BLKÖ:Stubenberg, die Herren und Grafen, Sagen

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 40 (1880), ab Seite: 143. (Quelle)
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III. Sagen, das Haus Stubenberg betreffend. Schon in der genealogischen Uebersicht wurde erwähnt, daß der Ursprung mehrerer Adelsfamilien in Zeiten versetzt wird, aus welchen urkundliche Nachweise nie beizubringen sind. So sollen die Ahnherren der Montmorency, Dalberg, Auersperg und Stubenberg der Kreuzigung Christi beigewohnt haben. Bezüglich der Letzteren meldet die Sage, der Ahnherr dieses Geschlechtes sei Hauptmann des Executions-Commandos bei der Kreuzigung Christi gewesen und habe in dieser seiner Eigenschaft dem Todesopfer durch Lüftung des Helmes seine ganz besondere Hochachtung bezeigen wollen. Christus aber habe dem Hauptmanne ruhig erwidert: „Behalten sie nur auf, Herr Vetter“. Das Groteske dieser Sage ergänzend, berichten wir noch, daß eine Dalberg, so oft sie zur Kirche fuhr, dem Kutscher den Auftrag gab: „Zu meiner Cousine, der lieben Frau“ (zur Liebfrauenkirche zu Worms). Aehnlich lautet diese Sage bezüglich der Montmorency und Auersperg. Aus solchem Wahnsinn aristokratischen Dünkels läßt sich denn doch gar Manches erklären, was sonst kaum glaublich erscheint. – Mit Anspielung auf die Kreuzigungsgeschichte wird auch erzählt: „Im Schlosse zu Sichtenberg in Oesterreich sei vor Zeiten ein in hebräischer Sprache auf eine Baumrinde geschriebener Brief aufbewahrt worden, dessen Inhalt nach einer alten Copie Folgendes besagt habe: „Mein Freund, dies wirst du wissen, daß dieser Tage zu Jerusalem einer ist gekreuzigt worden, welchen sie vor den Messiam oder doch einen großen Propheten halten“. Die Unterschrift: „Smoel Stubenberg“. Leider erfahren wir nicht, an wen dieser bereits mit Vor- und Geschlechtsnamen ausgestattete Brief gerichtet wurde, dessen Uebersetzung aus dem 16. Jahrhundert herrühren dürfte und welcher den Stubenberg die etwas zweifelhafte Ehre aufhalst, jüdischen Ursprungs zu sein. Und daß diese Ansicht von dem Alter des Geschlechtes der Stubenberg noch immer nicht geschwunden, sollte Hauptmann von Beckh-Widmanstetter erfahren, als er eines Tages auf einer Fußwanderung zu den Ruinen der Veste Wachseneck kam, wo er sich vor dem Hause des Müllers, eines steinalten Mannes, mit diesem in ein Gespräch über die Vergangenheit der Burg einließ und der Greis bemerkte: „Ja die stand schon zur Zeit der Kreuzigung unseres Herrn Jesu Christi, denn Pontius Pilatus hat an den Ritter da droben einen Brief geschrieben, in dem er sagt, daß sie jüngst verwichen in Jerusalem ein’ großen Missethäter gekreuzigt haben, der das Volk verführt hat. Die Herren in Gratz, die haben den Brief“. So sagte der alte Müller in einem Territorium, in welchem gar oft die Sporen der Stubenberg klirrten. – Die chronologisch nächstfolgende Sage ist jene, in welcher Wülfing von Stubenberg, seine Braut Agnes von Habsburg und sein Nebenbuhler Rüdiger von Chuenring handelnd auftreten; sie wurde schon in der genealogischen Umschau gewürdigt. Es ist aber hier am Orte, die Annahme, nach welcher die Stubenberg seit jener mit Hindernissen verbundenen Vermälung den Zopf der Ahnfrau eingeflochten in den Ring des Ankers im Wappen führen sollen, durch den Einwand zu entkräften, daß der Zopf in Verbindung mit dem Anker erst vom 15. Jahrhunderte an auf Siegeln bemerkt wird. – Eine andere Sage beschäftigt sich mit der Ausdehnung der von dem Böhmenkönige Ottokar um 1268 geschleiften Stammburg der Stubenberg gleichen Namens, welche so geräumig und zugleich so belebt gewesen, daß die ganze Besatzung nicht zu gleicher Zeit in der Kirche Platz finden konnte. – Die Sage vom Schatze der