Beschreibung des Oberamts Calw/Kapitel B 24
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Die kleine, unansehnliche Kirche, auf deren vordern Giebelseite ein Thürmchen (Dachreiter) mit zwei Glocken, die eine 1843 gegossen, sich befindet, ist sowohl in ihrem Äußeren als Inneren gänzlich schmucklos; es fehlt sogar die Orgel und anstatt des Altars dient ein einfacher Tisch, der auch die Stelle des Taufsteins vertritt. Die Unterhaltung der Kirche hat die Gemeinde zu bestreiten.
Der ummauerte Begräbnißplatz liegt außerhalb (südlich) des Orts.
Das in der Nähe der Kirche stehende Pfarrhaus befindet sich in gutem baulichen Zustande.
Das Schulhaus, in welchem sich ein Lehrzimmer, die Wohnung des Schulmeisters und die Gelasse für den Gemeinderath befinden, steht ebenfalls nahe der Kirche.
Neben der Volksschule ist eine Industrieschule, deren Lehrerin von der Centralstelle des Wohlthätigkeitsvereins belohnt wird, vorhanden.
Ein laufender und 3 Pumpbrunnen liefern das ganze Jahr hindurch ein sehr gutes Trinkwasser. Eine Wette ist im Ort angelegt.
Die nicht große Markung hat im Allgemeinen einen ziemlich unfruchtbaren, schweren, kalten Thonboden, der aus der Verwitterung des Wellenmergels besteht. Auch die klimatischen Verhältnisse sind wegen der nahen Waldungen ziemlich ungünstig, so daß die Ernte um 8 Tage später eintritt als in dem nur 1/2 Stunde entfernten Ort Alt-Hengstett. Hagelschlag kam seit Menschengedenken nur einmal, im Jahr 1832, vor.
Die Landwirthschaft wird so gut als es die natürlichen Verhältnisse erlauben, betrieben; man baut in dreizelglicher Wirthschaft hauptsächlich | Dinkel, Einkorn, Hafer und in der zu 1/6 angeblümten Brache dreiblättrigen Klee und Kartoffeln. Bei gleicher Aussaat ertragen die Felder wenigstens 1/3 weniger als in Alt-Hengstett. Die Preise eines Morgens Acker bewegen sich von 25–300 fl. Von den Getreideerzeugnissen wird nur Hafer verkauft, während die übrigen nicht einmal das örtliche Bedürfniß befriedigen.Der Wiesenbau ist verhältnißmäßig ziemlich ausgedehnt und liefert gutes, nahrhaftes Futter; die Wiesen, denen keine Wässerung zukommt, ertragen per Morgen 30–40 Centner Futter und ihre Preise steigern sich von 250–300 fl.
Die Obstzucht, welche sich vorzugsweise mit Zwetschgen und späten Mostsorten beschäftigt, ist ziemlich gut und erlaubt in günstigen Jahren einigen Verkauf nach Außen.
Der in einer gewöhnlichen Landrace bestehende Rindviehstand beschränkt sich auf 1–3 Stücke, welche beinahe jede Familie hält, um ihr nöthiges Milch- und Schmalzbedürfniß zu erzielen. Zur Nachzucht sind zwei Landfarren aufgestellt, die ein Bürger Namens der Gemeinde gegen Entschädigung hält.
Auf der Weide läßt ein Pachtschäfer 120 Stück Schafe laufen, was der Gemeinde sammt dem Pfercherlös 60–80 fl. einträgt.
Die Gewerbe beschränken sich auf die allernothwendigsten Handwerker; eine Schildwirthschaft und ein Krämer sind vorhanden.
Vicinalstraßen führen nach Simmozheim, Ottenbronn und auf die nur 1/8 Stunde östlich am Ort vorbeiführende Calwer Landstraße.
Die Gemeinde hat außer den Einnahmen aus Weide, Pferch etc. einiges Kapital, muß aber dennoch Gemeindeschaden umlegen (über den Gemeinde- und Stiftungshaushalt s. Tab. III.).
Im Ort wird noch eine Straße in den Baraken benannt und außerhalb des Dorfs in der Richtung gegen Möttlingen kommt ein Flurnamen „Zeltenäcker“ vor, was auf die erste Wohnweise der Einwohner hindeutet.
Neuhengstett wurde 1699 durch die damals in Württemberg aufgenommenen Waldenser gegründet; seinen Namen erhielt es um 1711; bis dahin hieß es die Colonie bei Simmozheim, auch Bourset (vielleicht nach Bourget, einem Städtchen bei Chambery in Savoien). Zur Zeit seiner Gründung hatte es 200 Einwohner.
Der letzte reformirte Pfarrer wurde im Jahr 1827 pensionirt, nachdem schon 1823 die Vereinigung der Reformirten mit den Lutheranern erfolgt war. Von 1827–1837 wurde die Pfarrei durch einen Verweser besorgt; im J. 1837 ist sie durch einen Pfarrer definitiv | besetzt worden. (Vor 1823 waren die wenigen hier ansäßigen Lutheraner nach Alt-Hengstätt eingepfarrt.)In der östlich vom Ort gelegenen Zelg „Schleichdorn“ (alt Sledorn, s. Alt-Hengstett) findet man auf den Feldern sehr alte Spuren eines abgegangenen Wohnorts und in der Nähe dieser Stelle einen alt gefaßten, mit Steinplatten bedeckten Brunnen, der schon vorhanden war, ehe die Waldenser sich hier ansiedelten.
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