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BLKÖ:Stohl, Michael

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 39 (1879), ab Seite: 131. (Quelle)
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Stohl, Michael (Aquarellmaler, geb. zu Wien im J. 1813). Ein jüngerer Bruder des Franz S. [S. 127], [132] von dem er den ersten Zeichnenunterricht erhielt, da er schon frühzeitig ein bedeutendes Malertalent an den Tag legte. Später bezog er die k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien, wo er sich unter der besonderen Leitung des Historienmalers Ludwig Ferdinand Schnorr von Karolsfeld [Bd. XXXI, S. 55] in seiner Kunst ausbildete. 1831 gewann er auch mit einer Zeichnung nach der Antike den ersten Preis. Im folgenden Jahre malte er für die Gruftcapelle des Fürsten Schwarzenberg einen „h. Aegydius“, worin sich bereits sein glänzendes Talent für Geschichtsmalerei bekundete. Doch gab es damals nach dieser Richtung im Kaiserstaate wenig genug zu thun. Der Bedarf ward von einigen bevorzugten Künstlern hinreichend gedeckt, und so nahm denn Michael an der von seinem Bruder Franz begonnenen Arbeit des Ahnensaales des Fürstenhauses Schwarzenberg ziemlich thätigen Antheil und lithographirte mehrere Blätter dieses historischen Porträtwerkes in trefflicher Weise. Dann half er auch dem im Fache des lithographirten Porträts berühmten, und wir glauben kaum zu weit zu gehen, wenn wir sagen unübertroffenen Meister Joseph Kriehuber [Band XIII, Seite 219] bei dessen Arbeiten. Im Jahre 1840 folgte er einem Rufe des kunstsinnigen königlich belgischen Consuls von Craigher nach Triest und fand dort an dem Kunstfreunde Johann Grafen Waldstein einen sein schönes Talent fördernden Mäcen. Bald erregte er durch seine ebenso ähnlichen als geistvoll ausgeführten Aquarellbildnisse die Aufmerksamkeit in weiteren Kreisen, die königliche Familie Bourbon zu Görz und die Herzogin Litta in Mailand beriefen den Künstler, ihre Bildnisse zu malen. Dadurch kam er auch in nähere Berührung mit hervorragenden italienischen und deutschen Künstlern, von welch letzteren mehrere in Triest und Mailand sich befanden. Im Jahre 1842 begab er sich nach Rom und trat mit Künstlern wie August Riedel, Waldemar Hottenroth, Leopold Pollak [Bd. XXIII, S. 75], Karl Mayer [Bd. XVIII, S. 149, Nr. 85], Karl Rahl [Band XXIV, S. 230] und Anderen in freundschaftlichen Verkehr. Dort wurde er auch der Großfürstin Maria Nicolaewna, vermälten Herzogin von Leuchtenberg, vorgestellt und von ihr mit dem auszeichnenden Auftrage beehrt, sie selbst, ihren Gatten und ihre Kinder zu malen. Der Künstler entledigte sich dieser Aufgabe mit so glänzendem Erfolge, daß ihn der Kaiser Nicolaus im folgenden Jahre bei seiner Anwesenheit in Rom mit einem kostbaren Geschenke auszeichnete und ihn auch einladete, die nordische Hauptstadt zu besuchen. 1848 vertrieb den Künstler die Revolution aus der ewigen Stadt und er kehrte nach Wien zurück, daselbst bis 1852 verbleibend. In diesem Jahre folgte er dem Rufe in die Czarenhauptstadt, wo er aber, des Klimas und der Lebensweise ungewohnt, schwer erkrankte. Dem Genesenen ertheilten die Großfürstin Maria Nicolaewna und ihre Schwägerin, die regierende Kaiserin von Rußland, den Auftrag zur Ausführung einer Folge von Aquarell-Copien der Gemälde der bedeutendsten alten Meister, welche sich in den Galerien zu Wien, Dresden, Paris. Berlin, Madrid, Sevilla, London und Cassel befinden, und nun besuchte S. innerhalb der Jahre 1853–1872 die genannten Städte und führte über 300 Copien der herrlichsten Werke älterer Künstler in Aquarellbildern aus, welche in einem eigenen Saale [133] der Eremitage zu St. Petersburg zur Schau stehen. Noch im Jahre 1872 stellte er zu Cassel eine Folge der dort copirten Gemälde von Rembrandt, Rubens, Tizian u. A. aus, und Kenner bewunderten, da der Vergleich mit den Originalen möglich war, mit welcher Meisterschaft er die Eigenthümlichkeiten seiner Vorbilder wiederzugeben verstand, mit welch feiner Empfindung und vollendeter Technik er die eigenartigen Reize jedes Originals auf seine Aquarell-Copie übertrug. In Ausstellungen waren von diesen Arbeiten des Künstlers nur wenige zu sehen, aber einmal doch, in der April-Ausstellung 1860 des österreichischen Kunstvereins, konnten Kenner die herrlichen Aquarelle S.’s bewundern: je eine Copie nach Perugino, Raphael, Corregio, Francesco Francia, und vier nach Murillo aus der damals noch in Wien befindlichen, später nach Pesth gewanderten Eszterházy-Galerie, dann je eine Copie nach Raphael, Giulio Romano, Tizian, Alessandro Varotari, Alessandro Cano und zwei nach Murillo aus der Dresdener Galerie, je eine nach Corregio und Guido Reni aus dem Louvre zu Paris, eine nach Tizian in der Wiener Belvedere- und eine nach Raphael Mengs in der Dresdener Galerie. Von anderen Arbeiten des Künstlers sind mir bekannt: mehrere Lithographien in dem Werke „Christliches Kunststreben in der österreichischen Monarchie“ (Prag 1839, Roy.