Beschreibung des Oberamts Blaubeuren/B 31

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31. Weiler.

Weiler, ein evang. Pfarrdorf an der Ach, 3/4 St. südwestlich von Blaubeuren, mit 242 Einwohnern. Den großen Zehnten hat der Staat, den kleinen die Stadtpfarrey Blaubeuren, zum Theil auch der Staat; auf 541/2 Morg. hat das Spital Blaubeuren den großen und kleinen Fruchtzehnten, und auf 25 Tagw. Wiesen die Stadtpfarrey Schelklingen den Heuzehnten.

Weiler liegt an der Straße von Blaubeuren nach Ehingen, hart am Fuße der Alp und zum Theil noch am Berge. Es besitzt keine Brunnen, aber eine reiche, gute Quelle im Orte und hat eine Kirche, einen herrschaftlichen Fruchtkasten, 2 Mahlmühlen und 2 Schildwirthschaften. Neben dem Feldbau und der Viehzucht, womit auch Viehmastung verbunden | ist, wird die Leinenweberey stark betrieben; der Ort hat 18 Webermeister mit 23 Knappen. Die Markung ist, nach Abzug der Waldungen, welche über die Hälfte dem Staat gehören, sehr klein und die Vermögensumstände der Gemeinde sowohl als der Einwohner sind sehr mittelmäßig. Übrigens haben die Einwohner das Lob, daß sie sich durch Fleiß und Sparsamkeit, Eintracht und Ordnungsliebe vorzüglich auszeichnen.

W. gehörte vormals zu dem Kloster-Oberamt Blaubeuren. Die Kirche ist im J. 1779 abgebrannt, und in demselben Jahre wieder neu hergestellt worden. Die Baulast derselben ruht auf der Heiligenpflege; sie ist zwar Pfarrkirche, hat aber keinen eigenen Pfarrer, sondern wird von dem Helfer in Blaubeuren versehen. Die Kirche wurde nach Tübingers Chronik (S. 318) schon im J. 1155 von dem Bischof Gerold von Altenburg eingeweiht. Im J. 1322 stiftete Ulrich von Weiler eine eigene Kaplaney dazu. Der Kaplan hatte, vermöge Dotation, dem Pfarrer in Blaubeuren Assistenz zu leisten, und aus dem Zehnten des Stadtpfarrers zu Blaubeuren läßt sich schließen, daß die Kirche in einem Filialverbande mit Blaubeuren stand. Da sie jedoch zugleich Klosterkirche wurde, so kam sie vermuthlich dadurch, wie Urspring, auch in den Besitz von pfarrlichen Rechten. Diese Rechte behielt sie auch, als bey der Reformation im J. 1537 die Kaplaney aufgehoben und die Besorgung der Kirche dem jeweiligen Helfer in Blaubeuren übertragen wurde. Im J. 1818 wurden der Kirche auch die evang. Einwohner von Urspring und Schelklingen zugetheilt.

Das Kloster, das sich zu Weiler befand, war ein Franziskaner Nonnenkloster von der dritten Regel, s. g. Beguinen-Kloster. Das Klostergebäude war der jetzige Fruchtkasten. Seine Entstehung erfolgte allmählig. Ein hoffärtiges Fräulein Adelheid von Weiler hatte ums J. 1240 in kostbarer Kleidung auf dem Gang aus dem Schloß in die Kirche in dem Schloßgarten einen schweren Fall gethan, und wurde dadurch zu dem Entschlusse veranlaßt, der Welt und ihrer Eitelkeit zu entsagen, baute sich ein Häuschen an | die Kirche an und lebte darin unter Beten und Fasten bis es im Jahre 1250 starb und bey den Franziskanerinnen in Blaubeuren begraben wurde. Seinem Beyspiele folgten nach einander einige Jungfrauen; eine derselben, Gertrud Schwehlerin, lange Zeit Dienstfräulein des Grafen von Helfenstein auf Gerhausen, baute 1374 statt der ärmlichen Hütte ein Haus und nahm in dasselbe zwölf Schwestern zu sich auf. Diese Gertrud kann also als die Stifterin des Klosters betrachtet werden. Statt des von ihr erbauten Hauses wurde im Jahre 1477 von der Vorsteherin oder Mutter, Adelheid Oßwald, mit Hülfe des Abts zu Blaubeuren und der Einwohner von Ulm, welche ihre Töchter häufig dahin gaben, ein neues größeres Gebäude aufgeführt, das noch jetzt steht, von einem gemeinen Wohnhause sich übrigens wenig unterscheidet. Allmählig erwarb sich das Klösterlein auch mehrere Einkünfte in und ausserhalb des Bezirks von Blaubeuren. Bald aber mußte sich das Kloster der von Herzog Ulrich eingeführten Reformation unterwerfen. Die Klosterfrauen wehrten sich zwar so gut sie konnten dagegen, und nahmen auch nachher noch Novizen auf, aber endlich sahen sie sich doch genöthigt, i. J. 1570 Weiler zu verlassen, und mit Beybehaltung ihrer Güter und Gefälle 19 an der Zahl in das Kloster Welden bey Augsburg abzuziehen, wo die letzte erst i. J. 1619 in einem Alter von 81 Jahren starb. Nach ihrem Tode wurden die Gefälle und Güter des Klosters auf Würtembergischen Boden von der Stiftungsverwaltung Blaubeuren eingezogen, die auswärtigen Gefälle aber mußten, da der Kaiser Matthias und seine Gemahlin und die Erzherzoge Maximilian und Leopold sich in den Streit legten, dem Kloster Welden überlassen werden.

