BLKÖ:Ströhmer, Ludwig

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Ströhl, Hugo Gerard
Nächster>>>
Strohal, Jacob
Band: 40 (1880), ab Seite: 73. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Ludwig Ströhmer in Wikidata
GND-Eintrag: 129281204, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Ströhmer, Ludwig|40|73|}}

Ströhmer, Ludwig (Abt des Benedictiner-Klosters Seitenstetten in Niederösterreich, geb. in Linz am 17. Februar 1819, gest. in seinem Kloster am 27. November 1867). Sein Vater Johann Ströhmer, aus Coblenz am Rhein stammend, ließ sich als Friseur in der oberösterreichischen Hauptstadt nieder. In der Taufe erhielt der Sohn den Namen Gustav, den er bei seinem Uebertritte ins Klosterleben mit dem Namen Ludwig vertauschte. In der Kindheit litt er viel an Krankheit, und erst in späteren Jahren kräftigte sich in gesunder Landgegend seine schwächliche Gesundheit. Nach Beendigung der vier ersten Classen des Gymnasiums zu Linz kam er zum Besuche der Humanitätsclassen nach Seitenstetten, worauf er wieder nach der Hauptstadt zurückkehrte, um daselbst die philosophischen Studien durchzumachen. Hierauf wurde er im Stifte Seitenstetten in den Benedictiner-Orden aufgenommen. Am 15. August 1839 trat er daselbst als Frater Ludwig das Noviciat an, am 15. August 1842 legte er das Ordensgelübde ab und empfing im Juli 1844 im Dom zu St. Pölten die Priesterweihe. Nun wirkte er zunächst drei Jahre an der Stiftspfarre als Seelsorger und zugleich als Katechet an der Volksschule; dann wurde er von seinem Abt nach Kremsmünster geschickt, wo er unter P. Marcus Holter [Bd. IX, S. 242] sich dem Studium der neueren Sprachen widmen sollte. Aber Veränderungen in seinem Kloster veranlaßen schon 1846 seine Rückkehr dahin, und zwar zum Antritt der Stelle eines Professors am Stiftsgymnasium und jener des Convictspräfecten. Mit der im Jahre 1850 ins Leben gerufenen neuen Organisation der Gymnasien übernahm er die Professur der Mathematik und Physik an der zu einem Untergymnasium herabgesunkenen Lehranstalt des Stiftes. Noch in demselben Jahre legte der Abt Joseph Gündl beständiger Kränklichkeit halber seine Stelle nieder, aber erst nach zweijähriger Administration des Klosters wurde am 17. Februar 1852 zur neuen Wahl geschritten, und gleich beim ersten Scrutinium fiel dieselbe auf Pater Ludwig, der am 21. März unter feierlicher Benediction seine Würde antrat. Nur fünfzehn Jahre waren ihm vergönnt, das Stift zu verwalten, aber in dieser kurzen Zeit erfüllte er seine Aufgabe in so hervorragender Weise, daß sein Biograph ihm die Stelle des dritten Gründers und Stifters in den Annalen des Hauses anweist. Als Ludwig [74] seine Stelle übernahm, waren die Verhältnisse des Stiftes so verworren, daß es eines ganzen Mannes bedurfte, um Ordnung in dieselben zu bringen. In Folge der zerrütteten finanziellen Zustände mußten alle Zweige der Verwaltung reformirt werden. Aber schon nach wenigen Jahren ergab sich nicht blos ein beruhigendes, sondern sogar ein völlig befriedigendes Resultat. Nun konnte der Abt die Restauration des einer solchen sehr bedürfenden Stiftsgebäudes in Angriff nehmen. Dann kam die Stiftskirche an die Reihe, und hier leistete er Staunenswerthes, denn das in hohem Grade verwahrloste und zu einem seines heiligen Zweckes unwürdigen Aeußeren herabgesunkene Gotteshaus entfaltete sich unter der Restauration, durch welche freilich alte Schäden nicht ganz sich beseitigen ließen, zu einem freundlichen stattlichen Heiligthume, zu dessen Ausschmückung alle Künste in Thätigkeit gesetzt wurden. Der Stiftszeichenlehrer August Stern, der Gastmeister P. Konrad Sandböck, ein trefflicher Zeichner und Maler, der Stiftscapitular P. Ludwig Deboys, gleichfalls Maler, und der Steinmetzmeister Sklenkha aus Windischgarsten wirkten jeder in seinem Gebiete zur Lösung dieser Aufgabe mit. Nach dem Gottes- und dem Stiftshause kamen die Oekonomie-Gebäude daran, und diesen wieder folgten die Restaurations- und Neubauten auf auswärtigen dem Stifte incorporirten Pfarren. So wurde das schöne gothische Kirchlein Alhartsberg im ursprünglichen Style restaurirt und mit einem neuen Hochaltar geschmückt; ferner die gothische Kirche zu Kronstetten, eines der schönsten Baudenkmäler der Gothik, welches leider durch den Zopfstyl später verunstaltet ward, einer stylgemäßen Restaurirung unterworfen und mit einem von dem Bildhauer Johann Rint [Bd. XXVI, S. 