BLKÖ:Thurn-Valsassina, Franz Joseph Graf

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 45 (1882), ab Seite: 118. (Quelle)
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Thurn-Valsassina, Franz Joseph Graf (k. k. Generalmajor, geb. zu Bleiburg 26. Jänner 1748, gest. bei Giurgewo 8., nach Anderen 9., auch 11. Juni 1790), ältester Sohn des Grafen Franz [s. d. S. 116] aus dessen erster Ehe mit Maria Anna geborenen Gräfin Ursini-Rosenberg, kam in jungen Jahren zur Ausbildung nach Wien, dann auf die Artillerieschule zu Sobieslaw, einem Städtchen im Taborer Kreise Böhmens. Aus letzterem Institute trat er nach Abschluß seiner Fachstudien in das 3. Artillerie-Regiment ein, in welchem er bis zum Oberstlieutenant vorrückte. Am 1. April 1779, erst 31 Jahre alt, von Kaiser Joseph II. zum Obersten des 1. Artillerie-Regiments ernannt, wurde er bald nach Ausbruch des Türkenkrieges, am 24. November 1788, zum Generalmajor befördert und mit der Herbeischaffung und Aufstellung des zu den zu belagernden Festungen erforderlichen Geschützes beauftragt. Während er sich noch mit der Ausführung dieser Arbeiten beschäftigte, sah er sich dort unten in den Sümpfen an der Donau gleich seinem Herrn und Kaiser von dem bösartigen Fieber befallen, dem so Viele, die an jenes Klima nicht gewöhnt sind, erliegen. Trotzdem verrichtete er doch ununterbrochen seinen Dienst. Belgrad war bereits durch eine beispiellos heftige Beschießung am 9. October 1789 gefallen; der Belagerungstrain zog sich die Donau hinab vor das feste Widdin und Giurgewo, welch letzteres als wichtiger angesehen wurde, da es die Verbindung der Walachei mit der gegenübet liegenden Festung Rustschuk bildet. Thurn, kurz zuvor zum Inhaber des 2. Artillerie-Regiments ernannt, leitete als Artilleriedirector die am 2. Juni 1790 begonnene Belagerung und hatte anfangs einen harten Stand, vornehmlich dadurch, daß seine Mannschaft, um sich aus den Häusern der äußeren Stadt Lebensmittel und Getränke zu verschaffen, sich zerstreute. Einen Ausfall, den die Türken, welche diesen Uebelstand bald erkannt hatten, unternahmen, schlug der wachsame Thurn mit einer Division von Toscana-Infanterie zurück. Indessen fänden immer wieder Kämpfe auf der Donau statt, da [119] unsere Tschaiken von der feindlichen Flotille oft angegriffen wurden. Um einen Kampf zwischen diesen beiden zu beobachten, entfernte sich am 8. Juni 1790 der Commandirende aus dem Lager, und da überdies der größte Theil der Cavallerie zur Fouragirung ausgeritten war, so benützten die Türken diesen günstigen Moment und machten in einer nicht geahnten Stärke von mehreren tausend Mann einen neuen Ausfall, während gleichzeitig etwa tausend Spahis die Laufgräben umsprengten. Die Bedeckungsmannschaft der Artillerie, solchen Massen nicht gewachsen, floh zugleich mit den Arbeitern in den Tranchéen, während die übrige Mannschaft mit Löwenmuth sich vertheidigte. General Aufseß fiel einer der Ersten schwer verwundet in diesem Kampfe und wurde nur mit Mühe dem Feinde entrissen. Damals bewährte sich Staatsmann Thugut [S. 1 dieses Bandes] als Held von seltener Geistesgegenwart. Graf Thurn, vom Fieber so geschwächt, daß er außer Stande war zu reiten, eilte im Wagen auf den Kampfplatz, wurde aber eben, als er ausgestiegen, von dem Haufen der fliehenden Arbeiter niedergeworfen. Der General raffte sich schnell wieder auf und stellte sich mit seinen letzten Kräften den anstürmenden Türken entgegen, die ihn ungeachtet seiner tapferen Gegenwehr zusammenhieben. Der Tod des allgemein beliebten Generals war aber gleichsam eine Losung für unsere kämpfenden Truppen, denen, durch das Gewehrfeuer und den Sturmlärm aufmerksam gemacht, sofort die Reiterei zu Hilfe eilte, die Türken mit so grimmer Wuth angreifend, daß dieselben alsbald das Weite suchten. Thurn’s Leiche wurde glücklich gerettet, die Belagerung Giurgewo’s aber nach diesem Vorfalle aufgehoben. Allgemein war die Klage um den Tod des Helden, der erst 42 Jahre zählte. Manches Trauerlied erschien im Drucke. Bei der Armee ungemein beliebt, galt er im Regimente, dessen Oberst er war, als edler Menschenfreund, der manchen Unglücklichen Trost und Rettung gebracht. Graf Thurn hatte als Oberst im Jahre 1782 Gräfin Maria Anna geborene Sinzendorf geheiratet, welche ihm einen Sohn Georg und eine Tochter Gabriele gebar. Letztere vermälte sich dem Grafen Johann Douglas Dietrichstein. Graf Georg aber [s. d. Folgenden] pflanzte mit Emilie geborenen Gräfin Chorinsky diese Linie fort, die noch in den von Georgs vier Söhnen Georg, Johann Douglas, Friedrich und Joseph gebildeten Zweigen blüht. Des Grafen Franz Gemalin Maria Anna reichte nach mehr als zwanzigjähriger Witwenschaft ihre Hand dem liebenswürdigen Poeten und Büchersammler Angelo Maria Conte d’Elci, dessen Lebensskizze im III. Bande, S. 212 dieses Lexikons mitgetheilt ist. Die Gräfin wurde 1824 abermals Witwe; ihren zweiten Gatten noch volle 17 Jahre überlebend, starb sie 1841 als 83jährige Matrone.

Der Tempel des Nachruhms oder Sammlung kurzverfaßter Lebensgeschichten großer ausgezeichneter Militärpersonen, Staatsminister verschiedener Mächte, dann durch besondere Thaten, Weisheit u. s. w. bekannt gewordener Männer u. s. w. (Wien 1797, J. G. Binz, 8°. ) Theil I, S. 180 [nach diesem gest. 11. Juni 1790].