Beschreibung des Oberamts Ulm/Langenau bis Westerstetten

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20. Langenau mit Riedhöf, Musses-Mühle, Sixen-Mühle, See-Mühle, Schottenhof.

a. Langenau, ein evang. Pfarrdorf mit Marktgerechtigkeit, 4 St. nordöstlich von Ulm, in einer schönen weiten Ebene zwischen der Alp und der Donau, am Flüßchen Nau und der Straße nach Dillingen, mit 3243 Einw., C. Amt Langenau, F. A. Alpeck. Den Zehnten bezieht mit folgenden Ausnahmen der Staat: der St. Jakobszehnte, der große auf 159 Jauch. gehört der Kirchenpflege Ulm, der kleine der Ortspfarrei; eben dieser und der Pfarrei Riedheim gehört auch von 36 Tagwerken der Heu- und Öhmd-Zehnte. Die Grundlasten des Gemeindebezirks betragen 1099 fl. in Geld und 3489 fl. in Naturalien. 3/4 davon hat der Staat, 483 fl. die Kirchenpflege Ulm, 353 fl. die Gemeindepflege Langenau, das Übrige ist unter mehreren Heiligenpflegen, die v. Welser u. a. vertheilt.

Langenau, ehemals ein Städtchen, dehnt sich in einer Länge von beinahe 1 St. aus, ehemals hieß es blos Nau, Nawe, auch „die beiden Nawe“ genannt, weil der Ort aus zwei über 1/2 St. von einander gelegenen Dörfern bestand, welche nach ihrer Lage auch Ostheim und Westheim genannt wurden, und im Munde des Volks noch Osten und Westen heißen. Erst zu Anfang des 17. Jahrhunderts, nachdem der leere Raum zwischen beiden ausgebaut war, was in Folge der Verheerungen der einzelnen Wohnsitze in der Umgegend durch Kriege geschah, entstand der Name Langenau. Es wird jedoch zwischen dem obern, dem mittlern und dem untern Dorf unterschieden, ohne daß übrigens dabei auf die eben angegebene Entstehung Rücksicht genommen wäre. Nach dem Ulmer Gesetzbuch von 1520 wurde es eingetheilt in Ostheim, Mitteldorf und Westheim.

Das Aussehen des Orts im Ganzen ist sehr mittelmäßig, und es gibt neben einigen stattlichen Gebäuden viele geringe und unansehnliche, einige sogar mit Stroh bedeckt. Sehr angenehm ist die Lage des Orts und ausgezeichnet der Reichthum von Wasser, denn es hat – überall Bäche, Quellen [191] und Teiche. Unter den Quellen sind die reichsten: der Löffelbrunnen und der Weiherbrunnen. Der bedeutendere Theil des Orts, worin auch fast alle öffentlichen Gebäude sich befinden, ist das Mitteldorf oder der Markt. Er ist noch von der Zeit, als L. zur Stadt gemacht wurde, zum Theil mit einem Stadtgraben umgeben und mit Thoren versehen, und zeigt noch Reste einer Stadtmauer. L. ist der Sitz eines Cam. Amts, eines Unter-Amtsarztes, eines Amtsnotars, eines Revierförsters, eines Oberamts-Wundarztes und eines Oberamts-Thierarztes. Es hat 3 Kirchen, 1 Rathhaus, 3 Schulhäuser, ein s. g. Schlößlein und einen ehemaligen Klosterhof, worin der Sitz des Cam. Amts ist. Die Kirchen sind: 1) die obere Kirche zu U. L. Fr. oder St. Martin, 2) die mittlere, die St. Salvators- oder St. Leonhardskirche, 3) die untere oder St. Peterskirche. Die St. Martinskirche ist die Pfarrkirche des Orts. Sie ist mit einem sehr hohen Spitzthurme versehen, der von 1468 bis 1490 erbaut worden ist, nachdem ein älterer, der von der Kirche getrennt stand, 1462 von den Bayern zerstört worden. Der Thurm ist 218′ hoch und mit einem Blitzableiter versehen. Die Kirche selbst hat nichts Ausgezeichnetes. Kirche und Kirchhof waren mit einer sehr hohen, mit 4 Thürmen besetzten Mauer umgeben, die 1833 abgebrochen wurde. Der Kirchhof war bis 1811 der Begräbnißplatz für alle bürgerlichen Ortseinwohner. Die mittlere oder St. Leonhardskirche, mit einem kleinen Thurm, steht am Anfang des Unterdorfs. Sie war früher nur eine Kapelle und wird daher auch noch auf den heutigen Tag von dem Volk das Käpele genannt. Erst 1612 wurde sie in ihrer jetzigen Gestalt und so hergestellt, daß nun die Kapelle den Chor bildet. Die Kapelle scheint von der Weberzunft in L. dotirt worden zu seyn, s. u. Die untere oder St. Peterskirche, steht zur Seite des untern Dorfs auf dem Gottesacker. Sie ist die älteste Kirche, und hat einen großen, mit einem Satteldache versehenen Thurm; 1796 wurde sie zu einem Heumagazin für die österr. Armee verwendet und seitdem findet kein Gottesdienst mehr darin statt. Bei der Kirche befand [192] sich der Begräbnißplatz für nicht eingebürgerte Einwohner und Fremde, seit 1811 ist er nun der allgemeine Begräbnißplatz. Außer diesen Kirchen hatte L. ehemals noch 4 Kapellen: 1) die von St. Markus, an die Pfarrkirche angebaut und 1779 abgebrochen, 2) die von St. Nikolaus – auf dem Burghof, welche 1542 zerstört wurde, sodann die von St. Jakob, 1/2 St. nordwestlich von dem Orte, und die z. h. Kreuz bei den Riedhöfen, wovon unten noch die Rede seyn wird.

Das Schlößlein ist ein gewöhnliches, 1630/36 erbautes Wohngebäude; wird von einem Herrn v. Welser bewohnt und heißt Schlößlein, weil ehemals alle den Ulmer Patriciern gehörige Landsitze so genannt wurden. Es ist zu unterscheiden von der Burg, welche ehemals in dem Orte stand, und deren Stelle noch durch den Namen „Burghof“ bezeichnet ist, den ein freier mit Linden besetzter Platz führt. Im J. 1376 saß hier, auf seiner Burg in Nawe, Graf Conrad v. Werdenberg. Auf dem Platze soll ehemals auch Landgericht gehalten worden seyn.

Der Klosterhof oder Pfleghof ist das ausgedehnteste Gebäude. Er besteht in dem Wohngebäude des Cam. Amts, einem Zehntstadel und einem Fruchtkasten, und war ein Eigenthum des Klosters Anhausen, worin dessen Pfleger seinen Sitz hatte. In Urkunden kommt er auch unter dem Namen „Freihof“ vor. Diesen Namen führte er nicht sowohl wegen einiger Freiheiten, die er als Klosterhof genoß, als vielmehr wegen einer K. Freiung – Asyl – die damit verbunden war, welches Recht auch durch einen Vertrag mit der Stadt Ulm 1607 bestätigt wurde. Die Einwohner nähren sich theils von Feldbau und Viehzucht, theils von Gewerben. L. hat vielleicht die größte Markung unter allen Orten des Königreichs; sie enthält, wie die angeschlossene Tabelle zeigt, nicht weniger als 15.482 M. Freilich ist darunter ein Ried und Moos von 4–5000 M. begriffen, die zum Theil nur als Weide oder einmähdige Wiesen, zum Theil auch zum Torfstich benutzt werden. Was in neuern Zeiten für die Cultivirung des Langenauer Rieds geschehen, ist oben schon bemerkt. Das [193] Ackerfeld ist meist gut und die darauf erzeugte Frucht meist sehr beliebt. Es wird insbesondere auch viel Flachs gebaut.

Unter den Gewerben ist besonders das der Leinenweber stark besetzt: 119 Meister mit 32 Gehülfen. L. war immer ein Hauptsitz der Weberei. Ausserdem hat der Ort fast alle städtischen Gewerbe, 10 Mahlmühlen, einschließlich der 2 Riedmühlen, 4 Öhlmühlen, 1 Ziegelhütte, 10 Schildwirthschaften, eben so viele Speisewirthschaften, 6 Bierbrauereien und seit 1805 auch eine Apotheke, sodann einen Frucht-Wochenmarkt und Kohlenmarkt, 4 Jahrmärkte für Krämer und eben so viele Viehmärkte.

Die Gemeindekörperschaft besitzt ein nicht unbedeutendes Grundeigenthum und eine einträgliche Schafweide, s. S. 192.

Die kirchlichen Verhältniße haben sich seit der Reformation vielfach geändert. Vor derselben waren an der Martinskirche 3 Geistliche, 1 Pfarrer, 1 Frühmesser und 1 Prediger, an der Peterskirche ein Geistlicher und einer an der Leonhards-Kapelle angestellt. Nach der Reformation blieben noch ein Pfarrer und ein Helfer. Der Gottesdienst in der Peterskirche wurde auf eine vierteljährliche Predigt beschränkt. Dagegen wurde 1612 in der Leonhardskapelle zum Besten des Unterdorfs ein noch bestehender sonntäglicher Gottesdienst angeordnet und 1700 noch ein zweiter Helfer angestellt, dagegen wurde 1811 die Stelle eines Helfers an der obern Kirche wieder aufgehoben, so daß der Ort jetzt zwei Geistliche, einen Pfarrer und einen Helfer hat, wovon der letztere noch Pfarrer in Wettingen ist. Die Wohnhäuser der beiden Geistlichen werden von dem Staat, die Kirchen dagegen von der Stiftungspflege, im Nothfall aber von der Gemeinde im Bau erhalten.

Die Schulanstalten bestehen in 6 deutschen Schulen, sodann seit 1826 in einer Industrieschule für weibliche Arbeiten. Das zweite Schulhaus im obern Dorfe war vormals das Wohnhaus des ersten Helfers, es wurde 1811 von der Gemeinde für eine Mädchenschule gekauft.

Ein Armenhaus (Siechenhaus), das in einiger Entfernung von dem Orte steht, dient zur Aufnahme einzelner [194] armer Leute des Orts und auch unheilbarer Kranken. Ein Aufseher, „Armenvogt,“ der im Hause wohnt, sorgt für die Verpflegung der Armen und Kranken. Es war ein ehemaliges Leprosenhaus, und wird von der Heiligenpflege im Bau erhalten. Bei dem Hause steht eine merkwürdige Eiche, die Betteleiche (Bettelhauseiche) genannt. Ihr Stamm mißt 131/2 Ellen im Umfang. Das Schießhaus wurde 1834 ganz neu gebaut.

L. ist ein sehr alter Ort und seine Pfarrkirche erscheint urkundlich schon 1143, und war damals schon eine mit bedeutenden Einkünften ausgestattete Kirche. Daß L. schon um diese Zeit auch ein bedeutender Ort war, beweist der Umstand, daß das Kloster von da nach Anhausen verlegt wurde, wegen der zu großen Lebhaftigkeit des Orts, noch mehr aber der Umstand, daß K. Conrad im Sept. 1150 hier eine zahlreich besuchte Reichsversammlung halten konnte.[1] Nach der Meinung des verstorbenen Prälaten v. Schmid hatte L. um diese Zeit zu dem K. Kammergut Ulm gehört, s. Ulm im Mittelalter, S. 25–27. Genügende Beweise sind jedoch für diese Meinung nicht gegeben und wir möchten mit Grund an ihrer Richtigkeit zweifeln. Denn daß nach der oben angeführten Urkunde v. J. 1255, der Reichsvogt von Ulm auch Landgericht am Stein zu L. hielt, kann dafür nichts beweisen; denn dies konnte auch geschehen, ohne daß deßwegen L. einen Theil des K. Kammerguts ausmachte. Ehe übrigens von der Geschichte des Orts die Rede wird, müssen wir einen Blick auf die Geschichte des Klosters werfen, das in dem Pfleghofe sich befunden haben soll. [195] Nach urkundlichen Nachrichten (Besold Doc. rediv. I. S. 325 u. ff.) hatte ein Pfalzgraf Mangold den Vorsatz gefaßt, seine Besitzungen in Nawe, wozu namentlich die Kirche und Zehnten daselbst gehörten, zur Stiftung eines Gotteshauses zu verwenden; der Tod überraschte ihn aber, ehe er noch sein Vorhaben ausführen konnte. Seine Söhne: Mangold, Adelbert, Ulrich und Walter, ehrten den Willen des Vaters und brachten das Werk zur Ausführung. Weil sie aber fanden, daß der Ort Nau für eine klösterliche Anstalt zu lebhaft sey, so verlegten sie diese nach Anhausen im Brenzthal und räumten ihr dort ihr eigenthümliches Gut ein. Es ist jedoch zweifelhaft, ob die Brüder in Nau wirklich ein Kloster gestiftet hatten, in den Urkunden ist nur von „regularis vitae viris“ die Rede, es scheint also, daß die Stiftung bloß in einem Collegialstift bestanden habe. Unrichtig ist es jedenfalls, wenn erzählt wird, das Kloster Anhausen sey 1125 in Nau gestiftet und 1143 von da nach Anhausen verlegt worden. Das Kloster Anhausen bestand schon 1125 in dem Ort Anhausen und die päpstliche Bulle vom 27. Nov. 1125, wodurch dasselbe bestätigt wird, ist an „die gel. Söhne, die Mönche des St. Martinsklosters in Anhausen“ gerichtet. Die Verlegung konnte also nur eine Vereinigung zweier Klöster gewesen seyn, oder mußte sie schon vor 1125, spätestens aber in diesem Jahre vorgenommen worden seyn. Daß das Letztere wirklich der Fall war, geht aus einer spätern Bulle v. J. 1149 hervor, worin gesagt ist, daß das Kloster Anhausen in der Kirche zu Nau seinen Anfang genommen habe. Was 1143 geschah, scheint bloß sich auf eine förmliche und vollständige Übergabe der Kirche und ihrer Einkünfte von Seiten Walters, der inzwischen Bischof von Augsburg geworden war – er war es von 1133 bis 1150, und starb im hohen Alter zu Seligenstadt 1153 – und in diesem Jahr eine Art von Wiederholung der Stiftung vornahm, zu beziehen. Das Stiftungsgut, das das Kloster Anhausen in Nau erhielt, bestand übrigens nicht bloß in der Kirche und deren Einkünften, sondern auch in sonstigen Gütern und Gefällen, Höfen, [196] Mühlen, Wiesen, Äckern etc., dann in Gütern und Gefällen in mehreren benachbarten Orten, namentlich in Alpeck, Osterstetten, Asselfingen, Ballendorf, Öllingen, Stotzingen, Setzingen, Börslingen, welche vermuthlich alle zu dem Kirchengut und Stift von Langenau gehörten. Das Kloster Anhausen wurde hierdurch nicht nur Patronatsherr von Nau, sondern auch Grundherr von einem nicht unbedeutenden Theile des Orts.

Von dem Stifter, dem Pfalzgrafen Mangold, ist in der Urkunde Walters von 1143 ausdrücklich gesagt, daß die Besitzung durch Erbschaft auf ihn gekommen sey. Es fragt sich also nur, welchem Geschlechte gehörte der Pfalzgraf Mangold an, und wem gehörte der andere Theil von Langenau? um über die frühern politischen Verhältnisse des Orts Aufschluß zu erhalten. Die Antwort darauf ist: Mangold und seine Söhne gehörten dem Stamme der Pfalzgrafen von Tübingen, der Dynasten von Ruck an (s. o. Alpeck und Beschreibung des O.Amts Blaubeuren, S. 130 u. f.); die Mitbesitzer Langenaus aber waren Mangolds Stammverwandte, die Dynasten von Alpeck, wie aus einer Orig. Urkunde vom J. 1305 hervorgeht, wodurch sich das Kloster Anhausen mit Zustimmung seines Vogts, des Grafen Ulrich von Helfenstein, mit dem Grafen Rudolph von Alpeck-Werdenberg über die beiderseitigen Rechtsverhältnisse in Nau verträgt, nach dieser Urkunde war Nau zwischen dem Kloster und dem Grafen v. Werdenberg in der Art getheilt, daß jeder Theil seinen eigenen Amtmann in dem Dorfe hatte, wovon jeder die Gerichtsbarkeit über die Leute seines Antheils innerhalb Etters, außerhalb Etters dagegen der Amtmann des Grafen v. Werdenberg allein ausübte. Das Kloster allein hatte das Recht auf zweien seiner Höfe, auf dem einen Wirthschaft zu treiben, auf dem andern Brod und Fleisch zu verkaufen.[2] Dagegen [197] besaßen die Grafen von Alpeck-Werdenberg mit der Gerichtsbarkeit außerhalb Etters auch die hohe Obrigkeit im Dorfe. Außer den genannten beiden Herrschaften kennt die Urkunde keine Theilhaber an L. Wie überall aber, so hatten auch hier einzelne Edelleute und Klöster Eigenthums- oder andere Rechte. So verkauften 1361 Seyfried und Fritz v. Bernstatt an Gr. Heinrich von Werdenberg Güter zu Altheim, Nawe und Stuppenloh. Derselbe Graf Heinrich verkaufte 1360 Güter zu Naw an seinen Schwager Wilhelm v. Kirchberg, welcher sie dem Wengenkloster überließ. Insbesondere war auch das Bisthum Augsburg in L. betheiligt, wahrscheinlich durch Vergabung des Bischofs Walther von Augsburg, des Mitstifters von Anhausen. Nach der oben angeführten Urkunde Walters von 1143, sollte dem Bischof eine gewisse Abgabe aus dem Zehnten und ein kleiner Beitrag zu den Almosen gereicht werden, auch besaß der Bischof einen Maierhof (1186 major villicatio genannt), der vermuthlich derselbe war, welchen 1261 Ulrich v. Welden von dem Bischof zu Lehen hatte, s. v. Raisers Guntia, S. 45. Was aber die angeblichen Besitzungen der K. Reichsministerialen in L. betrifft (Ulm. Mittelalter, S. 25), so sind diese theils unerwiesen, theils unerheblich, den Besitz der Grafen v. Alpeck-Werdenberg ausgenommen, der sich aus dem Obigen von selbst erklärt, ohne daß man zu Kaiserlichen Vergabungen von dem Kammergut Ulm seine Zuflucht zu nehmen hätte.