Stubenberg lautet, wie folgt: „Ulrichs von Stubenberg Unterthan Georg Gersgruber (oder Geßgruber), wohnhaft zu Gschaid, brach am 19. December 1314 vor Tagesgrauen auf, um jenseits des Schöckel sein ausstehendes Geld einzufordern. Wie er so in der Dunkelheit dahinging, durchdrang dieselbe plötzlich ein feuriger Glanz, welcher die Gestalt eines lichtäugigen Knaben umfloß, der ihm mit dem Vorwurfe entgegentrat, warum er um weniges [144] Geld so weit laufe, da er in der Nähe einen reichen Schatz heben könne. Und voran schritt der lichte Knabe nach einem Wachholderstrauche, neben welchem eine hohe eiserne Thür sichtbar wurde. Durch diese traten sie in ein großes Gewölbe, und weiter ging es durch einige andere, in denen Kohlenhaufen lagen, bis sie zu einem Gelaß kamen, in welchem sieben mächtige Eisentruhen standen, auf deren mittlerer ein großer schwarzer Hund hockte. Als sie nun durch die Gemächer zurückgingen, hieß der Knabe den Bauern zwei Hände voll von den Kohlen einstecken. Vor der Thür aber fragte er ihn, was er wohl glaube, daß er in der Tasche habe. Da griff der Bauer nach den Kohlen und fand sie zu Stücken Goldes verwandelt. „So hole dir denn alle Tage zwei Hände voll von den Kohlen aus dem mittleren Gewölbe, doch hüte dich wohl, das Geheimniß zu verrathen, da sonst weder du des reichen Goldes länger genießen wirst, noch ein Anderer. Dann aber wärest du verpflichtet, diese zwei Schatzschlüssel, die ich dir hiermit übergebe, sammt den daranhängenden Pergamentzetteln, welche mit gothischen Buchstaben beschrieben sind, deiner Grundobrigkeit einzuhändigen“. Mit diesen Worten entschwand die Lichtgestalt. Der Bauer aber suchte täglich seine Goldquelle auf, kaufte sich verschiedene Grundstücke und erregte dadurch die Verwunderung der Leute, welche nicht glaubten, daß die plötzliche Veränderung in den Verhältnissen des Bauern mit rechten Dingen zugehe, sondern ihn für einen Zauberer hielten. Vor Herrn Ulrich von Stubenberg gebracht, weigerte er sich standhaft, die Quelle seines Reichthums anzugeben, indem er betheuerte, daß er nicht auf unehrliche Weise zu dem Golde komme, und sich überdies bereit erklärte, nun auch seinem Grundherrn täglich eine Handvoll des Metalles zu bringen. Nachdem er längere Zeit mit seinem Herrn den Schatz getheilt hatte, wurde er neuerdings von ihm bestürmt, den Fundort zu zeigen, ungeachtet er nicht unerwähnt gelassen, daß mit der Entdeckung seines Geheimnisses das Gold für sie beide verloren sei. Und als er über wiederholtes Drängen endlich den Herrn von Stubenberg zur Stelle führte, fanden sie daselbst nichts weiter als die Wachholderstaude und die Schlüssel, die er täglich darunter verborgen hatte. Da erzählte er denn seinem Herrn die ganze Geschichte vom Schatze und übergab ihm die Schlüssel mit den Pergamentzetteln, auf denen die Mahnung geschrieben stand, jene wohl zu hüten, da durch sie den Stubenberg seinerzeit ein großes Glück beschieden weiden solle. Die beiden Schlüssel, welche allerdings einer späteren Zeit anzugehören scheinen, werden noch jetzt in der Familie aufbewahrt, weil nach einer Variation der Sage dem letzten männlichen Sprossen der Stubenberg oder einem von Krankheit befallenen Mitgliede dieses Geschlechtes es bestimmt sei, den in der Nähe des Schöckelkreuzes verborgenen Schatz zu heben. [Gratzer Tagespost, 1863, Nr. 132, im Feuilleton: „Der Schatz der Stubenberg“. – Dieselbe, Abendblatt, 29. Mai 1875, Nr. 119: „Der Schatz der Familie Stubenberg“. Von Wilhelm Baron Kalchberg. – Kellerhaus (Henricus S. J.), Trauerrede auf den am 14. Juli 1708 begrabenen Leopold Herrn von Stubenberg. – Gratzer Volksblatt, 1868, Nr. 324, im Feuilleton: „Sage über den Ursprung des Schatzes der Stubenberg“.]