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BLKÖ:Pichler, Johann

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 22 (1870), ab Seite: 235. (Quelle)
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Pichler, Johann (Gemmenschneider, geb. zu Neapel 1. Jänner 1734, gest. zu Rom 25. Jänner 1791). Erscheint auch als Johann Anton und ist ein Sohn des berühmten Gemmenschneiders Anton P. [S. 229] aus dessen erster Ehe mit Therese Viller. Den Unterricht in der Kunst, in welcher sein Vater so geschickt war, erhielt er von diesem und hatte darin im Alter von 20 Jahren einen hohen Grad der Ausbildung erlangt. Er leistete so vorzügliche Arbeiten, daß Gemmenhändler seine ersten Werke, die er zu bezeichnen unterlassen hatte, als Antiken um hohe Preise verkauften. Sobald P. hinter diesen Betrug gekommen war, bediente er sich eines eigenen Zeichens. Die größte Zeit seines Lebens verbrachte P. in Rom und hatte vortheilhafte Anträge, so einen äußerst glänzenden nach England, und einen nicht minder auszeichnenden des Kaisers Joseph II., sich in Wien niederzulassen, abgelehnt. Das Greisenalter seines Vaters und seine eigene zahlreiche Familie fesselten P. zunächst an Rom. Der Kaiser nahm diese Ablehnung, nachdem P. sie begründet, nicht mehr ungnädig auf und zeichnete den Künstler, um ihm Beweise seiner Anerkennung zu geben, in der ehrenvollsten Weise aus, indem er ihn in den Adelstand erhob und ihm den Titel eines k. k. Hof-Steinschneiders verlieh. Sein Ruf verbreitete sich, da seine Werke von den Großen aller Nationen um hohe Preise gekauft wurden, und die Italiener, stolz auf ihn, liebten es, ihn ihren „Artefice di sempre gloriosa memoria“ zu nennen. Als er im Jänner 1791, erst 48 Jahre alt, starb, ehrte man sein Andenken in solcher Weise, daß man ihm im Pantheon einen Denkstein mit passender Inschrift setzte. Auf diesem Denkstein ist nun irriger Weise Trient als sein Geburtsort angegeben. Die Anzahl von P.’s Gemmen ist bedeutend. Er hat sowohl vertieft als erhaben gearbeitet, und mit solcher Reinheit und Schärfe, daß seine Werke den trefflichsten des Cinquecento zur Seite gestellt werden können. Auch war P. ein sehr geschickter Pastellmaler. Von seinen Arbeiten sind bekannt: „Porträt des Kaisers Joseph“, auf einem Chalcedon geschnitten während der Anwesenheit des Kaisers in Rom im Jahre 1769, im Auftrage des russischen Generals Schuwaloff; – „Porträt des Mailänder Grafen Lecchi“, auf einem Achatstein; – „Porträt des Engländers Blacut“, auf einem Carneol; – „Porträt des Marquis d’Orasittas“, gleichfalls auf einem Carneol, für den französischen Bildhauer Luc. Breton; – „Victoria navalis“, eine Figur, die in jeder Hand einen Schild hält, auf dem zur Rechten sieht man den Kopf Agamemnon’s, auf dem anderen jenen des Herkules, auf einem Sardonyx (Carneol) für General Schuwaloff;– „Ariadne“, Kopf nach einer Marmor-Antike in der Gallerie des Capitols, zweimal, jedesmal auf einem Carneol; – „Eine Korybante“, Copie nach einer antiken Paste im Florentiner Cabinete, auf Carneol; – „Aesculap“, nach eigener Erfindung auf einem Sardonyx; – „Venus“, nach der berühmten Mediceischen Venus, auf Carneol – und eine zweite auf einem Chalcedon, für einen Grafen Hack; – „Hermaphrodite“, liegende Figur, nach einer Marmor-Antike der Villa Borghese auf Carneol, für Lord Percy; – „Perseus und Andromeda“, Gruppe nach einem antiken Basrelief des Capitols, auf Bergkrystall; – „Apollo“, Figur nach der berühmten Antike des Belvedere’s im Vatican, auf [236] Chalcedon; – „Die Muse Polyhymnia“, Figur nach einer antiken Marmorurne im Capitol, auf einem Chalcedon für den Engländer Hamilton; – „Der Kaiser Lucius Verus“, Kopf nach der berühmten Antike in der Villa Borghese, auf Carneol, für den Vorigen; – „Homer“, Kopf nach der antiken Marmorbüste im Palaste Farnese zu Rom, auf Carneol; – „Bulgarien“, als von den Römern unterjochte