Es gab auch Edelleute, die sich von Nawe schrieben: Hermannus de Nawe kommt 1109, Markwardus de N. 1140, Rudolphus de N. 1235, ein Krafto in N. 1246, Heinricus de N. 1258, Waltherus de N. 1273, Sifridus de N. 1281 in Urkunden vor. Man will von ihnen den Ursprung der Familie Krafft in Ulm ableiten. Sie waren vermuthlich Dienstleute der Grafen von Alpeck-Werdenberg. [198] Den Grafen von Werdenberg zu Gefallen und den Ulmern zum Trotz geschah es, daß K. Karl IV. am 3. Oct. 1376 dem Grafen Heinrich von Werdenberg erlaubte, aus dem Dorfe, zu Nawe gelegen, unter der Veste Alpeck eine Stadt zu machen und darin Stock und Galgen zu haben. Die Spuren davon sind, wie oben bemerkt worden, noch jetzt zu sehen, und bis zu Ende des vorigen Jahrhunderts stand ein Galgen auf dem südwestlich gelegenen, noch so genannten Galgenberg. Aber Graf Heinrich befand sich bald in so bedrängter Lage, daß er mit seinem Sohne Conrad die neue Stadt schon im folgenden Jahre 1377 für 10.000 fl. in Gold, 1145 Pfund ital. Heller und 400 Pfund Würzburger Pfenninge an die Stadt Ulm verkaufte.

Das Kloster Anhausen blieb indeß fortwährend im Besitze seines Antheils; zur Zeit der Reformation, 1536, verkaufte jedoch der Herzog Ulrich von Würtemberg an die Stadt Ulm das Patronatrecht nebst 9 gefreiten Gütern, einer Mühle und nebst andern Gütern und Rechten zu Altheim, Ballendorf etc. für 15.000 fl. In demselben Jahre verpfändete der Herzog auch den Zehnten und andere Gefälle an die Stadt auf 15 Jahre für 30.000 fl. Diese Verpfändung wiederholte sich unter dem Herzog Christoph und seinen Nachfolgern gegen einen 1633 bis auf 120.000 fl. erhöhten Pfandschilling, bis endlich im Jahr 1744 die Pfandschaft auf immer abgelöst wurde.

Das Kirchenpatronat blieb in Folge des Verkaufs von 1536 bei Ulm. Auch das bestrittene Patronatrecht der Frühmeß und das von St. Leonhard wurde von dem Herzog Christoph in dem Pfandvertrag von 1555 an die Ulmer überlassen, welche beweisen zu können glaubten, daß die Frühmeß ihnen, die St. Leonhardsstiftung aber ihren Unterthanen, den Webern, gehöre. Die Frühmeß war 1445 von der Gemeinde in der Pfarrkirche gestiftet worden, 1468 stiftete Pfaff Vetscheler das Predigtamt in derselben; von beiden übte vor der Reformation die Gemeinde das Patronatrecht aus. Über [199] die Stiftung von St. Leonhard und St. Peter konnten wir keine nähere Nachrichten erhalten. Einer Sage nach soll die St. Leonhardskapelle die Kapelle der Grafen v. Werdenberg gewesen seyn, deren Schloß nicht weit davon stand.

Nachdem die Stadt Ulm wenige Jahre nach der Erwerbung von Langenau die ganze Herrschaft Alpeck gekauft hatte, so wurde L. der Sitz eines Ulmischen Oberamts und der Hauptort der obern Herrschaft des Ulmischen Gebiets. Es blieb solches auch, bis es 1803 ein Theil des K. Bayerischen Landgerichts O.Elchingen wurde, von wo es endlich 1810 an die Krone Würtemberg gekommen und zu dem, 1819 wieder aufgelösten Oberamt Alpeck gezogen worden ist. Die vormalige Würtembergische oder Kloster Anhausische Pflege in Langenau wurde 1810 in ein K. Cameralamt verwandelt.

Schließlich sind hier noch einige besondere Schicksale zu berühren, welche den Ort in vorigen Jahrhunderten betroffen haben. Im J. 1461 wurde L. von des Markgrafen Albrechts Truppen geplündert und 1462 in der Fasten von Herzog Ludwig von Bayern, der mit 10.000 Mann von Lauingen heraufzog und bis Ulm gegen 30 Dörfer verbrannte, auch „Naw mit sturmen genommen vnd verbrennt.“ Die Kaiserlichen vertheidigten sich damals gegen die Bayern hinter der Kirchhofmauer; der Kirchthurm wurde zerstört. Im Schmalkaldischen Kriege 1546 und im 30jährigen 1625 und nachher, erlitt der Ort abermalige Plünderung. Während des letztern Kriegs vertheidigten sich die Einwohner gegen die Mißhandlung des schwedischen Heeres vom 5.–6. Aug. 1633 hinter ihrer Kirchhofmauer.[3] Im Jahr 1635 wurde der Ort von den Kaiserlichen überfallen, der Kirchthurm wurde seines kupfernen Daches und seiner 3 Glocken beraubt, und 92 Wohnungen wurden in Asche gelegt. Noch im Jahr 1648 wurden unter Raub und Plünderung mehrere Häuser und Scheunen [200] verbrannt, und selbst die Mühlen zerstört. Als 1688 der französische General Teuquière sich auf seinen Streifzügen Langenau näherte, um auch hier noch einige Beute zu erhaschen, rückten die Einwohner dem Feind in starker Anzahl entgegen, tödteten ihm mehrere seiner Leute und trieben ihn weit über ihre Grenzen hinaus zurück. Besonders traurig war das Loos des Orts im Spanischen Successionskriege 1704, als nach dem Treffen bei Höchstätt die Trümmer der französischen Armee ihren Rückzug über Langenau nahmen, und wieder 1707, als Villars Heer die Gegend durchzog. Im französischen Revolutionskriege lagerten sich 1796, 1800 und 1805 bei Langenau feindliche Heere (das Treffen bei Elchingen am 14. Okt. 1805 fiel nur 11/2 Stunde von da vor), und der Wohlstand der Einwohner wurde durch die täglichen Requisitionen, Durchmärsche u. s. w. auf viele Jahre zu Grunde gerichtet. Gleichwohl wuchs der Ort fortwährend, und gerade die Verheerungen der Kriege, insbesondere des 30jährigen Kriegs, trugen zu seinem Wachsthum bei; denn sie waren die Veranlassung, daß die Einwohner näher zusammenrückten und manche zerstörte Höfe und kleinere Orte der Umgegend nicht wieder aufgebaut wurden. Unter solchen abgegangenen Wohnorten waren:

Berghausen, ein Weiler und Filial von Langenau, 3/4 St. nordwestlich an der Straße von Ulm nach Nerenstetten gelegen. 1387 verzichtet Peter Wolf, Bürger zu Gmünd, gegen die Stadt Ulm auf seine Ansprüche an ein Gut zu Berkhusen etc. Die Felder, welche zu den besten der Markung gehören, laufen noch unter dem Namen der Berghauser Lehen.

Schmiedhof, südlich von Berghausen, von einer Schmiede, die bei dem Hof gestanden hatte, so genannt. Die Güter – 54 Jauch. und ein Holz – heißen noch das Schmiedlehen. Vor einigen Jahren wurden hier noch ein Keller und anderes Gemäuer gefunden.

Anbrach, ein Hof, 3/4 St. südlich von L. auf dem Ried, oberhalb der Riedhöfe. Er wurde 1389 von dem [201] Kloster Wengen an die Stadt Ulm vertauscht. Die Felder heißen noch „in der Anbrach“.

Straßweiler, ein Hof, 3/4 Stunden westlich bei Stuppenlau.

Zu der Gemeinde Langenau gehören jetzt noch:

b. Riedhöfe, ein aus 2 nebeneinander stehenden Bauernhöfen bestehender Weiler, wozu noch 2 Söldnerhäuser bei der Sixenmühle gehören, mit 22 ev. Einw., 3/4 St. östlich von Langenau, am Anfang des Rieds.

c. Die Mussesmühle, nördlich von R. mit 4 Einwohner, und

d. Die Sixenmühle, östlich von R., mit 4 Einw. Beide Mühlen, Mahlmühlen, werden zusammen auch unter dem Namen der Riedmühlen begriffen, und kommen unter dem Namen der vordern und der hintern Riedmühle vor. Sie sind, wie die Riedhöfe, Filiale von Langenau, mit dem sie auch die sonstigen Verhältnisse theilen. Die Zehnten und Grundlasten sind unter denen von L. begriffen. Die beiden Müller haben in Veränderungsfällen Laudemial-Gebühren zu entrichten.

Diese Höfe und Mühlen zusammen bildeten vormals einen zusammenhängenden Weiler mit einer eigenen Kapelle zum hl. Kreuz. Im 30jähr. Kriege gingen die meisten Häuser mit der Kapelle zu Grund, so daß der Ort jetzt in die ebengenannten 3 Theile zerfällt, wovon jeder 1/8 Stunde von dem andern entfernt liegt.

e. Die Seemühle, nach ihrem Erbauer auch Oggenländer Mühle genannt, eine Ölmühle, mit einem Gut auf dem Wilhelmsfelde, 3/4 St. südöstlich von L. und 4 E. Nahe dabei liegt der Grimmensee (s. o.), aus welchem die Mühle ihr Wasser erhält, und woher sie auch die Seemühle genannt wird. Die Mühle wurde erst 1802 erbaut; der Erbauer und Besitzer lieferte den Beweis, daß der Torfboden, wenn er trocken gelegt ist, den auf ihn verwendeten Fleiß nicht unbelohnt läßt. Gegenwärtig wird hier gutes Korn und vorzüglich schöner Reps gebaut. Vergl. S. 43. [202] und S. 44. Bei dem Seehof befand sich von 1822 bis 1826 die v. Schottische Torfköhlerei, s. S. 38.

f. Schottenhof, ein Hof, 1/2 St. unterhalb der Seemühle auf dem Wilhelmsfeld, mit 4 Einw. Der Hof wurde erst 1824 angelegt. Er ist eine Schöpfung des Reg. Raths Schott von Schottenstein, dessen Verdienste um den Anbau des Langenauer Rieds oben S. 10 schon gerühmt worden sind. Er kaufte der Gemeinde Langenau 300 Morgen zu 25 fl. von ihrer Riedfläche ab und legte darauf den Hof an. Das Gut wird auf Wiesenwirthschaft betrieben und hat eine bedeutende Schweizerei, die gute Butter und Käse liefert. Musterhaft daselbst ist insbesondere die Güllenbereitung und die Art der Bedüngung des Guts.

Eine halbe Stunde nordwestlich von L. steht St. Jakob, ehemals eine Kapelle, welche 1540 abgebrochen wurde, jetzt ein Bierkeller. Zwei andere Wirthskeller stehen der eine an dem Wege nach Nerenstetten, der andere an dem Wege nach Wettingen.


21. Lehr,

ein evang. Kirchdorf auf der Alp, 11/4 St. von Ulm und 1/2 St. von Mähringen, wovon es Filial ist, mit 170 Einw. C. A. Ulm, F. A. Alpeck; den großen und kleinen Zehenten bezieht der Spital, mit Ausnahme eines Bezirks, wo sie der Staat hat. Die Grundlasten betragen 39 fl. in Geld und 836 fl. in Naturalien. Davon hat der Staat 543 fl., die Stiftungs- und Spitalpflege Ulm 131 fl., die Krafftische Familienstiftung daselbst 143 fl., die Kaplanei Drackenstein 39 fl. Das Übrige vertheilt sich unter die Heiligen- und die Gemeindepflege des Orts, die Heiligenpflege Dornstatt u. a.

Lehr, auch Lähr, hat eine freie Lage auf weiter Fläche, es leidet öfters Wassermangel. Der Ort hat eine Kirche, eine Schule und eine Schildwirthschaft. In der Kirche, womit auch ein Begräbniß verbunden ist, werden dieselben Gottesdienste gehalten, wie in der Mutterkirche. Die Baulast der Kirche ist zweifelhaft. Der Ort war in ältern Zeiten Filial von Ulm [203] und gehörte zum Kloster Reichenau, von wo er an die Stadt Ulm kam, siehe Grimmelfingen. Die Grundherrschaft war schon frühe, wie es noch jetzt die Gefälle sind, vielfach getheilt. Antheil daran hatten auch das Sammlungsstift in Ulm und die benachbarten Klöster. 1277 gibt Pilgrin von Bach einen Hof, womit vorher Gerwig Güß von ihm belehnt war, dem Kl. Söflingen zu Lehen. Die Spitalzehnten gehörten dem Kloster Reichenau und kamen von diesem mit andern 1446 an den Ulmer Spital. Am 20. Juni 1832 wurden durch einen Brand, der in einem Stadel ausging, 15 Gebäude in Asche gelegt. Im August 1704 hatte Prinz Eugen sein Hauptquartier in Lehr, als die Kaiserlichen nach der Schlacht bei Höchstädt Ulm belagerten. Im Jahr 1445 wurde hier Augustinus Marcus geboren, welcher 1520 Dr. Theolog. und Decan der Universität in Wien, 1540 Weihbischof in Würzburg war, und 1543 starb.


22. Lonsee,

ein evang. Pfarrdorf im Lonthal, 5 St. nordwestlich von Ulm, mit 313 Einw., C. A. und F. A. Alpeck. Den großen Zehnten hat die Stiftungsverwaltung Ulm, den kleinen die Pfarrei, einigen Zehntantheil hat auch der Schulmeister. Die Grundlasten betragen 103 fl. in Geld und 207 fl. in Naturalien. Über 2/3 davon erhält der Staat, das Übrige beziehen die Stiftungspflegen Lonsee, Ulm und Luizhausen etc.

L. gehörte zum Gebiet der vormal. Reichsstadt, und war unter Ulmischer Herrschaft, und bis 1803 ein Amtssitz; es hat Kirche und Schulhaus. Die Baulast der Kirche liegt auf der Heiligenpflege und nach ihr auf der Gemeindepflege, die des Pfarrhauses auf dem Staat. Die Kirche ist ein sehr altes Gebäude, und mit einem stattlichen Thurme versehen, der noch aus den Zeiten der Römer herstammen soll. Er hat 8 bis 9 Fuß dicke Mauern, auf seiner Südseite sind in der Höhe von einigen Klaftern zwei aus Stein gehauene Köpfe zu sehen, s. o. Alterthümer. In der Kirche befinden sich einige adelige Grabmäler. Der Kirchhof ist mit einer [204] Ringmauer und einem Eingangsthor versehen. Filiale der Kirche sind Halzhausen und Sinabronn. Ehemals stand bei dem Dorfe auch ein kleines Schloß, mit einem Freihofe, das zuletzt einem Consist. Rath Miller in Ulm gehörte und 1806 abgebrochen wurde. Zu demselben gehörte auch eine Mühle. Der Ort hat eine große Markung, 2 Schildwirthschaften, 1 Bierbrauerei, 3 Mahlmühlen, 1 Öhlmühle, viele Leinenweber, welche Stückweberei treiben; die Spindelfabrikation hat aufgehört. Die Wiesen liegen im Thale und können bewässert werden, die Äcker sind meist auf der Höhe. Schon in ältern Zeiten wurde in der Gegend viel Einkorn gebaut. Der Gemeindezustand ist gut; Arme, welche Unterstützung bedürfen, gibt es nicht. Der Ort hat bedeutende Waldungen. Die eigenthümlichen Gebräuche bei Hochzeiten etc. s. S. 34.

L. ist ein sehr alter Ort, dessen Ursprung in die Zeiten der Römer fällt. Die Castra Romana ad Lunam hatten hier und in der Umgegend ihren Sitz, s. S. 75. Ob die Urkunde, welche (nach v. Arx Geschichte von St. Gallen, I. S. 82) K. Arnolf 886 für das Kloster St. Gallen zu Lunsee ausstellte, in unserm Lonsee ausgestellt worden, mag dahin gestellt bleiben. Sicher ist, daß im Jahr 1108 eine gewisse Luitgardis Alles, was sie zu Lunsee, Urspring, Halzhausen, Reuti etc. erbschaftlich besaß, und zu derselben Zeit Herr Werner, Geistlicher von Urspring, seine Güter zu L., so wie die Kirche zu Urspring etc., dem Kloster Blaubeuren schenkte. Tübingen b. Sattler. Grafen IV. S. 301. (2te Aufl.) Was Luitgard schenkte, war ohne Zweifel auch die Kirche zu L., in deren Besitze man nachher das Kloster Blaubeuren findet. Luitgard war vermuthlich eine geborne v. Helfenstein. Die Grafen von Helfenstein hatten auch die Vogtey über die Kirche, und der Ort selber wurde von ihnen 1396 an Ulm verkauft, s. S. 70. Die Kirche wurde 1453 dem Kloster Blaubeuren einverleibt und der Pfarrer, oder nun Pfarrverweser auf eine Competenz gesetzt. Im J. 1534 vertauschte das Kloster die Güter, den Pfarrsatz u. a. Rechte gegen andere in Seißen, Sontheim etc. an die Stadt Ulm. [205] L. war einer derjenigen Orte, wo die Luft leibeigen machte, s. S. 60. Übrigens war es ehemals ein Marktflecken, hatte ein Kornhaus und einen wöchentlichen Fruchtmarkt, und war sogar mit Mauern und Thoren versehen, wenigstens heißen noch jetzt gewisse Güter „am Schackenthor, am obern Thor“ etc. Im J. 1372 stellt Graf Eberhard von Würtemberg zu „Lonsee ufm Feld" Mittwoch vor Barthol. der Stadt Ulm den Aussöhnungsbrief aus, wovon das Seitenstück bei Sattler Grafen I. Beil. Nr. 144 zu lesen ist. Von den drei Mahlmühlen liegt die eine oberhalb, die andere unterhalb des Dorfs, alle drei werden von der Lone getrieben.


