig zu machen im Stande sei, überdieß sich in eine höchst bedenkliche Geschichte zu verwickeln im Begriffe stehe, fallen und die Dinge ihren Gang gehen zu lassen. Das aber wollte S. nicht einleuchten. Es handelte sich um Verhinderung einer Maßregel, deren schwere Folgen für die künftigen Generationen Wiens unabsehbar waren. Bevor er aber zur Action schritt, bewog er seinen Freund, den Buchhändler Joseph Klemm [Bd. XII, S. 70, Qu.], der Mitglied des Wiener Gemeinderathes war, in diesem letzteren einen Dringlichkeitsantrag um Sistirung des Gesetzes vom 12. April 1870 und Einstellung der massenhaften Holzfällungen im Wiener-Walde, dessen Bestand in klimatischer und sanitärer Beziehung für Wien eine Lebensfrage sei, einzubringen. Dieser von Klemm eingebrachte Dringlichkeitsantrag wurde von dem Wiener Gemeinderathe einstimmig angenommen und der Bürgermeister beauftragt, die nöthigen Schritte bei der Regierung einzuleiten. Zugleich wurde [79] eine ständige Commission gewählt, welche die Wiener-Waldfrage eingehend studiren und dem Plenum seiner Zeit Bericht erstatten sollte. An demselben Tage, d. i. am 20. April 1870, an welchem Klemm vorerwähnten Dringlichkeitsantrag einbrachte, erschien im Neuen Wiener Tagblatte Schöffel’s erster Artikel, betitelt: „Der Verkauf des Wiener-Waldes“. Diesem Artikel folgte in kurzen Zwischenräumen eine ganze Serie von Aufsätzen über diese Angelegenheit, in welchen die frühere Bewirthschaftung des Wienerwaldes mit der neu inaugurirten verglichen, die Maßregeln der obersten Forstverwaltung ohne Rücksicht kritisch beleuchtet und auf die verhängnißvollen Folgen hingewiesen wurde, welche die allgemeine Entwaldung und speciell die des Wiener-Waldes auf das Klima, die Fruchtbarkeit und die Gesundheitsverhältnisse der Stadt und des Landes nach sich ziehen müsse. In diesen Artikeln schilderte S. in den genauesten Einzelnheiten die bereits begonnenen und im Fortschreiten begriffenen, unter dem Titel der vollsten Gesetzlichkeit geschehenden Verwüstungen des Wiener-Waldes, wies auf die mit dem Holzhändler Moriz Hirschl abgeschlossenen staatsschädlichen Holzlieferungsverträge hin und forderte die Bevölkerung auf, dieser Wirthschaft mit allen gesetzlichen Mitteln entgegenzutreten. Auf dieses hin folgte ein Sturm von Petitionen. Der Wiener Gemeinderath setzte sofort eine gemischte Commission von Mitgliedern des Gemeinderathes und Sachverständigen zusammen, zu welcher S. selbst geladen wurde, und diese Commission bereiste den Wiener-Wald, nahm an Ort und Stelle die Thatbestände auf und erstattete über die Ergebnisse derselben Bericht. Der Reichsforst-Verein veranstaltete eine Wanderversammlung, welche den Wiener-Wald begehen und sodann sein Gutachten abgeben sollte. Diese Wanderversammlung, an der anerkannte forstliche Capacitäten unter Vorsitz des Fürsten Colloredo-Mannsfeld theilnahmen. sprach sich einstimmig dahin aus, daß die im Wiener-Walde in der letzten Zeit vorgekommenen Thatsachen mit den Grundsätzen der forstlichen Theorie und Praxis im Widerspruche stehen und die Fortsetzung dieser Wirthschaft unausbleiblich zur gänzlichen Devastation führen müsse. Die Resultate der gemeinderäthlichen Expertise veröffentlichte S. unverweilt unter dem Titel: „Die Enquête-Commission des Wiener Gemeinderathes im Wiener-Walde“ in acht Fortsetzungen im schon genannten „Neuen Wiener Tagblatte“, und unmittelbar darauf veröffentlichte die „Wiener Abendpost“ einen ministeriellen Erlaß, mittelst welchem der Verkauf der isolirten Theile des Wiener-Waldes und die eingeleiteten Massenfällungen einstweilen sistirt wurden. Inzwischen interpellirte der Abgeordnete Dr. Mende im niederösterreichischen Landtage die Regierung bezüglich der Wiener-Wald-Angelegenheit, worauf der damalige Statthalter in schroffer Weise erwiederte, daß die ganze Agitation eine böswillige sei und die gegen einige hohen Functionäre vorgebrachte Beschuldigung auf Verleumdung beruhe. Gleichzeitig erklärte der damalige Finanzminister Dr. Brestel den Verkauf der Staatsgüter als eine für die Finanzen des Staates nothwendige und wohlthätige Maßregel und suchte so das bisherige Gebaren zu rechtfertigen. Diese Vorgänge veranlaßten Schöffel, in einem im „Neuen Wiener Tagblatte“ veröffentlichten Briefe an Se. Excellenz den Landtags-Abgeordneten Dr. Brestel demselben offen und [80] rückhaltslos zu erklären und zu beweisen, daß er trotz seines redlichen Willens doch nur der Düpirte eines Consortiums gewissenloser Speculanten und pflichtvergessener Beamten geworden. In einem anderen, ebenda abgedruckten Artikel, betitelt: „Offener Brief an Se. Excellenz den Statthalter von Niederösterreich“, verlangte Schöffel von demselben, die von S. des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt beinzichtigten Beamten aufzufordern, ihn vor den Richter zu stellen und nicht, wie es bereits wiederholt geschah, im letzten Augenblicke die ganze gegen ihn erhobene Anklage fallen zu lassen, der Vorwurf der Verleumdung wird aus der Untersuchung selbst als unbegründet entfallen. Dabei blieb aber S. nicht stehen, hatte er bisher die Unfüge und Mißwirthschaft im Wiener-Wald nur angedeutet, nun enthüllte er das ganze Treiben des Speculations-Consortiums und der mit ihm verbündeten Mithelfer in einer Reihe von Artikeln, welche gleichfalls im „Neuen Wiener Tagblatt“ unter den Titeln: „Wiener-Waldgeschichten“, „Portofreie Briefe aus dem Wiener-Walde“ u. s. w. abgedruckt wurden. Die Folge dieser Enthüllungen, welche in ein Labyrinth von Unterschleifen schauen ließen, war ein Antrag der Abgeordneten Mende und Steudel im niederösterreichischen Landtage auf Einleitung einer gerichtlichen Untersuchung gegen die öffentlich genau bezeichneter Verbrechen beschuldigten Beamten. Der Antrag wurde angenommen und die Regierung leitete nunmehr die verlangte gerichtliche Untersuchung ein. Diese dauerte nun mehrere Monate, das Resultat derselben war jedoch ein negatives. Der damit nicht zufriedengestellte S. sah sich somit gezwungen, die ihm von befreundeter Seite zu Gebote gestellten gravirendsten Actenstücke und Correspondenzen in einem Cyklus von Artikeln in beglaubigter Abschrift zu veröffentlichen. Sie stehen sämmtlich unter dem Titel: „Die Verwaltungsgeschichte des Wiener-Waldes“ im „Neuen Wiener Tagblatt“ (1871, Nr. 53, 61, 63, 67, 69, 71, 74, 75, 82, 87 u. 92) abgedruckt. Als ihm später das gerichtliche Erkenntniß auf Einstellung der Untersuchung wegen Mangel des Thatbestandes gegen die von S. Beschuldigten zur Hand kam, unterzog er dieses Erkenntniß und die Art und Weise, wie die Untersuchung durchgeführt wurde, in der „Deutschen Zeitung“ einer eingehenden Kritik unter dem Titel: „Das gerichtliche