Beschreibung des Oberamts Horb/Kapitel B 26
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Der Ort selbst ist regelmäßig angelegt, freundlich und reinlich; an den breiten Ortsstraßen lagern sich ziemlich gedrängt die aus Holz erbauten und mit steinernen Unterstöcken versehenen, meist hübschen Bauernwohnungen, welche durchgängig mit Ziegeldächern versehen sind. Das Dorf war früher mit einer Mauer umgeben. Im südlichen Theile des Orts steht die im Jahr 1845–47 nach dem Plan des Bauinspektors Rupp zu Reutlingen in einem sehr ansprechenden gothischen Styl neu erbaute Pfarrkirche und macht sowohl durch ihr Äußeres als Inneres einen sehr günstigen Eindruck. Der 200 Fuß hohe, weithin sichtbare, ebenfalls gothisch gehaltene Thurm hat ein Kreuzdach, dessen Giebelseiten mit den vier Seiten des Thurmes korrespondiren; auf demselben erhebt sich ein sehr schlankes, spitzes Zeltdach. Im unteren Stockwerke des Thurmes sind vier von der ehemaligen Kirche herrührende Schlußsteine eingemauert und zwar: 1) das v. Gültlingen’sche Wappen, 2) die Mutter Gottes mit dem Jesuskinde, 3) der heil. Georg, der Schutzpatron der Kirche und 4) der heil. Sebastian. Das Innere der Kirche ist dreischiffig, weiß getüncht und das mit vergoldeten Schlußsteinen versehene Kreuzgewölbe des Mittelschiffs wird von je drei Säulen auf einer Seite unterstützt, indessen sind die Säulen und Gewölberippen nur aus Holz construirt und steinfarbig angestrichen. Von dem Langhaus führt der ursprüngliche spitze Triumphbogen in den Chor, dessen Decke blau getüncht und mit goldenen Sternen geziert ist. Der Hochaltar im Chor enthält ein großes aus Stein ausgeführtes Kruzifix aus früherer Zeit und ist im Rococogeschmack gehalten, was mit der übrigen Kirche nicht übereinstimmen will; auch stehen auf dem Altare zwei alte gut geschnittene Holzbilder aus dem 15. Jahrhundert und an der Seitenwand des Chors ist noch eine alte gothische Nische angebracht, welche den sitzenden Christus enthält. Die beiden Seitenaltäre im Schiff, die Verkündigung und Christus am Ölberg vorstellend, sind im gothischen Geschmack von Maintel in Horb 1849 gut ausgeführt worden. Zum Kirchenbau trugen bei das Spital Horb (dieses das Meiste), die Pfarrei und die Ortsstiftung.
Der Begräbnißplatz liegt 1/4 Stunde nördlich vom Ort im sog. Lohndorf; auf demselben steht eine uralte Kapelle, die noch Spuren romanischer Bauweise zeigt und früher die Pfarrkirche von Vollmaringen, Iselshausen und Mötzingen war.
| Das 1862 von dem Spital Horb freundlich erbaute Pfarrhaus liegt mit schöner Aussicht sehr sommerlich am südlichen Ende des Orts.Das Kaplaneihaus gehört dem Patron zur Kaplanei Fürst von Waldburg-Zeil-Trauchburg.
Das schon alte Rathhaus enthält ein Lehrzimmer und die Gelasse für den Gemeinderath; der Schulmeister wohnt in einem abgesonderten, der Gemeinde gehörigen Gebäude.
Das ehemalige Schloß, welches 1860–1861 in Privathände überging, ist sehr ansehnlich und bildet einen Querbau mit zwei Flügeln, von denen der nördliche noch alt und an den Ecken mit Buckelsteinen erbaut ist, übrigens sind sämtliche Theile des Gebäudes in einem neueren Styl von wenig Bedeutung umgeändert. Über dem Eingang in den Querbau ist ein Wappen mit der Jahreszahl 1669 angebracht. Eine eiserne Ofenplatte mit der Jahreszahl 1588 und den Wappen des Joseph von Ow und der Anna von Neuhausen wurde kürzlich nach Schloß Wachendorf gebracht.
In der Nähe des Schlosses steht das ansehnliche, ehemalige Rentamtsgebäude mit Scheune, Hof und Garten, das 1857 in Privathände überging.
