BLKÖ:Tapp von Tappenburg, Karl

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Tapolcsányi, Thomas
Band: 43 (1881), ab Seite: 64. (Quelle)
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Tapp von Tappenburg, Karl (Inspector des kaiserl. Palais im Augarten zu Wien, geb. zu Wien 30. März 1782, gest. ebenda 18. Dec. 1863). Ueber die Genealogie der Familie vergleiche unten die Quellen. Karl war ein Sohn des Directorial-Registraturs-Adjuncten in der kaiserlichen Hofkammer Anton aus dessen Ehe mit Maria Huber. In jungen Jahren in die kaiserliche Armee eingetreten, focht er bereits 1801 als Officier in der Schlacht bei Marengo, wohnte dann allen Schlachten des französischen Feldzuges bei, die silberne Tapferkeitsmedaille und andere Ordensauszeichnungen sich erkämpfend. Später schied er aus den Reihen des kaiserlichen Heeres, um sich dem Civilstaatsdienste zu widmen, in welchem er im Juni 1814 als Beamter bei der k. k. Polizeiexpositur in Hietzing in Verwendung stand. In diese Zeit fällt eine im Hinblick auf die politischen Geschicke Europas höchst wichtige Handlung Tapp’s, welche wir hier, wie sie sich zugetragen, erzählen, da sie ja auch das Hauptmoment in seinem Leben bildet. Während Napoleon’s Verbannung auf der Insel Elba wohnte dessen Gemalin, Kaiserin Maria Louise, mit ihrem vier Jahre alten Söhnchen Napoleon, nachmaligem Herzoge von Reichstadt [Bd. XXV, S. 181] im kaiserlichen Lustschlosse Schönbrunn nächst Wien in tiefster Zurückgezogenheit. Da machten im Juni 1814 zwei Damen des hohen französischen Adels, die vordem bei dem Hofstaate der Kaiserin Maria Louise zu Paris hohe Stellen bekleidet, dann aber aus Anhänglichkeit das freiwillige Exil in Wien und Schönbrunn dem Leben in Frankreich vorgezogen hatten, ihre Abschiedsvisiten, indem sie erklärten, nun, da alle Aussichten auf eine günstigere Wendung des Geschickes ihrer Monarchin geschwunden seien, wieder in ihre Heimat zurückkehren zu wollen. Beide Damen, von denen die eine einen Knaben im gleichen Alter mit dem jungen Napoleon besaß, welcher wegen Unwohlseins für einige Tage die inneren Gemächer des kaiserlichen Lustschlosses hütete, fuhren nach Verabschiedung von ihrer hohen Herrin, des andern Tages früh von ihrer in Hietzing gelegenen Wohnung ab. Ihr eleganter, aber nach damaliger Sitte höchst schwerfälliger Reisewagen war mit Koffern und Schachteln überladen und ein kräftiges Doppelgespann von Extrapostpferden zog ihn auf der Linzer Poststraße ihrer Heimat zu. Indessen hatte man im Schönbrunner Schlosse die fatale Entdeckung gemacht, daß der junge Napoleon verschwunden, also ohne Zweifel [65] entführt sei. Doch wurde darüber das höchste Geheimniß bewahrt, nur Eines wußte man im Publicum, daß eine unternehmende meist aus emigrirten Franzosen bestehende Partei den Plan gefaßt habe, den jungen Prinzen nach Paris zu entführen, um ihn daselbst als Mittel zu ihren politischen Zwecken zu benützen. Wie oben bemerkt, stand Tapp zu jener Zeit als Beamter bei der k. k. Polizeiexpositur in Hietzing. Daß er in seiner Stellung bald Kunde von diesem Attentat erhielt, ist leicht begreiflich, ja es scheint fast, daß eben er beauftragt worden sei, den beiden Damen nachzureisen, jedoch liegen über das Was und Wie einer erhaltenen Instruction keine Nachrichten vor; nur Eines steht fest: daß Tapp sich die zur Fahrt nöthigen Documente, Vollmachten und Geld verschaffte und mit zwei vertrauten Begleitern mittels Post auf der Linzerstraße den beiden Damen nachfuhr. In der Station Strengberg holte er dieselben auch ein, als sie eben das Mittagsmahl im Posthause