Erkenntniß in Sachen des „Wiener Waldes“, was die sofortige Confiscation des Blattes und gegen Schöffel die Einleitung der gerichtlichen Untersuchung auf Grund des § 300 des Strafgesetzes zur Folge hatte. Am 20. März 1872 wurde S. vor das Geschwornengericht gestellt und nach einer sechsstündigen Verhandlung einstimmig nichtschuldig gesprochen. Solchen Thatsachen gegenüber konnte die Regierung nicht mehr gleichgiltig bleiben und es wurden daher vom Abgeordnetenhause im Jahre 1872 über Antrag der Regierung das Gesetz vom 12. April 1870 als nichtig erklärt, die Verträge mit Moriz Hirschl aufgelöst, eine den Forst schützende Waldwirthschaft eingeführt und ein bemakelter Unterbeamter auf Grund einer durchgeführten Disciplinar-Untersuchung im Gnadenwege pensionirt. Aber auch dieß genügte S., nicht, standen doch noch die einflußreichsten Persönlichkeiten, von denen ja eben das Attentat auf den Wiener-Wald ausgegangen, in vollster Thätigkeit und die Gefahr, die fallengelassenen Ideen könnten bei günstiger Gelegenheit wieder aufgenommen [81] und in einem unbewachten Momente ausgeführt werden, lag wie ein Damoklesschwert über dem Wiener-Walde. Um nun sein Werk zu vollenden, arbeitete S. mit aller Kraft dahin, daß die eigentlichen Urheber des Wiener-Wald-Frevels ihrer Stellung enthoben und die Agenden des Staatsforst- und Domänenwesens dem Ackerbau-Ministerium zugewiesen wurden. Zu diesem Zwecke veröffentlichte er in der „Deutschen Zeitung“ eine Reihe von Artikeln, in welchen er unter dem Titel: „Offene Briefe“, an die in dieser Angelegenheit maßgebenden höchsten Persönlichkeiten gerichtet, eindringlichst die Petita stellte, darunter zuvörderst die Entfernung der compromittirten Personen als ein Postulat der öffentlichen Moral. Nun wurden auch diese Forderungen erfüllt, ein Compromittirter nach dem andern wurde in den wohlverdienten Ruhestand versetzt und die Uebergabe der Agenden des Forst- und Domänen- und des Bergwesens an das Ackerbau-Ministerium wurde decretirt. Im Jänner 1873 veröffentlichte S. in der „Deutschen Zeitung“ sein Schlußwort in der Wiener-Wald-Angelegenheit. Der Kampf, den er am 20. April 1870 begonnen und bis Jänner 1873 ununterbrochen fortgeführt, endete mit einem glänzenden Siege. Besonders bezeichnend ist es, daß die Haupturheber dieses kolossalen und mit verbrecherischem Scharfsinne geplanten Frevels das Schicksal gerichtet hat. Von den Staatsgüterkäufern und Verkäufern sitzt einer (Kirchmayer) im Zuchthause, der Andere (Siemundt) ist flüchtig, die Uebrigen, wie Giskra, Hirschl u. A. sind von der öffentlichen Meinung gezeichnet und moralisch gerichtet, und die mit so viel Emphase und Hoffnungsluxus in’s Leben gerufene Forstbank und Forstindustrie-Gesellschaft endlich sind – bankerott. S. führte in seinen Aufsätzen eine energische, doch durch kein rohes Wort entstellte Sprache, die keine andere Rücksicht nahm, als auf das Wohl des Staates, für dessen Interesse und Wahrung desselben er als freiwilliger, freilich durch die Pflicht des Gewissens berufener Anwalt auftrat. In einer Kritik des Wiener Journalismus wird S.’s Feder „als eine wahrhaft erquickende Erscheinung“ bezeichnet und mit einem Seitenblicke auf die Wiener Journalistik hinzugefügt: „denn, wenn auch einige dieser Federhelden vielleicht während der Arbeit von dem, was sie schreiben, überzeugt