Benutzer:A. Wagner/Kupferstich-Kabinett (Dresden) Galeriewerk Woermann Mappe 1
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ALTER MEISTER
ZU DRESDEN[1]
VORWORT.
[Bearbeiten]Gegenüber der ausserordentlichen Wichtigkeit der Veröffentlichung zuverlässiger Unterlagen für das Studium der Zeichnungen älterer Meister ist es längst als eine Lücke empfunden worden, dass sich den grossen Werken, in denen die besten Zeichnungen des Louvre zu Paris, des British Museum zu London, der Kupferstich-Cabinete zu Berlin und München, sowie der Albertina zu Wien veröffentlicht worden und werden, bisher noch keine ähnliche Ausgabe der Zeichnungen älterer Meister im Königlichen Kupferstich-Cabinet zu Dresden angereiht hat.
Das vorliegende, durch entgegenkommendes Zusammenwirken des Verlegers mit dem Herausgeber ermöglichte Werk ist bestimmt, diese Lücke auszufüllen. Es schliesst sich nach seinem Umfang, seinen Maassen und der Art seiner Auswahl aus der vorhandenen Fülle so eng wie möglich an die genannten grossen Londoner, Berliner und Münchener Werke an, deren Zuverlässigkeit durch die Namen ihrer Herausgeber Sidney Colvin, Friedr. Lippmann und Wilh. Schmidt verbürgt ist, unterscheidet sich von ihnen aber einerseits durch die ausführlichere Gestaltung seines wissenschaftlichen Textes, dem eine kurze Einleitung in die Handzeichnungen-Kunde vorausgeschickt ist, andererseits durch seine systematische Anordnung nach Jahrhunderten, Schulen und Meistern, die dem Gesamtwerke eine grössere Uebersichtlichkeit, jeder einzelnen seiner zehn aus 25 Tafeln zusammengesetzten Mappen eine grössere Geschlossenheit des Gefüges verleiht.
Sollten diese Besonderheiten gerade das Dresdener Werk geeignet erscheinen lassen, den Anfänger in das Studium der Zeichnungen älterer Meister einzuführen, so wäre damit ein Ziel erreicht, das der Verfasser erstrebt hat.
Bei der Wiedergabe der Originale ist auf die möglichste Schärfe und Genauigkeit der Zeichnung ein grösseres Gewicht gelegt worden als auf die vollständige Facsimilirung der Farbentöne jedes einzelnen Blattes. Proben solcher Farbenfacsimilirung werden sich in jeder Mappe finden. Sie in allen Fällen durchzuführen aber hätte bei dem geplanten Umfange des Werkes eine zu grosse Verteuerung desselben zur Folge gehabt und wäre auch nicht einmal durchweg wünschenswert erschienen, da in der Farbenwiedergabe doch nicht immer die Genauigkeit der rein mechanischen Reproduktion zu erreichen ist.
- DRESDEN, im März 1896.
EINLEITUNG.
[Bearbeiten]Zeichnungen bilden die natürliche Grundlage aller Werke der bildenden Kunst. Es gibt weder einen Baumeister noch einen Bildhauer, weder einen Maler noch einen schaffenden Vertreter der Kleinkünste, der nicht gelegentlich zeichnen müsste und gezeichnet hätte, sei es, um einen Natureindruck festzuhalten, sei es, um seinem Gedächtnis die Grundformen eines anderen Kunstwerkes besser einzuprägen, sei es, um die ersten Gedanken einer eigenen künstlerischen Neuschöpfung sichtbar zu gestalten. Weitaus den meisten vollendeten Kunstwerken jeder Gattung sind eine ganze Reihe vorbereitender Zeichnungen verschiedener Art vorausgegangen. Diese in ungeheurer Anzahl entstandenen und entstehenden vorbereitenden Zeichnungen von Künstlerhand, die nach dem Gesagten teils Studien (Skizzen) nach der Natur, teils Copien nach fremden Kunstwerken, teils Entwürfe zu eigenen Schöpfungen des Zeichners sind, bilden zusammen die eine grosse Hauptmasse der vorhandenen, seit Jahrhunderten angesammelten Zeichnungen, der als zweite, kleinere, aber in manchen Beziehungen gewichtigere Hauptklasse die fertigen Meisterwerke der Zeichenkunst gegenüberstehen, die von Anfang an nichts anderes sein und werden wollten als Zeichnungen und als solche mehr oder minder ausgeführte, immer aber vollendete Kunstwerke für sich zu sein beanspruchen. Auf den grösseren oder geringeren Grad der Ausführung kommt es hierbei an sich nicht an. Haben doch gerade manche Künstler vom Anfange unseres Jahrhunderts, wie Carstens, Flaxman, Retzsch und noch Genelli nackte Umrisszeichnungen, die ihnen genügten, ihre künstlerischen Absichten auszudrücken, als fertige Kunstwerke in die Welt geschickt! Wenn aber manche Meister schon ihre vorbereitenden Zeichnungen sorgfältig durchführten oder gar mit Wasserfarben antönten, so musste es der Mehrzahl der Künstler, die Zeichnungen als solche schufen, doch erst recht nahe liegen, sich aller Hilfsmittel zur Ausführung und Vollendung ihrer Blätter zu bedienen. Es ist daher erklärlich, dass sich gerade in dieser Klasse der Übergang von schlichten Umrissdarstellungen zu vollständig plastisch oder malerisch schattirten Zeichnungen und von einfach angetönten „aquarellirten“ Blättern zu vollständig ausgeführten Wasserfarben- oder Deckfarben-Gemälden besonders auffallend in unzähligen Abstufungen vollzieht.
Innerhalb der zuletzt genannten Gattungen hat sich in der gegenwärtigen Zeit, in der Wasserfarben- und Deckfarben-Gemälde von mächtigem Umfange die Wände der Ausstellungen zu schmücken pflegen, sogar die Grenze zwischen farbig ausgeführten Blättern, die in die Mappen der Handzeichnungen-Sammlungen gehören, und vollständigen Gemälden auf Papier, die den Galerien zugewiesen werden müssen, so gut wie verwischt.
Für die älteren, der Kunstgeschichte angehörigen Zeiten ist die Grenze hier leichter zu finden; denn wenn auch schon Dürer ganze Gemälde in Wasser- und Deckfarben ausgeführt hat – man denke nur an seinen „sitzenden Hasen“ in der Albertina zu Wien! –, so haben sich diese ihrem Umfange nach doch immer als „Blätter“, die in der Regel Papierblätter waren, behandeln lassen und sich daher auch bequem den eben aus Papierblättern bestehenden Kupferstich-Sammlungen eingefügt, denen die Handzeichnungen angegliedert zu sein pflegen. Dass andererseits aber auch schon Dürer einfache Kohlezeichnungen als solche für fertig angesehen und verkauft hat, erfahren wir zur Genüge aus dem Tagebuche seiner niederländischen Reise, in dem er wiederholt bemerkt, Bildnisse bestimmter Personen für den Preis von einem Gulden gezeichnet zu haben. Auch sonst fehlt es unter seinen Zeichnungen keineswegs an solchen, die nichts als Zeichnungen zu sein und zu bleiben bestimmt waren. Seine „grüne Passion“ z. B. in der Albertina zu Wien ist eine köstliche Folge gezeichneter Blätter, die selbständige, vollendete Schöpfungen sind.
In gewisser Beziehung sind ja auch die Holzschnitte der alten Meister nur Vervielfältigungen fertiger Künstlerzeichnungen, ja, wenn wir mit Max Klinger’s Schrift „Malerei und Zeichnung“ die Zeichnung im weitesten Sinne als „Griffelkunst“ der Pinselkunst entgegensetzen, so gehören auch die Kupferstiche und Radirungen hierher; doch könnte uns diese Zusammengehörigkeit hier höchstens beschäftigen, soweit die Gemeinsamkeit zeichnerischer Stilgesetze in Betracht käme. Im Übrigen haben wir es an dieser Stelle gerade nur mit Handzeichnungen im Gegensätze zu Vervielfältigungen jeder Art zu thun.
Dass aber die Grenze zwischen vorbereitenden Zeichnungen und Zeichnungen, die sich Selbstzweck sind, nicht immer zu finden ist, ergibt sich von selbst aus der ganzen Art des künstlerischen Schaffens; und dass diese Grenze am schwersten auf dem Gebiete der Naturstudien zu ziehen ist, zeigen ebenfalls schon zahlreiche Blätter Dürer’s, besonders seine mit Wasserfarben behandelten Landschaftsstudien. Jeder wird seine „Drahtziehmühle“ im Berliner Kupferstich-Cabinet (Lippmann Nr. 4) für ein fertiges Kunstblatt, seine Berglandschaft in derselben Sammlung (Lippmann Nr. 14) oder seine Ansicht von Kalkreut in der Bremer Kunsthalle (Lippmann Nr. 105) nur für Studienblätter erklären. Aber auch ihre Studienblätter haben die Künstler keineswegs immer zur Vorbereitung eines bestimmten anderen Kunstwerks, sondern in der Regel nur zu ihrer eigenen künstlerischen Befriedigung angefertigt, sodass auch sie als Kunstwerke angesehen werden müssen, die zunächst ihrer selbst willen da sind.
Streng schematisiren lässt sich auf diesem Gebiete nicht. Unsere Bemerkungen haben ihren Zweck erfüllt, wenn sie dem Leser einen Überblick über die verschiedenen Arten von Zeichnungen älterer Meister verschafft haben, die er in den Handzeichnungensammlungen zu finden und in diesem Werke vervielfältigt zu sehen erwarten darf.