23. Luizhausen,

ein evang. Pfarrdorf, mit einer Post, auf der Alp, an der Landstraße von Stuttgart, 41/4 St. nördlich von Ulm, mit 205 Einw., C. A. Langenau, F. A. Blaubeuren. Den großen Zehnten hat die Stiftungsverwaltung Ulm, mit Ausnahme von 2 M. und 16 M. Neubrüchen, wo ihn der Staat hat, den kleinen, den Obst- und Blutzehnten mit etwas Heu- und Öhmdzehnten, sowie den großen aus 24 Gemeinde Äckerlein hat die Pfarrei zu beziehen. Die Grundlasten betragen 13 fl. 19 kr. in Geld und 436 fl. in Naturalien, wovon der Staat 268 fl., die Stiftungsverwaltung Ulm 56 fl., der Spital daselbst 82 fl., die Heil. Pflege Lonsee 42 fl., und den Rest die Ortsheiligenpflege zu beziehen haben.

Der Name des Orts wurde mannichfaltig geschrieben: Ludolzhausen, Luitoldshausen, Lütlishausen etc., alles Veränderungen von Luithold. Der Ort hat ein Schulhaus, worin auch die Rathsstube ist, 2 Schildwirthschaften; mit einer derselben ist die Post verbunden, welche 1812 von Denkenthal hieher verlegt wurde. Die Kirche (zu St. Michael) liegt in dem obern Theile des ansteigenden Dorfes. Die Baulast ist zweifelhaft, die des Pfarrhauses hat der Staat. Boden und Lage sind meist rauh, gleichwohl hat die Cultur durch den Fleiß der Einwohner sich sehr gehoben, es wird insbesondere sehr viel Flachs gebaut. Gemeinde und Einwohner stehen [206] gut; es gibt viele Reiche und Vermögliche und keine Arme. Die Gemeinde besitzt ansehnliche Waldungen. In der Nähe des Dorfs findet man schönen Marmor.

L. war in ältern Seiten im Besitze der von Westerstetten, den Kirchensatz mit Widdum und Zugehör hatten die von Scharenstetten, bis er 1351 ebenfalls an die von Westerstetten kam. Laut Urkunde von diesem Jahr erklärt Jakob von Scharenstetten für sich und seine Brüder, daß sie den Kirchensatz in Leutlinshausen vor Graf Ulrich von Helfenstein gegen die v. Westerstetten mit Urtel und Recht verloren haben und alle fernern Ansprüche aufgeben. 1411 verleiht Graf Eberhard III. von Würtemberg dem Ytel v. Westerstetten zu einem Mannlehen das halbe Dorf Leutlishausen, ohne die Kirche, so ein Lehen des Grafen. In demselben Jahr gibt Eberhard dem Friedrich v. Westerstetten einen Lehenhof zu Luidolzhausen zu eigen, worauf ihn Friedrich an einen Ulmer Bürger für 288 fl. verkaufte. 1485 eignet Graf Eberhard (d. ä.) v. W. dem Ulrich v. Westerstetten das halbe Dorf Leutlinshausen mit Zugehör, ohne die Kirche, Letzterer machte dagegen das von Ulrich von Helfenstein erkaufte halbe Dorf Hohenstatt zu Lehen. In demselben Jahre verkaufte Ulrich von Westerstetten, Vogt zu Blaubeuren, sein Stukh und Gut zu Leutlishausen, alle Ober- und Herrlichkeit daselbst, das Umgelt, die Lehenhöfe, Gülten, Zinse etc. an Ulm für 2100 fl. Schon 1442 hatte die Stadt Ulm von Bernh. v. Winterstetten mit andern Gütern den halben Theil des Kirchensatzes erkauft, die andere Hälfte soll die Stadt 1441 erworben haben. Im J. 1458 hatte sich Ulrich v. Westerstetten d. ä., Ritter zu Trackenstein und Vogt zu Blaubeuren mit seinen Armenleuten zu Leutlishausen der Dienst halb vereinigt, die sie von den Gütern schuldig. Der Ort kam mit Ulm an Würtemberg. 1801 brannten hier 7 Gebäude ab, wobei 14 Stück Rindvieh und 3 Pferde umkamen.


24. Mähringen,

ein evang. Pfarrdorf, am Hange der Alp, gegen das Schammenthal, 13/4 St. nordwestlich von Ulm, mit 222 Einw., [207] C. A. Ulm, F. A. Alpeck. Den großen und kleinen Zehnten hat der Spital Ulm, den Neubruchzehnten der Staat zu beziehen. Die Grundlasten betragen 82 fl. in Geld und 440 fl. in Naturalien, wovon der Staat 268 fl., die Kirchenstifts-Verwaltung Ulm 23 fl. 42 kr., der Spital daselbst 193 fl., die Andreas-Kaplanei in Herrlingen 18 fl. 34 kr., das Übrige die Gutsherrschaft daselbst, die Gemeindepflege des Orts u. a. zu beziehen haben.

M. liegt zwar bergig, aber sehr angenehm, in einem wasserreichen Wiesengrunde; Kirche und Pfarrhaus stehen auf der Höhe. Die Kirche hat Lehr zum Filial, die Baulast liegt unentschieden auf der Gemeindepflege des Orts, die des Pfarrhauses auf der Stiftungspflege Ulm. Die Felder sind nicht die fruchtbarsten. Die Wiesen liegen im sogenannten Mähringer Thal; viele Einwohner haben auch Wiesen auf dem Riede in der Ulmer Markung. Der Ort hat eine Schildwirthschaft. Besonders stark wird die Gänsezucht getrieben. Die Landes- und Patronatsherrschaft war früher Ulmisch, 1810 kam der Ort mit Ulm an Würtemberg. In ältern Zeiten war Mähringen ebenfalls Filial von Ulm und der Ort gehörte dem Kloster Reichenau, s. Grimmelfingen. Im J. 1464 stiftete die Gemeinde in ihrer Kapelle eine Messe mit dem Vorbehalt, den Kaplan selbst wählen zu dürfen, indessen wurde die Kirche bis zur Reformation von einem Geistlichen von Ulm aus versehen. 1535 erhielt sie einen eigenen evang. Pfarrer.

Als der Abt von Reichenau 1272, 12. August, dem Kloster Söflingen einige Zehnten der Pfarrkirche in Ulm zu Söflingen, Butzenthal und Harthausen überließ, erhielt die Kirche dafür ein Fruchtgefälle in Mähringen und Lehr. 1366 14. Februar, verleiht Reichenau an Heinr. Städele, Bürger zu Ulm, des Gotteshauses Widdum und Widdumgut zu M. Von Reichenau kamen die Zehnten zu M. 1446 an den Spital Ulm. 1394 stiftet Adelheid Krafft ihre drei Güter daselbst an den Spital Ulm. Allmählig erwarb sich auch das Kloster Söflingen Güter und Gefälle in M. Im Jahr 1281 verkaufte Graf Eberhard v. Würtemberg den Maierhof [208] zu M. an das Kloster, siehe Ehrenstein; 1302 verkaufte Heinrich v. Nordholz und seine Söhne ihren Hof zu M. an das Kloster um 40 Pfund Heller, 1335 verkauft Gerwig v. Hörningen (Herrlingen), Ritter, seine 2 Huben zu M. für 85 Pfund Heller an dasselbe, 1356 das Kloster Reichenau 6 Jauch. Äcker und 1369 Berthold v. Stein von Klingenstein seinen Hof und Gut zu M. an ebendasselbe um 224 Pfund Heller. Diese Güter kamen später 1773 an Ulm, s. Söflingen.

Im 30jähr. Kriege, 1631 und im span. Erbfolgekriege, 1707, wurde der Ort ausgeplündert und dann niedergebrannt; auch im franz. Kriege, 1796, 1800 und 1805 hat er sehr gelitten. – In der Gegend wird guter Wasserletten gegraben.


25. Neenstetten,

ein evangel. Pfarrdorf auf der niedern Alp, 43/4 St. von Ulm, mit 444 Einw., C. A. Langenau, F. A. Alpeck. Den großen Zehnten bezieht von 783/8 M. der Staat (von dem Wengenkloster her); von dem Übrigen der Spital Ulm; den kleinen, den Obst- und Blutzehnten, etwas Heu- und Öhmd-Zehnten die Pfarrstelle, zum Theil gemeinschaftlich mit dem Spital; aus einem Ösch, vormals Wengischen Zehntbezirk, hat die Pfarrei Holzkirch alle 3 Jahre den Zehnten im Sommerfeld. Die Grundlasten betragen 55 fl. in Geld und 370 fl. in Naturalien, wovon der Staat 182 fl., die Kirchenstiftungs-Verwaltung Ulm 66 fl., der Spital 60 fl., das Übrige die Heiligenpflegen Neenstetten, Altheim, Ballendorf, Weidenstetten und die Pfarrstelle Ballendorf beziehen.

N. liegt auf einer fruchtbaren Ebene; leidet aber öfters an Wassermangel. Es hat ein 1819 erbautes Schulhaus, 2 Schildwirthschaften und 1 Brauerei, und betreibt die Obstzucht mit Fleiß. Der Wohlstand des Orts war in der letztern Zeit ziemlich gesunken, hebt sich aber jetzt wieder durch die Emsigkeit der Einwohner und unter dem wohlthätigen Einfluß eines vorzüglichen Ortsvorstehers, des Schultheißen Junginger, wieder auf eine erfreuliche Weise.

[209] In der sehr alten Kirche zu St. Ulrich befindet sich ein gutes Altarblatt, das Abendmahl vorstellend, von Hans Stürmer, mit der Jahrszahl 1652, das aber von einem spätern Maler übermalt und verdorben worden ist. Die Baulast der Kirche liegt auf der Heiligen- und Gemeindepflege, die des Pfarrhauses auf dem Staat. Filiale hat sie nicht. Die Gemeinde besitzt viele Waldungen.

N. wurde 1385 von dem Grafen von Werdenberg an Ulm verkauft, und blieb im Besitze der Stadt bis 1802.


26. Nerenstetten mit Wettingen.

a. Nerenstetten, ein evang. Kirchdorf mit Poststall, auf einer fruchtbaren Ebene der Alp, 41/2 St. nordöstlich von Ulm an der Nürnberger Straße und nahe am Lonthal, mit 126 Einw., Filial von Setzingen, C. A. Langenau, F. A. Alpeck. Den großen Zehnten bezieht der Staat, den kleinen, den Neubruchzehnten, den Obst- und etwas Heu- und Öhmdzehnten die Pfarrei Setzingen. Mit dem kleinen Zehnten hat die Pfarrei auch den Gerstenzehnten im Sommerfeld, und hälftig mit der Finanzkammer den Zehnten von dem Mischlinghaber zu beziehen. Die Grundlasten betragen 12 fl. in Geld und 258 fl. in Naturalien. Davon hat der Staat 86 fl., die Kirchenstifts-Verwaltung Ulm 140 fl., der Freih. v. Scheeler 24 fl. u. s. w. zu beziehen.

N. hat eine Kirche und Schule, seit 1835 ein Rath- und Schulhaus, eine gute Schildwirthschaft und eine Brauerei, welche starken Absatz nach Aussen hat. Die Baulast der Kirche ruht auf der Heil. und Gem. Pflege. An der Kirche, in der an Sonn- und Feiertagen alle Gottesdienste wie in der Mutterkirche gehalten werden, ist seit 1831 auch ein eigener Begräbnißplatz. Vor der Reformation und bis 1548 hatte N. einen eigenen Geistlichen. Wie bei Setzingen zu finden ist, kommt N. 1343 unter der Benennung Städtlein – Oppidum vor; es scheint also einige Befestigung gehabt zu haben. Übrigens gehörte es, wie Setzingen, vormals den Grafen v. Alpeck-Werdenberg, und kam von diesen an Ulm, s. oben. [210] Der 30jähr. Krieg richtete auch hier große Verheerungen an; 28. Nov. 1688 wurde der Ort von den Franzosen in Asche gelegt.

b. Wettingen, ein evang. Pfarrweiler in einer Niederung, 1/2 St. nördlich von Langenau, mit 61 Einw., C. und F. A. wie oben. Den großen Zehnten bezieht die Stiftungsverwaltung Ulm; den kleinen, den Heu- und Öhmd-, den Obst- und Blutzehnten die Pfarrei Langenau, den Novalzehnten der Staat. Die Grundlasten betragen 27 fl. 20 kr. in Geld und 454 fl. in Naturalien. Davon kommen zu: dem Staat 113 fl., der Stiftungsverwaltung Ulm 138 fl., dem Justizrath Schmid das. 101 fl., das Übrige dem Spital Geißlingen, den Heil. Pflegen Langenau und Wettingen, und der v. Bessererischen Familienstiftung in Ulm.

Wettingen hat Kirche und Schule. Die Kirche zum heiligen Cyriakus wird von der Heiligenpflege gebaut; 1753 wurde der Thurm größtentheils neu hergestellt. Die Kirche war früher Filial von Langenau und wurde als solches von dem Helfer zu Langenau versehen; allmählig erhielt sie pfarrliche Rechte – 1611 Taufen, 1756 Trauungen, 1783 Begräbniß und 1811 wurde sie endlich zur förmlichen Pfarrkirche erhoben und das Pfarramt mit der Stelle eines Helfers zu Langenau verbunden. Das Patronat der Kirche und des Schuldienstes war ehemals Ulmisch. S. auch S. 193.

W. gehörte, wie Langenau, zur Herrschaft Alpeck und kam 1383 an Ulm. Die Gefälle hatte ehemals das Kloster Anhausen, von dem sie durch Tausch mit Würtemberg an Ulm kamen. Die Pariser Golderbsen, die hier 1820 zuerst gebaut wurden, gerathen vorzüglich.


27. Nieder-Stotzingen,
[4]

ein aus zwei kirchlichen Gemeinden, einer evang. und einer [211] kath., bestehendes Pfarrdorf mit Marktgerechtigkeit, am Fuße der Alp und an der Landstraße von Ulm nach Lauingen, 7 St. nordöstlich von Ulm, mit 688 evang. und 656 kathol. Einwohnern, C. A. Langenau, F. A. Alpeck. Den großen Zehnten hat größtentheils der Grundherr, den kleinen, den Obst- und Blut-, den Klee-, Heu- und Öhmd-Zehnten beziehen die beiden Pfarrstellen des Orts; einigen Antheil an den Zehnten haben auch die beiden Schullehrer des Orts und die Pfarrstelle im Lonthal etc., sowie an dem Kleinzehnten die Grundherrschaft. Die Grundlasten sind im Cataster zu 565 fl. in Geld und 3058 fl. in Naturalien berechnet. Daran haben die von Stein 317 fl., der Besitzer von O.Stotzingen 281/2 fl., die Kaplanei N.Stotzingen 60 fl. 15 kr., die kath. Heiligen-Pflege 44 fl., die evang. 8 fl., die Heiligenpflege in O.St. 2 fl. 55 kr., und das vorm. Kloster Echenbronn, nunmehr das k. bayer. Rentamt Lauingen, 56 fl. 25 kr., alles Übrige die Grundherrschaft zu beziehen. Grundherr ist der Graf Karl Leop. v. Maldeghem. Das Patronatrecht von der kath. und mit einiger Beschränkung (s. u.) auch von der evang. Pfarrei, sowie der beiden Schulämter, hat der Graf, das von der kath. Kaplanei der Freiherr von Stotzingen.

N.Stotzingen bildet ein Rittergut, wovon die eine Hälfte vormals ein reichsritterschaftliches, zum Kanton Donau gehöriges Gut mit hoher und niederer Gerichtsbarkeit war, die andere Hälfte aber, wie wir nachher sehen werden, erst neuerlich von dem jetzigen Gutsherrn erworben worden ist, und zwar durch Kauf von dem Staate. Beide Theile sind Allodium. Zu dem ersten gehören nach der Matrikel: 1 Schloß mit Nebengebäuden und einem Garten, ein Beamtenhaus und 62 M. Acker, 33 M. Wiesen und 755 M. Wald, sodann 10 falllehenbare Bauernhöfe und 64 erbgütige Sölden. Ferner 4 Söldgüter zu Bissingen und ein Bauerhof zu Sontheim an der Brenz; endlich das Patronatrecht (s. u.) der evangel. Pfarrei N.St. Sein reiner Ertrag wird zu 4000 fl. angegeben. Zu dem neu erworbenen Theile gehören: ungefähr [212] 15 Morgen Güter und 5375/8 M. Waldungen, die oben bemerkten Zehnten, Lehengefälle, Gülten und Grundzinse nebst dem Patronat der kathol. Pfarrei, wozu neuerlich noch Jagdrechte kommen, s. u. Der Ertrag wurde nach Abzug von 736 fl. Lasten zu 4950 fl. berechnet. Dieser zweiten Hälfte wurde bei dem Verkauf die Eigenschaft eines adeligen Guts verliehen, jedoch mit Ausschluß aller Hoheits- und obrigkeitlichen Rechte und deren Surrogate. In Beziehung auf die andere Hälfte, sowie auf weitere Besitzungen verzichtete der Graf, laut der Bekanntmachung vom 20. Juni 1834, Rgbl. Nr. 34, auf die Patrim. Gerichtsbarkeit, die Ortspolizei und Forstgerichtsbarkeit und trat dagegen in die durch die Königl. Declaration vom 8. December 1821 zugesicherten Surrogate ein. Zu den weitern Besitzungen des Grafen gehören noch im Königreich die vormals reichsunmittelbaren Rittergüter Stetten im Lonthal, mit Lonthal und Kaltenburg und Bergenweiler, O.A. Heidenheim, und seit 1835 auch Oberstotzingen, sodann als Zugehör des Stotzingen gegenüber im Königreiche Bayern gelegenen gräflichen Guts Riedhausen, zu O.-Stotzingen, 110 M. Wald und zu Sontheim an der Brenz 101/2 Morgen Äcker.

N. Stotzingen zeichnet sich insbesondere durch seine schöne und freundliche Lage zwischen der Donau und der Brenz aus, welche eine weite Aussicht beherrscht. Es ist der Sitz des Gutsherrn und eines gräflichen Rentbeamten, und hat zwei Pfarrer und einen kath. Kaplan. In frühern Zeiten war N.-Stotzingen ein Städtchen; noch jetzt sind Überreste von Mauern und Gräben und ein Thor vorhanden, und es wird der Ort noch in Städtlein und Vorstädtlein getheilt, welche durch das Thor getrennt werden.