Gutes Trinkwasser, das zwei laufende und etwa 20 Pumpbrunnen liefern, ist hinlänglich vorhanden; nur in ganz trockenen Jahrgängen, wie 1858, lassen die Brunnen nach, so daß ein Theil des Wasserbedarfs außerhalb nahe am Ort bezogen werden muß.
Die Einwohner sind im allgemeinen fleißig, geordnet und erfreuen sich in Folge der stets reinen Luft einer guten Gesundheit; ihre Haupterwerbsmittel bestehen in Feldbau, Viehzucht und den gewöhnlichen Gewerben, von denen drei Schildwirthschaften, drei Krämer und zwei Steinhauer, welche zum Theil viele Grabsteine im gothischen Styl ausführen, zu nennen sind. Eigentliche Wohlhabenheit findet man nur bei einzelnen Bauern, die Mehrzahl gehört dem Mittelstand an, worunter viele Taglöhner sind.
Die mittelgroße, meist ebene und schön arrondirte Markung hat einen fruchtbaren, größtentheils aus Lehm bestehenden Boden, auf dem die gewöhnlichen Feldfrüchte, besonders Dinkel und Gerste sehr gut gedeihen und zu dessen Verbesserung, außer den gewöhnlichen Düngungsmitteln, auch Gips, Mergel und Compost in Anwendung kommt.
Der Ackerbau wird im Dreifeldersystem unter Anwendung verbesserter Ackergeräthe gut und fleißig betrieben: man baut die gewöhnlichen | Cerealien und in der zum größten Theil angeblümten Brache Kartoffeln, viel Reps, wenig Flachs, desto mehr Hanf und wegen Mangels an geeignetem Wieswachs viel Futterkräuter (dreiblättriger Klee, Luzerne und Esparsette). Der Hopfenbau ist sehr bedeutend und liefert in günstigen Jahren etwa 250 Centner, die meist nach Rottenburg abgesetzt werden. An Aussaat rechnet man auf den Morgen 7–8 Simri Dinkel, 5 Simri Gerste, 5 Simri Haber, 5 Simri Weizen; die durchschnittliche Ernte beträgt per Morgen 9 Scheffel Dinkel, 5 Scheffel Gerste, 7 Schff. Haber, 5 Schff. Weizen. Der geringste Preis eines Morgens Acker ist 250 fl., der mittlere 400 fl. und der höchste 600 fl. Über die Befriedigung des eigenen Bedürfnisses werden jährlich gegen 2600 Scheffel Dinkel, 1000 Scheffel Gerste, 1300 Scheffel Haber durch Vermittlung von Unterhändlern nach Nagold, Altensteig und Freudenstadt abgesetzt.Die durchgängig zweimähdigen Wiesen, denen keine Wässerung zukommt, ertragen durchschnittlich 26 Centner Heu und 12 Centner Öhmd per Morgen; ihre Preise bewegen sich von 300–600 fl. per Morgen.
Die Obstzucht wird nicht nur an Straßen, sondern auch in Gärten und auf Äckern emsig gepflegt; man zieht vorzugsweise Breitlinge und Zipperäpfel, Knausbirnen, Grunbirnen, Kohlbirnen, Reichenäcker Birnen etc. und ziemlich viel Zwetschgen. Das Obst wird meist im Ort verbraucht.
Was die Viehzucht betrifft, so ist die der Pferde ganz unbedeutend, dagegen wird auf einen tüchtigen Rindviehstand (Landrace mit Simmenthaler Kreuzung) sehr gesehen. Zur Nachzucht sind ein Landfarre und ein Simmenthaler aufgestellt, die ein Bürger gegen Entschädigung von Seiten der Gemeinde hält.
Der Verkauf an Vieh, namentlich auch gemästetem, ist nicht unbeträchtlich.
Schafzucht wird nicht getrieben und die Weide ist an einen fremden Schäfer um 880 fl. jährlich verpachtet; überdieß sichert die Pferchnutzung der Gemeindekasse eine Jahreseinnahme von etwa 700 fl.
Die Schweinezucht, welche sich mit halbenglischer und bayerischer Race beschäftigt, findet statt, jedoch nicht in der Ausdehnung, daß eine Einfuhr von Ferkeln nicht nöthig wäre; es werden viele Schweine gemästet und theils ins Haus geschlachtet, theils nach Außen verkauft.