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Weitaus die meisten dieser Blätter unserer Sammlungen sind auf Papier gezeichnet, das nur ausnahmsweise einmal durch Pergament oder durch gewebtes Zeug vertreten wird. Das Papier ist weiss oder farbig. Wenn es farbig ist, pflegt sein Ton vom Zeichner als „Halbtinte“ verwandt zu werden, der die Lichter weiss, die Schatten schwarz sich anschliessen. Farbige, besonders blaue Papiere kommen schon zu Anfang des 16. Jahrhunderts vor. Sie wurden damals vornehmlich in Italien, besonders in Venedig, angefertigt. Im 15. Jahrhundert und vielfach auch noch in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts pflegte der Künstler, wenn er einen farbigen Grund für seine Zeichnung wünschte, sich diesen selbst aus einer beliebig gefärbten Kreidemasse zu bereiten, mit der das Papier überzogen wurde. So bereitete Papiere nennt man grau, blau, grün, rot oder braun „grundirte“ oder (besser, aber zweideutiger) „gegründete“ Papiere. Doch waren gerade im 15. Jahrhundert auch „weiss grundirte“ Papiere ausserordentlich häufig. Die Künstler, die mit dem Silberstift zeichneten, pflegten diese zu bevorzugen.
Die Zeichnungen selbst werden mit der Feder, mit Stiften oder mit dem Pinsel ausgeführt, die sich jedoch manchmal gegenseitig ablösen, unterstützen und ergänzen.
Die Flüssigkeit, der sich die Künstler bei Federzeichnungen bedienten, war Tinte, Tusche, Bister, Sepia oder dergleichen. Nicht selten wurde der Federzeichnung mit dem Pinsel und der schon benutzten Flüssigkeit oder leichter Wasserfarbe in flächenhafter Behandlung nachgeholfen. So behandelte Blätter nennt man „getuschte“, „aquarellirte“ oder „lavirte“ Federzeichnungen.
Die Zeichenstifte bestehen entweder aus Kohle, schwarzer Kreide (kohlenhaltigem, weichem Thonschiefer), weisser Kreide (Pfeifenerde), roter Kreide (Rötel, Rotstein, rotem Thoneisenstein) oder aus weichen, abfärbenden Metallen. Als Metallstifte wurden früher hauptsächlich Silberstifte, später wirkliche Bleistifte verwendet. Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts wurden diese durch Graphitstifte ersetzt, an deren Stelle noch später Stifte aus künstlich bereiteten Massen traten. Doch hat sich der Name Bleistifte für alle diese Stifte erhalten. Natürlich ist die Möglichkeit, auch Stiftzeichnungen „anzutuschen“, zu „laviren“ oder zu „aquarelliren“ nicht ausgeschlossen; doch pflegten die älteren Meister von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch zu machen.
„Gehöht“ nennt man solche Zeichnungen (auf farbigem Grunde), deren hellste Lichtstellen durch einen besonders aufgetragenen leuchtenden Farbstoff gekennzeichnet werden. In der Regel kommen nur mit Weiss oder mit Gold gehöhte Zeichnungen vor.
Die Pinselzeichnungen werden, wenn sie die Einfarbigkeit der oft mit der Feder vorgerissenen Tusche- oder Sepiazeichnungen aufgeben, rasch zu Wasserfarbenblättern (Aquarellen). Gerade durch das Fehlen oder die Vertuschung der mit der Feder oder dem Stifte gezogenen Umrisse unterscheiden sich die Wasserfarbenblätter im weiteren Sinne des Wortes von jenen nur „aquarellirten“ Zeichnungen. Die Wasserfarbenmalerei im engeren Sinne bedient sich durchsichtiger Farben, die die Papierfaser durchschimmern lassen, wobei die hellsten Lichter nicht erhöht aufgesetzt werden dürfen, sondern aus dem weissen Grunde ausgespart werden müssen. Die Deckfarben- oder Gouachemalerei dagegen bedient sich undurchsichtiger Farbenschichten und Farbenmischungen und trägt die hellsten Lichter mit der höchsten und hellsten Farbe auf. Dass diese beiden Arten der eigentlichen Malerei auf Papier oft in einander übergehen und neben einander angewandt werden, liegt in der Natur der Sache.
Auch diese Bemerkungen haben ihren Zweck erfüllt, wenn sie dem Leser eine Vorstellung von den verschiedenen Techniken verschafft haben, in denen die Zeichnungen, die hier in Frage kommen, ausgeführt zu sein pflegen.
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Die Handzeichnungen älterer Meister richtig zu bestimmen, gehört zu den schwersten Aufgaben der kunstgeschichtlich geschulten Kennerschaft. Selten haben grosse Meister ihre vorbereitenden Zeichnungen mit ihren Namensinschriften versehen. Häufig haben andererseits tüchtige Künstler die Werke ihrer Vorgänger zu Studienzwecken in kecken, flüchtigen Strichen copirt. Da nun eigentliche, nur aus Stift- oder Federstrichen bestehende Zeichnungen dem Auge natürlich nicht so viele Merkmale zur Unterscheidung verschiedener Meisterhände darbieten, wie die in Pinselstrichen und verschiedenen Farben ausgeführten Kunstwerke, so ist es erklärlich, dass bis in die neueste Zeit herein von fremder Hand angefertigte Copien nach Gemälden grosser Meister mit den von diesen selbst angefertigten Entwürfen zu ihren Werken ausserordentlich häufig verwechselt, aber auch ächte Zeichnungen mit grösserem Erfolg copirt, nachgeahmt, gefälscht worden sind, als ausgeführte Kunstwerke jeder Art. Hat doch sogar ein so grosser und gewiegter Kenner, wie Giovanni Morelli (Lermolieff) es war, eine überraschend grosse Anzahl der Zeichnungen des Dresdner Cabinets, die er in der ersten, 1880 erschienenen Auflage seines bekannten Werkes über die deutschen Sammlungen für Originalentwürfe italienischer Meister zu erhaltenen Werken der Blüthezeit erklärt hatte, in der zweiten, 1891 erschienenen Auflage nur als Copien von fremder Hand bezeichnet. Wenn der berühmte, in Studien ergraute Kenner noch in seinem 64. Lebensjahre nach seinem eigenen Urteil solchen Irrtümern in der Bestimmung von Handzeichnungen ausgesetzt gewesen, wie soll es dann anderen Sterblichen, wie soll es vor allen Dingen Anfängern in dieser Beziehung ergehen? Als Mahnung zur Vorsicht schien die Anführung dieses Beispiels unerlässlich.
Den hervorgehobenen Schwierigkeiten gegenüber erscheint es noch als ein Glück, dass Photographien und andere mechanische Vervielfältigungen auf photographischer Grundlage Zeichnungen viel getreuer wiedergeben als Gemälde. Gibt es doch Facsimile-Reproduktionen von Handzeichnungen, die nur schwer von den Originalen zu unterscheiden sind! Sobald man daher nur auf unzweifelhafte Zeichnungen eines Meisters, die vervielfältigt worden, aufmerksam geworden, ist es leichter für Handzeichnungsstudien als für Gemäldebestimmungen ein ausreichendes Vergleichsmaterial herbeizuschaffen. Irgendwo haben sich doch von fast allen namhaften Meistern Zeichnungen erhalten, deren Echtheit durch Namensinschriften, durch glaubwürdige Überlieferung oder durch die Übereinstimmung mit Gemälden derselben Meister und zugleich mit anderen Zeichnungen, die an anderen Orten denselben Künstlern zugeschrieben werden, zweifellos festgestellt ist. Allerdings fehlt noch viel daran, dass das Vergleichsmaterial für die Handzeichnungskunde auch nur annähernd vollständig veröffentlicht wäre. Es vervollständigen zu helfen aber ist der Hauptzweck auch dieser Veröffentlichung.
Die Ergebnisse des vergleichenden Zeichnungenstudiums, das erst die zahlreichen Vervielfältigungen der letzten Jahrzehnte ermöglicht haben, sind zum Teil erfreulich, zum Teil freilich auch erschreckend und niederschlagend gewesen. Sie haben in den bestehenden, besonders den älteren Handzeichnungensammlungen noch grössere Verheerungen unter den bisherigen Künstlerbenennungen angerichtet, als dies durch die ähnlichen Vergleichsstudien des letzten Menschenalters in den Gemäldesammlungen geschehen ist. Viele Zeichnungen, die noch vor einigen Jahrzehnten allgemein als unzweifelhafte Werke der grössten Meister, besonders der italienischen Meister, angesehen wurden, sind in das Nichts zurückgesunken, dem sie entstiegen waren. Ganze Mappen voll Zeichnungen, die bislang als wertvoller Sammlungsbesitz gegolten, sind als wertlose Makulatur erkannt worden. Nur hie und da hat sich daneben ein bisher wenig oder gar nicht beachtetes Blatt als eigenhändige Zeichnung eines angesehenen Künstlers entpuppt.