Unter den Gebäuden zeichnet sich das große und schöne Burgschloß des Gutsherrn aus, das von einem frühern Besitzer, dem österr. Feldzeugmeister, Grafen Karl Leop. von Stain, auf den Grund der alten Burg in den Jahren 1776 bis 1783 erbaut worden, und von seinem jetzigen Besitzer vielfach, besonders durch Erweiterung und neue Anlegung des [213] über 12 Morgen großen Gartens verschönert werden ist, so daß es jetzt einen der schönsten Rittersitze im Königreiche bildet. Diesem Schlosse gegenüber stand früher ein zweites, das alte Kloster oder Kaisersheimische Schloß, eine alte, sehr hohe und große Steinmasse, gemeiniglich „das Steinhaus“ genannt, das den Klosterbeamten zur Wohnung diente. Nach der Auflösung des Klosters wurde das Gebäude von der Krone Bayern an 7 Bürger verkauft, die es 1811 bis auf die Nebengebäude abbrachen. Letztere kaufte 1821 der Graf und ließ sie ganz abbrechen, und den Platz theils zu den Gartenanlagen, theils zu Erbauung einer Beamtenwohnung verwenden. In dem Vorstädtlein steht das sog. Freihaus, ein hölzernes Gebäude, das von einer Linie der v. Stain bewohnt wurde. Es war ehemals der Kl. Königsbronner Hof, wurde aber 1587 von Herzog Ludwig von Würtemberg dem Obersten Heinrich v. Stain, dem Reformator, geschenkt und ist jetzt vermiethet. Ausserdem hat der Ort ein Rathhaus, eine Kirche und ein Schulhaus, ein evang. Pfarrhaus und ein kathol. Kaplaneihaus. Die Kirche (zu St. Peter und Paul) ist ein sehr altes Gebäude, der Chor, der neuer ist, wurde 1501 gebaut. An die Kirche schließt sich eine kleine Kapelle an, welche von Ritter Puppelin von Stain 1575 erbaut und zu einem Familien-Begräbniß (in der Erde) bestimmt wurde. Sowohl in dieser Kapelle, als in der Kirche befinden sich verschiedene Grabmäler. Der Kirchturm wurde 1752 wegen Baufälligkeit abgebrochen und seitdem nicht wieder hergestellt. Die Baulast der Kirche liegt noch im Streit, die Kirche ist gemeinschaftlich zwischen beiden Confessionen. Das Schulhaus gehört jedem Theile zur Hälfte. Die Baulast des evang. Pfarrhauses hat der Gutsherr, ein katholisches ist dermalen nicht vorhanden, der Gutsherr läßt aber gegenwärtig eines bauen. Bei jeder Gemeinde ist ein Pfarrer und bei der kath. noch ein Kaplan angestellt. Filial der kathol. Pfarrei ist der Hof Schwarzenwang; bis 1806 war auch Burgberg eingepfarrt, dagegen waren bis 1811 drei Familien nach O.Stotz. eingepfarrt. Der Gemeinderath und Bürger-Ausschuß [214] besteht hälftig aus evang. und hälftig aus kathol. Mitgliedern; bei der Wahl eines Ortsvorstehers kommt die Confession in keinen Betracht. Die Einwohner betreiben neben Ackerbau und Viehzucht viele Gewerbe, besonders die Weberei; der Ort hat eine 1731 errichtete Apotheke, 6 Schildwirthschaften und 6 Brauereien und Essigsiedereien, mehrere Krämer, mehrere Frucht- und Viehhändler, 19 Leineweber mit 3 Gesellen; einen Schnellermarkt, 2 Vieh- und Krämermärkte. In früherer Zeit war der Leinwandhandel sehr bedeutend. Der Gartenbau wird zum Theil auch auf den Verkebr betrieben; die Markung ist übrigens klein, s. Tab. II. Die Einwohner erhalten Holz aus den grundherrlichen Waldungen, es wird aber auch viel Torf gebrannt.

N.Stotzingen scheint anfänglich zu der Grafschaft Dillingen gehört zu haben, wie auch O.St. zum alten Landcapitel Dillingen gehörte. Von den Grafen v. Dillingen scheint es theils auf die Grafen von Truhendingen,[5] theils, wie Dillingen selber, auf das Bisthum Augsburg gekommen zu seyn.[6] Beide Theile besaßen später noch, wie wir sehen werden, in lehensherrlicher Eigenschaft nicht nur die Kirche und Zehnten und selbst die Burg zu St., sondern auch mehrere Höfe und Güter. An die Stelle der Grafen von Truhendingen traten die Burggrafen von Nürnberg; in einer unten angeführten Urkunde von 1403, nennt der Burggraf Friedrich den Hans von Truhendingen seinen seel. Oheim. Als Vasallen der Grafen von Dillingen und ihrer Nachfolger besaßen die Ritter v. Stotzingen, welche uns früher schon, namentlich bei Heudorf, O.A. Riedlingen vorgekommen sind, und von denen noch ein [215] Zweig zu Steißlingen bei Stockach lebt, den Ort. Im J. 1295 allodificirt Sibotto von Gundelfingen für das Kloster Kaisersheim einige Güter zu Asselfingen, welche Ulrich von Stotzingen und seine Schwester Elisabeth dem Kloster geschenkt hatten, v. Raisers Lauingen, S. 48, Nr. 61. 1329 verkauft Heinr. v. Stotzingen den Kirchensatz mit Widdum und Zehnten an das Kloster Herbrechtingen im Brenzthal für 700 Pfund Heller, und der Bischof von Augsburg, als Lehensherr der einen Hälfte und Graf Friedrich von Truhendingen, als Lehensherr der andern Hälfte, genehmigten den Verkauf und schenkten dem Kloster das Eigenthumsrecht des Besitzes. 1355 stiftete Heinrich von Stotzingen d. ä. mit seinen Söhnen und Neffen in der Pfarrkirche eine Frühmeß zu Ehren der h. Catharina, und übertrug deren Lehenschaft dem Kloster Herbrechtingen mit der Befugniß, sie im Nothfall auch unbesetzt und durch den Pfarrer versehen zu lassen. Aber dies ist auch fast Alles, was man von dem Besitze der v. St. weiß. Bald kommen andere Besitzer zum Vorschein – die von Rietheim, Leimberg, Westernach und Stain, welche schnell aufeinander folgen. Nach Archival-Urkunden vermacht schon 1341 Friedrich v. Rietheim dem Kloster Anhausen, das schon 1143 mit Gütern zu St. vorkommt (s. Besold 328) 1 Hof daselbst; 1345 verleiht der Bischof von Augsburg dem Fr. v. R., den ihm von Gerwig von Stotzingen aufgegebenen Hof und ein Holz, das Knöringer Holz genannt. 1366 erlaubt K. Karl IV. dem Wilhelm von R. und seinen Erben, aus ihrem Dorfe Stotzingen eine Stadt zu machen, sie mit Mauern und Gräben zu umgeben und Stock und Galgen aufzurichten. Im J. 1403 verleiht der Burggraf Friedrich von Nürnberg dem Peter Leimberg zu einem Mannlehen die Güter zu St., die vormals von der Herrschaft Truhendingen zu Lehen gingen, und Peters Vater von dieser zu Lehen hatten. 1452 stellt der Bischof v. Augsburg dem Peter von Leimberg einen Lehenbrief aus, um die Güter zu St., und in demselben Jahre verleiht auch Graf Friedrich von Helfenstein Ebendemselben 2 Höfe zu St. und wieder die [216] Lehen, die seine Vordern daselbst gehabt haben; 1444 belehnt der Markgr. Albrecht von Brandenburg, Burggraf zu Nürnberg, den Peter v. Leimberg mit der Burg Unter-Stotzingen und dem Knöringer Holze, nebst dem dazu gehörigen Baumgarten und Bau, und empfängt dafür von dem Belehnten nach Herkommen 500 fl. Schon 1408 hatte K. Ruprecht einen Peter von Leimberg mit einem Hofe (dem Königsmad) und dem Halsgericht zu U. St. belehnt, und 1446 belehnte K. Friedrich III. den Peter von Leimberg mit dem Blutbann in dem Städtlein St. Aber nun verschwinden die Leimberg und es treten durch Erbschaft die von Westernach an ihre Stelle, die jedoch das Besitzthum gleich wieder verkauften.

Im Jahr 1458 kaufte nämlich Puppelin von Stain den Ort von Peter, Rügger und Eitelhans von Westernach um 13.581 fl. Auf der Familie Stain blieb dann auch das Gut bis aufs J. 1809. Durch eine Theilung aber, welche 1550 unter den Söhnen Bernhards von Stain in den väterlichen Besitzungen vorging, wurde N. St. selbst zwischen den Brüdern Heinrich und Bernhard d. j. in zwei Hälften getheilt, die eine mit dem Wohnsitz im Burgschlosse, die andere mit dem Wohnsitze im Steinhause. Im J. 1565 führte Heinrich von Stain, W. Rath und Oberpfleger der Herrschaft Heidenheim, in seiner Hälfte die Reformation ein.[7] Die andere Hälfte, welche bei der kathol. Confession geblieben war, nämlich „das ganz adeliche Schloß und Gut N. St. mit dem halben Theil daran liegenden Stättlein und Vorstättlein, sammt dem Antheil an den adelichen Lehen,“ wurde 8. Nov. 1661 von Franz Wilh, v. St. an das Kloster Kaisersheim um 26.000 fl. verkauft. Die evangelische Hälfte blieb fortwährend im Besitze der Stainischen Familie; [217] 1628 aber zerfiel sie unter Friedrich David und Eitel Heinr. von Stain in zwei Theile, in den burgschlossischen und in den freihausischen Theil, wurde jedoch nach dem Erlöschen der Freihausischen Linie von Stain unter dem Grafen Karl Leopold v. Stain, Österr. Feldzeugmeister, 1800 wieder vereinigt. Nach dem Tode des Letztern, im J. 1809, vererbten sich seine Allodial-Besitzungen – N. Stotzingen, Bergenweiler und Riedhausen – an seinen Neffen, dem Grafen Joseph Alex. Franz von Maldeghem in Brüssel und an seine Schwester Ther. Aug. v. Stain, gewesene Stiftsdame zu Chateau-Chalons. So theilte sich die Stainische Hälfte von Nieder-Stotzingen abermals in zwei Theile, überdieß waren die Lehen nach dem Tode des Feldzeugmeisters den Freiherren Leopold und Marq. von Stain zu Rechtenstein-Ichenhausen als den Stammsverwandten zugefallen. Es waren dies hauptsächlich die oben erwähnten vormals Augsburgischen und die Brandenburg-Onolsbachischen Lehen, sämmtlich Mannlehen, wovon ersteres noch in zwei Höfen, letzteres aber in dem Schloß und Burgbau nebst 1161/2 J. Burgbauäcker, dem Burggarten und dem Knöringer Holz bestand. Als der Graf Alex. von Maldeghem noch in demselben Jahre 1809 mit Tod abgegangen war, folgte ihm sein Sohn, der jetzige Gutsherr, in seinem Besitze, und nachdem 1816 auch die Freifr. Ther. Aug. v. Stain zu Dole gestorben war, trat er durch Testament auch in ihren Besitz ein, und wurde so der alleinige Besitzer der gedachten Allodialherrschaften. Die Lehen wurden von ihren Inhabern, den Herren v. Stain 1821 und 1822 allodificirt und hierauf die vorm. Augsburgischen Bauernhöfe von ihnen an die Afterlehensbauern, sowie die Burgäcker und das Knöringer Holz an verschiedene Ortseinwohner, die Lehengebäude aber, die nunmehrigen Schloßgebäude, schon am 4 Oct. 1821 an den Grafen v. Maldeghem für 15.000 fl. verkauft. Inzwischen war 1802 die Kaisersheimische Hälfte und 1806 die Hoheit über die andere Hälfte an die Krone Bayern, von dieser aber 1810 an Würtemberg gekommen. [218] Im J. 1830 kaufte dann letzterer auch, wie oben schon gesagt worden, von der Krone Würtemberg, die vormals Kaisersheimische Hälfte nebst einem altwürt. Lehenhofe, so daß er sich nun im Besitze der Grundherrschaft des ganzen Orts befand. Der ebengedachte altw. Hof war 1332 von Dietmar v. Kaltenburg dem Kloster Herbrechtingen unter der Bedingung überlassen worden, daß dasselbe jährlich 6 Zehnt-Hühner und 4 Malter Getreide in das Kloster nach Echenbronn bei Lauingen gülten soll. Mit dieser Hälfte wurde dem Grafen auch das Patronatrecht der kathol. Pfarrei überlassen. Endlich kaufte der Graf auch noch im J. 1835 von dem Staat den Antheil des letztern an dem Koppeljagd-District N.Stotzingen und den sog. Kaltenburger Jagddistrict um 2987 fl.

Die Stadtgerechtigkeit, welche N.St. 1366 von K. Karl IV. erhalten hat, wurde 1430 von K. Sigismund und 1617 von K. Matthias mit Einschluß der Wochenmarktgerechtigkeit erneuert. Die jetzigen Jahrmärkte erhielt der Ort von der Würtemberg. Regierung 1819.

Die Pfarrei des Orts ist sehr alt. Die Kirche oder Kapelle St. Andreas, welche vermuthlich die erste und älteste Kirche ist, wurde schon 1219 von Graf Berenger von Alpeck dem Wengenkloster zu Ulm geschenkt, das damit auch den sog. Pfaffenbauern Hof erhielt, beides aber 1423 an Peter v. Leimberg gegen Güter zu Börslingen vertauschte. Die Kirche stand auf dem Gottesacker, und wurde erst 1809 als baufällig abgebrochen.

Das Patronatrecht, das, wie wir gesehen haben, 1329 an das Kloster Herbrechtingen verkauft worden, blieb von dieser Zeit an bei dem Kloster und durch dasselbe bei Würtemberg. Durch die im J. 1565 von Heinrich von Stain in seiner Ortshälfte eingeführte Reformation entstanden 2 Pfarreien, eine evang. und eine katholische. Aus Gefälligkeit gegen den Reformator mögen diesem von Würtemberg in Beziehung auf die Besetzung der Pfarrei gewisse Zugeständnisse gemacht worden seyn. Später entstand darüber Zwist, der durch einen Vergleich 1747 dahin geschlichtet wurde, daß der [219] Edelmann jedesmal zwei Kandidaten nominiren, Würtemberg aber einen derselben wählen, und dem Gewählten die Pfarrei übertragen, diesen aber dem Edelmann zur Konfirmation präsentiren soll.

Die Frühmeß oder St. Cathar. Kaplanei wurde 1355 von Heinrich von Stotzingen und seinen Söhnen und Neffen gestiftet. Das Patronatrecht wurde in dem Stiftungsbriefe dem Kloster Herbrechtingen verliehen, gleichwohl übt es noch auf den heutigen Tag die Familie von Stotzingen aus; 1429 soll von einem Hans v. Stotzingen eine wiederholte Stiftung vorgenommen worden seyn.

Ausser dieser Kaplanei hatte N. St. noch eine zweite, die Kaplanei zur h. Maria. Diese wurde bei der Reformation mit der kathol. Pfarrei vereinigt, und letzterer auch das Kaplaneihaus überlassen. Das Haus brannte 1622 ab, und das Kloster Kaisersheim baute endlich 1673 wieder ein neues, das aber 1725 ebenfalls abbrannte und seitdem nicht wieder hergestellt wurde, weßwegen der kath. Pfarrer zur Miethe wohnte. Früher hatte die kathol. Pfarrstelle auch Zehnten in O. Stotzingen und Asselfingen, und jene von O. St. in N. St.; 1829 wurde ein Tausch zwischen beiden Stellen vorgenommen.

Bemerkenswerth sind die vielen schweren Unglücksfälle, welche den Ort betroffen haben. Auf Befehl des K. Ludwigs, die Raubschlösser Brenz und Stotzingen zu zerstören, gegeben zu München 1340, wurde Schloß und Städtchen von den Augsburgern verbrannt, wofür sie 1000 Mark Silber erhielten, 1378 litt der Ort wieder sehr im Städtekriege; in dem Schmalkaldischen Kriege, 1546, lagerte sich hier K. Karl V. mit einem Theil seines Heers in dem nahe gelegenen Sparren Walde, zu großem Bedrängniß der Einwohner. Noch sieht man davon die Reste einer Schanze, der Büschelgraben genannt. Ebenso hatte N. St. im 30jähr. Kriege, sodann bei dem Einfall der Franzosen 1688, die hier am 27. Oct. ebenfalls ein Lager schlugen, ferner in dem span. Erbfolgekriege 1704 hart gelitten. In dem letzten franz. Kriege, [220] 1796, wurde ein franz. Depot in N. St. von den Österreichern überfallen, und weil dabei die Verrätherei eines Ortsbürgers mitgewirkt hatte, mußten die Einwohner an den General Vandamme die Summe von 25.000 fl. bezahlen, wozu später noch mehrere andere Brandschatzungen kamen.

Besonders stark hat N. St. von frühen Zeiten her durch Brand gelitten, 1579 brannten hundert Gebäude ab. Ein Landsknecht hatte einen Bettelknaben gegen den Lohn von 1 fl. überredet, das Haus eines Bürgers anzuzünden. Der Knabe wurde bei dem Hochgericht auf dem Platze, welcher noch den Namen „Guldenwiese“ trägt, verbrannt. 1622 brannten wieder 30 und 1725. 65 Gebäude, darunter die beiden Pfarrhäuser, ab; 1773 schlug der Blitz ein und legte 40 Gebäude in Asche. Ebenso brannten 1781. 29, 1784. 5, und 1823. 32 Gebäude ab. In der Nähe des Orts werden mancherlei Versteinerungen gefunden, s. S. 22. Ein sogen. Hungerberg kommt auch hier vor.