Die Ziegenzucht ist nicht ganz unbedeutend und Geflügel wird | nur für das eigene Bedürfniß gezogen. Die Zucht der Bienen ist im Beginnen begriffen.Die Gemeinde besitzt 260 Morgen Waldungen, von deren Ertrag (60 Klafter) jeder Bürger 1/4 Klafter Gabholz erhält; ein Theil wird verkauft, was der Gemeinde 400 fl. jährlich einträgt. Das Holz muß daher meist auswärts bezogen werden; häufig tauschen die vermöglicheren Bauern ihr übriges Stroh gegen Holz an die Schwarzwälder um.
Westlich am Ort vorüber führt die von Seehaus herkommende Römerstraße (Hochsträß) gegen Wildberg; sie zieht nördlich vom Ort über die Flur „Mauren“, auf der ohne Zweifel ein römischer Wohnplatz stand.
Etwa 1/4 Stunde nördlich vom Ort bestand ein Weiher, dessen Abfluß eine Mühle, die längst abgegangen, in Bewegung setzte.
Vollmaringen als freiadeliches Gut und Schloß hatte die hohe gerichtliche Obrigkeit und den Blutbann. Inhaber und Vogtherren dieses Fleckens waren im 14. Jahrhundert die von Tettlingen, von welchen das alte Seelbüchlein zu Vollmaringen unter anderen Herren Ettichon als Rektor und Kirchherrn des Gotteshauses aufführte. Im Jahr 1371 saß allda Hans von Tettlingen; er kaufte von Staimer Salzfaß aus dem halben Zehnten zu Vollmaringen eine Fruchtgilt, die 1457 Stefan von Emershofen an das Spital Horb verkaufte. Den Zehnten selbst mit dem Kirchensatz und Widemhof verkaufte zur Hälfte 1404 Konrad von Hailfingen an Engelhard von Enzberg und 1443 Friedrich von Enzberg zu Mühlheim an besagtes Spital und ebenso ihre andere Hälfte 1461 Hans und Ludwig von Emershofen und Hug Salzfaß.
Im J. 1476 und 1490 war Hans von Giltlingen zu Bernek zugleich Herr zu Vollmaringen; seine Mutter war Anna von Tettlingen, vermählt mit Gumpold von Giltlingen (Horber Spital-Urk.). Den Sohn Wolf von Giltlingen zu Bernek und Vollmaringen und dessen Wittwe Margaretha, geb. von Wolmarshausen, als sie 1545 zu Vollmaringen starb, beerbte allda des Baltas von Wernau zu Bernek Tochter, Maria Jakobea, und brachte ihrem Gemahl Marx von Neuhausen die Herrschaft Vollmaringen zu. Vollmaringen mit Göttelfingen, dessen Schicksale es fortan theilte (s. dieses), kam dann 100 Jahre später an die von Ow, von Streit u. s. w. (v. Ow’sches Archiv).
Nachdem noch weiterer bei Göttelfingen erzählter Besitzwechsel stattgefunden hatte, verkaufte den Rest der zum Rittergut Vollmaringen | gehörigen, auf den Markungen der Gemeinden Vollmaringen und Nagold gelegenen, theils exemten, theils nicht exemten Realitäten Fürst Constantin von Waldburg-Zeil-Trauchburg 1860 für 95.000 fl.Die Pfarrkirche war ursprünglich in Lohndorf, erst nach der Reformation wurde die Pfarrei nach Vollmaringen verlegt. Patron ist jetzt die Krone, früher das Horber Spital, welcher den Kirchensatz und Widumhof hälftig 1443 von Friedrich von Enzberg für 670 fl., hälftig 1461 von Hans und Ludwig von Emershofen für 600 fl. erkauft hatte. Um 1400 wurde eine Kaplanei von den von Tettlingen gestiftet. Thina Schwelherin, Wittwe Menlochs von Tettlingen, vermehrte die Stiftung im Jahr 1454 dergestalt, daß ein Priester an ihr angestellt werden konnte. Diese Kaplanei, deren Patron, wie bemerkt, der Fürst von Waldburg-Zeil-Trauchburg ist, besteht noch neben der Pfarrei.
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