Wundern kann uns dies Ergebnis allerdings nicht. Bedenkt man einerseits, welche ungeheure Masse unbedeutender Handzeichnungen jeder Art seit Jahrhunderten geschaffen worden, andererseits, wie viel leichter ein Blatt Papier verlegt oder verloren wird, verbrennt oder vermodert, als ein auf Linnen, Holz oder Kupfer gemaltes Bild, und vergegenwärtigt man sich dazu, wie schwierig es einerseits in früheren Zeiten war, Originalzeichnungen grosser Meister vom Schulgut zu unterscheiden, wie kritiklos schnell und übereilt andererseits zu Anfang des vorigen Jahrhunderts Handzeichnungensammlungen als Seitenstücke zu den Gemäldegalerien geschaffen wurden, so muss man sich, umgekehrt, eher wundern, dass sich noch so viele echte und gute Zeichnungen in der grossen Masse wertlosen Plunders, die manche Sammlungsschränke füllt, erhalten haben. Scheint es doch oft, als hätten die nur mit den dürftigsten Vorstellungen der Schulunterschiede ausgerüsteten Händler oder Beamten, die beauftragt werden, eine kurfürstliche oder herzogliche Handzeichnungensammlung zusammenzubringen, die zufällig zusammengerafften Blätter zunächst nur annähernd richtig nach Schulen geordnet, dann aber die einzelnen Blätter mit einem beliebigen Künstlerverzeichnis in der Hand den ersten besten berühmten oder unberühmten Meistern wahllos zuerteilt. Die Künstlernamen in der Handschrift des vorigen Jahrhunderts, die sich auf vielen Zeichnungen erhalten haben, deuten daher in den meisten Fällen durchaus nicht auf irgend eine glaubwürdige Überlieferung, sondern sind nur als grundlose Einfälle der Sammler oder ihrer Beauftragten anzusehen, die beflissen waren, allen grossen Künstlernamen in ihre neugeschaffenen Sammlungen Eingang zu verschaffen.
Dass dabei in Bezug auf die einheimischen Meister seltener fehlgeschossen wurde als in Bezug auf die Künstler anderer Länder, ist erklärlich. Ganz waren die örtlichen Überlieferungen ja noch nicht zu Grunde gegangen. Es versteht sich daher von selbst, dass in der Regel in nordischen Sammlungen die nordischen, in den Sammlungen des Südens die Meister des Südens besser vertreten wurden. Während z. B. Dürer als „Alberto Duro“ in den italienischen Sammlungen vollkommen zum Gattungsbegriff wurde, sind eine Reihe nordischer Sammlungen ausserordentlich reich an echten Blättern seiner Hand; und während sich in den meisten im vorigen Jahrhundert im Norden zusammengetragenen Sammlungen nur vereinzelte echte Zeichnungen der grossen italienischen Meister finden, treten uns diese in den grossen alten Sammlungen des Südens, wie z. B. den Uffizien zu Florenz, in grosser Zahl und reicher Wahl entgegen.
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Auch die Dresdner Handzeichnungensammlung wurde zu Anfang des vorigen Jahrhunderts als Bestandteil des Kupferstich-Kabinets gegründet, das später eine zeitlang amtlich als „Kgl. Sammlung für Kupferstiche und Handzeichnungen“ bezeichnet wurde; auch ihre Vermehrung hielt mit derjenigen der eigentlichen Kupferstichsammlung, wenn auch stets in verhältnismässig bescheidenem Maasse, ziemlich gleichen Schritt, und auch in ihr stellte sich später die Überlegenheit der gesammelten nordischen über die gesammelten italienischen Zeichnungen heraus. Während sich z. B. von sämmtlichen angeblichen Zeichnungen Leonardo da Vinci’s, Raphael’s, Michelangelo’s und Tizian’s die dem alten Bestande der Dresdner Sammlung angehören, keine einzige als echterwiesen hat, haben zahlreiche Blätter Rembrandt’s, Adr. van Ostade’s, van Goyen’s, Roghman’s, Cranach’s u. s. w., und manche Blätter Dürer’s, Hans Baldung’s, Ruisdael’s, Jan Vermeers van Haarlem u. s. w. ihren Namen und ihren Wert auch vor der strengen Kritik der Gegenwart behauptet.
Alles in Allem genommen reiht die Dresdner Sammlung von Handzeichnungen älterer Meister sich freilich nicht ebenbürtig den allerersten Sammlungen dieser Art an, wie denjenigen des British Museum zu London, des Louvre zu Paris, der Uffizien zu Florenz und der Albertina zu Wien. Auch die Berliner Sammlung ist ihr nach den grossen Erwerbungen, die sie in der neueren Zeit gemacht hat, an guten Handzeichnungen weit überlegen. Die Bedeutung der Dresdner Handzeichnungensammlung kann sich daher auch nicht entfernt derjenigen der Dresdner Gemäldegalerie an die Seite stellen. Aber unter den Handzeichnungensammlungen zweiten Ranges bleibt auch sie immer noch eine der ersten, und es fehlt ihr so wenig wie irgend einer anderen Sammlung an einer stattlichen Anzahl tüchtiger und lehrreicher Einzelblätter, die es sich verlohnte, für die Vervielfältigung und Veröffentlichung auszusuchen. Den besten Beweis dafür wird das vorliegende Werk bringen, das doch nur eine Auswahl der besten und lehrreichsten Dresdner Zeichnungen älterer Meister der Öffentlichkeit übergeben kann.
Das Dresdner Kupferstich-Kabinet scheint noch etwas älter zu sein als die Dresdner Gemäldegalerie. Gründete August der Starke die Galerie im Jahre 1722, indem er die zahlreichen Gemälde, die sich zerstreut in seinem Besitze befanden, in besonderen Räumen des Obergeschosses des „Stallgebäudes“ am Jüdenhofe unterbringen liess, so hatte derselbe Herrscher schon 1720 seinen Leibarzt Dr. Joh. Heinr. Heucher (später von Heucher) mit der Gründung eines „Kupferstich-Saales“ beauftragt. Dieser vielseitige Gelehrte richtete die neue Sammlung im südöstlichen Zwingerpavillon ein, in dem sie blieb, bis sie 1855 in den Semper’schen Museums-Neubau hinübergeführt wurde. Nur während des siebenjährigen Krieges war sie in den Schlossturm geflüchtet worden. An Mitteln zur Vermehrung der Sammlung liess August der Starke es nicht fehlen. Gerade der Hauptbestandteil der Sammlung der Handzeichnungen, die von Anfang an mit dem „Kupferstichsaal“ verbunden war, wurde schon unter Dr. Heucher’s Leitung angeschafft, der 1745 oder 1746 starb.
Dass Dr. Heucher freilich auch schon einen beträchtlichen Grundstock noch früher erworbener Zeichnungen vorfand, kann man seinem 1738 verfassten, als Manuscript erhaltenen Katalog entnehmen. Da dieser leider in der Regel nur die vertretenen Künstlernamen ohne jede Beschreibung der ihnen zugeschriebenen Blätter aufführt, so gestattet er freilich nur in den seltensten Fällen die von ihm erwähnten Zeichnungen in bestimmten noch vorhandenen Blättern wiederzuerkennen. Doch berichtet Heucher z. B. von einer Mappe mit Zeichnungen Hans von Aachen’s ausdrücklich, dass sie aus der Kunstkammer stamme. Auch sonst pflegt er die Herkunft anzugeben. Wenn er dies bei einer Anzahl von Mappen, aus denen wir immerhin eine Reihe in der Dresdner Sammlung erhaltener Blätter nachweisen können, unterlässt, so dürfen wir daher annehmen, dass er diese bereits vorgefunden als er die Leitung des „Kupferstichsaales“ übernahm. In unseren Herkunftsangaben führen wir daher die aus solchen Mappen stammenden Blätter auf den „alten Bestand der Sammlung“ zurück. Hierher gehören z. B. einige Zeichnungen Rembrandt’s, Es. van de Velde’s und P. Quast’s, hierher, einzeln nachweisbar, Eeckhout’s männliches Bildnis von 1644, Hendrik Goudt’s Zeichnungen nach A. Elsheimer und D. Bailly’s Bildnis-Zeichnung von 1624.
Als älteste Jahreszahl, die zu einer Herkunftsangabe in Beziehung gesetzt wird, findet sich die Jahrzahl 1723. Die Bezugsquelle, auf die sie verweist, ist der Buchhändler Weidemann in Leipzig, der im deutschen Text als „Buchführer“, in dem mit ihm wechselnden französischen Texte des Katalogs als „Libraire“ bezeichnet wird. Dieser Buchhändler Weidemann wird im Ganzen als Verkäufer von 341 Zeichnungen älterer Meister für’s Dresdner Kupferstich-Kabinet namhaft gemacht. Da diese Blätter in drei Mappen verteilt waren, die nicht nebeneinander eingereiht waren, so waren sie wahrscheinlich zu verschiedenen Zeiten erworben. Wir können ihre Erwerbung daher nur in die Zeit „um 1723“ setzen. Jedenfalls scheint der Buchhändler Weidemann in Leipzig der erste gewesen zu sein, an den Heucher sich mit dem Auftrag, ihm Zeichnungen älterer Meister zu verschaffen, gewandt hat. Fast alle durch Weidemann erworbenen Zeichnungen waren niederländischen Ursprungs. Auch unter ihnen befanden sich schon dreizehn Zeichnungen Rembrandt’s. Ferner lassen sich z. B. Zeichnungen von Franz Floris, Marten de Vos, Jak. Jordaens, P. Brueghel, A. van de Velde, Willem van Mieris und Eglon van der Neer auf Weidemann zurückführen, und von bestimmten Einzelblättern z. B. Sam. van Hoogstraaten’s „Beschneidung Christi“ von 1650, Uitenwael’s allegorische Darstellung von 1595 und Eeckhout’s Zeichnung mit der Jahreszahl 1645.
Das Hauptereignis in der Geschichte der Dresdner Handzeichnungensammlung aber war der 1728 erfolgte Ankauf der aus 10.202 Blättern bestehenden Sammlung des Baumeisters Wagner in Leipzig.