Das Schloß Weiler, dessen oben erwähnt wurde, ist nicht, wie es gemeiniglich geschieht, mit dem Schlosse Günzelburg auf der Höhe von Weiler zu verwechseln; es stand, wie Felix Fabri ausdrücklich bemerkt, auf der Anhöhe, wo die Kirche und das Kloster steht, und war einst der Sitz | der Herrn von Weiler, welchen das Dorf Weiler vermuthlich gehörte. Die Herrn von W. kommen häufig in Blaubeurer und Helfensteinischen Urkunden des 14ten Jahrhunderts vor; 1323 verleihen Mile und Ulrich von Weiler, Herrn Milen v. W. seel. Ritters Söhne, eine Wiese am Kennenbuch bei Blaubeuren; 1354, da Hans von Westerstetten seine Habe zu Asch verkauft, sind Bürgen Utz von Wyler und sein Bruder Fritz; 1370 befreyt Ulrich von Weiler, zu Weiler bei Blaubeuren gesessen, eine Wiese von dem Lehensverband. Nicht lange hernach findet man Weiler im Besitze der von Westernach, die wahrscheinlich durch Heirath darein gekommen sind; denn in dem Urspringer Seelbuch finden sich ausgezeichnet: Joannes a Westernach und seine Ehefrau Anna de Weiler. Ein Hans von Westernach war es auch, der 1403 Burg und Dorf Weiler, oder wie es in der Urkunde heißt: „Behausung zu Weyler gelegen, mit den Gärten und Bomgarten, die dazu gehören und die Fischenz in der Ach von dem Singrünstein bis Blaubeuren, und Alles was zu Weiler ihm gehört, Mühlen etc., an Lucia Gräterin in Ulm um 2000 fl. verkauft. Diese Lucia die Gräterin, Ulrich des Langen seel. ehel. Wittwe, Ulrich der Lang ihr Sohn, Peter Kraft ihr Tochtermann, Hans Ströhlin, und seine Frau Elisabeth die Langin, Hans der Ehinger und seine Hausfrau Ursula die Langin, der Grätherin Töchter, verkaufen 1414 Weyler die Burg mit Graben, 2 Baumgärten, Vischenz und dem Bau der dazu gehört, und dazu das Dorf Weyler mit allem Zugehör, wie es Lucia die Gräterin von Hans von Westernach erkauft, an das Kloster Blaubeuren um 2400 fl.

Seitwärts von Weyler auf felsiger Höhe lag Günzelburg, ein Schloß, (s. Seißen). Daß dieses Schloß nicht das von Weiler war beweist eine Urkunde vom März 1403, wodurch Hans von Westernach seiner Frau Anastasia von Grafeneck um ihre Morgengabe versetzt – „Wyler min Vestin und min Dorf daselbs zu Wyler mit allem Zugehör, ußgenommen mins Theils der Vöstin zu Gryffenburg, oberhalb Wyler | gelegen mit Zugehör etc.“. Die Veste wird also hier Greiffenburg (von den Greiffen zu Schmiechen?) genannt, während sie 1464 unter dem Namen Cünzelburg verkauft wird. S. Seißen. Zu dem Gerichtsbezirke von Weiler gehören noch die Papiermühle und die Bleiche, welche schon bei Blaubeuren abgehandelt sind.


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