-Fol.), und zwar „Christus am Kreuze. Vater in Deine Hände u. s. w.“, nach L. Kuppelwieser’s Original, im Besitze des Fürsten Liechtenstein; – „Christus am Oelberge. Wachet und betet u. s. w.“, nach L. F. Schnorr von Karolsfeld; – „Die h. Ludmilla, Herzogin von Böhmen, mit ihrem Enkel, dem h. Wenzel, dem Gottesdienste beiwohnend“, nach Franz Kadlik’s Original, im Besitze eines Herrn Veith; – „Die h. Gudula, von Dämonen gequält, auf dem Wege nach ihrer Zelle“, nach Jos. Führich’s Original, im Besitze des Herrn Jos. Saxinger; – ferner „Mädchen, die Haare flechtend“, eine Lithographie nach Adolph Henning; – „Die Tirolerin“, Aquarell (Höhe 33, Breite 26 Centim., 1851 gemalt), jetzt im Besitze des Grafen Victor von Wimpffen; – „Die drei Grazien“, nach dem Originale von Rubens in der Galerie der k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien, Aq. (Höhe 61, Breite 50 Centim.); – „Die h. Familie“, Aq. (Höhe 68, Breite 53 Centim., bezeichnet 1876); – „Maria mit Jesus und Johannes“, Aq. (Höhe 74, Breite 55 Centim., bezeichnet 1877); die letztgenannten vier waren in der historischen Kunst-Ausstellung zu sehen, welche 1877 aus Anlaß der Eröffnung der neuen k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien stattfand. In der dritten allgemeinen deutschen Kunst-Ausstellung in Wien im September 1868 sah man zwei allerliebste Original-Aquarelle: „Zur silbernen Hochzeit“ und „Im Atelier“, ersteres mit dem originellen Titel stellte einen Pokal, Obst, ein Päckchen Cigarren, also eigentlich ein Stillleben und wahrscheinlich Gaben der Gattenliebe anläßlich der silbernen Hochzeit dar. In der ersten großen internationalen Kunstausstellung im April 1869 zu Wien befand sich eine „Maria Verkündigung“, Aq. (50 Napoleonsd’or), in der Kunsthalle der Wiener Weltausstellung 1873 aber war der Künstler durch vier Porträt-Aquarelle, eines nach Rubens (440 fl.), drei nach Rembrandt, und zwar: „Rembrandt’s Mutter“ (275 fl.); – „Rembrandt’s [134] Bürgermeister“ (275 fl.) und ein anderes Bildniß (275 fl.) vertreten. Michael Stohl wurde anläßlich der oberwähnten, für das russische Kaiserhaus gemalten Aquarelle mit dem Titel eines kaiserlich russischen Hofmalers und bei Gelegenheit, als er in Madrid die Königin Isabella von Spanien abconterfeite, mit einem spanischen Orden ausgezeichnet. Wir haben aus Vorstehendem ersehen, daß des Künstlers Wirken fast völlig in Copien der in europäischen Galerien befindlichen Meisterwerke aufgehe. Dadurch wurde er selbständigem Schaffen entzogen, dem er sich in früherer Zeit mit schönem Erfolge hingab. So z. B. sind aus der Zeit seines Aufenthaltes in Rom anzuführen: „Die Schachpartie“ (1847); – „Schafe in einer Landschaft“; – „Posthof mit Pferden“; – ferner von seinen Bildnissen das nach der Todtenmaske ausgeführte des Fürsten Felix Schwarzenberg, das dann von L. Sichling in Kupfer gestochen, von dem Maler Franz Heinrich aber für den „Ahnensaal“ lithographirt wurde. Während seines Aufenthaltes in Rom nahm der Künstler ein römisches Mädchen an Kindesstatt an und sorgte für dessen treffliche Ausbildung. Dasselbe fand in seinem Neffen, dem Sohne des Malers Franz, dem gegenwärtigen Leibarzte des fürstlich Schwarzenberg’schen Hauses Dr. Lucas Stohl ihren Gatten. Michael Stohl nimmt unter den Aquarellisten der Gegenwart einen hervorragenden Platz ein. Er ist ein scharfer Zeichner, Meister der Farbe und hat einen ungemein glücklichen Blick für das Charakteristische seiner Vorbilder, das er mit einer Wahrheit und Feinheit ohne Gleichen aus dem Originale in die Aquarellcopie überträgt. Die Ausstellung in der Kunsthalle in Wien 1873 gab Gelegenheit, seinen Styl mit dem der Engländer, denen ja im Aquarell weitaus die Palme gebührt, zu vergleichen und in der That, seine Leistungen – die leider nur Copien waren – geben den herrlichen Schöpfungen eines Sir John Gilbert, Poynter, Smith, Collingwood, Topham u. A. nichts nach.

Frankl (Ludwig August), Sonntagsblätter (Wien, gr. 8°.) II. Jahrg. (1843), S. 604. – Neue freie Presse, 1872, Nr. 2899: „Kunstausstellung in Kassel“. – Die Künstler aller Zeiten und Völker u. s. w. Begonnen von Professor Fr. Müller, fortgesetzt und beendigt von Dr. Karl Klunzinger und A. Seubert (Stuttgart 1864, Ebner und Seubert, gr. 8°.) Bd. III, S. 610. – Verzeichniß der Ausstellung des österreichischen Kunstvereins, 1860, Monat Mai, Nr. 67–87. – Kunstblatt (Stuttgart, Cotta, 4°.) 1840, Nr. 80: „Christliches Kunststreben“. – Verschiedene Kunst- und Auctions-Kataloge.