Heucher erzählt diesen Ankauf mit folgenden Worten: „Anno 1728 d. 22. Aug. haben Ihro Maj. des Baumeister Wagners in Leipzig berühmte Collection von Handzeichnungen von dessen Wittwe vor 2000 Thlr. Courr. erhandeln lassen. Est bestund aus 10202 Blättern nebst einer Esquiz originale von Rubens, vorstellend St. Roch, Patron de la Peste, welche zu Ihro Majt. Gallerie de Tableaux abgegeben worden. Von diesen Zeichnungen waren die meisten in 8 schwarzen Corduan Bänden auf beyde Seiten der Blätter derselbigen aufgeklebt; die übrigen lagen in Paquets, alles in der grössten Confusion und in keine Ordnung gebracht. Dieserwegen bekam Ordre, das was angeklebt, durch den Buchbinder Homilium detachiren zu lassen, und sodann alle diese Zeichnungen nebst dem Königl. Cammer-Mahler Sylvestre in Ordnung zu bringen u. s. w.“
Zum Zwecke der Ordnung teilten Silvestre und Heucher die Zeichnungen in drei Klassen ein. Die Blätter, die sie für die besten Originalzeichnungen hielten, bildeten die erste Klasse. Die Künstlernamen, auf die sie sie tauften, schrieb Heucher rücksichtslos mit Tinte drauf. Sie sind bis auf den heutigen Tag mit diesen falschen und in der Regel auch irrigen Namensbezeichnungen versehen. Es waren Blätter der verschiedensten Schulen und Meister vertreten. Einzelnes aus dieser Fülle herauszuheben ist um so misslicher, als im Heucher’schen Kataloge das oberflächliche Künstler-Verzeichnis zur Wagner’schen Sammlung noch dürftiger mit Anhaltspunkten zur Wiedererkennung einzelner Zeichnungen versehen ist, als die gleichen Verzeichnisse zu den Erwerbungen vom Buchhändler Weidemann. Es sei daher nur erwähnt, dass die hübsche Sammlung in Wasserfarben ausgeführter Vögel von P. Holsteyn, dass sechs der Zeichnungen von Roel. Roghman, die sechs Blätter von Roel. Savery und nicht weniger als 42 Zeichnungen Rembrandt’s sicher zu den 1728 erworbenen 10 202 Blättern gehören.
Nach 1738 wurden übrigens diese Rembrandtzeichnungen mit den übrigen, schon früher erworbenen Blättern des grossen Holländers zu einer besonderen Mappe Rembrandt’scher Handzeichnungen vereinigt, die einen Ehrenplatz angewiesen erhielt. Man scheint also schon damals diese Zeichnungen Rembrandt’s für den wertvollsten Bestandteil der Dresdner Handzeichnungensammlung angesehen zu haben; und Alles in Allem sind sie dies bis auf den heutigen Tag geblieben. Erkennt die Rembrandtforschung der Gegenwart doch von den 125 Zeichnungen, die in Dresden zu dem Meister in Beziehung gesetzt worden waren, 49 als unzweifelhafte Originale, 37 als mögliche, einige von diesen als wahrscheinliche Originale und 39 als Blätter von anderen Künstlern an, in denen sich jedoch oft noch bestimmte Schüler Rembrandt’s erkennen lassen.
Mit allen diesen Erwerbungen war die Dresdner Sammlung von Handzeichnungen älterer Meister vor der Hand im Wesentlichen abgeschlossen. Sie ist also hauptsächlich eine Schöpfung J. H. von Heucher’s, nach dessen Tode 1746 der bekannte Lübecker Kunstgelehrte Carl Heinrich von Heinecken die Leitung des Kupferstich-Cabinets übernahm.
Heinecken’s Thätigkeit für die Entwicklung und Anordnung des Dresdner Kupferstich-Cabinets wurde bekanntlich von europäischer Bedeutung für die ganze Kupferstich-Kunde. Für die weitere Entwicklung der Sammlung der Handzeichnungen aber hat er so gut wie nichts gethan. Auch der Hamburger Kunstgelehrte Chr. Ludw. Hagedorn, dem Heinecken 1763 Platz machen musste, hatte sich andere Aufgaben im Dresdner Kunstleben gestellt als die Fortbildung der Sammlung von Handzeichnungen älterer Meister. Doch hat er das Verdienst, die Sammlung, wie das ganze Kupferstich-Cabinet, gleich seit 1764 Künstlern und Kunstfreunden wenigstens an zwei Wochentagen regelmässig zugänglich gemacht zu haben; und dass er auch günstige Gelegenheiten zur Vermehrung der Handzeichnungen nicht ungenützt vorübergehen liess, zeigen immerhin einige Ankäufe auf diesem Gebiete, die unter seiner Oberleitung gemacht worden sind.
Vom 17. Februar bis zum 8. Juni 1764 dauerte die Übergabe der Sammlung von Heinecken an Hagedorn. Schon am 6. November dieses Jahres aber wurden dem Meissner Porzellanmaler Aug. Traugott Schulze um 30 Thaler 155 alte Zeichnungen abgekauft, die sich heute im Einzelnen nur schwer mehr nachweisen lassen, wenngleich Blätter von Schongauer und Dürer unter ihnen aufgeführt werden. Da der Name Martin Schoen’s (unter dem Schongauer damals ging) aber in den Katalogen und Zugangslisten des vorigen Jahrhunderts nicht vorkommt, so ist es immerhin wahrscheinlich, dass die Dresdner Blätter von Schongauer oder seiner Schule gemeint sind, die dem älteren Bestände der Sammlung angehören; besonders das feine Brustbild eines jungen Mädchens im Kopftuch, das noch heute als echte Zeichnung Schongauer’s angesehen wird. Auch die interessanten Frankfurter Bildnisse von Vallerant Vaillant scheinen erst um diese Zeit angeschafft worden zu sein. Dass Hagedorn Zeichnungen des verstorbenen Hofmalers Samuel Bottschild und des nach Petersburg berufenen Hofmalers Stefano Torelli erwarb, kann man ihm weder verdenken noch zu grossem Lobe anrechnen. Bedeutsamer aber waren die Erwerbung der Skizzenbücher des Tiermalers Johann Heinrich Roos und der Ankauf des zeichnerischen Nachlasses des im April 1774 verstorbenen Hofmalers C. W. E. Dietrich. Im Dezember 1774 zahlte Hagedorn für diesen 1215 Thaler. Brachte er hauptsächlich eigene Zeichnungen Dietrich’s, so kam doch auch manche Zeichnung fremder Hand mit ihm herein: z. B. ein landschaftliches Blatt von Anton Waterloo und zwei Zeichnungen von Jos. Parrocel, vor allen Dingen aber das Skizzenbuch Jan van Goyens, das ebenfalls einen besonderen Schatz der Dresdner Sammlung bildet. Erst seit Hagedorns Amtsantritt wurden regelmässige Zugangsverzeichnisse geführt, und da seit Ende 1764 alle erworbenen Blätter wenigstens dem Namen ihrer Meister nach gleich bei ihrem Ankauf verzeichnet worden, so konnte bei einer Reihe von Zeichnungen, deren Meisternamen in den Katalogen überhaupt nicht vorkommen, das Jahr 1764 als Zeitgrenze angeführt werden, vor welcher sie erworben sein müssen.
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Was in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts an Handzeichnungen älterer Meister für’s Dresdner Kabinet erworben wurde, ist kaum der Rede wert. Erst im letzten Jahre dieses Zeitraumes, erst 1849, wurden einige ältere Handzeichnungen ersteigert, unter denen sich das charaktervolle Blatt Melchior Lorch’s vom Jahre 1550 befindet. Doch ist es ein Verdienst der damaligen Leiter der Sammlung, besonders des Inspectors und nachmaligen Directors Johann Gottfried Abraham Frenzel († 1855), während der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts dafür gesorgt zu haben, dass die damals lebenden deutschen Meister, besonders die Meister, die den Übergang vom 18. in’s 19. Jahrhundert mitmachten, wie Graff, Chodowiecki und Chr. Leb. Vogel, in genügender Weise durch Zeichnungen vertreten wurden.
Während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden diese Bestrebungen, der modernen Kunst auch durch die Erwerbung von Zeichnungen und Wasserfarbenblättern gerecht zu werden, fortgesetzt. Daneben aber wandte sich die Aufmerksamkeit seit 1850 in erhöhtem Maasse wieder der Anschaffung von Zeichnungen älterer Meister zu. Frenzel selbst lenkte während der letzten Zeit seines Lebens in diese Bahn ein; und Ludwig Gruner, der 1856 die Leitung der nunmehr im Erdgeschoss des Semper’schen Neubaues untergebrachten Sammlung übernahm, fuhr mit Erfolg auf diesem Wege fort.
Zählen die seit 1850 erworbenen Zeichnungen alter Meister auch nur nach Hunderten, nicht nach Tausenden, wie die 1728 erstandenen, und haben auch sie keineswegs durchweg der kritischen Untersuchung der Neuzeit standgehalten, so befinden sich unter ihnen doch beinahe eben so viele wirklich gute, dauernd als echt erkannte Zeichnungen, als unter allen 10.202 Blättern, die 1728 in Leipzig gekauft wurden. Nur die wichtigsten Ankäufe der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts können hier noch hervorgehoben werden.
