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BLKÖ:Stwrtnik, August (II.) Freiherr

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 40 (1880), ab Seite: 250. (Quelle)
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Stwrtnik, August (II.) Freiherr, Sohn (k. k. Feldmarschall-Lieutenant und Ritter des Maria Theresien-Ordens, geb. zu Prag 14. September 1790, gest. zu Radkersburg 9. December 1869). Ein Sohn des 1841 zu Ofen verstorbenen Feldmarschall-Lieutenants und Maria Theresien-Ordensritters August Freiherrn von S. aus dessen Ehe mit Katharina Freiin von Haering. 1805 begann er als Unterkanonier die militärische Laufbahn, machte [252] den Feldzug desselben Jahres, dann jenen von 1809 mit, und zwar in letzterem als Cadet-Adjutant des damaligen Feldartillerie-Directors Obersten Smola; er zeichnete sich in der Schlacht von Aspern besonders aus und wurde für bewiesene außergewöhnliche Bravour und Umsicht am zweiten Schlachttage, 22. Mai 1809, kaum 19 Jahre alt., auf der Wahlstatt zum Unterlieutenant in seiner Waffe befördert. Den Feldzügen der Jahre 1813 bis 1815 wohnte er nicht bei, und in der darauffolgenden langjährigen Friedensepoche lebte er mit besonderem Eifer ganz seinem Berufe, dem Artilleriedienste. in seinem Range Charge für Charge vorrückend. 1834 wurde er Major, 1842 Oberst, 1848 General-Major und am 8. Juni 1830 Feldmarschall-Lieutenant. Es war, wie man sieht, innerhalb einundvierzig Jahre ein nicht eben rasches Avancement. Aber in der langen Friedensepoche hatte er sich in seiner Waffe herangebildet, was seine späteren glänzenden Erfolge auch erklärt. Bei Ausbruch des Krieges 1848 rückte er als Oberst und Commandant des 4. Artillerie-Regiments mit dem Reserve-Corps des Feldmarschalls Nugent nach Italien und wurde schon bei der Einnahme von Udine ehrenvoll erwähnt. Als dieses Corps mit der Hauptarmee in Verona sich vereinigt hatte, wählte ihn Radetzky zum Artillerie-Director der Armee. Die Wahl war eine vortreffliche: Stwrtnik, ein Schüler der Koryphäen seiner Waffe, eines Smola, Reisner, Unterberger, strebte seinen Vorgängern nach und wahrte der Artillerie den festgewurzelten Ruf. Nicht nur, daß er mit Energie in den entscheidenden Momenten einzuwirken wußte, entging seinem Scharfblicke auch im heftigsten Kampfe das Detail nicht, und so führte er häufig eine oder die andere Batterie in die entsprechenden Stellungen ein und gab denselben die Direction an. Vor Vicenza fand er die erste Gelegenheit zu besonderer Auszeichnung. Der Feldmarschall wollte ein Straßengefecht vermeiden und durch die Kraft der Geschütze wirken. Namentlich sollten größere Wurfgeschosse den Angriff unterstützen. Stwrtnik placirte bei der Brigade Liechtenstein eine Mörser-Batterie, ein gewagtes und in der Kriegsgeschichte kaum gekanntes Unternehmen, denn die Batterie wurde im offenen Felde ohne jede künstliche Deckung gegen den feindlichen geraden Schuß in der unbedeutenden Entfernung von 500 Schritten ausgeführt. Diese schwierige Aufgabe löste er mit trefflichstem Erfolge und leitete persönlich alle Vorbereitungen und die Placirung der Batterie. Sie schleuderte gegen achtzig Bomben in die Stadt und war Veranlassung, daß diese sich am folgenden Tage ergab. In der Schlacht bei Custozza übernahm er persönlich die Leitung einer zwölfpfündigen Batterie und trug hiedurch wesentlich zum Siege bei. Mit allerhöchster Entschließung vom 19. August 1848 wurde ihm „anläßlich der in diesem Feldzuge durch besondere Einsicht, Tapferkeit und Geschicklichkeit erworbenen ausgezeichneten Verdienste“ das Ritterkreuz des Theresien-Ordens verliehen, wobei er gleichzeitig in seiner Tour zum General-Major aufrückte. In der Schlacht von Novara entwickelte er in seiner Stellung dieselbe Umsicht mit demselben glücklichen Erfolge. Als der Feind nach Wiederherstellung des Gefechtes durch das Eintreffen des dritten Armee-Corps, kurz vor einbrechender Dämmerung auf den dem äußersten linken Flügel gegenüberliegenden Anhöhen neuerdings mehrere starke Batterien aufgefahren hatte, kam gerade General-Major [253] Stwrtnik an diese Stelle und sah, daß unsere zwei Fußbatterien Nr. 4 und 12 nicht mit hinreichender Bedeckung versehen waren. Er sammelte sofort das Landwehr-Bataillon Welden, welches im früheren Gefechte stark gelitten hatte, und stellte es in der Nähe unserer Batterien zweckmäßig auf; dann ließ er durch das 3. steirische Schützen-Bataillon die vom Feinde innegehabte Höhe auf dessen äußerstem rechten Flügel besetzen und noch mit einer halben Batterie verstärken. So war die Verbindung mit dem jenseits der Agogua vorrückenden vierten Armee-Corps hergestellt und die Operation zur endlichen Entscheidung wesentlich erleichtert. Die Relation sagt diesfalls: „Er war überall in der Schlacht, wo seine Waffe seiner