28. Ober-Stotzingen,

ein kathol. Pfarrdorf auf der Höhe in freier Ebene, 63/4 St. nordöstlich von Ulm, mit 427 Einw., C. A. Langenau, F. Amt Alpeck. Den großen Zehnten hat der Gutsherr, die Hälfte von 53/4 Morgen die Ortspfarrei, von 33/4 M. die Bayer. Pfarrstelle in Riedhausen, den kleinen bezieht die Pfarrstelle von allen Äckern, welche der Gutsherrschaft Gülten geben, von den andern aber die letztere, den Heu- und Öhmd-, den Obst- und Blutzehnten ebenfalls die Pfarrstelle. Die Grundlasten betragen 345 fl. in Geld und 978 fl. in Naturalien, daran haben der Grundherr 1078 fl., der Staat 110 fl., die Heiligen- und die Armenhaus-Pflege des Orts 116 fl., die Pfarrei 4 fl. 8 kr., und der Graf von Maldegdem 24 fl.

Grund- und Patronatsherr ist der Graf v. Maldeghem zu N. Stotzingen. Er besitzt O. St. als ein Rittergut. Das Gut ist Allodium. Zu dem Gut gehören: ein Schloß mit 307/8 M. Gütern und 1942/8 M. Wald, eine Umgelds-Entschädigung [221] von 50 fl., Zinse, Gülten und Zehnten, und die niedere Jagd. Der Ertrag des Guts ist in der Matrikel zu 4000 fl. angegeben. Das Gut war vormals reichsritterschaftlich und gehörte zum Kanton Donau, es hatte die niedere und innerhalb des Schloßbezirks auch die hohe Gerichtsbarkeit, so wie noch jetzt das Patronatrecht. Die hohe Gerichtsbarkeit war ausserdem bei Ulm. Als Grundherr von Bechlingen besitzt der Freiherr v. Süßkind zu Augsburg 250 M. Wald zu Ober-Stotzingen.

Die Lage des Orts gewährt eine ausnehmend schöne Aussicht über das Donauthal, die Städte Günzburg, Lauingen, Dillingen. Bei trockener Witterung entsteht zuweilen Wassermangel im Ort; es befindet sich aber 800 Schritte vom Ort eine nie versiegende Brunnquelle, „der Schwarzbaurenbrunnen“ genannt. Der Ort hat ein gutsherrl. Schloß mit einem großen Garten, Kirche, Schulhaus und ein Armenhaus, eine Schildwirthschaft und Brauerei, und eine 1833 errichtete Ziegelhütte. Die Kirche, zum h. Martin, ist mit einem sehr alten Thurme, woran sich die Jahrzahl 1082 befindet, versehen, dessen oberer Theil aber 1823 auf Kosten der Zehntherren erneuert wurde, welche bei Unvermögenheit der Heiligenpflege die Baulast der Kirche haben, und ebenso auch die des Pfarrhauses, das 1761 neu gebaut worden ist. Bis 1811 waren 3 Familien in O.St., und bis 1812 die Einw. von Stetten Filialisten der Kirche. An dem Wege nach Asselfingen steht noch eine Kapelle, die Wolfgangs-Kapelle. Sie wurde von Wolfg. v. Umgelter mit 600 fl. dotirt, nach Erbauung der neuen Kirche im J. 1761 als entbehrlich an 3 Stotzinger Bürger verkauft, das Vermögen wurde mit der Pfarrstelle vereinigt. Als 1691 ein im Schlosse befindliches Kreuz den Ruf eines Wunderbildes erhielt, wurde es in die Wolfgangskapelle versetzt. Der dabei abgehaltenen Feierlichkeit wohnte der berühmte Pater Kochem bei. Die Einwohner nähren sich von Feldbau und Viehzucht, haben aber, wie N. Stotzingen, eine kleine Markung, S. Tab. II. Sämmtliche Falllehengüter wurden 1821 für 12.000 fl. [222] allodificirt. Es wird viel Torf gebrannt. Das Armenhaus wurde 1672 von Wolfgang v. Umgelter gestiftet. Es hat einen nicht unbedeutenden Fond mit einem besonders aufgestellten Pfleger. In das Haus werden gutsherrliche und andere arme und kranke Dienstboten aufgenommen.

Schon 1091 verkaufte Herbort v. Ravenstein eine Hube in Seebach gegen eine andere in Stotzingen, von Raisers Guntia, S. 34. Es ist zwar nicht entschieden, welches Stotzingen hier gemeint ist, jedenfalls aber ist auch O. St. sehr alt, und es soll einst hier ein Römischer Wachtthurm gestanden haben, s. o. Im J. 1686 und 1833 wurden hier auch verschiedene Röm. Denkmäler gefunden, s. S. 76. 1290 schenkte der Bürger Krafft in Ulm dem Spital daselbst einen Hof zu O. Stotz. Über die frühern Besitzer fanden wir nur Weniges! 1458 ist Zeuge bei dem Kauf von N. Stotzingen „Wilhelm Schenkh d. j. von Gyrnn zu O. Stotzingen, zwei Jahre vorher, 1456, verkauft Ebenderselbe als Patronatsherr der Kirche von O. St. den kleinen Fruchtzehnten in N. Stotzingen an das Kloster Herbrechtingen, unter der Bedingung einer bestimmten Abgabe von Zehntfrüchten aus dem Stadel zu N. St. an den Pfarrer in O. St. 1584 erscheint Hans Diepold v. Jahrsdorf und 1613 Phil. Puppelin von Jahrsdorf als Besitzer des Orts. Von ersterem befindet sich noch sein wohlerhaltenes Grabmahl v. J. 1586 an der Pfarrkirche. Durch einen Vertrag vom 19. Juli 1613 erhielt Ph. Puppelin v. Jahrsdorf das Mitjagen im Ulmischen Forst auf dem zu O. St. gehörigen Grund und Boden, desgl. in den Asselfinger, Ramminger niedern Feldern. Von der Jahrsdorfischen Administration kaufte Jak. v. Umgelter 1661 das Gut. Im Februar 1835 verkaufte es Nepomuk v. Umgelter an den jetzigen Besitzer, den Grafen von Maldeghem. Über den 1829 vorgenommenen Zehnttausch zwischen den Pfarrstellen von Ober- und Nieder-Stotzingen, siehe N.Stotzingen. Im April 1693 und 1694 kam der Bischof von Augsburg auf die Birkhahnenfalz nach O.Stotzingen.

[223]

29. Öllingen,

ein evang. Pfarrdorf, 51/2 St. nordöstlich von Ulm mit 359 Einw., C. A. Langenau, F. A. Alpeck. Den großen Zehnten hat der Staat, den kleinen haben, nach den drei Abtheilungen der Markung in den altwürtembergischen, den Blenhardter und den Dadelfinger Zehntbezirk, der Staat, die Ortspfarrei und die Pfarrei Setzingen zu beziehen; die Ortspfarrei hat auch den Großzehnten aus 5 Jauchert, den Obst- und Blut-Zehnten und etwas Heuzehnten; 27 M. Äcker sind Doppelzehntig. Die Grundlasten betragen 47 fl. in Geld und 913 fl. in Naturalien, wovon der Staat ungefähr die Hälfte, das Übrige der Spital und die Kirchenpflege Ulm, die Ortspfarrei, die von Rothische Familienstiftung u. a. zu erheben haben. Das Patronat ist königlich, früher gehörte es dem Stift Wiesensteig.

Öllingen, ehemals Ellingen geschrieben, liegt an und auf einer von der Alp auslaufenden mittägigen Anhöhe, zur Seite des Donauthals und genießt eine unvergleichlich schöne Aussicht. Die Kirche zu St. Martin steht auf der Höhe, das Schulhaus ist mit dem Rathhause verbunden. Die Erhaltung der Kirche liegt der Stiftungspflege ob, die Baulast des Pfarrhauses hat der Staat. Als die Kirche 1717 und 1718 größtentheils neu hergestellt wurde, trug das Stift Wiesensteig 300 fl., der Spital Ulm, wegen seines Zehnten 300 fl., die Gemeindekasse 300 fl., und das Ulmische Ärar 875 fl. bei. Der Ort hat guten Getreide- und Flachsbau und gute Obstzucht; man trifft hier insbesondere auch schöne Wallnußbäume an, die sonst selten sind; seit 1825 wird auch Hopfen gebaut. Der Weber Kastler treibt gegenwärtig auch einen nicht unbedeutenden Leinwandhandel. Auch ist eine Schildwirthschaft und eine Bierbrauerei im Ort. Seit 1828 führt eine gute Straße von Rammingen durch Öllingen nach Setzingen und auf die Nürnberger Straße. Bis 1786 nahm die reitende Post von Ober-Elchingen ihren Weg durch Öllingen nach Giengen und Nördlingen.

Öllingen gehörte früher zur Herrschaft Alpeck und kam [224] mit Alpeck 1383 an Ulm, das 1607 und 1614 durch Tausch auch die Güter und Gefälle der Klöster Elchingen, Herbrechtingen, Wengen, Kaisersheim, des Deutschordens etc. erwarb und von Andern schon früher erworben hatte.

Das Patronatrecht oder die Kirche war Reichslehen und wurde 1330 von K. Ludwig dem Bayer dem Stift Wiesensteig geschenkt, das auch bis zu seiner Auflösung im Besitze blieb. Die Zehnten waren, wie oben schon bemerkt worden, getheilt, der altwürtemb. Zehnte rührt von der Schenkung an das Kloster Anhausen her: nach der Urkunde von 1143 wurde dem Kloster mit der Martinskirche zu Langenau (s. Langenau) auch der vierte Theil der Kirche in Ellingen nebst dem Frohnhof geschenkt. Der Zehnte der 1567 abgebrochenen St. Gertruden Kapelle wurde 1373 von den Grafen v. Alpeck-Werdenberg an den Bürger Hundtfuß in Ulm für 1761/2 fl. verpfändet und von diesem 1387 an die Stadt abgetreten. 1609 verkaufte die Pfarrei Illerzell ihr Lehengut in Öll. an die Stadt Ulm für 875 fl. Die Vertheilung der Markung in Zehntbezirke und deren Benennung: Blenhardter, Dadelfinger Bezirk rührt von abgegangenen Orten her, s. Setzingen. An einem Berge gegen Rammingen, südöstlich, wird viel gelber Sand gegraben, s. S. 22.


30. Rammingen mit Lindenau.

a. Rammingen, ein kath. Pfarrdorf, 51/2 St. nordöstlich auf der Höhe der südlichen Abdachung der Alp, mit 488 Einw., C. A. Langenau, F. A. Alpeck. Den großen Zehnten bezieht der Staat und die Ulmische Kirchenpflege, den kleinen, den Heu- und Öhmd-, den Obst- und Blutzehnten die Pfarrei. Die Grundlasten betragen, einschließlich der von Lindenau, 290 fl. in Geld und 1483 fl. in Naturalien, wovon der Staat 1651 fl., das Übrige die Pfarrei und die Heiligenpflegen R. und Göttingen zu beziehen haben. Auf den Gütern und Einwohnern liegen wie anderwärts noch Frohngelder und Falllehengefälle.

R. genießt eine freie, weithin sichtbare Lage. Es hat eine 1808 fast ganz neu gebaute Kirche und ein neues [225] Schulhaus. Die Baulast der Kirche liegt auf der Stiftungs- und aushülflich der Gemeindepflege, die des Pfarrhauses hat der Staat, Filial der Kirche ist Lindenau. Der Ort hat eine große, meist fruchtbare Markung, baut und spinnt viel Flachs, hat 2 Schildwirthschaften, 2 Bierbrauereien und 4 Frucht- und Viehhändler. Bei der Theilung des Langenauer Rieds erhielt R. 619 Morg., es betreibt darauf einen guten Torfstich. Auf einem Acker, 1/4 St. nördlich von dem Orte, wurde 1823 ein großes, weites Lager von Sandsteinen entdeckt (s. S. 20), die nun gebrochen und in der Gegend umher stark gesucht werden.

Schon 1286 schenkte Markgraf Heinrich v. Burgau die Kirchen und Güter zu R. und Lindenau dem Kloster Kaisersheim, dem sie 1312 incorporirt wurden. Das Dorf selbst gehörte ohne Zweifel zu der Herrschaft Alpeck. Es gab aber auch Edelleute, die sich von R. schrieben, daselbst auf ihrer Burg saßen, und Burg und Güter vermuthlich als Alpeckische Dienstleute zu Lehen erhalten hatten. Von der Burg findet man noch Spuren bei der Kirche, und der Platz wird noch „Burstel“ (Burgstall) genannt. Ein Hermannus junior de Rammingen ist schon 1172 als Zeuge beurkundet, 1295 sind Zeugen einer Schenkung Ulrichs von Stotzingen: Bertoldus et Eberhardus de R. (O.Stotzingen), 1302 wurde das Fräulein Elisabeth, Filia Henrici militis de Rammingen, von dem Bischöflich-Augsburgischen Marschall, Heinrich von Donnersberg als Eigenthum an die Kirche zu Augsburg verschenkt.[8] Ulrich v. Rammingen, Ritter, und sein Bruder Werner verkaufen 1334 Güter in Lorch, und Eberhard v. Rammingen 1343 einen Hof an die Stadt Ulm. Jörg von R. besaß 1381 in Weidenstetten 2 Höfe, die er von Graf Heinrich von Werdenberg gekauft. Noch 1486 war ein Johann v. Rammingen Domherr in Augsburg. Die Besitzung Rammingen war aber schon lange in fremden Händen: 1393 [226] wurde Burg und Dorf von der Stadt Ulm dem Hans von Villibach wegen Friedensbruch weggenommen, die Burg wurde verbrannt und das Dorf als eine Eroberung an Walther Ehinger u. A. verkauft. Bei der 1398 statt gefundenen Aussöhnung scheint jedoch Hans wieder Einiges zurückerhalten zu haben. 1400 verschreiben sich Lutz Gässeler und seine Hausfrau Agnes gegen die Stadt Ulm wegen des Burgstalls zu Rammingen, das sie mit Leut und Gütern von Hans von Villibach erkauft, daß weder sie noch ihre Nachkommen das Burgstall wieder aufbauen wollen. Den gleichen Revers stellt 1411 Ottilia von Rammingen, Eglofs von Riedheim seel. Wittwe, aus, nachdem sie das Burgstall mit Zugehör aus verschiedenen Händen wieder gekauft hatte. Durch verschiedene Käufe – 1612, 1617 etc. – kam das Kloster Kaisersheim, mit Ausnahme eines Hofs der Deutschordenscommende Ulm, in den ausschließlichen Besitz der Grundherrschaft von R. Die Oberherrlichkeit aber blieb bei der Stadt Ulm, mit der R. an Bayern und 1810 an Würtemberg überging. Eine zweite Burg, „die Röthenburg“ genannt, stand hinter dem Dorfe auf einem Hügel; man sieht noch Spuren davon.

b. Lindenau, ein im Walde gelegener Bauerhof mit einem Wirthhaus, 3/4 St. nördlich von R. und Filial davon, mit 7 kath. Einw. und 3 evang., die nach Asselfingen eingepfarrt sind. Der Staat hat hier den großen, den kleinen und den Heu- und Blutzehnten. Die Grundgefälle sind unter denen von Rammingen begriffen. Bei dem Hofe stand vormals eine berühmte Wallfahrtskirche mit einem Pfarrhaus. Die Kirche, welche, wie oben bemerkt ist, schon 1286 dem Kloster Kaisersheim geschenkt worden, war anfänglich Pfarrkirche, wurde aber wegen ihres geringen Einkommens 1350 als Filial mit Rammingen verbunden. Nach dem Entstehen der Wallfahrt, zur schmerzhaften Mutter, wurde sie von dem Kloster Kaisersheim mit Ordensgeistlichen besetzt und für diese ein Hospitium erbaut. Unter Bayerischer Herrschaft, 1803, wurde die Kirche abgebrochen und das Hospitium oder Pfarrhaus in ein Jägerhaus verwandelt, 1833 aber an einen [227] Privatmann verkauft, der nun darin Wirthschaft treibt. In der Nähe von L. befindet sich der hohle Stein, s. S. 17.


31. Setzingen,

ein evang. Pfarrdorf auf einer gegen das Lonthal sich senkenden Niederung der Alp, 51/4 St. nordöstlich von Ulm, mit 340 Einw., C. A. Langenau, F. A. Alpeck. Den großen Zehnten hat der Staat, den kleinen und Obstzehnten mit etwas Heu- und Öhmdzehnten die Pfarrei zu beziehen. Die Grundlasten betragen 39 fl. in Geld und 1042 fl. in Naturalien, welche größtentheils vom Staat, zum Theil von der Stiftsverwaltung und Kirchenpflege in Ulm, der Ortspfarrei und Heiligenpflege, der Pfarrei Oberstotzingen u. A. erhoben werden. In neueren Zeiten wurde Vieles abgelöst. Der Ort hat ein 1832 gebautes Schulhaus, eine Schildwirthschaft, eine Bierbrauerei und eine bedeutende Leinwandhandlung von Koch. Die Kirche wurde 1817 renovirt, das Pfarrhaus 1833 neu gebaut. Die Erhaltung der Kirche liegt der Heiligenpflege und der Gemeinde ob, die Baulast des Pfarrhauses hat der Staat. Filial der Pfarrei ist Nerenstetten. Die Felder sind meist gut, es wird besonders viel Gerste und Flachs gebaut.

S. kommt schon vor der Mitte des 12. Jahrhunderts vor; es gehörte zu der Herrschaft Alpeck, 1312 verkaufen die Grafen v. Alpeck-Werdenberg einige Höfe an Conrad v. Rietheim, 1357 andere an Heinr. Roth v. Schrekenstein, 1383 endlich das Dorf an die Stadt Ulm, die später auch noch einzelne Güter und Höfe kaufte. Die Hälfte der Grundherrschaft, die Walther und Peter den Umgeltern gehörte, war indeß 1454 an den Deutschen Orden gekommen, der seinen eigenen Schultheißen in dem Orte hatte, und mit Ulm die niedere Gerichtsbarkeit innerhalb Etters ausübte. Die Stadt hatte aber von Alpeck her die Oberherrlichkeit. Das Patronatrecht war im Besitze des Klosters Herbrechtingen. Das Kloster kaufte dasselbe 1328 von Hans Lienung für 260 Pfund und machte es 1332 von dem Lehensverband gegen Graf Ludwig v. Öttingen um 70 Pfund los. 1467 wurde [228] die Kirche dem Kloster incorporirt, im J. 1607 und 1614 aber mit andern Gütern und Rechten an Ulm vertauscht. Zu der Kirche gehörten auch die Zehnten zu S. und Nerenstetten. 1343 verschreiben sich vor Gericht zu Augsburg eine ganze Gemeinde des Fleckens Setzingen und des Städtleins (oppidi) zu Nerenstett, daß sie den großen und kleinen Zehnten, welche das Kloster aus ihren Gütern zu erheben gesucht, jezo jährlich gänzlich und gar ohne Schmälerung reichen wollen.