Gleich 1850 wurden auf der gräflich Wackerbarth’schen Auktion 24 Zeichnungen alter Meister ersteigert, unter denen sich allerdings die fälschlich Leonardo da Vinci zugeschriebenen Köpfe, aber doch auch Aurelio Luini’s echter „Christus an der Säule“ und die hübschen Kinderstudien Boucher’s befanden.
Auf einer Versteigerung des Jahres 1852 wurde unter 26 älteren Zeichnungen z. B. Nik. Manuel Deutsch’s „Krieger im Barett“, auf einem Verkaufe des Jahres 1854 unter 53 Blättern eine hübsche Zeichnung Domenico Campagnola’s erworben; 1857 aber schenkte Herr von Römer auf Lötzhain unter vielen neueren Zeichnungen auch eine Reihe von Blättern alter Meister, unter denen sich z. B. Jan de Bisschop’s „Krieger“ befand.
Besonders fruchtbar erwies sich dann das Jahr 1860 für die Bereicherung der Dresdner Handzeichnungensammlung älterer Meister. Ludw. Gruner’s Beziehungen zu London thaten in dieser Hinsicht ihre Schuldigkeit. Hatte Gruner hier schon im Mai 1860 gegen ein Exemplar des Galeriewerkes eine Anzahl alter Zeichnungen eingetauscht, so wurden auf der bekannten Auktion des Kunsthändlers Samuel Woodburn im Juni 1860 nicht weniger als 72 solche Blätter erworben, unter ihnen eine Reihe der besten altitalienischen Zeichnungen unserer Sammlung, z. B. Fiesoie’s „Engel des Gerichts“, Raffaellino del Garbo’s „Sitzender Jüngling“, Jacopo de’ Barbari’s (?) „Meerliebschaften“, Luca Signorelli’s rotgrundirtes Studienblatt, Pietro Paolo da Todi’s „Grabmal Pius II.“, Correggio’s Entwurf zur „Madonna mit dem heiligen Georg“ und Tintoretto’s „Abendmahl“; daneben aber auch tüchtige Blätter späterer Meister verschiedener Völker, wie Benedetto Castiglione’s, Jacques Callot’s, Stefano della Bella’s, Sir Thomas Lawrence’s u. s. w.
Am 1. Oktober desselben Jahres 1860 folgte dann noch die Versteigerung des von Quandt’schen Nachlasses in Dresden, auf der, ausser tüchtigen Blättern deutscher Meister der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, z. B. die früher Holbein, jetzt Amberger zugeschriebene Zeichnung „des ungerechten Richters“ erworben wurde.
Im Jahre 1862 aber brachte Gruner aus London u. A. den Türkenkopf mit, der früher Gentile Bellini zugeschrieben, von Morelli aber „eher“ als Lazzaro Bastiani bestimmt wurde.
Im Jahre 1874 wurde aus dem Bertuch’schen Nachlasse in Weimar der kleine feine männliche Kopf mit der Jahreszahl 1512 von Dürer, wurde aus London unter anderen alten Zeichnungen Piero della Francesca’s perspektivische Strassenansicht erworben; 1879 aber wurden auf der Suermondt’schen Auktion in Frankfurt a. M. 37 Blätter alter Meister ersteigert, unter ihnen das Hans Springinklee zugeschriebene Gedächtnisblatt und einige Zeichnungen A. F. van der Meulen’s und Abraham Bloemaert’s.
Auch unter der gegenwärtigen Leitung des Dresdner Kupferstich-Kabinets sind bereits eine Anzahl von Zeichnungen alter Meister für dieses angeschafft worden.
Gleich 1882 wurden aus dem Verkauf der Hohenzollern-Hechingen’schen Sammlung aquarellirte Zeichnungen von Hendr. Avercamp, Josse de Momper, Anth. von Boresum, Gerbr. van den Eeckhout und All. van Everdingen erworben; 1883 aus dem Amsterdamer Kunsthandel Blätter von Aelb. Cuyp, Jac. de Wit und Pieter Molyn.
Im Jahre 1890 wurden auf der Versteigerung der Sammlung des Londoner Kenners W. Mitchell in Frankfurt a. M. so wichtige Zeichnungen, wie die beiden Kinderköpfe Dürer’s auf grünem Grunde, wie der Frauenkopf Hans Holbein’s d. ä., der „Scherge“ Schongauer’s und die wappenhaltende Frau Nik. Manuel Deutsch’s erstanden.
Der umfangreichste Ankauf alter Zeichnungen in diesem Zeitraum aber erfolgte 1892, indem 78 fernere, meist aquarellirte Blätter aus der ehemaligen Hohenzollern-Hechingen’schen Sammlung erworben wurden. Die meisten dieser farbigen Zeichnungen, die sich inzwischen im Dresdner Privatbesitze befunden hatten, gehörten der niederländischen Schule des 17. und 18. Jahrhunderts an. Unter ihnen befanden sich vorzügliche Blätter von K. de Jardin, Th. Wyck, H. Saftleven, All. van Everdingen, Anth. van Boresum, Jac. de Wit und Corn. Troost.
Dieser Überblick muss genügen. Schon aus ihm lässt sich entnehmen, dass der Aufschwung, den alle öffentlichen Anstalten und Einrichtungen Deutschlands seit der Mitte unseres Jahrhunderts genommen, auch der Handzeichnungen-Sammlung des Dresdner Kupferstich-Kabinets nicht gefehlt hat. Die Reproduktionsausgaben der Handzeichnungen älterer Meister aber, denen unser Werk sich anzureihen hofft, zeugen zugleich von dem Aufschwung, dessen die Technik mechanischer Vervielfältigungen und dessen die wissenschaftliche Kunstforschung sich seit derselben Zeit erfreuen.
TAFEL I
[Bearbeiten]JAN VAN EYCK Niederländische Schule
[Bearbeiten]Geboren zu Maaseijck gegen 1390; gestorben zu Brügge den 9. Juli 1440. Schüler seines Bruders Hubert van Eyck. Die Brüder van Eyck stehen im Norden an der Spitze der realistischen Kunst des 15. Jahrhunderts.
1. BILDNIS EINES BEJAHRTEN MANNES
[Bearbeiten]Das gegen 1435 ausgeführte Ölbild, zu dem diese Zeichnung der Entwurf ist, befindet sich in der kais. Galerie zu Wien. Der rote Talar ist auf dem Gemälde mit weissem Pelze besetzt. In dem Dargestellten wollte man früher Jodocus Vydt, den Stifter des Genter Altarwerks, erkennen, mit dessen Bildnis im Berliner Museum das unsere jedoch keine Ähnlichkeit hat. Ein Wiener Inventar von 1659 bezeichnet den Dargestellten als den Cardinal von Santa Croce. Doch ist kaum anzunehmen, dass dem eine Überlieferung aus der Zeit van Eyck’s entspricht. Crowe und Cavalcaselle (Geschichte der altniederländischen Malerei, deutsch von Ant. Springer, Leipzig 1875, S. 111) nennen die Originalzeichnung zu dem Bilde in der Dresdner Sammlung „um so wertvoller, als Eyck’sche Zeichnungen überaus selten sind“. – Wenn bei diesem Blatte, wie bei manchen anderen, deren Herkunft nicht ermittelt ist, bemerkt wird, dass es vor 1765 erworben worden, so beruht dies auf der Erwägung, dass im Jahre 1764 zum letzten Male ein grösserer Ankauf von Zeichnungen älterer Meister stattgefunden, deren Einzelblätter sich nicht mehr ermitteln lassen, wogegen die erworbenen Blätter seit 1765 in den Zugangskatalogen einzeln namhaft gemacht zu sein pflegen, so weit sie nicht in grösserer Anzahl von demselben Meister herrühren.
TAFEL II
[Bearbeiten]RICHTUNG JAN VAN EYCK’S Niederländische Schule um 1440
[Bearbeiten]2. SIEBEN FRAUENSTUDIEN
[Bearbeiten]Bis vor Kurzem wurde dieses Blatt Jan van Eyck zugeschrieben. Auch L. Scheibler hielt es für möglich, dass dieser Meister es gezeichnet habe. Neuerdings wird die Urheberschaft van Eyck’s selbst aber von den besten Kennern bezweifelt. Jedenfalls ist es eine gute Originalzeichnung der niederländischen Schule jener Tage.
TAFEL III
[Bearbeiten]SCHULE DES JAN VAN EYCK Niederländische Schule um 1450
[Bearbeiten]3. ENTWURF ZU EINEM GRABDENKMAL
[Bearbeiten]Als Zeichnung aus der Schule der van Eyck ist dieses Blatt allgemein anerkannt. Ausgeführte Sarkophagdeckel-Darstellungen dieser Art aus dem 15. Jahrhundert haben sich in verschiedenen vlämischen Kirchen erhalten.
TAFEL IV
[Bearbeiten]NIEDERLÄNDISCHER MEISTER Um 1460
[Bearbeiten]4. DIE LEIDTRAGENDEN UNTER DEM KREUZE DES HEILANDS
[Bearbeiten]Das Blatt zeigt, wie Max Lehrs nachgewiesen, einen Stil, der auf das Zeitalter des Meisters E. S., aber auf die Niederlande hinweist, deren Grenzen gegen Niederdeutschland kunstgeschichtlich freilich nicht immer zu ziehen sind.
TAFEL V (ZWEI BLATT)
[Bearbeiten]NIEDERLÄNDISCHER MEISTER Um 1470
[Bearbeiten]5. EINE SITZENDE HERRSCHERIN MIT EINEM BUCHE IM SCHOOSSE
[Bearbeiten]NIEDERLÄNDISCHER MEISTER Um 1440
[Bearbeiten]6. STUDIENBLATT MIT EINEM BOGENSCHÜTZEN
[Bearbeiten]Auf der Rückseite dieses Blattes ist von derselben Hand ein mit dem Schild und der Lanze bewehrter, stürmisch nach rechts jagender Reiter dargestellt.