Provinz, eine auf der Erde sitzende Figur, nach einem antiken Marmor-Basrelief im Capitol, auf Carneol; – eine zweite, von der vorigen in einigem verschiedene Gemme auf einem Sardonyx; – „Leda mit dem Schwan“, eigene Erfindung auf einem Sardonyx; und eine zweite Gruppe auf einem Carneol; – „Venus calipyga“ (aux belles fesses), nach einer antiken Statue im Museo Farnese zu Rom, auf einem Carneol; – „Dido, von Aeneas verlassen, mit einem kleinen Amor in Thränen“, nach einem antiken Gemälde im Herkulanum, auf einem Chalcedon; – „Die Tänzerin“, eine in der Luft schwebende Figur nach einem antiken Gemälde im Herkulanum, auf Carneol; – „Leda“, nach einer Antike auf einem Carneol, und noch einmal auf gleichem Stein, von der vorigen verschieden; – „Venus“, liegende Figur, nach einem Gemälde von Tizian in Florenz, auf Chalcedon; – „Eine Gruppe von drei Figuren“, nach einer etruskischen Vase, auf Carneol; – „Agrippina“. Nero’s Mutter, sitzende Figur, nach einer Marmor-Antike im Museum Farnese zu Rom, auf Carneol; – „Hebe“, dem Adler Jupiters (oder Jupiter selbst in Adlergestalt) zu trinken reichend, Halbfigur, auf Carneol, nach einem Gemälde des Engländers Hamilton; – „Der von Amor besiegte und gezügelte Centaur“, Gruppe nach einer Marmor-Antike in der Villa Borghese, auf einem Sardonyx, für den Fürsten Kaunitz; – „Der Guitarrespieler mit einem Faun“, Gruppe nach einer antiken Marmorvase der Villa Borghese, auf Sardonyx; – „Salmakis und Hermaphrodite beim Brunnen“, Gruppe von zwei Figuren, nach einem Gemälde von Caracci, auf Chalcedon; – „Die drei Grazien“, nach einer Antike, auf Carniol; – „Das Opfer des Priapus“, nach einer Antike im Cabinete des Königs von Frankreich, auf Carneol; – „Lucius Papirius und seine Mutter“, nach einer Marmor-Antike in der Villa Ludovico auf Chalcedon; – „Das dargebrachte Opfer“, nach einer Antike, auf Carneol; – „Mercurius“, nach einer berühmten, von Dioscorides geschnittenen Antike auf Chalcedon; – „Herkules“, Kopf nach einer Antike auf Sardonyx; – „Die Muse Euterpe“ und „Die Muse Clio“, beide nach Antiken, erstere auf einem Chalcedon, letztere auf Smaragd; – „Hera“, nach einer Antike, auf Carneol; – „Paris“, nach einer antiken Medaille, auf Carneol, für Lady Spencer; – „Ein Athlet in Kampfstellung“, eigene Erfindung, auf einem Onyx. Außer diesen hat P. noch viele andere Gemmen in Edelsteine aller Art, in erhabener und vertiefter Arbeit, geschnitten. Besonders große Berühmtheit haben erlangt sein als Camee geschnittener „Herkules im Kampfe mit dem nemeischen Löwen“, sein nach „Hera’s Thurm schwimmender Leander“ und sein „Achill, der die Leiche des Hector schleift“, große Meisterstücke, die in Nichts den besten Antiken nachstehen. Seine Marmorbüste, von Heveston gemeißelt, befindet sich im Pantheon. Johann Pichler und sein Vater Anton gelten als die Wiederhersteller der seit Jahrhunderten nicht geübten Gemmenschneidekunst. Von Johann’s [237] Werken besteht ein Verzeichniß, betitelt: „Catalogo d’impronti cavati da gemme incise dal cavaliere Giovanni Pichler, incisore di Sua Maestà Caesarea Giuseppe II. (MDCCXC, 8°.), in welchem 200 Stücke verzeichnet sind.

Rossi (Abbate), Vita del cavaliere Giovanni Pickler intagliatore in pietre fine (Roma 1792) französisch von Antoine Marie Boulard und Aubin Louis Millin (an V [1798], 8°.). – (Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst (Wien, 4°.) Jahrg. 1821, S. 68. – Tirolisches Künstler-Lexikon (Innsbruck 1830, Fel. Rauch, 8°.) S. 183. – Bote für Tirol 1820, Nr. 102; 1821, Nr. 4; 1823, Nr. 32 u. 33. – Bolzenthal, Skizzen zur Kunstgeschichte der modernen Medaillenarbeit, S. 318. – Göthe, Winckelmann und sein Jahrhundert, Bd. II, S. 119 u. f. – Nagler (G. K. Dr.), Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1839, E. A. Fleischmann, 8°.) Bd. XI, S. 274. – Enciclopedia italiana (Venezia 1850, Tasso, Lex. 8°.) Fasc. 275, p. 871.