166] geschnitzten gothischen Hochaltar versehen. Endlich ging es im Jahre 1865 an die Restaurirung der im Laufe der Zeit vielfach schadhaft gewordenen Wallfahrtskirche am Sonntagberge, aber die Vollendung derselben sollte der Abt nicht mehr erleben. Nicht minder lag ihm die Wiederbelebung der Ordensdisciplin am Herzen, und er führte dieselbe mit Einsicht, dabei Humanität mit Strenge vereinend, durch. Von dem im October 1858 zu Wien tagenden Provincial-Concil der Aebte, Pröpste und Prälaten Oesterreichs wurde er, obgleich in der Reihe der ersteren Würdenträger der jüngste, vereint mit dem Prälaten von St. Florian Friedrich Mayer [Bd. XVIII, S. 113, Nr. 41] zum Abgeordneten an den heiligen Vater gewählt, um demselben persönlich die Huldigung der Stifte Oesterreichs darzubringen. Da Abt Mayer aber bald nach ihrer Ankunft in Rom starb, mußte Ludwig diese Mission allein ausführen. Bei dieser Gelegenheit erhielt er von Pius IX. die Inful zum Geschenke, welche der von Napoleon gefangen gehaltene Papst Pius VII. getragen hatte. Nach Beseitigung der äußeren Schäden in seinem Stifte trat er an den inneren, den geistigen Aufbau heran. Und da lag ihm zunächst die zum Untergymnasium herabgesunkene Lehranstalt des Stiftes am Herzen. Mit dieser war es aus dem Grunde so weit gekommen, weil die früheren Aebte es unterlassen hatten, ihre Fürsorge auf die Heranbildung entsprechender Lehrkräfte zu richten. Wohl war die Hebung dieses Uebels mit nicht geringen Opfern verbunden, aber was gelten die [75] materiellen Summen gegenüber dem geistigen Gewinn? Rüstig und entschieden ging Ludwig an die Lösung der freiwillig gestellten Aufgabe. Er schickte 1860 junge Ordenspriester an die Wiener Hochschule, wo sie für den Lehrberuf sich gründlich auszubilden hatten. Dann war er auf Beischaffung der erforderlichen Lehrmittel und die zeitgemäße Umgestaltung der vorhandenen bedacht. Das physikalische Cabinet, dann die Naturalien-Sammlungen: so die ornithologische, Insecten- und Pflanzen-Collection, ferner die Münzen-Sammlung wurden theils neu hergestellt, theils ergänzt und viele Tausende auf diesen löblichen Zweck verwendet; endlich legte der Stifts-Archivar und Kämmerer P. Isidor Raab auch eine Siegel-Sammlung an. Nachdem alle diele Vorarbeiten zu Stande gebracht waren, machte der Prälat Schritte, seine Lehranstalt zu einem Obergymnasium erhoben zu sehen. Schon im Schuljahre 1866/67 wurde der Unterricht in fünf Classen ertheilt und in jedem folgenden eine neue eröffnet, bis die Lehranstalt aus der vollen Zahl von Classen bestand. Aber mit den aufopfernden Mühen des Prälaten hielt seine physische Kraft nicht gleichen Schritt. Bereits in den Jahren 1863 und 1864 hatte er Hilfe für sein Leiden an den Karlsbader Quellen suchen müssen und dieselbe auch theilweise gefunden, doch da er sich keine Ruhe gönnte, stellte sich eine bedenkliche Verschlimmerung seines Zustandes ein. Und als er gar zu den bisherigen Lasten noch eine neue, die eines Abgeordneten der Landgemeinden St. Peter in der Au und Waidhofen an der Ybbs annahm, da brach sein Körper zusammen. Am 1. Mai 1867 kehrte er schwer krank von Wien zurück, er sollte nicht wieder genesen. Wohl zog sich das Leiden mit mehreren täuschenden Symptomen einer Besserung durch Monate hin; aber die Aerzte hatten den Prälaten aufgegeben, und endlich erlag er auch, erst 48 Jahre alt, der schweren Krankheit, welche ihn in den letzten Monaten furchtbar gequält hatte. Die Trauer des Stiftes um seinen Führer, dem es sozusagen seine Wiedergeburt verdankt, war eine tiefe und wahre. „Er war“, so steht es in seinem Nachrufe, „ein unvergleichlicher Vorsteher seines geistlichen Hauses, ein bewährter Freund und Rathgeber, ein stets bereiter Helfer nach Innen und Außen, ein unermüdlicher Beförderer alles Guten, Schönen und Nützlichen, er war „Allen Alles“.

Ludwig Ströhmer, Abt zu Seitenstetten. Nekrolog. Ueber Auftrag Sr. Gnaden des P. T. Hochwürdigen Herrn Abtes Dominik Hoenigl verfaßt von dem Capitularen P. Godfrid Frieß (Waidhofen an der Ybbs 1868, A. R. Halauska, gr. 8°.). – Sarkady (István), Haynal. Arczképekkel és életrajzokkal diszitett Album, d. i. Die Heimat. Bildniß- und Biographien-Album. Herausgegeben von Stephan Sarkady (Wien 1867, Sommer, 4°.). – Wanderer (Wiener politisches Blatt), 1867, Nr. 327.
Porträt. Unterschrift: Strohmer Lajos | A seitenstetteni Benczések Apatja u. s. w. Marastoni Jose, 1867 (lithogr.) 4°.