Tadelfingen war ein Weiler mit einer Kapelle, der dem Kloster Anhausen gehörte und auf der nordöstl. Anhöhe von S. stand. Nach einer Aufzeichnung ließ vor der Reformation der Pfarrer von Setzingen die Pfarrgeschäfte in Tadelfingen durch seinen Kaplan versehen. S. auch Öllingen.


32. Söflingen mit Butzenthal und Harthausen,

a. Söflingen, ein kath. Pfarrdorf an der Blau und vor der Ausmündung des Blauthals in das weite Donauthal, 1/2 St. von Ulm und durch Zwischengebäude mit diesem fast zusammenhängend, mit 1586 Einw., C. A. Ulm, F. A. Alpeck. Der Zehnte theilt sich in den Haupt- oder Öschzehnten, und in den Berg- und Weingart-Zehnten, in dem ersten ist der Staat allein Großzehntherr, der zweite, der zwischen dem Staat (früher Deutschordens-Commende) und dem Spital Ulm getheilt war, wurde durch den Vergleich mit Ulm 1823, soweit ihn die Finanzkammer besaß, der Stadt überlassen. Der kleine Zehnte und der Obstzehnte ist auf gleiche Weise wie der große vertheilt, Heu- und Öhmdzehnte wird nicht gegeben. Die Grundlasten betragen 119 fl. in Geld und 1410 fl. in Naturalien. Sie gehören dem Staat, mit Ausnahme eines kleinen, den Familien Holl und Baldinger in Ulm u. A. zukommenden Antheils. Von den Klosterszeiten her haben sich hier die Lehensverhältnisse noch größtentheils erhalten.

Söflingen, ehemals auch Seflingen, und in den ältesten Zeiten Sevelingen geschrieben, besteht aus dem vormaligen Kloster und dem daran gebauten Dorf. Der Ort hat meist kleine und geringe Häuser; den bessern Theil machen [229] einige neu entstandene Häuser und die ehemaligen, gleichwohl auch nicht ansehnlichen Klostergebäude aus. Von den letztern wird jetzt die ehemalige Beamten-Wohnung von dem Kreis-Oberforstmeister bei der Finanzkammer in Ulm, das Franziskaner-Hospitium von dem Revierförster, das Gerichtshaus von dem Pfarrer bewohnt, andere Gebäude sind durch Verkauf Privateigenthum geworden, das Kloster selber wurde von den Käufern 1816/17 abgebrochen und auf seiner Stelle ist nun ein Baumgarten angelegt. Die Klosterkirche ist jetzt die Pfarrkirche, sie wurde 1693 neu gebaut; eine zweite Kirche, die St. Leonhardskirche, steht auf dem Gottesacker, s. u. Die Baulast der Kirche und des Pfarrhauses hat der Staat. Durch den Ort führt ein bei Ehrenstein abgeleiteter Arm der Blau, der den Gewerben sehr zu statten kommt. Die Bevölkerungs-Verhältnisse und die große Sterblichkeit des Orts sind oben S. 32 schon berührt worden. Die Einwohner nähren sich theils vom Feldbau, theils von Gewerben. In neuern Zeiten wird auch Hopfen und guter Hanf gebaut. Die Markung ist übrigens im Verhältniß zur Bevölkerung klein. Außer dem gewöhnlichen Feldbau wird auch der Gartenbau stark betrieben; die Söflinger Gärtner bringen viele Gemüße und andere Gartengewächse zu Markt nach Ulm. Nach einem Vergleiche mit den Ulmer Gärtnern v. J. 1768 durften ihrer 28 mit ihren Gemüßen den Ulmer Markt unter der Bedingung besuchen, daß sie auf den Anbau und den Verkauf von Spargeln verzichteten. Noch im 17. Jahrhundert wurde in den jetzt noch s. g. Söflinger „Weingärten“ Wein gebaut. Unter den Gewerben befinden sich manche, die man sonst nur in Städten findet, als Uhrmacher, Silberarbeiter etc., die besetztesten sind die der Maurer – 21 Meister, der Leineweber – 45 M. mit 10 Gehülfen, und der Schuhmacher – 18 M. mit 8 G. Ausser diesen hat der Ort 6 Pfeifenmacher und 1 Zundermacher, 10 Landkrämer, ferner 4 Schildwirthschaften, 2 Brauereien, 2 gewöhnliche Mahlmühlen und eine, von dem Fabrikanten Wieland in Ulm 1834 errichtete Kunstmühle, 1 Ziegelhütte und einen gut eingerichteten Eisendrahtzug, welcher [230] von Dietrich Holl 1822 erbaut worden ist. Von den beiden Mahlmühlen, welche klösterlich waren, ist jetzt die eine Privateigenthum, die andere aber herrschaftl. Falllehen. Ebenso war eine der Brauereien vormals Klostersbrauerei, ist aber nun, wie auch die Ziegelhütte, Privateigenthum. Eine Öl- und Tabaks-Mühle ist eingegangen, ihre Wasserkraft wird jetzt für die Kunstmühle benutzt. Im 16. Jahrhundert hatte Söflingen auch sehr viele Marner-Fabrikanten von gröbern Wollenzeugen. In dem moorigen Thalboden werden neuerlich Privattorfstiche betrieben; auch wird ein Handel mit Schnecken getrieben, obgleich kein Schneckengarten im Orte ist. Ausser einer gewöhnlichen Elementarschule hat S. auch eine 1823 errichtete Industrieschule im Strohflechten, Spitzenklöppeln etc., auf welche von den Behörden besondere Aufmerksamkeit gerichtet worden ist. Zu Emporbringung der Strohhutfabrikation ließ das Oberamt einen geschickten Arbeiter in die Schweiz reisen, den es zum Lehrer und Aufseher der Anstalt bestimmte. Das Geschäft ging auch eine Zeit lang sehr gut von statten, nahm aber später wieder ab und hat nun ganz aufgehört? Dagegen haben sich in der letztern Zeit an 40 Personen mit dem Spitzenklöppeln beschäftigt.

S. war ehemals Filial von Ulm, und es hatte darum auch das Kloster Reichenau Antheil an dem Zehnten, siehe Harthausen. Nach einem Vertrage vom 1. Aug. 1400 wurden in der St. Laurenzi- oder Leonhardskapelle zu S. alle pfarrlichen Geschäfte von Ulm aus versehen, die Söflinger aber hatten an hochzeitlichen Tagen und an der Kirchweihe zur Anerkenntniß ihres Filialverbands dem Gottesdienst in dem Münster zu Ulm anzuwohnen. Durch die Reformation löste sich dieser Verband auf. Den Franziskanern, die aus Ulm vertrieben, nun ein Hospitium in Söflingen bildeten, wurde 1544 von dem Bischof von Constanz die Pfarrkirche in S. übergeben. Sie versahen die Pfarrei und wurden von dem Kloster, in dessen Beichthaus sie wohnten, dafür verpflegt. Nach der Auflösung des Klosters besorgten 3 Klostergeistliche von Elchingen die Pfarrei, bis endlich am 2. März 1805 [231] eine eigene Pfarrstelle errichtet und dotirt wurde. Jetzt wird die Pfarrei von einem Pfarrer und ständigen Vikar versehen. Ausser den beiden oben genannten Kirchen, der Klosterkirche und der St. Leonhardskirche, hatte S. noch eine dritte im Dorfe selber, die 1805 abgebrochene St. Jakobskirche, welche eine von den 12 Kirchen gewesen seyn soll, die K. Karl der Große zu Ehren der 12 Apostel in Deutschland erbauen ließ. Die St. Leonhardskirche war ursprünglich die Dorfpfarrkirche. Zur Bequemlichkeit der Ortsbewohner wurden später die pfarrlichen Gottesdienste, mit Ausnahme des Kirchweihfestes und der Handwerks-Jahrtage, in der Jakobskirche gehalten, bis die Klosterkirche zur Pfarrkirche bestimmt wurde. Nach einer sehr schätzbaren Mittheilung des Pfarrers Bieg in S. wäre die Jakobskirche erst nach der Leonhardskirche zu dem bezeichneten Zweck erbaut worden; wahrscheinlich aber erhielt dieselbe darum nur eine veränderte Einrichtung.

In den Carolingischen Zeiten und noch nachher soll nach Schmid Söflingen zu dem königl. Kammergut oder Palatial-Gebiet von Ulm gehört haben. Im 13. Jahrhundert findet man die Grafen von Dillingen urkundlich im Besitze v. S. Ob es Hausbesitz war, oder ob die Grafen erst als Reichsvögte von Ulm darein gekommen, bleibt ungewiß. Die Grafen hatten hier eine Burg, auf der sie sich als Reichsvögte von Ulm öfters aufgehalten haben sollen, die aber nachher in dem Besitz ihrer Dienstleute sich befand, die sich von Söflingen schrieben und das Truchsessen-Amt an dem Hofe der Grafen von Dillingen bekleideten.[9]

Das Kloster Söflingen, dem der Ort größtenteils sein Daseyn verdankt, war ein Clarisser Nonnenkloster, das nicht unbedeutende Besitzungen hatte. Es wurde 1258 von den Grafen v. Dillingen gestiftet, bestand jedoch schon einige Zeit vorher als Nonnenkloster St. Damians in Ulm (Elisabetherinnen auf dem Gries) und zwar nicht erst von 1237 [232] an, sondern schon von früher her. Denn schon 1229 nimmt Papst Gregor IX. das Nonnenkloster St. Damian zu Ulm in den Schutz des h. Stuhls. Die erste Gottesgabe soll der Ulmische Bürger Krafft, genannt von Naw, mit 3 Höfen gestiftet haben. Die Brüder Pilgrin und Ulrich v. Freyberg, von denen die Höfe Lehen waren, machten sie dem Kloster eigen. Auch der Markgraf Heinrich von Burgau, der Graf Conrad von Kirchberg, Gr. Berthold von Marstetten, genannt von Neuffen,[10] die Gebrüder Berthold und Rudolph von Trauchburg bezeigten sich wohlthätig gegen das Kloster, und Conrad von Zimbern, Abt der Reichenau, schenkte einige Höfe in dem benachbarten Dorfe Pfuhl. 1239 nahm K. Conrad II. das Kloster in seinen und des Reichs Schutz, und Papst Innocenz IV. befreite es 1254 von allem Weggeld. Im J. Jahr 1258, 12. Jan., schenkte Graf Hartmann III. von Dillingen mit Zustimmung seines Sohnes, des Bischofs Hartmann von Augsburg und seiner Töchter Adilhild, Gräfin v. Zollern, Willeburg, Gräfin von Helfenstein und Agnes von Heligenstein (Heiligenberg? wahrscheinlicher Hellenstein) alle Herrschaft und Besitzungen des Dorfs Sevilingen, mit Ausnahme der Lehen, womit Einige belehnt, desgl. des Patronatrechts der Kapelle, verschiedener Wälder etc. Unter den Zeugen steht Rudolphus Dapifer de Sevelingen, der als Dapifer auch in einer Urkunde von 1256 steht. S. v. Raisers Antiquar. Reise von Augusta nach Viaca. Augsburg 1830. Anh. S. 6. Diese Schenkung gab Veranlassung, das Kloster noch in demselben Jahre nach Söflingen zu verlegen. Einer schauerlichen Geschichte soll das Kloster auch die Schenkung der Burg Söflingen zu verdanken gehabt haben. Es wird nämlich erzählt, Graf Hartmann von Dillingen habe 1258 seinen Schwiegervater, den Grafen Egid von Kellmünz, ermordet [233] und sey deßwegen enthauptet worden, die Tochter Egids und Wittwe Hartmanns, Willeburg, habe bald darauf auch noch ihren 14jährigen Sohn durch den Biß eines wüthenden Hundes verloren, und die Unglückliche habe nun dem Kloster die Burg geschenkt. Allein diese Geschichte ist schon von dem Ritter von Lang (Bayerns alte Grafschaften, S. 346) für ein Mährlein erklärt worden und sie erweist sich vollkommen als solches durch die nachfolgenden urkundlichen Nachrichten.

1259, 20. Februar, eignet Gr. Hartmann v. Dillingen dem Kloster alle Besitzungen, die es von seinen Lehensleuten durch Kauf oder Schenkung erhalten, und am 25. Mai d. J. verzichtet Graf Ulrich von Helfenstein mit seiner Gemahlin Williburg auf ihre Rechte an die Güter, welche dem Kloster von dem Bischof Hartmann und seinem Vater geschenkt worden; später, 1270, verkauft Willeburgis, die Wittwe Wicmanns von Ayselingen, die Veste Sevelingen mit aller Zugehör und Allem, was ihr und ihrem Manne, so lang er lebte, gehörte, durch die Hand des Bischofs Hartmann an das Kloster für 300 Pfund, und der Bischof, der die Wittwe und den Verstorbenen seine Getreuen oder Vasallen – fideles, nennt, bestätigt den Verkauf. Somit war es eine Wittwe von Aislingen und nicht von Dillingen, durch welche die Burg S. an das Kloster kam.[11] Aber ausser der Willeburg, die vermuthlich aus dem Geschlechte der Ministerialen von Söflingen war, hatten auch noch andere dieses Geschlechtes Theil an der Veste. In demselben J. 1270 bestätigt der Bischof Hartmann dem Kloster die Schenkung Ebos v. Sevelingen über seinen Theil an der Veste und an andern Gütern, und ebenso den Antheil Heinrichs des Schwarzen v. Söfling. daran etc. Durch diese und andere Schenkungen und Käufe kam das Kloster schnell in den Besitz von ganz Söflingen und bald auch in den Besitz von weitern Gütern in der Umgegend. Schon frühzeitig fehlte es auch nicht an kaiserlichen [234] und päpstlichen Privilegien und Freiheiten: noch in Ulm war das Kloster, wie wir gesehen haben, in des Kaisers und des Reichs Schutz genommen worden; 1359 empfiehlt es K. Karl IV. dem Schutz der Stadt Ulm, und 1368 stellt ihm ebenderselbe Kaiser einen Freibrief über seine Unvogtbarkeit aus. Die nachfolgenden Kaiser bestätigen diese und andere Freiheiten des Klosters. Gleichwohl bildete sich aus der obigen Empfehlung allmählig eine förmliche Schutz und Schirmvogtei der Stadt Ulm über das Kloster, besonders nachdem letzteres 1470 an die Stadt die Bitte gerichtet hatte, zwei aus den Vornehmsten des Raths zu wählen, die des Klosters Syndici und Öconomi seyen. Später wurde dem Kloster die Ulmische Vogtei lästig und es suchte sich davon los zu machen. Es entstand deshalb ein langwieriger Rechtsstreit, der um so hartnäckiger wurde, als die Stadt die hohe Gerichtsbarkeit und Obrigkeit unabhängig von ihrem Schutz und Schirmsrechte zu besitzen behauptete. Im J. 1773 kam endlich ein Vergleich zu Stande, wonach Ulm dem Schutz und Schirm, so wie der Territorialhoheit und Gerichtsbarkeit über des Klosters Besitzungen Söflingen, Harthausen und Schaffelkingen entsagte, das Kloster dagegen an die Stadt seine Besitzungen und Rechte zu Mähringen, Lehr, Jungingen, Breitingen, Holzkirch, Lonsee, Langenau, Weidenstetten, Söglingen und Bermaringen abtrat, deren Werth zu 51.245 fl. angeschlagen wurde. Das Kloster trat nun in die Reihe der unmittelbaren Reichsklöster mit Sitz und Stimme auf den Kreis- und Reichstagen ein. Die Klosterfrauen behielten immer die strengste Regel ihres Ordens bei, doch entdeckte man bei der Auflösung des Klosters einen großen Bündel, sogen. „Buhlbriefe,“ und bei einer Untersuchung des Klosters, 1482, wurden viele Nonnen schwanger gefunden. Schmids Ulm. S. 134. Die Anzahl der Nonnen belief sich schon in ältern Zeiten unter einer Äbtissin auf 32 Nonnen und 14 Schwestern. Die Besitzungen des Klosters bestanden in der letzten Zeit aus den oben genannten 3 Dörfern Söflingen, Harthausen (mit Ehrenstein) und Schaffelkingen, dann in Antheil [235] an Bettingen, Burlafingen und Eckingen, und in einzelnen Höfen und Gütern, und in Gefällen an sehr vielen, theils Ulmischen, theils andern Orten, zusammen mit ungefähr 4000 Einw., und einem auf 65.000 fl. geschätzten Einkommen. Das ganze Besitzthum stand unter der Verwaltung eines Oberamtmanns zu Söflingen. Im Jahr 1803 wurde das Kloster von Bayern aufgehoben, dem es durch den Reichsdeputationsschluß zugefallen war, ein Theil der Klostergebäude wurde zum Sitz eines K. Bayer. Landgerichts und Rentamts verwendet, andere wurden verkauft, s. o.