TAFEL VI (ZWEI BLATT)
[Bearbeiten]NIEDERLÄNDISCHER MEISTER Um 1500
[Bearbeiten]7 UND 8. MÄNNERTREIBEN UND FRAUENTHUN
[Bearbeiten]7. EINE LAGERSCENE.
[Bearbeiten]8. EIN FRAUENGEMACH.
[Bearbeiten]Früher wurden diese besonders inhaltlich lehrreichen Blätter der „burgundischen Schule“ zugeschrieben. Vorsichtiger erscheint es, sie im Allgemeinen für niederländisch zu erklären.
TAFEL VII
[Bearbeiten]NIEDERLÄNDISCHER MEISTER Um 1480
[Bearbeiten]9. DIE GEFANGENNAHME CHRISTI
[Bearbeiten]Diese lebendige Zeichnung wurde früher irrtümlich Hans Memling zugeschrieben. Scheibler wurde durch sie teils an Hugo van der Goes, teils an die holländische Schule erinnert. Max Lehrs ist der Ansicht, dass sie eher an die Art Israels van Meckenem erinnere und auf die Gegend von Köln hinweise. Jedenfalls ist es ein gutes Blatt, das zwischen dem Rhein und der Schelde entstanden ist. Die nähere Bestimmung ist in solchem Falle nicht immer möglich.
TAFEL VIII (ZWEI BLATT)
[Bearbeiten]MARTIN SCHONGAUER Elsässische Schule
[Bearbeiten]Geboren zu Kolmar um 1450, gestorben zu Breisach 1491. Sohn eines augsburgischen Goldschmieds. Gebildet oder doch beeinflusst durch Roger van der Weyden in Brüssel. Der bedeutendste oberdeutsche Meister des 15. Jahrhunderts.
10. BRUSTBILD EINES JUNGEN MÄDCHENS
[Bearbeiten]Die Urheberschaft des Kolmarer Meisters, die von den besten Kennern anerkannt wird, wenngleich L. Scheibler schwankte, ob nicht eher an M. Wohlgemut zu denken sei, wird unseres Erachtens schon durch den Vergleich mit Schongauer’s Stichen der klugen und thörichten Jungfrauen (Bartsch N. 77–87) erwiesen.
11. BRUSTBILD EINES MANNES AUS DEM VOLKE
[Bearbeiten]Unbezweifeltes, kräftiges Blatt Schongauer’s.
TAFEL IX (ZWEI BLATT)
[Bearbeiten]OBERDEUTSCHER MEISTER Um 1480
[Bearbeiten]12. KÖNIG UND PAGE ALS WAPPENHALTER
[Bearbeiten]Die Rückseite dieses Blattes enthält eine ähnliche Darstellung. Das Wappenschild steht hier in der Mitte zwischen dem König, der links vorn auf sein Schwert gestützt dasteht, und der Königin im Diadem, die von rechts herbeieilt.
Max Lehrs erkennt mit Recht in dieser Zeichnung die Art des „Meisters des Hausbuches“, der früher auch als der Meister des Amsterdamer Kabinets bezeichnet zu werden pflegte.
OBERDEUTSCHER MEISTER Um 1490
[Bearbeiten]13. MARIA MIT DEM KINDE
[Bearbeiten]Dieses hübsche Blatt wurde früher Michel Wohlgemut zugeschrieben. Doch ist die neuere Kritik sich einig darin, eher die Richtung und Schule Schongauer’s, wenn auch sicher kein eigenhändiges Blatt dieses Meisters in ihm zu erkennen.
TAFEL X (ZWEI BLATT)
[Bearbeiten]FRANZÖSISCHER MEISTER 15. Jahrhundert
[Bearbeiten]14 UND 15. ERSTES BLATT DER PLANETENDARSTELLUNGEN
[Bearbeiten]14. VORDERSEITE. DER PLANET JUPITER.
[Bearbeiten]15. RÜCKSEITE. DER PLANET VENUS.
[Bearbeiten]Das Dresdner Kabinet besitzt drei Blätter dieser merkwürdigen altfranzösischen Planetenfolge. Unsere Tafel XI enthält die Vorder- und Rückseite des zweiten Blattes. Das dritte Blatt, dessen Vorderseite Saturn darstellt, schien weniger zur Veröffentlichung geeignet. Die Rückseiten aller dieser Blätter sind erst bei ihrer Herstellung im Jahre 1890 zum Vorschein gekommen.
TAFEL XI (ZWEI BLATT)
[Bearbeiten]FRANZÖSISCHER MEISTER 15. Jahrhundert
[Bearbeiten]16 UND 17. ZWEITES BLATT DER PLANETENDARSTELLUNGEN
[Bearbeiten]16. VORDERSEITE. DER PLANET MERKUR.
[Bearbeiten]17. RÜCKSEITE. DER PLANET MARS.
[Bearbeiten]Das Dresdner Kabinet besitzt drei Blätter dieser merkwürdigen altfranzösischen Planetenfolge. Unsere Tafel X zeigt die Vorder- und Rückseite des ersten Blattes. Vgl. die Bemerkungen zu diesem.
TAFEL XII
[Bearbeiten]TOSKANISCHER MEISTER 14. Jahrhundert
[Bearbeiten]18. DER JUDASKUSS
[Bearbeiten]Links unten ist ein Stück der Zeichnung, rechts oben ein Stück Papier später angesetzt. Der Heiligenschein des Heilandes ist zum Teil später mit der Feder nachgezogen. – Bis 1889 unter dem Namen des Simone Martini (1284–1344), des grössten sienesischen Meisters des 14. Jahrhunderts, ausgestellt gewesen.
TAFEL XIII (ZWEI BLATT)
[Bearbeiten]RÖMISCHER BILDHAUER Um 1470
[Bearbeiten]19. ENTWURF ZUM GRABMAL PIUS II.
[Bearbeiten]Dass dieses Blatt in der That der Entwurf für das Grabmal des Papstes Pius II († 1464) ist, das 1614 aus der Peterskirche in die Kirche S. Andrea della Valle in Rom übergeführt wurde, wird allgemein anerkannt. Zweifelhaft ist jedoch, von wem dieses Grabmal herrührt. Vasari schreibt es im Leben des Bildhauers Antonio Filarete dessen Schülern Pasquino di Matteo da Montepulciano (1425–1484) und Bernardo Ciuffagni, im Leben des Paolo Romano dessen Schülern Piero Paolo da Todi und Niccolo della Guardia zu. Die Herausgeber des Vasari Milanesi (II, p. 462) bemerken dazu, dass ihrer Ansicht nach Vasari sich das eine wie das andere Mal irre. In Dresden wurde das Blatt auf Grund des einen, am wenigsten beglaubigten Berichtes Vasari’s bisher allgemein dem Piero Paolo da Todi zugeschrieben. So auch noch von Lermolieff 1880 in der ersten Auflage seines Buches über die deutschen Galerien (S. 265). In der italienischen Ausgabe von 1885 (S. 236) fügte er vorsichtiger Weise ein „man sagt“ hinzu. In der zweiten deutschen Ausgabe (1891) übergeht er das Blatt mit Stillschweigen. In Dresden ist es jetzt als „Angeblich Piero Paolo da Todi“ verzeichnet.
Das Blatt gehörte, wie die auf demselben erhaltenen Stempel beweisen, nach einander den Sammlungen Jonathan Richardson sen. (Verkauf 1747), Nathaniel Hone (Verkauf 1765 und 1785), Sir Josuah Reynolds (Verkauf 1794) und Sir Thomas Lawrence (Verkauf 1835) in London an.
FLORENTINISCHER MEISTER Um 1460
[Bearbeiten]20. DIE EINKLEIDUNG DER HEILIGEN CLARA
[Bearbeiten]Dieses Blatt wurde früher dem Giottino (Tommaso di Maestro Stefano, um 1368) zugeschrieben. Doch weist schon der Renaissancepilaster zur Rechten aufs volle 15. Jahrhundert hin. Es scheint ein Blatt einer Folge von Entwürfen zu Fresken zu sein. Ein zweites Blatt derselben Folge, welches die Vision einer in ihrem Bette ruhenden Heiligen zeigt, besitzt das British Museum. Dieses Blatt wird in der von Sidney Colvin herrührenden Ausgabe der Zeichnungen des British Museum (Mappe I, N. 6) entschieden dem Benozzo Gozzoli (1420–1498) zugeschrieben und die Darstellung frageweise auf die heil. Fina bezogen. Beide Blätter zeigen die gleiche Hand. Dass sie Scenen aus dem Leben der heil. Clara darstellen, ist wahrscheinlicher, als dass sie Vorgänge aus dem Leben der heil. Fina schildern. Dass sie von Benozzo Gozzoli herrühren, erscheint uns nach ihrer Formensprache als eine annehmbare Vermutung, deren Bestätigung jedoch abzuwarten bleibt.
Unser Blatt gehörte, wie die auf ihm erhaltenen Stempel beweisen, vormals den Sammlungen Jonathan Richardson sen. (Verkauf 1747) und Sir Thomas Lawrence (Verkauf 1835) in London an.