einnahmen. Nach kurzer Zeit setzten die Damen ihre Reise fort. Tapp that ein Gleiches und fuhr ihnen wieder nach. Auf der nächsten Post beim Pferdewechsel erbat sich Tapp, nachdem er vorher mit dem Postmeister Rücksprache gepflogen, von jener Dame, welche die Mutter des mit dem jungen Napoleon im gleichen Alter stehenden Knaben war, eine kurze Privatunterredung. Diese erklärte sich gleich dazu bereit und führte den kleinen Knaben mit sich in die von dem Postmeister als Sprechzimmer eingeräumte Familienstube. Was nun T. mit der Dame verhandelte, ist nie bekannt geworden, aber die Folge dieser Unterredung war eine genaue Untersuchung des ganzen Reisegepäckes der Damen und ihres Wagens, und da fand sich denn: daß die Rückwand desselben einen hohlen Raum faßte. In diesem war ein höchst geschmackvoller und seinem Zwecke in Allem entsprechender Kinderschlafstuhl angebracht, in dem der kleine Napoleon an der Seite einer kleinen Wärterin, von Spielzeug und Confituren umgeben, aufgefunden wurde. Das Licht fiel in diesen Raum durch das wie in allen Wagen über der Kopfhöhe der sitzenden Passagiere angebrachte Fensterchen, der Luftwechsel aber war mittels mehrerer durch Quasten, Spangen und andere Zieraten von außen verdeckten Ventilationslöcher hergestellt. Die ganze Reisegesellschaft kehrte nun – der verfolgte Theil freilich unfreiwillig – nach Schönbrunn zurück. In einiger Zeit aber reisten die erwähnten Damen unter Begleitung wirklich nach Frankreich ab. Wir überlassen den Politikern, zu erwägen, welches die Folgen würden gewesen sein, wenn dieser Raub des jungen Napoleon geglückt wäre. Tapp erhielt aber als Lohn für das Gelingen seiner Verfolgung von Kaiser Franz I. eine Stelle bei einer der Inspectionen der kaiserlichen Lustschlösser und war, als er, 81 Jahre alt, starb, Inspector der k. k. Hofgebäude im Augarten zu Wien. In Folge eines unglücklichen Sturzes von der Treppe, als er seinen erkrankten Enkel, den Sohn des Rittmeisters von Köhler, im Piaristenkloster in der Wiener Josephstadt besuchte, fand der sonst noch rüstige Greis nach achttägigem furchtbaren Leiden einen schmerzlichen Tod. Tapp war seiner Mildthätigkeit wegen allgemein bekannt, die Armen verloren an ihm einen warmen und treuen Helfer. In seinem Testamente verordnet er: „So arm ich in die Welt gekommen, ebenso arm will ich wieder dahingehen, vermeidet [66] daher jedes Gepränge meines Leichenzuges. betheilt vielmehr an dem Tage meiner Beerdigung die Armen in der Leopoldstadt“. Er soll, wie bei seinem Ableben gemeldet wurde, eine Biographie hinterlassen haben. Die Ehe mit seiner ersten Frau Anna geborenen Neumann (gest. 1818) war kinderlos; aus seiner zweiten am 18. Februar 1820 mit Anna geborenen Bredemaier geschlossenen Ehe überlebten den Vater zwei Töchter: Antonie vermälte von Köhler (Kéler) und Caroline vermälte Stainhauser von Treuberg.

Constitutionelle Vorstadt-Zeitung (Wien, kl. Fol.) 1863, Nr. 216, in der Rubrik: „Neuigkeitsbote“ [daselbst heißt es wörtlich: „Der Verblichene hat eine glänzende Selbstbiographie hinterlassen“]. – Frau Louise Mühlbach in ihrer geschichtlichen Verballhornung: „Napoleon in Deutschland“ erzählt im vierten, „Napoleon und der Wiener Congreß“ betitelten Abschnitt des dritten Bandes [6. Buch, VI. Capitel] S. 298, obige Begebenheit wesentlich anders. Nun, das Buch der Mühlbach ist schon 1859 erschienen, Tapp von Tappenburg aber, der in dieser Angelegenheit eine Hauptrolle spielt, starb vier Jahre später, 1863, und erst nach seinem Tode kam aus seinen noch ungedruckten Denkwürdigkeiten diese interessante Episode ins Publicum.