BLKÖ:Schrittwieser, Julius

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 31 (1876), ab Seite: 305. (Quelle)
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Schrittwieser, Julius (Architekt, geb. zu Wien 14. August 1835). Sein Großvater und Vater, welch Letzterer zur Zeit in Baden nächst Wien in Pension lebt, waren unbemittelte Magistratsbeamte der Commune Wien; seine Mutter eine Tochter des Malers Heinrich Steegmayer und Nichte der zu ihrer Zeit auf der Bühne gefeierten Katharina Ennöckl, zweiten Frau Adolph Bäuerle’s. Von Jugend auf zeigte S. Lust und Liebe zur Kunst, zeichnete und malte aus freiem Antriebe, worin ihn sein Großvater mütterlicherseits[WS 1] freundlich förderte, betrieb dabei fleißig die technischen Studien und nebenbei Musik (Violoncell und Piano). 1855, damals 20 Jahre alt, hatte er das polytechnische Institut in Wien beendet und sollte nun auch in die Dienste der Commune treten, aber sein Drang nach Edlerem und der Einfluß der Mutter behielten den Sieg, er wurde in die Akademie der bildenden Künste geschickt, welche er unter van der Nüll [Bd. XX, S. 422] und Siccardsburg [306] vier Jahre besuchte und dabei sich durch Unterrichtertheilen und nachmittägiges Arbeiten in Bau-Ateliers möglichst selbstständig machte. Zwei Jahre wirkte er als Assistent für Bauwissenschaften am Wiener k. k. polytechnischen Institute, machte in den Ferien Reisen durch Deutschland, den Monumentalbauten der alten deutschen Städte besondere Aufmerksamkeit widmend, und trat im October 1861 über Einladung van der Nüll’s in das eben in Bildung begriffene Atelier des Baues der neuen Oper in Wien, dem er von der Verfassung des Ausführungs-Projectes an durch sieben Jahre bis nach dem Tode beider Architekten, van der Nüll und Siccardsburg, 1868, angehörte. Da im Mai 1869 die Eröffnung der neuen Oper bevorstand, so nahm S. im September 1868 einen ihm ohne sein Zuthun von der Baudirection der damals zu erbauenden Nordwestbahn gestellten Antrag, als Architekt bei derselben einzutreten, an. In Folge dessen aber fiel er sowohl bei den Auszeichnungen, auf welche er mit Rücksicht auf seine Leistungen im Opernhause nach dem Urtheile unparteiischer Fachmänner gegründeten Anspruch hatte, sowie bei den weitgegriffenen Erwähnungen der bei dem Baue Betheiligten durch, wofür er sich durch die Thatsache tröstete, nunmehr als Oberingenieur mit einer Gage von jährlichen 4000 fl. angestellt zu sein. Vierthalb Jahre wirkte S. auf diesem Posten, machte anfangs 1870 über Auftrag der Bahndirection und mit Subvention eine Reise nach der Schweiz, Frankreich und Belgien und im Frühlinge 1871 nach Oberitalien, um Studien für den Wiener Bahnhof der österreichischen Nordwestbahn zu machen, deren Ergebnisse bei der Verfassung des Entwurfes und bei der Ausführung dieses letzteren, wie des damit verbundenen Administrationsgebäudes in hervorragender Weise verwerthet wurden. Die bevorstehende Wiener Weltausstellung für 1873 lenkte S.’s Thätigkeit auf ein anderes Gebiet. Im März 1872 trat er aus dem Dienste der Nordwestbahn und übernahm, von dem durch seine Galanterie-Lederwaaren rühmlich bekannten Fabrikanten J. Weidmann aufgefordert, die Aufgabe, ausschließlich für denselben die Entwürfe der in seinen Ateliers ausgeführten künstlerischen Arbeiten zu machen und die Ateliers selbst zu überwachen. Weidmann’s Exposition erhielt in der Wiener Weltausstellung 1873 die Fortschrittsmedaille. Eine seiner schönsten Cassetten nach Schrittwieser’s Entwurfe wurde von Sr. Majestät dem Kaiser für die deutsche Kaiserin Augusta angekauft. Im Jahre 1874 unternahm S. zum Theile aus Reichsmitteln (dem Kunstfonde) eine längere Reise nach Italien, auf welcher er mehrere Monate in Rom, die übrige Zeit in Pistoja, Florenz, Perugia, Assissi, Orvieto, Siena, Pisa, Genua, Neapel, Messina, Palermo, Turin, Mailand, Pavia, mit Kunststudium beschäftigt, zubrachte. Seit seiner Rückkehr aus Italien im Spätsommer 1874 lebt S. als Privat-Architekt in Wien. Groß ist die Zahl seiner kunstindustriellen Entwürfe, deren meister Theil, für Buchbinder-, Bronze- und Lederarbeiten ausgeführt, sich im Besitze der Industriellen Rollinger [Bd. XXVI, S. 310] und Weidmann in Wien befindet. Außerdem rühren von S. mehrere Saaldecorirungen, Entwürfe zu Möbeldetails, Zeichnungen auf Holz für Xylographen, auf Stein für Lithographen u. dgl. m. her, jedoch betreibt S. diese künstlerische Richtung nur nebensächlich. Seine eigentliche Thätigkeit ist [307] die des Architekten und von seinen Arbeiten in dieser Richtung sind anzuführen: das Gasthaus „zum braunen Hirschen“ im Prater, der hölzerne Parksalon des Herrn Wilda an der Wien, sechs Zinshäuser auf der Wieden und in Mariahilf u. dgl. m. Dabei pflegt S. neben seinem Hauptberufe eifrig die Musik, wirkte über 17 Jahre unentgeltlich als Stellvertreter in der Capelle des Burgtheaters mit und bei seinen wöchentlichen musikalischen Abenden, bei denen er selbst in vollendeter Weise das Cello spielt, sieht er nicht selten auserlesene Künstler bei sich.

Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1872, Nr. 2664, 24. Jänner, unter den „Personal-Notizen“.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: müttlerlicherseits