TAFEL XIV
[Bearbeiten]FRA GIOVANNI DA FIESOLE GEN. FRA BEATO ANGELICO Florentinische Schule
[Bearbeiten]Geboren 1387 im Florentinischen; gest. den 18. März 1435 zu Rom. Fiesole ist der Hauptmeister des Florentinischen Übergangsstils vom 14. in’s 15. Jahrhundert.
21. STUDIENBLATT
[Bearbeiten]Dieses schöne Blatt, das sich nach Massgabe der auf ihm erhaltenen Stempel vormals beim Marquis de Lagoy in Aix (Verkauf 1820) und bei Sir Thomas Lawrence in London (Verkauf 1835) befand, ist als eine der besten Zeichnungen des Fra Beato Angelico da Fiesole anerkannt. Lermolieff-Morelli sagte 1880 von ihm (Werke ital. Meister u. s. w., S. 255): „Es ist dies die vorzüglichste und besterhaltene Zeichnung des genialen Künstlers, die mir je zu Gesicht gekommen“.
Die Rückseite des Blattes zeigt, von anderer Hand, auf braun bereitetem Grunde die weiss gehöhte Silberstiftzeichnung eines nackten Mannes, der neben einem Löwen nach rechts schreitet.
TAFEL XV
[Bearbeiten]PIERO DELLA FRANCESCA Umbrisch-florentinische Schule
[Bearbeiten]Geboren um 1416 zu Borgo di San Sepolcro; gestorben daselbst den 12. Oktober 1492. Schüler des Domenico Veneziano in Florenz. Ein Meister der selbständigen und unmittelbaren Naturanschauung, die er durch perspektivische Studien ergründen half.
22. PERSPEKTIVISCHE ANSICHT EINER STRASSE
[Bearbeiten]Dass Piero della Francesca der Urheber dieses Blattes ist, ist nicht über jedem Zweifel erhaben. Doch ist es ihm zuzutrauen. Auch Giovanni Morelli, der 1880 in der ersten Auflage seines Buches (S. 265) die Ansicht aussprach, dass es ebensowohl vom Frate Carnevali oder von Melozzo da Forli als von Piero della Francesca herrühren könne, erklärte uns 1889 mündlich, dass er des Letzteren Urheberschaft für am wahrscheinlichsten halte.
TAFEL XVI (ZWEI BLATT)
[Bearbeiten]FLORENTINISCHER MEISTER Um 1480
[Bearbeiten]23. EIN NACKTER JÜNGLING
[Bearbeiten]Früher wurde das hübsche Blatt irrtümlicher Weise Gentile de Fabriano (um 1370–1450) zugeschrieben. Es ist ein Menschenalter jünger als dieser Meister. Von Morelli (Lermolieff, Werke ital. Meister u. s. w. 1880, S. 257) wurde es mit Recht einem guten florentinischen Meister der Zeit Botticelli’s zurückgegeben.
Das Monogramm des 1837 in London gestorbenen Banquiers William Elsdaile (unten rechts) beweist, dass es aus der Sammlung dieses Kenners stammt, die 1838 und 1840 verkauft wurde. Merkwürdigerweise ist das Blatt in den Zugangsverzeichnissen des Dresdner Kupferstich-Kabinets nicht aufzufinden. Vermutlich gehört es jedoch zu den von Ludw. Gruner zu verschiedenen Zeiten in London erworbenen Blättern.
FLORENTINISCHER MEISTER Um 1480
[Bearbeiten]24. EIN BEKLEIDETER JÜNGLING
[Bearbeiten]Auf der Rückseite, von derselben Hand, ein noch schärfer emporsteigender Mann in längerem Gewände, fast von hinten gesehen.
Das Blatt wurde in Dresden früher dem Sandro Botticelli (1446–1510) zugeschrieben. Morelli hielt es 1880 (Lermolieff, Werke der ital. Meister u. s. w., S. 256) für ein Werk des Antonio del Pollajuolo (1429–1498). In der zweiten Auflage seines Buches übergeht Morelli es mit Stillschweigen, doch erklärte er uns 1889 mündlich, er meine, es habe Beziehungen zu Domenico Ghirlandajo (1449–1494) und sei vielleicht gar kein Original. Jedenfalls gehört es der Florentinischen Schule und dem Ende des 15. Jahrhunderts an.
TAFEL XVII
[Bearbeiten]LORENZO DI CREDI Florentinische Schule
[Bearbeiten]Geboren zu Florenz 1459; gestorben daselbst den 12. Januar 1537. Lorenzo war neben Leonardo da Vinci der Hauptschüler Andrea del Verrocchio’s.
25. DIE JUNGFRAU MARIA
[Bearbeiten]Dieses schöne Blatt wurde früher in Dresden dem Leonardo da Vinci zugeschrieben und als Studie zu dem Bilde No. 13 (39) der Dresdner Galerie angesehen, das deshalb, obgleich es 1860 als bis dahin unbezweifeltes Werk Lorenzo di Credi’s in London gekauft war, von Julius Hübner ebenfalls dem Leonardo zugeschrieben, in unserem Katalog von 1887 aber dem Lorenzo di Credi zurückgegeben wurde. Die Zeichnung zeigt in der That eine nahe Verwandtschaft mit diesem Bilde, vielleicht aber eine noch nähere Beziehung zu Lorenzo di Credi’s Madonna im Dom zu Pistoja, in der Anordnung auch zu der Leonardo da Vinci zugeschriebenen Madonna der Münchener Pinakothek.
Während nun Giov. Morelli das Dresdner Gemälde nur für eine Copie von niederländischer Hand hielt, schrieb er in der ersten Auflage seines schon oft genannten Werkes (1880, S. 257–258) die Zeichnung, gleich uns, entschieden dem Lorenzo di Credi zu, ja er begründete diese Ansicht durch eine Reihe feiner stilistischer Bemerkungen über den Stil der Frühzeit Lorenzo’s.
Noch in der italienischen Ausgabe seines Buches (1886, S. 229) blieb Morelli bei dieser Ansicht stehen, ja er erklärte unsere Zeichnung jetzt geradezu für eine Studie zu der Madonna im Dome zu Pistoja. In der zweiten Auflage der deutschen Ausgabe seines Buches (1891, S. 349 ff. u. S. 369) hat der berühmte italienische Kunstgelehrte dagegen ausführlich die Ansicht verteidigt, dass Andrea del Verrocchio (1435–1488), der Lehrer Lorenzo’s und Leonardo’s, unser Blatt gezeichnet habe, während Bode und Bayersdorfer, nach einer Bemerkung in der Gazette des Beaux Arts (1890, p. 104), neuerdings zu der Ansicht zurückzukehren scheinen, dass die feine Zeichnung früher mit Recht der Jugend des grossen Leonardo da Vinci zugeschrieben worden sei.
Da Morelli’s letzte Ausführungen uns weniger überzeugen, als seine Ausführungen von 1880 und 1886, die mit unseren eigenen Studien übereinstimmen, so halten wir an der Ansicht fest, dass unsere Zeichnung der Jugend Lorenzo di Credi’s angehöre. Auch W. Schmidt ist dieser Ansicht. Übrigens sei betont, dass der Unterschied zwischen den drei fraglichen Ansichten, da sowohl Leonardo als auch Lorenzo in ihrer Jugend in Andrea del Verrocchio’s Werkstatt gearbeitet haben, keineswegs von grundsätzlicher Bedeutung ist. Dass sich alle Kenner dahin geeinigt haben, in dem Blatte entweder ein reifes Werk Verrocchio’s oder ein Jugendwerk eines seiner beiden besten Schüler zu erkennen, ist ein Ergebnis, bei dem man sich einigermassen beruhigen kann.
TAFEL XVIII
[Bearbeiten]FILIPPINO LIPPI Florentinische Schule
[Bearbeiten]Geboren zu Prato 1457 oder 1458, gestorben zu Florenz den 18. April 1504. Sohn Fra Filippo Lippi’s, Schüler Sandro Botticelli’s; ein Hauptmeister der reifsten italienischen Frührenaissancezeit.
26. DER HEIL. STEPHANUS UND DIE HEIL. KATHARINA
[Bearbeiten]Dieses hübsche Blatt, auf dessen Rückseite (wohl von anderer Hand) mit der Feder und dem Pinsel flüchtige Studien gezeichnet sind, wurde in Dresden früher auf Lorenzo di Credi, dann, seit Morelli (Werke italienischer Meister etc., 1880, S. 259) auf Raffaellino del Garbo, den Schüler Filippino’s zurückgeführt. Dagegen hat Hermann Ulmann neuerdings im Repertorium für Kunstwissenschaft (XVII, 1894, S. 112–113) den Nachweis zu erbringen versucht und unseres Erachtens gebracht, dass auch im Dresdner Kabinet, wie so oft, die Zeichnungen Filippino’s und Raffaellino’s verwechselt worden sind und dass gerade diese Zeichnung von Filippino herrührt, während die Zeichnungen der folgenden Tafeln (XIX, XX, XXI), die von Morelli auf Filippino zurückgeführt wurden, thatsächlich der Jugendzeit Raffaellino’s angehören. Dass das hier vorliegende Blatt wirklich, wie Ulmann entdeckt, der Entwurf zu dem rechten Flügel des von Filippino 1498 gemalten Strassentabernakels in Prato ist, davon überzeugt schon die Alinari’sche Photographie nach diesem Gemälde vollständig.