sind, so verlangt doch Niemand von ihnen vor und nach derselben eine solche Ausschweifung. Man kann die Wiener Journalisten, die überhaupt eine Meinung haben, an den Fingern abzählen, und Herr Schöffel kann es sich zur Ehre anrechnen, dieser mikroscopischen Minorität anzugehören“. Als Anerkennung der Verdienste, welche sich S. um den Wiener-Wald durch Rettung desselben vor weiterer Verwüstung erworben, erhielt er nicht nur wiederholt von Seite der Gemeinden Niederösterreichs Anerkennungs- und Dankadressen, die ihn zum Ausharren im begonnenen und schweren Kampfe ermunterten, sondern es setzten ihm Wiener Bürger, die Bewohner des Wiener-Waldes und des flachen Landes auf der jetzt Schöffel-Warte genannten Purkersdorfer Höhe einen Denkstein, über dessen feierliche Enthüllung das „Neue Wiener Tagblatt“ vom 4. Juli 1873 ausführlichen Bericht erstattet [vergleiche die Quellen S. 84]. Am 1. August 1873 wurde S. einstimmig zum Bürgermeister von Mödling, wo er ansässig ist, gewählt und bei der directen Wahl in das Abgeordnetenhaus des österreichischen [82] Reichsrathes siegte derselbe über seinen Gegencandidaten Prof. Dr. Wenzel Lustkandl in den Bezirken Hietzing, Mödling, Purkersdorf, Schwechat, Bruck a. d. Leitha und Hainburg. Mit der Uebernahme des Mandats als Reichsraths-Abgeordneter legte S. seine Officierscharge nieder und schloß sich im Reichsrathe der Fortschrittspartei an. Am 29. März 1874 wurde er von den niederösterr. Abgeordneten in die Delegation entsendet. Was nun S.’s Wirksamkeit im Reichsrathe betrifft, so hat er in demselben, wie bisher in der Presse, die eingerissene Corruption, den Nepotismus und die Verschleuderung der Staatsgüter energisch bekämpft; bei Gelegenheit der Budgetdebatte wiederholt den Antrag auf eine Reduction der Verwaltungsauslagen und auf Erlassung eines Gesetzes zur Erhaltung und Wiederaufforstung der Wälder gestellt. Das Auftreten und die Weiterverbreitung der Phylloxera vastatrix im Klosterneuburger Versuchsweingarten veranlaßte S., am 31. August 1873 in einem im „Neuen Wiener Tagblatt“ veröffentlichten Artikel das Ackerbau-Ministerium zu interpelliren, warum dasselbe durch volle drei Jahre, während welcher sich dieses nach Klosterneuburg eingeschleppte Insect, welches seit dem Jahre 1865 die Weincultur Südfrankreichs vernichtet hat, daselbst eingenistet hatte, sich darauf beschränkte, Warnungen und Verbote gegen die Einfuhr fremder Reben zu erlassen, während es angezeigt gewesen wäre, sofort nach Erwiesenheit des Vorhandenseins dieses unsere ganze Weincultur mit völliger Vernichtung bedrohenden Insectes den ganzen, von demselben inficirten Weingarten zu vertilgen, um der Weiterverbreitung desselben Einhalt zu thun. Dieser Artikel rief nun eine Polemik zwischen Schöffel und dem in der landwirthschaftlichen Literatur vielbekannten Ritter von Hamm hervor, welcher mit einer Ehrenbeleidigungsklage von Seite des Herrn von Hamm gegen Schöffel endete. Zur Schlußverhandlung kam es jedoch nicht, da Ritter von Hamm zwei Tage vor der anberaumten Schlußverhandlung seine Klage einfach zurückzog und die „officielle“ Zeitschrift „Weinlaube“, welche S. zu wiederholten Malen angriff, verpflichtete sich, eine Erklärung des Inhalts: „daß dasselbe an Schöffel’s Wahrheitsliebe, an seinem uneigennützigen Streben niemals gezweifelt habe, und es tief