belebenden Gegenwart benöthigte, und auch die Truppe folgte gern seinem erfahrenen Blicke“. Das Commandeurkreuz des Leopold-Ordens wurde ihm als Beweis der allerhöchsten Anerkennung für diesen erneuerten, dem Vaterlande geleisteten Dienst zutheil. Stwrtnik blieb auch nach dem Tode Radetzky’s in seiner Stelle. Als der Krieg 1859 ausbrach, wurde er, beinahe 70 Jahre alt, aber noch immer körperlich und geistig rüstig, in der Vertrauensstellung eines Feldartillerie-Directors belassen. Namentlich war es die umsichtige Leitung der Artillerie bei Magenta, welche ihm einen neuen Lorbeerzweig in seine vielfachen Verdienste einflocht und in der Verleihung des Ordens der eisernen Krone erster Classe Anerkennung fand. Im Laufe dieses Krieges feierte er das fünfzigjährige Jubiläum als Officier. Es war am 22. Mai 1859 im Hauptquartier zu Garlasco, wo er von dem commandirenden General, der gesammten Generalität und allen im Hauptquartier anwesenden Officieren zu dieser seltenen Feier beglückwünscht wurde. Bei dem Eintritte des Friedens sehnte er sich in dem hohen Alter nach Ruhe. Diese wurde ihm mit allerhöchster Entschließung vom 10. August 1859 zutheil, nachdem er bereits 1858 zum geheimen Rath ernannt worden war. Er verlebte die Ruhezeit abgeschieden von der Welt, zu Gratz und Radkersburg, in welch letzterem Orte er, nahezu 80 Jahre alt, starb. Stwrtnik zählt noch zu der alten Garde der kaiserlichen Armee, zu den Koryphäen der Generale, welche unter Radetzky Allen voranleuchteten. Mit Heß, Schönhals und d’Aspre bildete er das herrliche militärische Kleeblatt in Radetzky’s Generalstab. Er war Ritter des Ordens der eisernen Krone, Commandeur des Leopold-Ordens, wie schon gesagt, Ritter des Maria Theresien-Ordens und Besitzer des Militär-Verdienstkreuzes (sämmtliche Auszeichnungen mit der Kriegsdecoration), auch Inhaber des 5. Artillerie-Regiments. Geistvoll, rastlos thätig, war er streng in seinem Dienste, aber nicht blos gegen Andere, sondern zunächst gegen sich selbst, dabei aber als Mensch die Bescheidenheit selber. Man vermochte ihn nicht zu bewegen, sich photographiren oder zeichnen zu lassen, derlei Wünsche fanden bei ihm ein taubes Ohr. Als Se. Majestät der Kaiser zur Erinnerung an die Schlacht von Novara für die Appartements des Lustschlosses zu Schönbrunn ein großes Gemälde anfertigen ließ, welches im Vordergrunde den alten Marschall mit seiner Suite darstellt, war Stwrtnik nicht dahin zu bringen, dem Maler zu sitzen. Sein Porträt auf jenem Meisterwerke wurde durch eine zweite Hand dem Künstler zugestellt, und wenn es an Aehnlichkeit jenem Radetzky’s, Schönhals’ und Heß’ weniger entspricht, so [254] war eben Stwrtnik’s zu weit getriebene Bescheidenheit schuld daran. Mit einem seltenen Scharfblicke begabt, entwickelte er zugleich ein großes Organisirungstalent. Radetzky würdigte es im vollsten Umfange. Die Befestigungen, welche in Pola, in den italienischen Provinzen und an der dalmatinischen Küste zu jener Zeit ausgeführt wurden, beantragte Stwrtnik. Er war nicht nur ein ausgezeichneter Artillerie-General, er war auch als höherer Führer in jeder Sphäre zu verwenden und eine von Radetzky beabsichtigte größere Expedition mit einem namhaften Corps, die aber unterblieb, sollte dem Commando Stwrtnik’s anvertraut werden. Aus den zahlreichen durchgeführten Projecten bezüglich seiner Waffe sei nur jenes der fahrenden Mörserbatterien hervorzuheben, das sich bei Vicenza auf das glänzendste bewährte. Ueber seinen Familienstand vergleiche die Stammtafel. Doch eines – und wir meinen nicht wenig interessanten Umstandes sei noch gedacht: nämlich, daß aus der Verwandtschaft der Stwrtniks mit Haering und Smola – denn Stwrtnik’s Mutter war eine geborene Freiin Haering und des General-Majors Freiherrn von Smola’s Gattin auch eine geborene Freiin von Haering, vergleiche Smola’s Stammtafel [Band XXXV, S. 188] – nicht weniger denn sechs Maria Theresien-Ordens-Ritter hervorgingen, nämlich die beiden Stwrtniks Vater und Sohn, Baron Haering [Bd. VII, S. 182], die beiden Freiherren Smola [Band XXXV, S. 186 und 192] und der noch lebende Oberst Döpfner, ein Neffe der SmoIa.

Hirtenfeld (J. Dr.), Der Militär-Maria Theresien-Orden und seine Mitglieder (Wien 1857, Staatsdruckerei, kl. 4°.) S. 1483 und 1751. – Wiener Zeitung, 1869, Nr. 292, S. 1011: „† Feldmarschall-Lieutenant von Stwrtnik“. – Militär-Zeitung. Herausgegeben von J. Hirtenfeld (Wien, gr. 4°.) 1859, Nr. 39. – Frankfurter Conversationsblatt (4°.) 1859, Nr. 123, S. 491. „Der Stab des Feldzeugmeisters Grafen Gyulai“. – Strack (Joseph), Die Generale der österr. Armee. Nach k. k. Feld-Acten und anderen gedruckten Quellen (Wien 1850, Beck und Sohn, br. 12°.) Seite 575. – Oesterreichisch-ungarische Wehr-Zeitung (Wien, gr. 4°.) 1869, Nr. 222, „Nekrolog“.