BLKÖ:Waidele Ritter von Willingen, Ernst

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 52 (1885), ab Seite: 151. (Quelle)
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Waidele Ritter von Willingen, Ernst (Präsident des Prager Landesgerichtes und Reichstagsabgeordneter, geb. zu Olmütz 1806, gest. in Prag am 21. Juni 1870). Ein Sohn des Arztes und Professors Dominik Waidele, dessen Lebensskizze vorangegangen ist, trat er nach Abschluß der rechtswissenschaftlichen Studien, zum Doctor promovirt, 1829 beim Criminalgerichte zu Brünn in die Gerichtspraxis ein, kam dann als Conceptspracticant zur Hofkammerprocuratur in Wien und 1832 als Aushilfsreferent an die galizische Kammerprocuratur in Lemberg, wo er 1836 zum Fiscaladjuncten und 1844 zum Landrathe befördert ward. 1847 zum Appellationsrathe ernannt, ging er 1848 in gleicher Eigenschaft nach Wien, wo er 1850 Generalprocurator-Stellvertreter, vier Jahre später Oberlandesgerichtsrath wurde. Vor letzterer Ernennung war er besonders als Mitglied der k. k. Organisirungscommission thätig. 1854 zum Landesgerichtspräsidenten civilrechtlicher Abtheilung in Prag ernannt, segnete er nach sechzehnjährigem Wirken in dieser Stellung das Zeitliche. In den Rahmen dieser amtlichen Stellung fällt auch seine außeramtliche, als Mitglied des böhmischen Landtages und des Abgeordnetenhauses des österreichischen Reichsrathes. Als richterlicher Beamter besitzt Waidele um die Civiljustizpflege Oesterreichs hervorragende Verdienste. Auf seine Anregung wurde das Prager Landesgerichtsgebäude durch einen Anbau entsprechend erweitert. Auch war er in seinem Fache literarisch thätig, jedoch nur spärlich, denn sein Doppelberuf als Staatsbeamter und Abgeordneter nahm seine Zeit zu sehr in Anspruch. Als letzterer stand er treu und unentwegt zu seiner Partei. Zuerst war er im Jahre 1861 auf Vorschlag des deutschen Wahlcomités im Landwahlbezirke Buchau zum Landtagsabgeordneten in Böhmen und im Landtage zum Mitgliede des Abgeordnetenhauses gewählt worden. 1866 legte er sein Mandat nieder, wurde aber später von der Gruppe des fideicommissarischen Großgrundbesitzes wieder in den Landtag und darauf in den Reichsrath gewählt. Seine Wirksamkeit in ersterer Körperschaft war eine ebenso reiche als fruchtbare, wir erinnern nur an seine treffliche Ausführung der Landtafelordnung, wie an sein entschiedenes freisinniges Eintreten in der Jagdgesetzdebatte. In den Verhandlungen über die Landtafelordnung, sowie über die Contributionsschüttböden trat er, ausgerüstet mit umfassenden juridischen und archivarischen Specialstudien, in scharfer und geistvoll schlagender Weise dem damaligen Statthalter Grafen Belcredi, der zu den Feudalen hielt, entgegen. Ohne Rücksicht auf Gunst und Ungunst, als Landtagsvertreter ein eifriger und warm fühlender Volksmann und ein echter Constitutioneller, stellte er sich den Feudalen im Landtage rücksichtslos gegenüber und trat, als die Sistirung der Verfassung geplant wurde, obwohl Beamter, in die entschiedenste Opposition. Ein redlicher, unerschütterlicher, durch Geist und Wissen hervorragender Genosse der deutschen Partei, führte er als schlagfertiger Redner in den parlamentarischen Verhandlungen für die Sache der Verfassung in erfolgreicher Weise das Wort. Wohl streuten seine politischen Gegner, namentlich in den čechischen Kreisen, Verdächtigungen aller Art über ihn aus. Selbst die politische Caricatur wurde zu Hilfe genommen, [152] und die manchmal in Rede und Satire nicht eben feinen „Humoristické listy“ brachten im XL Bande, 1869, Nr. 40, das Spottbild: „Pan Waidele co poslanec fideikomisnich statků honí revíru svého fideikomisního panství“, dessen unästhetischer Witz jedoch nicht den Angegriffenen traf, sondern auf die Angreifer zurückfiel. Und in der That, Waidele, der in auftauchenden Interessenfragen immer als Demokrat sich erwiesen und auf Seite des Volkes gestanden, wurde von den verfassungstreuen Aristokraten des Großgrundbesitzes doch wieder als Vertreter in den Landtag gewählt, ohne daß er seine Gesinnung um ein Haarbreit geändert hatte. So stand er denn im Reichsrathe als Charakter und Fachmann gleich geschätzt, wie dies ja auch seine Wahl in den Staatsgerichtshof beweist, aus dem er später als Reichsrathsabgeordneter ausscheiden mußte, ferner der Umstand, daß er sowohl vom Herrenhause, als auch vom Abgeordnetenhause für das Reichsgericht vorgeschlagen wurde. Ueberdies machte er sich als Obmann des deutschen Juristenvereines um denselben ebenso durch seine umsichtige Leitung, wie durch seine thätige Mitwirkung an den Arbeiten des Ausschusses hochverdient. In der ersten Zeit nach Abschluß seiner Studien hatte es fast den Anschein, als ob Waidele sich der historischen Forschung zuwenden wollte, wenigstens sprechen dafür mehrere geschichtliche Aufsätze größeren Umfanges, welche in dem von Hormayr begründeten „Archiv für Geschichte, Statistik“ u. s. w. erschienen sind, und zwar: „Karl VIII. von Frankreich gegen Neapel“, im Jahrgang 1827, Nr. 106–109; – „Altböhmen nach Hayek und seinem Commentator Dobner“, ebd., Nr. 115–117; – „Die ersten Zeiten der Ungarn nach Prag“, ebd., Nr. 118; – „Albrecht I. und die Schweiz“, 1828, Nr. 30, 34 bis 38. Doch die darauf beginnende Criminalgerichtspraxis in Brünn ließ ihm zu historischen Forschungen später keine Zeit mehr. In Würdigung der vielfachen und vielseitigen Verdienste Waidele’s zeichnete Seine Majestät denselben im Jahre 1865 mit dem Ritterkreuze des österreichischen Leopoldordens, 1869 mit dem Comthurkreuze des Franz Joseph-Ordens aus. Den Statuten des Leopoldordens gemäß wurde er mit Diplom vom 7. Jänner 1866 in den erbländischen Ritterstand mit dem Prädicate von Willingen erhoben. Aus seiner Ehe mit Julie geborenen Köß stammen zwei Töchter, Julie (geb. 11. Jänner 1850) und Theodora (geb. 22. November 1851).

Tagesbote aus Böhmen (Prager polit. Blatt) 1870, Nr. 172. – Deutsche Volkszeitung, 1870, Nr. 25. – Neue Freie Presse, 1870, Nr. 2088.
Wappen. In Roth und Silber längs getheilter, von einem Sparren in gewechselter Tinctur durchzogener Schild, welcher auf letzterem von einem Sterne durchbrochen ist und einen natürlichen auf einem aus dem Fußrande hervorgehenden grünen Hügel rechtwärts stehenden Edelfalken einschließt. Auf dem Schilde ruht ein Turnierhelm, auf der Krone desselben steht der rechtwärts gekehrte im Schreiten begriffene natürliche Edelfalke. Die Helmdecken sind roth mit Silber unterlegt.