BLKÖ:Schlesinger, Martin

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 30 (1875), ab Seite: 87. (Quelle)
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Schlesinger, Martin (Violin-Virtuos, geb. zu Wildenschwert im Chrudimer Kreise Böhmens im Jahre 1751, gest. zu Wien 12. August 1820). Voll Talent für und Liebe zur Musik, widmete er sich derselben und vornehmlich dem Violinspiele von früher Jugend mit allem Eifer und vervollkommnete sich ununterbrochen im Spiele seines Lieblingsinstrumentes. Noch ein Jüngling, gab er bereits Concerte, in welchen Alles die Fertigkeit, ja Vollendung seines Spieles bewunderte. Nun machte er eine Kunstreise, welche er nach Rußland ausdehnte. Nach längerem Aufenthalte in Königgrätz trat er im Jahre 1788 als Violin-Concertmeister in die Dienste des Cardinal-Erzbischofs von Ungarn [der Name des Kirchenfürsten erscheint nirgends genannt, es wird wohl der Primas von Ungarn gemeint sein]. In dieser Stellung lernte ihn Fürst Grassalkowicz, ein großer Musikliebhaber, kennen, der ihm unter sehr vortheilhaften Bedingungen die Stelle eines Concertmeisters seiner Capelle anbot, welche Stelle S. auch annahm, der nun im Hause des Fürsten in Preßburg seinen Aufenthalt nahm. Nach einigen Jahren vertauschte er diesen Platz mit dem eines Kammervirtuosen im Dienste des Grafen Erdödy, in welchem er auch bis an sein Lebensende verblieb. Die gedruckten Quellen geben dasselbe als im Jahre 1818 erfolgt an. Eine im Archive der Wiener Gesellschaft der Musikfreunde befindliche handschriftliche Biographie, als deren Verfasser ein Herr Geißler bezeichnet ist, nennt den 12. August 1820 als sein Todesdatum. Ueber sein Spiel heißt es daselbst: Kraft und Reinheit des Tones, Gefühl und Wahrheit im Ausdrucke melodischer Sätze, Bestimmtheit in Behandlung der Passagen und ein geläuterter Geschmack, der mit [88] der Zeit auch vorwärts schritt, charakterisirten dasselbe. Als Lehrer zeigte er in der Methode, welche er einschlug, die genaue Kenntniß seines Instrumentes, um dessen künstlerische Behandlung auch Anderen anzueignen. So hatte er denn nicht wenige Schüler und darunter mehrere zu großer künstlerischer Ausbildung gebracht. S. componirte auch, aber, wie Gaßner berichtet, soll er mehrere handschriftliche Compositionen, als unwürdig der Publicität, zum Flammentode verdammt haben, nur einige Kleinigkeiten aus dem Lenze seines Künstlerlebens sind durch den Druck bekannt geworden, darunter ein „Thema mit VI Veränderungen für die Violine“ (Dresden 1799). Damals bediente sich der deutsche Künstler des doch ganz bezeichnenden Wortes „Veränderungen“ für das nachmalige französische Variations, welches seither ständig geblieben ist.

Dlabacz (Gottfried Joh.), Allgemeines historisches Künstler-Lexikon für Böhmen und zum Theile auch für Mähren und Schlesien (Prag 1815, Gottl. Haase, 4°.) Bd. III, Sp. 47. – Neues Universal-Lexikon der Tonkunst. Angefangen von Dr. Julius Schladebach, fortgesetzt von Ed. Bernsdorf (Dresden 1856, Rob. Schäfer, gr. 8°.) Bd. III, S. 471. – Gaßner (F. S. Dr.), Universal-Lexikon der Tonkunst. Neue Handausgabe in einem Bande (Stuttgart 1849, Frz. Köhler, Lex. 8°.) S. 753.