bedauere, etwas veröffentlicht zu haben, was ihn verletzen könne und Alles und Jedes in dieser Beziehung Gesagte feierlich widerrufe“, in der schon genannten „Weinlaube“, „Deutschen Zeitung“ und „Neuen Wiener Tagblatt“ zu veröffentlichen, was denn auch geschah. Im Abgeordnetenhaus selbst brachte S. die Angelegenheit zur Sprache und stellte den Antrag auf Erlassung eines Gesetzes gegen Weiterverbreitung der Phylloxera vastatrix in Oesterreich. Das Gesetz wurde auf diesen Antrag hin von der Regierung eingebracht und vom Abgeordnetenhause votirt. Noch ist der Thätigkeit Schöffel’s als Bürgermeisters von Mödling, an welcher sich die Gemeindevorsteher der nächsten Umgebung Wiens und wohl auch andere ein Beispiel nehmen könnten, zu gedenken. Wie bereits erwähnt, wurde S. im August 1873 in Mödling, wo er seit mehreren Jahren auf einem eigenen Anwesen ansässig ist, zum Bürgermeister gewählt. Bei Uebernahme der Gemeindeverwaltung fand er außer einer Schuldenlast von 15.000 fl. an die österreichische Sparcasse noch im Privatwege contrahirte Wechselschulden in der Höhe von 22.000 fl. [83] und unbezahlte Rechnungen in der Höhe von 2000 fl. vor. Die Einnahmen betrugen bei einer 20percentigen Umlage und 5 Zinskreuzern circa 15.000 fl. jährlich. Die der Gemeinde gehörigen Gebäude waren sämmtlich im baufälligen Zustande, einige sogar unbewohnbar. Bei einer Zahl von 700 Schulkindern waren nur 6 Schulzimmer vorhanden. Die Brücken und Stege waren theils eingestürzt, theils dem Einsturze nahe, die Straßen und öffentlichen Wege kaum passirbar, die Canalisirung mangelhaft, theils gar nicht bestehend, die gesammte Administration in einem chaotischen Zustande. Seit dem Beginne der Verwaltungsperiode S.’s wurden über seine Initiative und seiner Oberaufsicht eine Bürgerschule mit 16 Lehrzimmern sammt Adnexen gebaut, vier Häuser zur Straßenerweiterung eingelöst und demolirt, zwei große öffentliche Gärten angelegt, der Bau eines großen Hôtels und eines Cursalons veranlaßt, ferner die Gasbeleuchtung eingeführt, die Straßen canalisirt und auf holländische Art mit Klinker gepflastert. Dieß Alles wurde bewerkstelligt, ohne neue Schulden zu contrahiren und die Umlage erhöht zu haben, und im Zeitraume von nur 18 Monaten, einfach dadurch, daß S. die Gemeindegründe, welche bis dahin keinen Ertrag abgeworfen, auf Bauplätze parcellirt und der Bauplatz mit Einem Gulden per Quadratklafter unter der Bedingung verkauft wurde, daß der Ersteher verpflichtet war, bis Mai 1876 ein bewohnbares Haus darauf zu erbauen, widrigenfalls der Bauplatz unentgeltlich an die Gemeinde zurückzufallen hätte. Dadurch schob er der Grundspeculation einen Riegel vor und erzielte einen Erfolg, wie er in Oesterreich noch nicht da war. In sechs Wochen waren sämmtliche Baugründe verkauft und zur Stunde (1875) erheben sich auf einer Halde, welche vor einem Jahre zur Viehweide diente, nahezu hundert Häuser, also eine kleine Stadt. Zur Zeit seines Amtsantrittes zählte Mödling 396 Hausnummern, gegenwärtig deren 530. Die Gemeinde suchte die Verdienste ihres energischen Bürgermeisters in ihrer Weise zu ehren und taufte den in dem neu erbauten Ortstheile angelegten Platz: „Schöffelplatz“; die übrigen neu angelegten Straßen erhielten die Namen: Maria Theresia-, Karls-, Payer-, Weyprecht-, Nordpol-, Türken-, Ungar-, Turner- und Beethovenstraße und ein zweiter kleinerer Platz den Namen Tegetthoffplatz.

