BLKÖ:Skřivan, Gustav

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Skřivan, Hermann
Band: 35 (1877), ab Seite: 96. (Quelle)
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Skřivan, Gustav (Mathematiker, geboren zu Krucemburk in Böhmen 11. Jänner 1831, gest. zu Prag 6. Jänner 1866). Sein Vater, Gerber, wollte auch seinen Sohn für dieses Gewerbe erziehen. In der That nahm er ihn auch, nachdem er zu Kuttenberg die vierte Normalclasse beendet, zu sich in die Lehre. Ein Jahr lang blieb S. daselbst, bis es dem Ortspfarrer gelang, den Vater zu überreden, daß er den zu Besserem tauglichen Sohn die Technik studiren lasse. Dieser hörte nun in den Jahren 1848 bis 1853 die technischen Studien zu Wien, dann zu Prag und wieder zu Wien. Daselbst that er sich in der Mathematik so hervor, daß er seinen Collegen – es waren deren elf – Vorträge über Differential- und Integralrechnung und ihre Anwendung auf die höhere Geometrie halten konnte. Nachdem er im Jahre 1854 die Staatsprüfung abgelegt, wurde er zunächst Hilfslehrer an der Realschule auf der Vorstadt Wieden und schon im Jänner 1855 Lehrer an der von Dr. Bilka neu errichteten Privatschule. [97] Als im Jahre 1858 von Seite der Regierung eine neue höhere Realschule errichtet wurde, erhielt S., der mit der Ausarbeitung des Organisationsentwurfes derselben betraut worden war, die Leitung der Anstalt. Da jedoch die administrativen Geschäfte seine ganze Zeit in Anspruch nahmen und ihm keine zur Fortsetzung seines Lieblingsfaches, der Mathematik, übrig blieb, so ging sein Sinnen und Trachten darnach, eine Professur an einer Hochschule zu erlangen, um sich dann ganz dem Studium der Mathematik hingeben zu können. Eine ihm angetragene Stelle in Pisek nahm S. nicht an, obgleich er Wien gern verlassen hatte, wo er, wie der „Slovník“ zu melden weiß, „als eifriger Čeche manche Unbilden erfahren mußte“. (Und doch ließen seine eigenen deutschen Schüler den čechischen Professor aus Dankbarkeit und zur bleibenden Erinnerung an den geliebten Lehrer lithographiren.) Als aber im Jahre 1862 der böhmische Landes-Ausschuß die Absicht hatte, an der königlich polytechnischen Anstalt in Prag eine zweite Lehrkanzel der Mathematik zu errichten, bewarb sich S. um dieselbe und erhielt sie am 6. Februar 1863 unter dem Titel eines provisorischen Professors. In Prag gab sich nun S. ganz seinem Berufe hin. Unermüdet wirkte er in demselben, aber häusliches Mißgeschick zog ihn bald von seinen wissenschaftlichen Arbeiten ab und dazu gesellte sich noch körperliches Leiden. Während der Ferien 1864 war er selbst in seiner Heimat an den Blattern erkrankt, nicht lange darnach entriß ihm der Tod seine Gattin Hedwig geborene Jettel, mit der er sich im Sommer 1861 verheirathet hatte, und nun wurde er selbst noch leidender. Schien es auch, als würde er sich wieder erholen, so zeigte sich alsbald die Hoffnungslosigkeit seines Zustandes: ein heftiger Bluthusten warf ihn bleibend auf das Krankenlager, von dem er sich nicht mehr erheben sollte. Er war nur 35 Jahre alt geworden. S. war als Mathematiker mehrfach schriftstellerisch thätig, und noch während seines Aufenthaltes in Wien gab er das Werk heraus: „Grundlehren der Zahlen-Theorie“ (Wien 1862, Braumüller, gr. 8°.). – Nun folgten nachstehende čechische Schriften: „K theorii řad bezkonečných“, d. i. Zur Theorie der unendlichen Reihen (Wien 1862); – „Přednášky o algebraické analysi“, d. i. Vorträge über die algebraische Analysis (Prag 1864, Gregr, gr. 8°.); – „Základové analytické geometrie v rovině“, d. i. Grundzüge der analytischen Geometrie in der Ebene (Prag 1864, Calve, gr. 8°.). Einige Abhandlungen S.’s befinden sich auch in Schlömilch’s „Zeitschrift für Mathematik und Physik“ und in Grunert’s „Archiv für Mathematik und Physik“. Sein Nachruf bezeichnet S. als einen der tüchtigsten jüngeren Lehrer am Prager Polytechnicum, der nicht nur eben sein Lehramt versah, sondern insbesondere in den verschiedenen Comitésitzungen, die zur Berathung specieller Institutsangelegenheiten stattzufinden pflegen, eine ersprießliche Thätigkeit entfaltete, und noch in seinen letzten Tagen an einem Memoire arbeitete, worin er für die Anstalt, an der er lehrte, das Recht zur Ertheilung diplomirter Zeugnisse beanspruchte. Das Prager Polytechnicum ehrte den Verstorbenen, indem es aus Anlaß seines Todes die Trauerflagge aufhissen ließ.

Wiener Zeitung 1866, Nr. 7, S. 72, in der Rubrik: „Sterbefälle“. – Wanderer (Wiener polit. Blatt) 1866, Nr. 6, in den „Personal-Nachrichten“. – Die Presse (Wiener polit. Blatt) 1866, Nr. 6, in der „Kleinen Chronik“, [Nach diesen drei Quellen [98] ist S. am 11. April, nach dem „Slovník naučny“ am 11. Jänner 1831 geboren.] – Grunert’s Archiv der Mathematik und Physik 46. Jahrgang.
Porträt. Im Jahre 1861 verehrten ihm die Schüler der sechsten Classe der Wiedener Realschule sein lithographirtes Bildniß, das sie auf ihre Kosten hatten ausführen lassen.