BLKÖ:Mälzel, Leonhard
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 16 (1867), ab Seite: 250. (Quelle) | |||
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Johann Nepomuk M. [s. d. Vorigen], der gleich ihm eine treffliche musikalische Bildung erhielt und ein so ausgezeichnetes musikalisches Gedächtniß besaß, daß er über hundert classische Werke der berühmtesten Tondichter auswendig auf dem Fortepiano spielte. Auch er verlegte sich wie sein Bruder auf die Mechanik und wendete dieselbe vornehmlich in der musikalischen Richtung an, er erfand einen Automaten, einen Knaben, der Variationen auf dem Flageolet blies; dann ein Instrument das er „Orpheus-Harmonie“ benannte, und welches, als er es im Jahre 1814 in Wien hören ließ, allgemein großen Beifall erntete. Mit großer Geschicklichkeit verfertigte er ausgezeichnete Flötenwerke, ferner ein großes Orchestrion, welches sich durch eine seltene Reinheit in den Tönen auszeichnete. Für die dabei zum ersten [251] Male angebrachten Mutationen löste M. ein eigenes Patent. Ein noch merkwürdigeres Kunstwerk construirte er im Jahre 1825, es war ein selbst spielendes Orchestrion, bestehend aus 50 Waldhörnern, Posaunen, Trompeten und Clarinetten, in Verbindung zweier Pauken. Im Jahre 1827 ernannte ihn Kaiser Franz zum k. k. musikalischen Kammermaschinisten, welche Stelle er bis an seinen Tod bekleidete. Betreffs der ihm in der österreichischen National-Encyklopädie zugeschriebenen Erfindung des Taktmessers (Metronom, Metrometer) besteht ein Irrthum, der auf einer Verwechslung mit seinem Bruder Johann Nepomuk [s. d. Vorigen] beruht, wie überhaupt die Artikel in der genannten Encyklopädie über die beiden Gebrüder an Irrthümern leiden. Interessant ist, wie M. durch eine seiner Erfindungen sein Eigenthum rettete. Im Jahre 1848 wollte eine Rotte des von der Umsturzpartei aufgestachelten Pöbels sein Atelier zerstören. Schon standen sie gruppenweise vor seinen Fenstern in der Jägerzeile und stießen die heftigsten Drohungen gegen den Mann aus, der ihnen seiner Gesinnung wegen ein Dorn im Auge war. Das kaiserliche Militär hatte wohl schon die ganze Gegend eingeschlossen, Mälzel hätte auf jeden Fall Rettung finden können, dennoch fürchtete er die Zertrümmerung seiner Maschinen. In der Angst seines Herzens schob er den Automaten-Trompeter an das Fenster. In der Uniform eines k. k. Kürassiers schmetterte dieser seine Fanfaren auf die Straße. Der Pöbel, in der Angst, das Haus berge wenigstens eine Escadron Kürassiere, nahm Reißaus, und Mälzel war gerettet. Leonhard überlebte um viele Jahre seinen bereits im Jahre 1828 gestorbenen Bruder Johann; 77 Jahre alt, ward er im Jahre 1855 ein Opfer der Cholera.
Mälzel, Leonhard (Mechaniker und k. k. Kammermaschinist, geb. zu Regensburg 27. März 1783, gest. zu Wien im August 1855). Bruder des berühmten Mechanikers- Wiener Conversationsblatt (Theater-Zeitung) herausg. von Adolph Bäuerle (Wien, kl. Fol.) Jahrgang 1855, S. 779. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. III. S. 525. – Systematische Darstellung der neuesten Fortschritte in den Gewerben und Manufacturen und des gegenwärtigen Zustandes derselben. Herausgegeben von Steph. Ritter von Keeß und W. C. W. Blumenbach (Wien 1829, Carl Gerold, 8°.) Bd. II, S. 9*.