Dorf und Kloster wurden, wie die ganze Umgegend, in den letzten franz. Kriegen, besonders 1796, 1800 und 1805 mit Einquartirung und Brandschatzungen schwer heimgesucht. In den denkwürdigen Tagen vor der Eroberung Ulms im Oct. 1805, hatte hier der Marschall Ney sein Hauptquartier. Auch in frühern Kriegen wurde S. hart mitgenommen, namentlich in dem 30jähr. Kriege 1628, 1643 und 1647, im letztern Jahre sahen sich die Klosterfrauen genöthigt, nach Ulm zu fliehen. Im Fürstenkriege, 1552, hatten die Bundesfürsten, im October 1702 und im Mai 1703 der Kurfürst Maxim. Immanuel, im Aug. 1704 der Herzog von Marlborough hier ihr Hauptquartier. Schließlich ist noch zu bemerken, daß S. der Geburtsort der berühmten Künstler Georg Syrlin, Vater und Sohn, ist, und daß zu Anfang des 16. Jahrhunderts in S. auch Buchdrucker sich befanden, denen der Magistrat in Ulm 1509 eröffnen ließ, daß sie, wie die Ulmer Buchdrucker, ohne Erlaubniß des Raths nichts mehr drucken dürfen.

b). Butzenthal, ein südwestlich von Söflingen gelegener Hof, mit 6 kath. Einw., Filial von Harthausen. Die Zehnten bezieht der Staat, die Grundlasten sind unter denen von Söflingen begriffen. Der Hof kommt mit Harthausen und Söflingen schon sehr frühe, im 13. Jahrh. (1272), s. Schmids Mittelalter, S. 24, vor, s. u., scheint aber später wieder erloschen zu seyn, denn erst in neuerer Zeit haben sich wieder 2 Familien dort angesiedelt. [236] c. Harthausen, ein kath. Pfarrweiler, aus 3 Falllehenhöfen und einem Söldgute nebst dem Pfarrhause bestehend, mit 33 Einw., 13/4 St. südwestlich von Söflingen, auf der Höhe des Hochsträßes, C. A. Ulm, F. A. Alpeck. Sämmtliche Zehnten und Gefälle gehören dem Staat. Die Grundlasten betragen 11 fl. in Geld und 467 fl. in Naturalien.

Die Pfarrkirche zu St. Florian wurde nach einem Brande 1699 von dem Kloster Söflingen neu gebaut, die Baulast der Kirche und des Pfarrhauses hat jetzt der Staat. Filiale der Kirche sind: Schaffelkingen, Ermingen und Allewind, Oberamts Blaubeuren, und Butzenthal. In ältern Zeiten gehörten noch dazu: Dietingen, ferner Arneck, das 1442, Einsingen, das 1454, Eckingen, das 1793, Ehrenstein und St. Johann, die 1815 von der Pfarrei getrennt wurden. In Dietingen hatte die Pfarrei noch bis zu dem Tausch von 1821 Zehnten. Die Schule ist für den ganzen Pfarrsprengel in Ermingen.

H. gehörte dem Kloster Söflingen, dem 1331 auch die Kirche mit denen von Ehrenstein und Burlafingen einverleibt wurde. Der Ort wurde demselben 1282 von dem Kloster Neresheim geschenkt. Dem letzteren Kloster hatte es Graf Hartmann II. von Dillingen, gestorben 1134, geschenkt. Antheil an den Zehnten hatte das Kloster Reichenau von Ulm her: 1272 schenkte der Abt Albert von Reichenau dem Kloster Söflingen die Zehnten zu Sevelingen, Buzhertal und Harthausen gegen einen jährlichen Zins von 1 Pfund. Wie Graf Eberhard von Würtemberg 1281 die Vogtei über Harthausen an Söflingen verkauft hat, ist schon bei Ehrenstein bemerkt.


33. Stetten im Lonthal mit Lonthal, Reuendorf und Kaltenburg etc.

a. Stetten, ein kath. Pfarrdorf am Lonthal, 7 St. nordöstlich von Ulm, mit 308 Einw., C. A. Langenau, F. A. Alpeck. Die Zehnten haben ungefähr zu 2/3 die Pfarrei O. Stotzingen, zu 1/3 die Pfarrei Lonthal zu beziehen. Die Grundlasten der Gemeindeorte zusammen betragen 85 fl. in Geld und 646 fl. in Naturalien, und kommen dem Gutsherrn [237] zu. Grund- und Patronatsherr in Stetten, wie in dem ganzen Gemeindebezirk ist der Graf von Maldeghem zu Nieder-Stotzingen. Stetten mit den übrigen Gemeindeparzellen bildet ein Rittergut, das ehemals in zwei dem Ritter-Canton Donau einverleibte Rittergüter, die Güter Stetten und Kaltenburg getheilt war. Zu dem Gut Stetten gehören ein Schloß und andere Gebäude, ein Brauhaus, eine Ziegelhütte, 11 M. Gärten, 108 M. Äcker, 57 M. Wiesen und 651 M. Wald; zu Kaltenburg (mit den Weilern Lonthal und Neuendorf) gehören ein altes Schloß mit Nebengebäuden, 3 M. Gärten, 219 M. Äcker, 74 M. Wiesen und 1067 M. Wald nebst 3 falllehenbaren Bauernhöfen und 17 erbgütigen Sölden, auch 2 Bauernhöfen zu Bissingen, mit niederer Gerichtsbarkeit und den kleinen Forststrafen. Die hohe Gerichtsbarkeit hatte die Reichsstadt Ulm, mit Ausnahme der beiden Schlösser Stetten und Kaltenburg, innerhalb deren sie der Gutsherr vertragsmäßig ausübte. Zu dem Gute gehört auch das Schafweiderecht. Der Ertrag des Guts ist zu 5000 fl. geschätzt. Beide Güter sind jetzt Allodium, s. u. Die staatsrechtlichen Verhältnisse des Gutsherrn betreffend, s. N.Stotzingen. Stetten liegt theils in der Tiefe, theils auf einer kleinen Anhöhe. Es hat ein gutsh. Schloß, eine hübsche Kirche, ein Pfarrhaus und ein Schulhaus, ein schönes Schießhaus, eine Schildwirthschaft, 2 Brauereien, worunter die neu und gut eingerichtete herrschaftl. Brauerei, welche vorzügliches Bier liefert, in Stuttgart unter dem Namen Stotzinger Bier bekannt. Auch befindet sich ein Schneckengarten in dem Orte. Das Schloß steht wahrscheinlich auf Röm. Grunde (s. vorn S. 75.) auf einem anmuthigen Hügel, und wurde 1583 von Christoph und Jakob v. Riedheim neu erbaut. Die Kirche, welche 1729 bis 1733 von Marquart Anton von Riedheim erbaut wurde, hat ein wunderthätiges Marienbild und ist eine Wallfahrtskirche. Das Pfarrhaus wurde zu gleicher Zeit mit der Kirche gebaut. Die Baulast von Kirche und Pfarrhaus hat der Gutsherr und die Heiligen- und Seelenbundspflege. Das auf der Höhe, an der Spitze eines Waldes stehende schöne Schießhaus dient mit seinen nächsten [238] Umgebungen zum geselligen Vergnügen. Früher, bis 1812, war Stetten Filial von Oberstotzingen: 1733 stiftete eine Freifrau v. Thurn- und Valsassina, geb. von Riedheim, eine Kaplanei in die neue Kirche, wozu nachher noch eine zweite, die Mehlsonische, gestiftet wurde. Beide Pfründen wurden vereinigt und damit 1812 eine eigene selbstständige Pfarrei gestiftet.

St. mit Zugehör bildete ohne Zweifel ehemals einen Theil der Grafschaft Dillingen, war aber im Besitze des gutsherrschaftlichen Adels und zwar lange Zeit der von Riedheim. 1449 besaß es Gerwig von Riedheim, 1461 kaufte Fritz v. Gravenegg die eine Hälfte der Herrschaft, die aber Ulrich von Riedheim 1514 wieder an sich kaufte. 1646 wurde sie von Riedheimischen Erben an Heinrich Wilh. v. Hack für 9500 fl. verkauft und ging so fort durch verschiedene Hände – Schleich, Schell, Rackniz – bis sie Marq. Anton von Riedheim 1723 wieder an sich brachte. Von dieser Zeit an blieb die Herrschaft im Riedheimischen Besitze, bis sie 1821 der jetzige Besitzer, Graf Karl Leop. v. Maldeghem von Hans Sigmund v. Riedheim zu Harthausen (bei Günzburg), für 110.000 kaufte. In dem oben erwähnten Jurisdictions- Vertrage vom 12. Dezember 1608 wurde zugleich wegen der Jagd bestimmt, daß die von Riedheim und ihre männlichen Erben, so lange sie im Besitze von St. bleiben, all und jede Jagdbarkeit haben sollen. Als die Riedheimischen Erben 1646 das Gut verkauften, wurde das Jagdrecht von der Stadt Ulm zurückgezogen, dem neuen Gutsherrn v. Hack jedoch 1654 „das kleine Mitwaidwerk unterwärts Stetten uff Burgberg zu“ je auf 1 Jahr verwilligt.

b. Lonthal, oder vielmehr St. Ulrich im Lonthal, ein kath. Pfarrweiler, 1/2 St. nordöstlich von Stetten, mit 86 Einw., C. A. Langenau, F. A. Alpeck. Sämmtliche Zehnten in L., Heustadel, Waschhaus und Kaltenburg hat die Pfarrstelle zu beziehen. Die Grundlasten sind unter denen von Stetten begriffen. Grund- und Patronatsherr ist der Graf v. Maldeghem, s. o. Der Ort hat Kirche und Schule, aber kein Schulhaus. Die Kirche zum h. Ulrich wurde 1603 [239] von J. Fr. v. Riedheim zu Kaltenburg neu gebaut. Die Baulast der Kirche liegt in der Regel auf der Heiligenpflege, die des Pfarrhauses auf ebenderselben und der Pfarrstelle als Großzehntherr. Der Pfarrer ist zugleich Pfarrer in Bissingen, die Gottesdienste wechseln zwischen beiden Orten, Filiale von St. Ulrich sind: Heustadel, Kaltenburg, Reuendorf, Waschhaus. Die Einwohner besitzen wenig Grundeigenthum und sind meist mittellos. In Beziehung auf das Geschichtliche s. o. Stetten.

c. Kaltenburg, ein kath. Weiler mit Heustadel und Waschhaus, an der äußersten nordöstlichen Grenze des Oberamts, 1/4 St. von Lonthal, mit 30 Einw., Filial von Lonthal. Amtliche, Zehnt- und andere Verhältnisse wie bei Lonthal. Der Weiler besteht aus dem alten Schlosse Kaltenburg, mit einigen von armen Leuten bewohnten Schloßgebäuden, welche mit Grund und Boden dem Gutsherrn gehören, s. Stetten. Das Schloß, nun meist Ruine, steht sehr malerisch auf hohen Felsen über dem engen Lonthal, und bietet eine sehr romantische Aussicht dar. Es ist ein sehr altes Gebäude, das 1764 größtentheils einstürzte. Vermuthlich stand hier einst, wie auf mehreren andern Punkten der Umgegend, namentlich Güssenburg, Burgberg, Hürben, Falkenstein, Stetten, O.Stotzingen etc. ein römischer Warthurm, s. v. Raiser O.Donaukreis, II., S. 61. Das Schloß war ein sehr weitläufiges Gebäude, das ein regelmäßiges Viereck von 230′ Länge und Breite bildete. Noch stehen mehrere Thürme, worunter ein alter zerfallener Wartthurm besonders hervorragt. Zwei der Thürme und ein altes Thorhaus dienen jetzt armen Leuten zur Wohnung. Außer diesen Wohnungen stehen noch 2 andere Wohngebäude am Fuße des Berges, und machen mit jenen zusammen den Weiler aus. Das eine davon war der ehemalige Heustadel, das andere das Waschhaus des Schlosses, beide sind nun zu Wohnungen eingerichtet, welche pachtweise von armen Leuten bewohnt werden. Zu dem Schlosse gehört ein großer Garten, den der jetzige Gutsherr wieder herstellen ließ.

Die Burg Kaltenburg bildete mit Lonthal und Reuendorf, nebst 2 Höfen zu Bissingen, wie oben schon bemerkt worden, ehemals eine eigene Herrschaft, welche Bayer. Lehen war und unter Ulmischer Hoheit stand. Sie hatte ihre eigenen Edelleute, [240] welche ohne Zweifel Helfensteinische oder Alpeckische Dienstleute waren und als solche die Burg mit Zugehör zu Lehen trugen. Ein Ulrich von Kaltenburc erscheint urkundlich 1264, ein Otto v. K. 1280 und andere später häufig. Sie waren auch zu Bissingen, Ober-Kochen und anderwärts begütert (s. auch N. Stotzingen), Kaltenburg selbst aber scheinen sie schon frühzeitig verloren zu haben. Denn 1307 kauften Wilhelm, Hans und Otto von Riedheim die Burg von Graf Ulrich von Helfenstein, und von dieser Zeit an findet man die v. R. in ihrem Besitze, jedoch nicht unabhängig und auch nicht ganz ununterbrochen. 1441 ward Konr. v. Riedheim von der Stadt Ulm, als Nachfolgerin im Besitze der Grafschaft Helfenstein zu einem Vogt zu Kaltenburg, einem Burgvogt bestellt, der das Schloß auf seine Selbstkosten bewahren solle der Stadt und seines Bruders seel. Söhnen, Ulrich und Hansen v. R., ohne Schaden. Durch Vertrag von 1521 und 1610 mit der Stadt Ulm, war den Besitzern die hohe Gerichtsbarkeit innerhalb des Schlosses, auch die kleine Jagd auf einem bestimmten Bezirke eingeräumt. Andere Verträge von 1608 und 1610 bestimmen das Fischrecht in der Lone. Im 15. Jahrhundert hatten die v. Gravenegg Antheil an Kaltenburg wie an Stetten. Im J. 1821 wurde die Herrschaft Kaltenburg mit Stetten an den jetzigen Besitzer verkauft, von dem sie 1822 von dem Lehensverbande frei gemacht wurde, s. o.

d. Reuendorf, ehemals auch Reihendorf, ein kathol. Weiler, 1/2 St. nordwestlich von Kaltenburg auf einer weiten Ebene über dem Lonthale, mit 32 Einw., Fil. von Lonthal. Den großen Zehnten bezieht die Pfarrei Lonthal, zum Theil auch der Staat, den kleinen die Pfarrei Lonthal und auf dem Zehntbezirke des Staats die evang. Pfarrei Bissingen, wohin ehemals ein Theil des Weilers eingepfarrt war. Die Gefälle sind unter denen von Stetten begriffen. Im Übrigen theilt der Weiler seine Verhältnisse mit Kaltenburg und Stetten. Den Hauptbestandtheil des Weilers macht ein dem Gutsherrn und zu dem Schloß Kaltenburg gehöriger Hof, das Reuendorfer Hofgut genannt, das früher von der Gutsherrschaft selbst bewirthschaftet wurde, nun aber an die Einwohner von Reuendorf und Lonthal verpachtet ist. Als in dem vorigen Jahrhundert die Bayerische Lehensherrschaft [241] den Besitzer von Kaltenburg anhielt, das Schloß Kaltenburg wieder in baulichen Stand zu stellen, so wußte letzterer der Anforderung dadurch auszuweichen, daß er mit Genehmigung des bayer. Lehenhofes aus dem Material der Burg die Hofgebäude zu Reuendorf wieder neu aufbaute.


34. Urspring mit Reuti.

a. Urspring, ein evang. Pfarrdorf in einem hohen Alpthale, am Ursprung der Lone und an der Landstraße nach Stuttgart, 51/4 St. nördlich von Ulm, mit 283 Einw., C. A. Geislingen, F. A. Blaubeuren. Den großen Zehnten bezieht der Staat, den kleinen und Blutzehnten, und von einigen Güterstücken auch den großen, nebst etwas Heuzehnten die Pfarrstelle. Die Grundlasten betragen 36 fl. in Geld und 186 fl. in Naturalien, und werden mit Ausnahme von 26 fl., welche der Ortsheiligenpflege, und 31 fl., die der Kirchenstiftung Ulm zukommen, von dem Staat erhoben.

Urspring hat, wie Urspring bei Schelklingen, seinen Namen von seiner merkwürdigen Quelle, der Ursprung genannt, wovon vorn S. 11 das Nöthige gesagt ist. Der Ort liegt theils eben, theils am Bergabhange, hat viele gute Häuser, sehr viele, aber mit Stroh bedeckt, ein Schulhaus, 3 Schildwirthschaften und eine Brauerei. In der Pfarrkirche, zur h. Agathe, hängt ein treffliches Gemälde, ein Ecce Homo!, das 1776 zufällig auf dem Boden der Kirche, mit Staub überzogen, entdeckt wurde und von Guido Reni seyn soll (?). Die Baulast der Kirche hat die Gemeinde, die des Pfarrhauses der Staat. Die Einwohner nähren sich von Ackerbau und Viehzucht und haben eine ausgedehnte Markung. Vor kurzer Zeit gab es hier, wie in Ettlenschieß, noch viele Spindelndreher, der Erwerb hat aber mit der Handspinnerei sehr abgenommen. Von Urspring aus führte die Straße nach Ulm über eine sehr steile und gefährliche Steige, bis ihr 1825 eine andere Richtung gegeben wurde, s. vorn S. 63. Zwischen Urspring und Geislingen zieht die große Wasserscheide hin.

U. hat ein hohes Alter, auf seiner Stelle und weiter hin an der Lone hatten die Römer eine Hauptniederlassung, die Castra ad Lunam, s. S. 75. Eine Kapelle, St. Agathe, die nahe beim Pfarrhaus nördlich stand, und noch im J. 1713 vorhanden war, soll auf Röm. Grund gebaut gewesen seyn. Schon 1108 wurden von Luitgard (vermuthlich von Helfenstein) und von einem Cleriker, Werner v. Urspring, dem Kloster Blaubeuren Güter und die Kirche von U. geschenkt, s. Lonsee. Das Kloster blieb im Besitze der Güter und des Patronatrechts, bis es [242] solche 1534 an Ulm vertauschte. Im Übrigen gehörte Urspring den Grafen v. Helfenstein, von welchen es 1396 durch Kauf an Ulm kam, das 1568 und 1573 auch Güter, welche die Klöster Elchingen und Wengen hier besaßen, an sich brachte. Mit Ulm kam auch Urspring 1810 an die Krone Würtemberg.

