Beschreibung des Oberamts Backnang/Kapitel B 11

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Heiningen,

Gemeinde III. Kl. mit 272 Einw., wor. 2 Kath. und 4 eig. Konf. Dorf, Filial von Backnang; die Kath. sind nach Oppenweiler eingepfarrt. 3/4 Stunden südlich von der Oberamtsstadt gelegen.

Der hübsche kleine, von schönen Obstbaumgärten umgebene und durchzogene Ort liegt in dem ganz flachen westwärts ziehenden Thälchen des Reißbächles, eines Zuflusses des Maubaches; an den breiten Straßen stehen ziemlich zerstreut seine sehr freundlichen und stattlichen Bauernhäuser und zeigen ein tüchtiges, meist braunes oder braunrothes Gebälk zwischen weiß getünchtem Riegelwerk.

Das 1828 erbaute, mit einem Glockenthürmchen versehene Schulhaus enthält ein Lehrzimmer und die Wohnung des Schulmeisters.

Gutes Trinkwasser liefern stets hinreichend ein Schöpf- und 15 Pumpbrunnen; dann fließt über die Markung das Reißbächle. Eine Wette ist im Ort angelegt.

Vicinalstraßen gehen von hier nach Backnang, Unter-Weissach, Allmersbach und Waldrems. Im Ort führen eine steinerne Brücke, auf der Markung zwei steinerne Stege über das Reißbächle; sie sind sämtlich von der Gemeinde zu unterhalten.

Die Haupterwerbsquellen der geordneten Einwohner sind Feldbau und Viehzucht; von Handwerkern gibt es hier bloß Schmiede, Schneider, Maurer und Weber, sie arbeiten auch nach außen. Zwei Schildwirthschaften und zwei Kramläden bestehen.

Die Vermögensverhältnissen gehören zu den mittleren: der begütertste Bürger besitzt 48, der Mittelmann 20–25, die ärmere Klasse 2–3 Morgen Feld. Auf angrenzenden Markungen haben hiesige Bürger etwa 20 Morgen. Gemeindeunterstützung erhalten 1–2 Personen.

Die kleine, beinahe eben gelegene Markung hat einen tiefgründigen, fruchtbaren Lehmboden. Das Klima ist mild und gesund; wegen der freien Lage ist die Luft stets etwas bewegt, nicht selten stürmisch. Frühlingsfröste und kalte Nebel schaden zuweilen dem Obst und den feineren Gewächsen, dagegen ist Hagelschlag in vielen Jahren nicht vorgekommen.

Die Landwirthschaft wird mit Anwendung verbesserter Ackergeräthe (Brabanter und Suppinger Pflug, eiserne Egge, Walze und eine Repssämaschine) sehr fleißig und gut getrieben. Von Getreidefrüchten baut man vorherrschend Dinkel, Haber und Roggen, die auch am besten gedeihen, weniger Weizen und Gerste. Von Brach- und Handelsgewächsen besonders Kartoffeln, dreiblättrigen Klee, Wicken, Erbsen, Welschkorn, Angersen, Reps, Flachs, Hanf und Mohn.

Die Brachgewächse werden meist im Ort verbraucht, dagegen | kommen von den Getreidefrüchten über den eigenen Bedarf noch etwa 500 Scheffel Dinkel und 150 Scheffel Haber auf den Schrannen in Backnang und Winnenden zum Verkauf.

Der Wiesenbau ist nicht unbedeutend; die durchaus zweimähdigen nicht bewässerbaren Wiesen ertragen ein gutes Futter, das im Ort verbraucht wird.

Die mäßig ausgedehnte, im Zunehmen begriffene Obstzucht beschäftigt sich hauptsächlich mit Luikenäpfeln, Rosenäpfeln, Knausbirnen, Palmischbirnen, Bratbirnen, und nur wenig Zwetschgen. Das Obst wird meistens vermostet, einige hundert Simri können in günstigen Jahrgängen nach außen verkauft werden.

Die Brach- und Stoppelweide wird mit Schafen befahren; die jährliche Pachtsumme beträgt 150 fl., die Pferchnutzung 180 fl.; überdieß tragen die der Gemeinde gehörenden und von ihr verpachteten Güterstücke jährlich 250 fl. der Gemeindekasse ein.

Die Pferdezucht und Pferdehaltung ist nicht bedeutend; einzelne Stuten kommen auf die Beschälplatte nach Winnenden.

In gutem Zustande befindet sich die Rindviehzucht (Simmenthaler Race) und zur Nachzucht werden die in Waldrems aufgestellten Simmenthaler Farren benützt.

Viehmastung wird getrieben und das gemästete Vieh nach außen verkauft.

Schafzucht (Bastarde) treibt der Ortsschäfer, der die Weide gepachtet hat; den Sommer über laufen vor der Ernte an 200 St., den Winter über 130 Stück auf der Markung. Die Wolle geht auf den Kirchheimer Markt.

Eigentliche Schweinezucht wird nicht getrieben und die Ferkel (halbenglische Race) bezieht man beinahe alle von außen, um sie theils für den eigenen Bedarf, theils zum Verkauf aufzumästen. Die im Ort gefallenen Ferkel werden auf den Wochenmärkten in Backnang und Winnenden abgesetzt.

Stiftungen sind keine vorhanden.

Zunächst dem Ort werden einige Gärten bei der Kapelle genannt; hier stand ohne Zweifel eine Kapelle.

Im Jahr 1134 schenkten Markgraf Hermann III. von Baden und seine Gattin Bertha mit Genehmigung des Bischofs Siegfried von Speier ein Gut „in pago Huningen in comitatu Adelberti“ (d. h. von Calw-Löwenstein) an das Stift Backnang; nur sollten Konrad von Wolfsölden und sein Bruder Otto 2 Mansus daselbst als Lehen besitzen (Wirt. Urkb. 1, 382). Den 11. April 1245 bestätigte Pabst Innocenz IV. die Besitzungen des Stifts allda und dasselbe erwarb in der Folge auch noch den großen und kleinen Fruchtzehenten, 5 freie eigene Lehengüter, Zinsen und Gülten (Lagerb. von 1568/9).

Der Ort selbst wurde i. J. 1439 von den Grafen Ludwig | und Ulrich von Württemberg an Peter und Werner Nothaft mit der Feste Reichenberg verpfändet, stand wohl schon früher zu ihr im Verhältniß der Zugehörigkeit und bildete jedenfalls in der Folge einen Bestandtheil des Reichenberger Amtes; die Oberkeit, Herrlichkeit, Gebot, Verbot, Frevel, Strafen und Bußen standen Württemberg zu und nur bei jenen Lehengütern hatte das Stift Backnang Gebot, Frevel und Bußen (Lagerb. von 1528).

Ein Gernold von Hüningen verkaufte im J. 1414 an den Ritter Konrad von Stammheim 1/4 eines Hofes zu Heutingsheim, wie ihn seine Vorfahren innegehabt, um 145 Goldgulden (Gabelk.).


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