TAFEL XIX
[Bearbeiten]RAFFAELLINO DEL GARBO Florentinische Schule
[Bearbeiten]Geboren zu Florenz 1466; gestorben daselbst 1524. Schüler des Filippino Lippi. Dass Raffaellino del Garbo, Raffaello di Bartolommeo di Giovanni, Raffaello de’Carli, Raffaello de’Capponi und Raphael de Florentia nur verschiedene Benennungen für einen und denselben Künstler sind, wurde neuerdings von den besten Kennern entschieden geleugnet, bis es in letzter Zeit durch Dr. Hermann Ulmann im Repertorium (XVII, 1894, S. 90 ff.) wieder dargethan worden ist.
27. EIN APOSTEL UND EIN FLORENTINISCHER JÜNGLING
[Bearbeiten]Dieses Blatt wurde in Dresden von jeher auf Filippino Lippi (vgl. Taf. XVIII) zurückgeführt und wie die übrigen zu derselben Studienfolge gehörenden Blätter in anderen Sammlungen, auch noch von Morelli ausdrücklich als Zeichnung dieses Meisters anerkannt. Vor Kurzem aber hat Hermann Ulmann im Repertorium für Kunstwissenschaft (XVII., S. 110–114) wahrscheinlich gemacht, dass alle diese Zeichnungen, besonders auch die ganz ähnlichen Blätter in der Sammlung Malcolm zu London und im Berliner Kupferstich-Kabinet, nicht von Filippino sondern von dessen Schüler Raffaellino del Garbo herrühren. Schon Vasari sagt, dass dieser in seiner Jugend zahlreiche Zeichnungen angefertigt habe, die um ein Billiges verkauft worden seien; und die Beschreibung, die er von diesen Zeichnungen giebt (Ed. Milanesi, IV., p. 235), stimmt genau zu unseren bisher Filippino zugeschriebenen Blättern. Auch fügt schon Vasari hinzu, dass die Jugendwerke Raffaellino’s vielfach mit denen Filippino’s verwechselt würden. Ulmann’s Hauptgrund, dass der langbärtige Apostel unseres Blattes die Studie zu dem heil. Andreas auf Raffaellino’s Bilde No. 98 in der Berliner Galerie sei, ist uns nicht einmal so überzeugend erschienen, wie die übrigen Gründe, die er anführt. Vgl. auch die Bemerkung zu Tafel XVIII.
TAFEL XX
[Bearbeiten]RAFFAELLINO DEL GARBO Florentinische Schule
[Bearbeiten]Geboren zu Florenz 1466; gestorben daselbst 1524. Schüler des Filippino Lippi. Vgl. zu Tafel XIX.
28. EIN UNGAR UND EIN SCHLAFENDER JÜNGLING
[Bearbeiten]Diese Rückseite des bisher Filippino Lippi zugeschriebenen, aber von Ulmann dem Raffaellino zurückgegebenen Blattes ist erst 1890 bei seiner Loslösung von der bisherigen Unterlage zum Vorschein gekommen. Im Übrigen vergl. die Bemerkungen zu Tafel XIX
TAFEL XXI
[Bearbeiten]RAFFAELLINO DEL GARBO Florentinische Schule
[Bearbeiten]Geboren zu Florenz 1466; gestorben daselbst 1524. Schüler des Filippino Lippi. Vgl. zu Tafel XIX.
29. EIN SITZENDER JÜNGLING
[Bearbeiten]30. JOHANNES DER TÄUFER (?)
[Bearbeiten]Dieses Blatt befand sich, wie sein Stempel T. L. unten links beweist, bis 1835 in der Sammlung des Sir Thomas Lawrence in London. Gruner brachte es 1860 als Zeichnung Cosimo Rosselli’s aus der Woodburn’schen Versteigerung mit; und diesem Meister wurde es in Dresden auch zugeschrieben, bis Morelli (erste Aufl. 1880, S. 256, zweite Aufl. 1891, S. 368) es entschieden dem Filippino Lippi gab. Schien die Übereinstimmung mit einer ganzen Reihe ähnlicher, ebenfalls auf Filippino zurückgeführten Blätter diese Zuschreibung zu rechtfertigen, so hat neuerdings Hermann Ulmann (im Repertorium für Kunstwissenschaft, XVII., 1894, S. 112 ff.) gezeigt, dass alle diese Blätter irrtümlich auf Filippino zurückgeführt wurden, thatsächlich vielmehr von Raffaellino del Garbo herrühren. Vgl. die Bemerkungen zu Tafel XVIII und XIX.
TAFEL XXII
[Bearbeiten]LUCA SIGNORELLI Umbrisch-florentinische Schule
[Bearbeiten]Geboren zu Cortona um 1441; gestorben daselbst Ende 1523. Schüler u. a. des Piero della Francesco. Signorelli ist ein selbständiger Meister der Übergangszeit vom 15. in’s 16. Jahrhundert; durch sein Studium des Nackten Vorläufer Michelangelo’s.
31. STUDIENBLATT. HINGESTRECKTE NACKTE MÄNNER
[Bearbeiten]Auf der Rückseite, deren roter Grund besser erhalten ist, ein hingestürzter nackter Mann.
Dass Signorelli der Schöpfer des Blattes ist, ist noch nie bezweifelt worden. Morelli (Die Werke u. s. w., 2. Auflage, 1891, S. 367): echt, „wahrscheinlich Studien zu Signorelli’s jüngstem Gericht im Dome zu Orvieto“.
Das Blatt befand sich, wie der Stempel links oben beweist, bis 1835 in der Sammlung des Sir Thomas Lawrence in London.
TAFEL XXIII
[Bearbeiten]VITTORE CARPACCIO Venezianische Schule
[Bearbeiten]Die Jahreszahlen 1489–1522 auf erhaltenen Bildern Carpaccio’s deuten seine Lebenszeit an. Er gilt als Schüler des Vivarini und des Gentile Bellini.
32. MARIA AUF DEM THRONE ZWISCHEN ZWEI MÄRTYRERN
[Bearbeiten]Die Zeichnung wurde früher in Dresden Giovanni Bellini (um 1428–1516) zugeschrieben, mit dessen Namen sie im vorigen Jahrhundert oben links irrtümlich geschmückt worden. Dass es eine ausgezeichnete Zeichnung Vittore Carpaccio’s ist, hat abermals Morelli zuerst nachgewiesen. (Erste Aufl. 1880, S. 252, zweite Aufl. 1891, S. 371.)
Es ist der Entwurf zu Carpaccio’s beglaubigtem grossen Tafelbild vom Jahre 1519, das sich früher im Palaste des Herrn Angelo Averoldi zu Brescia befand. Von der National Gallery zu London erworben, soll es auf der Seefahrt dorthin zu Grunde gegangen sein. Es war eines der letzten und reifsten Werke des liebenswürdigen venezianischen Meisters.
TAFEL XXIV
[Bearbeiten]LAZZARO BASTIANI Venezianische Schule
[Bearbeiten]Nachrichten über ihn von 1470–1508 deuten seine Lebenszeit an. Er wird als Schüler Vittore Carpaccio’s bezeichnet, wahrscheinlich jedoch mit Unrecht. Vgl. Vasari Milanesi, III., p. 642–643, Anmerkungen.
33. BRUSTBILD EINES TÜRKEN
[Bearbeiten]Die Zeichnung wurde bisher Gentile Bellini (1426 oder 1427–1507) zugeschrieben, und für das Bildnis des Sultans Mahomed II. ausgegeben. Für Gentile Bellini erscheint sie nicht streng genug. Morelli bezeichnete 1889 mündlich Lazzaro Bastiani als ihren Urheber. Wir lassen sie diesem Meister unter Vorbehalt. Jedenfalls ist es ein tüchtiges venezianisches Blatt vom Ende des 15. Jahrhunderts.
TAFEL XXV
[Bearbeiten]JACOPO DE’BARBARI (?) Venezianische Schule
[Bearbeiten]Geboren zu Venedig um die Mitte des 15. Jahrhunderts; gestorben wahrscheinlich zu Brüssel gegen 1515. Ursprünglich in Venedig entwickelt, später in Wechselbeziehung zur deutschen und niederländischen Kunst getreten. Bis 1500 arbeitete er in Venedig, 1503 war er in Torgau, 1504 in Nürnberg, wo er den Namen Jakob Walch (d. h. Jakob der Welsche) erhielt, 1508 in Frankfurt a. d. O., nach dieser Zeit in den Niederlanden, wo er 1510 Hofmaler der Regentin wurde.
34. VERLIEBTER SEEKENTAUR
[Bearbeiten]Woodburn hatte dieses hübsche Blatt, wie sein Gegenstück, 1835 aus dem Nachlasse des Sir Thomas Lawrence (dessen Stempel unten links) erworben. Vorher befand es sich in der Sammlung Mariette zu Paris (dessen Stempel unten rechts); und zwar wurde es als Zeichnung Lorenzo di Credi’s erworben und als solche in Dresden katalogisiert. Dass es mit der Formensprache dieses Meisters keinen Zusammenhang hat, liegt auf der Hand. Die schon früher von Anderen ausgesprochene Ansicht, dass kein anderer als Jacopo de’Barbari sein Urheber sei, wurde auch von Morelli (Lermolieff, „Die Werke u. s. w.“, 1880, S. 264, 1891, S. 370) bestätigt. Neuerdings sind nach gütiger Mitteilung Dr. Paul Kristeller’s diesem und anderen Kennern (wie Venturi und Lippmann) Bedenken gegen die Urheberschaft Barbari’s gekommen. Wir schliessen uns der jüngeren Formensprache der Zeichnung wegen diesen Bedenken an, ohne uns bis jetzt mit dem genannten Forscher für den Bolognesen Amico Aspertini (um 1475–1552) entscheiden zu können.
- ↑ Quelle: UB Heidelberg