In der Nähe von Urspring befindet sich im Walde eine Bergspitze, „der Hägelisberg“ genannt, um welche sich noch eine wallförmige Erhöhung herumzieht. Auf einer gegenüber liegenden Anhöhe findet man noch Überreste von Mauerwerk. Die Spitze wird noch „das Griechenschlößle“ genannt, und der Sage nach soll einst in diesem eine griechische Familie gewohnt haben; die Behauptung aber, daß hier Steine mit griechischen Inschriften gefunden worden, scheint nach allen Nachforschungen ganz leer zu seyn. Vielleicht hatte hier einmal die längst ausgestorbene Ulmer Patriz. Familie Gregk ein Schlößchen. Im Jahre 1798 brannten in U. 18 Wohngebäude in Folge eines Blitzstrahls ab.

b. Reuti, ein evang. Pfarrweiler, auf hoher Alp von Wäldern umgeben, 1/2 St. nordwestlich von Urspring, mit 121 Einw. Den großen Zehnten bezieht der Staat, den kleinen, den Heu- und Öhmd-, den Obst- und Blutzehnten die Pfarrstelle Amstetten, welcher der Ort zugetheilt ist. Die Grundlasten betragen 23 fl. in Geld und 161 fl. in Naturalien, die von dem Staat, der Heiligenpflege des Orts und von den Stiftungspflegen Ulm, Luizhausen und Urspring bezogen werden.

Bei seiner hohen Lage hat R. doch noch ziemlich Obstbau, aber kein anderes als Cisternenwasser. Der Ort hat Kirche und Schule. Die Kirche ist eine Pfarrkirche, hat aber keinen eigenen Pfarrer mehr. Ehemals war der Ort Filial von Urspring. 1502 stiftete die Einwohnerschaft eine Kaplaneipfründe und baute eine Kirche, woraus dann eine eigene Pfarrei wurde. Zwischen dem Kloster Blaubeuren als Patron der Urspringer Kirche und der Stadt Ulm wurde 1502 ein Vergleich geschlossen, wonach die Verleihung der Pfründe zwischen beiden wechseln sollte. Dies geschah auch, bis 1534 mit den Patronatrechten von Urspring und Lonsee auch das von Reuti von der Stadt ganz erworben wurde. Unter Bayer. Herrschaft, 1809, wurde die Pfarrstelle aufgehoben und mit der von Amstetten vereinigt. Daß R. sehr alt ist, beweist die oben bei Lonsee erwähnte Schenkung. Es gehörte ebenfalls zur Grafschaft Helfenstein und kam mit dieser an Ulm. Auch hier hatte das Kloster Elchingen einige Gülten und Zinse, welche es 1568 an Ulm verkaufte.


35. Weidenstetten mit Schechstetten.

a. Weidenstetten, ein evang. Pfarrdorf auf einer weiten, freien Fläche der Alp, 43/4 St. nördlich von Ulm, mit 677 [243] Einw., C. A. Langenau, F. A. Alpeck. Den großen Zehnten hat der Spital Ulm, den kleinen die Pfarrstelle. Die Grundgefälle betragen mit Einschluß des Weilers Schechstetten 114 fl. in Geld und 939 fl. in Naturalien. Davon hat der Staat 645 fl., die Kirchenstiftung Ulm 258 fl., die Ortsheiligenpflege 116 fl. zu beziehen.

Durch W. ziehen zwei gute Vicinalstraßen, die eine von Ulm nach Altheim, die andere, die alte Salzstraße, von Geislingen nach Langenau etc. Der Ort hat Schule und Schulhaus. Die Pfarrkirche St. Peter ist mit einem neuen Thurme versehen, der 1802 mit einem Kostenaufwand von 13.494 fl. gebaut wurde. Die Baulast der Kirche hat die Heiligenpflege, die des Pfarrhauses der Staat. Bei Dürre und Kälte fehlte es bisher an Wasser, seit 1834 ist es aber durch einen längst zugeschütteten, nun tiefer ausgegrabenen Gemeindebrunnen hinlänglich damit versehen. Die Felder sind fruchtbar und die Einwohner stehen gut. Der Ort hat auch 3 Schildwirthschaften, 3 Brauereien, mehrere Weber und Zimmerleute und andere Gewerbe. Die Gemeinde besitzt sehr ansehnliche Waldungen, aus welchen jeder Bürger Holz über seinen Bedarf erhält.

W. kommt schon im J. 982 vor, s. Ettlenschieß. Der Ort gehörte zu der Herrschaft Alpeck, und wurde mit einem Theile derselben nebst dem Patronatrecht 1385 an Ulm verkauft, s. o. Das Landkapitel Elchingen hieß früher das Landkapitel Weidenstetten. 1421 schenkte die Stadt Ulm den großen Zehnten ihrem Spital. Im J. 1822 brannten 24 Häuser ab. Auf einer benachbarten Waldhöhe, welche noch „der Jungfernbühl“ genannt wird, soll ehemals ein Nonnenkloster mit einer Kirche gestanden haben, aus welcher nach Zerstörung des Klosters die Glocken in die Dorfkirche gebracht worden seyn sollen. Die gleiche Sage hat man übrigens auch von Ettlenschieß, vielleicht waren beide Klöster ein und ebendasselbe. Eine St. Gilien- oder St. Gilgenkapelle stand an dem Wege von W. nach Neenstetten, und gehörte mit ihren Gütern dem Kloster Wettenhausen. 1393 verkaufte das Kloster Wettenhausen an Ulm eine Söld in Ettlenschieß, den Kirchensatz St. Gilien bei Weidenstetten gelegen, mit dem Widdum und Zehnten darin gehörig, s. Ettlenschieß. Die Äcker, wo die Kirche stand, heißen noch „die Äcker beim Käpele.“ Wie andere Orte, so hatte auch Weidenstetten ehemals sein Bad. Unter Ulmischer Herrschaft war Weidenstetten der Sitz eines Civil-Amts, wozu noch neun Ortschaften gehörten. An Würtemberg kam W. 1810 mit Ulm. Nach Crusius u. A. fiel 1352 bei Weidenstetten ein Treffen zwischen dem Grafen Eberhard von Würtemberg und 24 Reichsstädten vor, das von dem spätern [244] Treffen bei Altheim zu unterscheiden ist. In der Nähe von W. lagen die abgegangenen Orte:

Bizlishausen, zwischen Weidenstetten und Ettlensschieß, s. den Verkauf von 1393 bei Ettlenschieß. Graf Heinrich von Werdenberg versetzte 1382 an Ulrich von Hörningen und Lauterstein seine Zehnten und Landgarben von den Äckern zu Weidenstetten ob der Steige, zu St. Gilien, zu Sechstetten und zu Büzelhausen gelegen;
Baldrich, zwischen Weidenstetten und Söglingen;
Bernlau mit Wolfssöld, zwischen Weidenstetten und Altheim. Sämmtliche Orte gehörten zur Pfarrei Weidenstetten.

b. Schechstetten, früher auch Sechstetten, ein kleiner evang. Weiler auf der Höhe der Alp, von Wäldern umgeben, 1/2 St. westlich von Weidenstetten, mit 14 Einwohnern, Filial von Weidenstetten, mit welchem es seine übrigen Verhältnisse theilt. Der Weiler besteht aus 3 Höfen, welche 1815 von ihren Besitzern allodificirt wurden. Er kam mit Weidenstetten 1385 an Ulm, welches später auch einzelne Güter, die noch in fremden Händen waren, kaufte. In der Nähe von Schechstetten stand ehemals auch ein Hof, „der Heidehof“ genannt.


36. Westerstetten mit Bürghof, Hinter- und Vorder-Denkenthal u. Taublinder-Mühle.

a. Westerstetten, ein kath. Pfarrdorf und Sitz eines Amtsnotars, im Lonthal, 33/4 St. nördlich von Ulm, mit 472 Einw., C. A. Langenau, F. A. Alpeck. Den großen Zehnten in dem ganzen Gemeindebezirk hat der Staat zu beziehen, mit Ausnahme von 71 Morgen, welche ihn der Pfarrstelle reichen; den kleinen, den Heu- und Öhmdzehnten (von 40 M.), den Obst- und Blutzehnten hat die Pfarrstelle. Die Grundgefälle des Bezirks betragen 90 fl. in Geld und 936 fl. in Naturalien, und werden von dem Staat bezogen, mit Ausnahme von 61 fl. und 15 fl., welche die Pfarrstelle und die Heiligenpflege erhalten.

W. hat einige gute Häuser, übrigens viele Strohdächer, ein Schul- und Rathhaus, 3 Schildwirthschaften, 2 Brauereien, 3 Mahlmühlen, mehrere Krämer, Frucht- und Viehhändler und eine große Markung; die Gemeinde besitzt sehr bedeutende Waldungen, welche von einem Herrn v. Westerstetten herrühren sollen. Die Wiesen können bewässert werden. Die Pfarrkirche zum h. Martin wurde 1717 bis 1721 neu gebaut. Die Baulast hat die Heiligenpflege, die des Pfarrhauses der Staat. Filiale der Kirche sind die Gemeindeparzellen. Die Pfarrei ist sehr alt. Vormals war Westerstetten eine Poststation [245] zwischen Ulm und Geislingen. In dem vormaligen Posthause ist noch das Bildniß des Kurf. Karl Theodor aufgehängt, der hier öfters übernachtete. 1772 wurde die Post nach Hinter-Denkenthal verlegt.

W. gehörte mit aller Hoheit dem Kloster Elchingen, bis es mit diesem 1802 an die Krone Bayern fiel. In ältern Zeiten hatte es seine eigene Herren, die sich von dem Orte schrieben, und den Ort mit Zugehör 1432 an das Kloster verkauften. Das Kloster besaß jedoch schon von ältern Zeiten her die Kirche daselbst, ohne daß man weiß woher? Nach den sehr schätzbaren Mittheilungen des Herrn Kanzleiraths Sayler in Günzburg und nach von Raisers Geschichte der Abtei Elchingen in der Zeitschrift für Bayern, 1817, H. II. S. 267, verzichtete Conrad v. Reisersburg durch Urkunde vom 31. Nov. 1282 auf die Schirmsvogtei des Klosters Elchingen und der Kirchen Lucrun (was jedoch nicht Lonsee seyn konnte) und Westerstetten, gegen 400 Pfund, die er von K. Rudolph empfangen und wofür ihm die Vogtei als eine Reichspfandschaft versetzt war. 1328 verkaufte das Kloster den Kirchensatz und die Vogtrechtsgefälle an Ulrich v. Westerstetten um 215 Pfund H. Im J. 1414 kaufte das Kloster wieder den Kirchensatz mit der Vogtei über den Widdumhof, und dem Zehnten mit der Mittermühle, der Badstube, Ziegelstadel, 8 Sölden und dem vierten Theil des Gerichts, dann mit Sölden zu Denkenthal und Sinabrunn um 1700 fl.; 1420 wurde die Kirche dem Kloster incorporirt. Bei der Kirche stand ehemals auch noch eine Kapelle, St. Maria Magdalena. Sie wurde von den Herrn von Westerstetten erbaut und hatte ihren eigenen Kaplan. Die Kaplanei entstand durch die Meßstiftungen der Markg. von Westerstetten von 1368, und Heinrichs v. W. und seiner Schwestern von 1377. Vom 14. October 1377 ist der Stiftungsbrief. Die Kapelle wurde schon 1464 wegen Baufälligkeit abgebrochen und die Kaplanei mit der Pfarrkirche verbunden. Die Lehenschaft und das Eigenthum der Kaplaneipfründe verkaufte später Hans v. W. an das Kloster um 1000 fl., unter der Bedingung von Wochenmessen und 2 Jahrstagen im Kloster. Wie schon bemerkt worden, wurde W. vollends 1432, und zwar Burg, Burghof, Mühlen, Sölden etc., 1 Hof zu Denkenthal, 3 H. zu Ysenlohe (Eiselau) etc. von dem Pfleger der Töchter Eitel v. Westerstetten an das Kloster für 1500 fl. verkauft. Die hohe Gerichtsbarkeit kam erst durch Kauf 1773 von Ulm an Elchingen. [246] Die Herren von Westerstetten sind von 1264 bis 1636 beurkundet, s. von Raiser a. a. O. S. 346. Sie besaßen auch Güter zu Nattheim, Tomerdingen etc. und waren längere Zeit auch Herren von Drackenstein. Ulrich v. W. zu Trackenstein war im Gefolge des Grafen Eberhard v. Würtemberg 1468 auf dessen Reise nach Palästina. J. Christoph v. W. war 1612–1636 Bischof in Eichstädt. Über ihre Burg s. unten Bürghof.

Von den drei Mühlen zu W. steht die eine im Orte, die andere ganz nahe unterhalb desselben, und die dritte – die Taublinder-Mühle, 1/4 St. oberhalb des Orts, sämmtlich an der Lone. Von der Merkwürdigkeit des Springwassers war vorn schon S. 12 die Rede.

b. Bürghof, auch Birkhof geschrieben, ein Hof mit 8 kath. Einw., 1/4 St. südlich von Westerstetten, an dem Hange. Hier stand die Burg der von Westerstetten, wovon man noch einige Überreste sieht, s. o.

c. Hinter-Denkenthal, ein kleiner kath. Weiler, an der Stuttgarter Landstraße, in einem wasserlosen Thal, 1/2 St. von W, mit einem Wirthshause und 34 Einwohnern, wie die andern Parzellen Filial von Westerstetten. Das Wirthshaus war von 1772 bis 1812 Posthaus. Der Ort gehörte zu der Herrschaft Alpeck, kam von den Grafen v. Werdenberg 1377 an Herwigg von Sulmetingen, und von dessen Nachkommen an das Kloster Elchingen.

d. Vorder-Denkenthal, ein kath. Weiter, 1/4 St. südwestlich von W., mit 20 Einw. und einem Wirthshause. Auch dieser Weiler gehörte dem vorm. Kloster Elchingen, an das es theils mit Westerstetten, theils später durch Tausch und Kauf kam.

e. Die Taublinder-, Täublins-Mühle, eine Mahlmühle mit 8 Einw., s. o. Die Zehnten und Gefälle in obigen Parcellen sind unter denen von Westerstetten begriffen.



  1. Die Anzahl der Großen, welche der Versammlung anwohnten, muß sehr bedeutend gewesen seyn; eine während derselben am 24. September in Sachen der Klöster Elchingen und St. Blasii ausgestellte Urkunde ist unterzeichnet von dem Bischof von Constanz, den Äbten von Reichenau, St. Gallen, Kempten und Wiblingen, dem Herzog Friedrich (von Schwaben) und seinem Bruder, dem Herzog Conrad (von Zähringen), den Markgrafen Hermann und Diepold (von Baden), 6 Grafen und vielen Andern. Gerbert Hist. s. n. III. 78–90.
  2. Anders war es später; denn in dem Ulm. Saalbuche von 1515 heißt es: Das Gericht zu Naw ist gar unser, desgl. die Frävel bott und verbott. Die Rugungen und Ainungen zu Naw im Veld sind auch unser etc. Wir habent auch ein aigen Schlacht und Fleischmetzg zu Naw, – ein aigens Brothauslen. Die Fronwag und die Yech (Eich) sind auch unser, auch das Umgelt – desgl. ist das kaufhauß zu Naw, darinnen man gewonlich Gericht haltet, unser etc.
  3. S. Reichards Geschichte der Kriege Ulms. S. 102.
  4. Bei der Bearbeitung dieses Ortes kam dem Herausgeber eine sehr schätzbare „Kleine Chronik von Nieder-Stotzingen“ zu statten, welche ihr Verfasser, der würdige und auch um die vaterländische Topographie sehr verdiente Herr Pfarrer Magenau, schon vor längerer Zeit dem statistisch-topographischen Bureau in Handschrift mitzutheilen die Güte hatte.
  5. „Ein Friedericus de Truhendingen, Comes in Dillingen“ kommt in einer Urkunde von 1271 vor. Bayerns alte Grafschaften von Lang, S. 546, wo freilich die Richtigkeit der Benennung angefochten wird.
  6. Der Bischof Hartmann von Augsburg, ein geb. Graf von Dillingen und der letzte seines Geschlechtes, vermachte 1258 seinem Bisthum alle seine väterlichen Güter, darunter namentlich „die Besitzungen zwischen der Donau und der Riedshalden, dann zwischen dem Dorf Nau (Langenau) und Blindsheim.“ S. Placidus Braun Gesch. des Bisthums Augsburg. II. S. 312.
  7. Dieser Heinrich von Stain war es, dem sein Leichenredner, der Pfarrer M. Giftheil, das Zeugniß gab: „Er war in Worten gravitätisch, in Geberden ernstlich, im Werk heroisch, in keinem Weg weder scurilisch noch flattirend; er konnte nicht fuchsschwänzen. Er hat auch seine Unterthanen nicht geschunden, ausgesaugt oder für Weidenbäume gehalten, die man für und für behauen müsse.“ Er liegt in der Gruft zu Niederstotzingen begraben.
  8. Siehe von Raisers Geschichte von Elchingen in der Zeitschrift für Bayern, 1817. B. 1. S. 355 etc.
  9. Wahrscheinlich war aus dem Geschlechte auch der Minnesänger Milo der Meginzo, Meinzo, von dessen Abkunft der Freih. von Laßberg in seinem Liedersaal, B. II. 1822. Einleit. S. LIV., handelt. Er ist wohl derselbe, der unter dem Namen Menloch als einer der ersten Stifter der Deutsch-Ordenscommende Ulm vorkommt, s. S. 132.
  10. 1240 überließ Graf Berth. v. Marstetten, genannt v. Niphe, dem Kloster im Sand (Gries) den Ertrag seiner Weinberge in Niphe; 1247 überläßt Heinrich von Nifen seine Weinberge in N. als Eigenthum. 1278 überläßt Berthold von Nifen eine Kelter in N. Noch ist eine Richtung zwischen dem Convent und dessen 12 Weingärtnern zu N. vom 6. November 1500 vorhanden.
  11. 1257 sind 3 Milites (Dienstmannen) de Aiselingen, Namens Wicmann, Albeco und Hermann beurkundet. v. Raiser Beiträge für Kunst und Alterthum im O.Donaukreis. Augsburg 1830. S. 43.