Neues Wiener Tagblatt 1870, Nr. 123; „Der Verkauf des Wiener-Waldes“; Nr. 134: „Der Wiener-Wald“; Nr. 215, 221, 222, 227, 228, 231: „Die Wald-Enquete-Commission des Gemeinderathes im Wiener-Walde“; Nr. 277: „Wiener-Waldgeschickten“; Nr. 298: „Aus dem Wiener-Walde“; 1871, Nr. 67, Beilage: „Zur Verwaltungsgeschichte des Wiener-Waldes“; Nr. 181: „Meine Hoffnung auf die Preßnovelle“; 1873, Nr. 182; „Schöffel’s Siegesfeier“. – Deutsche Zeitung (Wiener polit. Parteiblatt) 1872, Nr. 179: „Oeffentlicher Dank“; Nr. 194; „Die Wanderversammlung des österreichischen Reichsforst-Vereins“: Nr. 198: „Zur Wiener-Wald-Frage“; Nr. 207: „Zur Wiener-Wald-Frage (ein genialer Plan)“; Nr. 210: „Offener Brief an den Ackerbauminister Ritter v. Chlumeczky“; Nr. 214: „Zur Wiener-Wald-Frage. Unsere Bureaukraten-Wirthschaft“; Nr. 215: „Zur Beschwörung des Geistes in der Hofburg“; Nr. 251: „Offene Briefe“; 1873, Nr. 542; „Auf der Schöffel-Warte“. – Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1874, Nr. 3653 u. 3663, in der Rubrik: „Parlamentarisches“. – Correspondent (Wiener, polit. Wochenblatt) 1872, Nr. 31: „Schöffel an Chlumetzky“; Nr. 42: „Oesterreichs schönstes Denkmal“. – Porträte. 1) Holzschnitt im „Illustrirten Extrablatt“ 1872, Nr. 1; – 2) „Der Wienerwald-Schöffel“. C. v. Stur, C. Angerer sc. Im Spott- und Witzblatt „Die Bombe“ 1873, Nr. 29 [eines der gelungensten [84] Werke Stur’s, der den Ritter und Retter des Wiener-Waldes aus einer Eiche hervorwachsen läßt. Die als Aeste geformten Hände zerdrücken die Verderber des Waldes].
Die Schöffel-Warte und der Schöffel-Denkstein. Nachdem Schöffel nach einem dreijährigen Kampfe das weitere Verderben von dem Wiener-Walde abgewendet, beschloß das – seltsamerweise einmal dankbare – Volk, dem Manne seine That zu lohnen, und der Bürgermeister in Purkersdorf, Karl Gruber, erließ am 1. October 1872 einen Aufruf, worin er mittheilt, daß man dem uneigennützigen Vertheidiger des Bestandes des Wiener-Waldes, Joseph Schöffel, auf der Höhe des Purkersdorfer Gemeindewaldes ein Ehrendenkmal zu errichten beschlossen habe und zur Betheiligung daran auffordert. Die Höhe, von der man eine herrliche Rundsicht genießt, soll, für immerwährende Zeiten: „Die Schöffel-Warte“ heißen. Den ersten Beitrag brachte der Verfasser des in so kurzer Zeit berühmt gewordenen Buches: „Wiener Blut“, Friedrich Schlögl [s. d. Bd. XXX, S. 128], dar. Das Fest der Enthüllung des Schöffel-Denksteins auf der Schöffel-Warte fand in feierlichster Weise und im Beisein einer zahllosen Menge Festtheilnehmer am 3. Juli 1873 Statt. Das Denkmal besteht aus einem stattlichen, schön geformten Obelisk aus Sandstein aus dem Steinbruche des Tullnerbacher Forstes und wurde von dem Steinmetzmeister Dietl behauen und mit nicht geringer Mühe auf die Höhe befördert. Die Inschrift des Steines lautet: „Zur bleibenden Erinnerung | an | Joseph Schöffel |den muthigen und uneigennützigen Retter und Beschützer | des | Wiener Waldes | zu Ehren seines siegreichen Kampfes in. der Sache des Rechtes und der | Wahrheit während der Jahre 1870 bis 1872. | Zum Sporne und Beispiele für künftige Geschlechter | gemeinschaftlich errichtet von | den dankbar verpflichteten Gemeinden des Wiener-Waldes | Bürgern der Residenz und des Landes | im Juli 1873.“