BLKÖ:Tiefensee, Charlotte von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Tiefenbacher, Franz
Band: 45 (1882), ab Seite: 140. (Quelle)
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Tiefensee, Charlotte von (Sängerin, geb. zu Theresienstadt in Böhmen um das Jahr 1827). Ihr Vater war österreichischer General. Herausgeber dieses Lexikons vermuthet, daß Tiefensee nicht der eigentliche Familienname, sondern nur das Prädicat des Adelsnamens gewesen, denn ein General Tiefensee hat in der kaiserlichen Armee nicht existirt, wohl aber ist eine Soldatenfamilie Fischer von Tiefensee bekannt.. Nach des Vaters Tode ging die Mutter mit ihrer Tochter nach Prag, und da Letztere Talent für Musik zeigte, erhielt sie von dem Musikdirector Joseph Proksch [Bd. XXIV, S. 8] Unterricht zunächst im Piano, und schon damals schrieb sie Einiges für dieses Instrument. Als eines Tages ihr Lehrer und der Professor am Conservatorium Gordigiani Charlottens klangvolle Stimme hörten, gelang es Ersterem, die Mutter zu überreden, daß sie die Tochter ganz der Kunst widme und im Gesange ausbilden lasse. Durch den Einfluß des Landeschefs Erzherzog Stephan erhielt Charlotte im Sommer 1847 einen Platz im Mailänder Conservatorium und daselbst den ersten Gesangsunterricht. Aber dieser währte nur sieben Monate, denn im Frühling 1848 brach in Mailand der Aufstand aus, und Mutter und Tochter flüchteten, unter mancherlei Fährlichkeiten nur mit genauer Noth das sichere Triest erreichend. Dort nahm nun Charlotte Gesangsunterricht bei den Brüdern Ricci aus Neapel, vervollkommnete sich aber in ihrer Kunst noch unter der gefeierten Sängerin Sonntag und zuletzt bei Maestro Bordogni in Paris. Trefflich ausgebildet, betrat sie dann als Sängerin die Bühne, für welche sie frühzeitig ein nicht gewöhnliches Talent bekundet hatte, denn schon als achtjähriges Mädchen gab sie auf einem Dilettantentheater mit großem Geschick die Rolle des spanischen Knaben Otto in Müllner’s „Schuld“. Als sie nun zuerst auf italienischen Bühnen sang, errang sie trotz ihres deutschen Namens entschiedene Erfolge. In Paris ließ sie sich 1851 hören, dann wieder 1855 und 1856, und zwar zuerst in einem selbständigen Concerte, darauf in classischen Concerten und in den Soiréen des französischen Adels. Inzwischen war sie auch zu London mit Jenny Lind aufgetreten und hatte im Sommer 1855 eine Einladung zu Concerten in Baden-Baden angenommen, wo sie auch im Familienkreise des Prinzen Peter von Oldenburg vor der Königin von Holland und der Prinzessin von Preußen, jetzt deutschen Kaiserin Augusta, sang. In München glänzte sie in einem Hofconcerte [141] vor dem Kaiser Franz Joseph, in Wien in mehreren Soiréen der Erzherzoginen und in Kopenhagen vor der Königin-Witwe. Als ständiges Mitglied irgend einer deutschen Operngesellschaft finden wir Charlotte von Tiefensee in den Theater-Almanachen nicht aufgeführt; sie scheint demnach vorherrschend Concertsängerin gewesen zu sein. Die letzten Nachrichten über sie datiren aus dem Frühling 1878, wo sie, einer Einladung des Prinzen Peter von Oldenburg folgend, in dessen Salon sang.

Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber, kl. Fol.) 1856, Nr. 701, S. 367: „Charlotte von Tiefensee“. – Presse (Wiener polit. Blatt) 28. März 1878, unter den „Musiknachrichten“.
Porträt. Holzschnitt ohne Angabe des Zeichners und Xylographen in der vorgenannten illustrirten Zeitung.